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-- - — — . - - - reiöMr Inniger Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts'zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand, ^-33 .Erscheint jeden Wochentag «b. 6 U. für dm and. Tag. Inserate werden di» V. l l U. für nächste Nr. angen. Donnerstag, den S. Februar Prei» vierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 8 Pf. dercchnet. 1871. -t- Freiberg, den 8. Februar. Wenn in Frankreich eine ruhige Ueberlegung den Wechsel der Dinge seit Monaten zu prüfen vermöchte, so müßte sie zu dem Er- grbniß führen, daß eS die Deutschen sind, welche den Franzosen die besten Freundschaftsdienste trotz aller Siege und Eroberungen de- „heiligen" Boden- geleistet haben. Als ein Volk von Sclaven, war e- dem Kaiser so weit unterwürfig, daß eS jauchzend und mit wildem Uebermuth ihm in den Krieg folgte. Als die Deutschen dann bei Sedan den Kaiser und seine Macht schlugen und gefan» gen nahmen, da thaten diese selben charakterlosen Franzosen, al- sei ihm ganz recht geschehen. Die Deutschen hatten ihnen, aller dings mit derben Hieben gegen sie, das schimpfliche Joch deS Na poleonischen Cäsaren- und SatrapenthumS abgenommen, und nun war e- wohlfeil, daß sie eine Republik auSriefen und sich gegen den Feind damit aufblähten, alö müßte er vor Scham über die» windige, großsprecherische Franzosenthum flugS ReißauS nehmen. Diese Franzosen! Lin paar dreiste Männer in Paris machen sich zur neuen Regierung und thun, was sie wollen, so willkürlich, wie eS mit Launen und Einfällen nur möglich ist. Sie haben we der den Muth, ihre Gewalt durch eine einzuberufende National versammlung gesetzmäßig machen zu lassen, noch hat daS Volk so viel Freiheit, auf solche Ausübung seines Rechtes zu dringen. ES bejubelt und preist die Freiheit, ohne etwas anders zu sein, al- eint Hammelheerdt, die dem Leiter blindlings nachspringt. Endlich zwingen aber die deutschen Waffen auch die republi kanischen so weit, daß sich ein Wort der Vernunft reden läßt. Da sind eS denn diese Deutschen, die eS durchsetzen, daß eine französische National Versammlung gewählt werden soll, um den Souverän zu ersetzen und eine legale Regierung zu schaffen. Gambetta aber, der Mann der Freiheit, proclamirt zornig und hinterhältig da- Wahlgesetz zugleich mit einem Decket, welches allen dynastisch beamtet gewesenen Franzosen das Wahlrecht ab spricht. Eine bodenlose Freiheit, oder vielmehr eine unerhörte Frechheit, seine politischen Gegner mittelst einfachem Dccrete zu infamiren; selbst ein Napoleon nahm sich solchen TerroriSmuS nicht heraus. CS sind die Proscriptioncn deS Sulla, die Gambetta in Scene setzt, indem er die bekannteren und beamteten Anhänger deS Kaiserreichs für wahlunfähig in Acht und Bann erklärt. Keiner seiner Kollegen erhebt im Namen der Wahlfreiheit seine Stimme dagegen ; der deutsche Bismarck ist eS, der diesem Republikaner den Protest gegen solche DeSpotewWilltür schickt. Und anstatt sich zu schämen, daß eS die Eroberer Frankreichs sind, welche zur Rückkehr der Ordnung verhelfen und die Freiheit der Bürger fordern, kann «S ein Tollkopf wie Gambetta wagen, in diesem Umstande die Rechtfertigung seine- Widerstande- bis zur Unsinnigkeit zu suchen. Unter solchen Verhältnissen werden die jetzt stattfindenden oder bereits stattgefundenen Wahlen in Frankreich nur eine sehr zweifel hafte Bedeutung als Ausdruck deS LandeSwillenS in Anspruch neh men können. I» Paris wählt man anders, wie in den Provinzen, jedenfalls freier wie hier, wo der Gambetta'sche Terrorismus sich vielfach zeltend machen wird. Am freiesten — e- ist wunderbar, aber wahr — werden die französischen Wahlen zwischen den Ba jonetten der deutschen Soldaten sein. Außerdem giebt unter den obwaltenden Umständen daS jetzt zur Anwendung kommende Wahl gesetz von 1849 noch besonder- zu eigenthümlichen Ergebnissen Veranlassung. Gemäß diesem Gesetz wird nach Departement» ge wählt, nicht nach Arrondissements oder Kreisen. Die Wahlen fin den in den Hauptorten der Cantone, nicht in den einzelnen Ge meinden statt, wodurch eine Terrorisirung der Wahl durch die fana tische Maste erleichtert wird. Jedes Departement wählt durch Zet tel die Zahl von Vertretern, die ihm nach der dem Gesetz ange fügten Liste bewilligt ist; daS Seine-Departement zum Beispiel 28 Mitglieder, da- der unteren Pyrenäen 10. Jeder Wähler hat zu gleich alle Candidaten nach der Zahl jener Liste zu wähle«. Ei« Bürger de- Seine-Departement- muß also 28 Namen auf einmal in die Urne geben. Tagesgeschichte. Hamburg, 5. Februar. Der Senat hat die Aufnahme der Fürbitte für den deutschen Kaiser in daS Kirchengebet angeordnet. Beim heutigen Gottesdienste wurde dasselbe zum ersten Male in abgcänderler Form gesprochen. AuS München, 6 Februar, wird gemeldet: Die Wahlbezirk-- eintbeilung des Königreich- Bayern für die erste deutsche Reich-- tagSwahl ist erschienen. Oberbayern wählt 8, Niederbayern, Rhein pfalz, Unterfranken, Mittelfranken, Schwaben je 6, Oberpfalz. Ober franken je 5 ReichStagSabgeordnete, zusammen 48. — Die Dauer der Landtags-Session wurde bis zum lS. Februar verlängert. Di« Kammer soll bis dahin da- Finanzgesetz erledigen, worauf der Schluß der Session erfolgt. München, 6. Februar. Das Krieg-ministerium beabsichtigt bedeutende Garnisonsänderungen nach der Rückkehr der Feldarmee. Zur Besatzung von Straßburg und Metz wird Bayern Truppen theile zu stellen haben. AuS Rastatt, 30. Januar, wird berichtet: Don dem erbärm lichen Zustande der geschlagenen Armee Bourbaki'- zeugt da- Aus sehen aus der Umgebung von Mömpelgard hierher gebrachter Ge fangenen: mit erfrorenen Füßen und Zehen, von denen sich die Nä gel loslösten, besitzen einige von ivnen kaum noch die Kraft, sich vom Bahnhose bi- inS Lazareth zu schleppen. — Den hier befind lichen französischen Osficieren ist nunmehr gestattet, ihren Aufent halt in Städten unsere- Lande- zu nehmen, wo sich Landwehr- CommandoS befinden: in Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Frei burg, Donaueschingen,c. AuS Versailles, vom 1. Februar, schreibt man der „N. Fr. Pr.": Gestern Nachmittags, als der schöne sonnige Tag den Kaistr, die hiesigen großen und kleinen Fürsten, den Grafen Moltke, Krieg-- Minister v. Roon und einige hundert Osficiere aller Waffen und Uniformfarben, sowie auch mich nach dem Mont Valerien hinauS- gelockt hatte, hörte ich zufällig die interessante Antwort eine- Ge neral- in der Umgebung deS KriegSmiaister- — die Herren standen neben einer riesigen eisernen gezogenen 24pfündigea Bombenkanone — auf die Frage eine- jüngeren OfficierS: „Was werden wir mit den vielen eroberten schweren eisernen Geschützen machen? Der Transport nach Deutschland würde doch ein zu eolossaier und kostspieliger sei«! ..." — „Gewiß", sagte der General, hadr^