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Merger Anzeiger und ——- - Amtsblatt drS -gl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der -gl. Genchtsämter und der Stadttäthe zu Freiberg u. Brand. 232. Erschein! i. Freiberg je». Wochml. Nb. 6 U. für den and. Tag. Jnser.werdm bi» V-11 U. für nächst« Nr. angen. Sonnabend, den 88. October Pikt» vierteljähri. 2« Ngr, Inserate ««dm die gespaltene Zeile ad« dnm Raum mit 8 Pf. berechnet. 1871. 4. Freiberg, den 27. October. Ganz unzweifelhaft bahnt sich gegenwärtig ein besseres Ber- hältniß zwischen Deutschland und Frankreich an. Sehr wahrscheinlich, daß die Benedetti'schen Enthüllungen das Ihre dazu beigetrageu haben. Das Motiv deS Herm Benedetti war allerdings nur, sich persönlich in ein bessere- Licht zu setzen. Um diesen Zweck zu erreichen, beging er eine JndiScretion, wie sie in diesem Umfange noch nicht vorgekommen ist. Er, ein abgethaner Diplomat, im Augenblick lediglich ein Privatmann, öffnete die geheimsten Fächer deS Staatsarchivs den Augen deS Publikums in einer Weise, wie man die- sonst nach Ablauf von Menschenaltern kaum für statthaft gehalten hat. Sein Wunsch, sich persönlich in ein besseres Licht zu stellen, ist nicht erreicht worden. Er hat zwar nachgewiesen, daß er die Gefährlichkeit und Verwerflichkeit der Politik, welcher er diente, durchschaute, aber dabei konnte er die Thatsache nicht umfloßen, daß er sich zum Diener dieser Politik machte, die er selbst als gefährlich und verwerflich charakterifirt. Ihm ist e- zu danken, daß, wo dem französischen Bolte nur durch ein drastische- Mittel die Augen geöffnet werde« konnten, er die- drastische Mittel angewendet hat. Durch diScrete, vorsichtige Enthüllungen, wie sie unter ähnlichen Umständen bei anderen Völkern wohl angewendet werden, hätte man die Franzosen nicht überzeuge« können. Jetzt aber giebt eS in Frankreich wohl keinen denkenden Menschen, der sich nicht wenigstens im Stillen eingesteht, daß Deutschland bei dem Kriege im Recht war; und was noch wichtiger ist, man beginnt das Eingeständniß auch laut abzugeben. So verstummen denn auch allmälig die Ausbrüche tobenden Deutschenhaffes, wie sie leider noch bi- in neuerer Zeit vorkamen. Die Wunden, welche der Krieg geschlagen, mögen die Franzosen freilich sehr schmerzen und feder Berurtheilte hat nach dem Sprich wort das Recht, vier und zwanzig Stunden laug auf seinen Richter zu schelten. Aber eS war doch höhe Zeit, endlich wieder Beziehungen zwischen beiden Ländern platzgreifen zu sehen, wie sie bei gesitteten Nationen üblich find. Offenbar trägt aber die versöhnliche Haltung der deutschen Regierung da- Meiste zur Anbahnung freundlicherer Beziehungen bei. Der Sieger hat keinen Grund, über die trivialen Heraus forderungen de- blutend am Bode« liegenden Feinde- gereizt zu sein, denn er besitzt die Macht, etwaigem Unverstand zu wehren. ES war deshalb Recht, daß Fürst Bismarck die französischen Unter händler, welche jüngst in Berlin ihre Wünsche wegen Erleichterung deS dem Lande auferlegteu JocheS anzubriagen suchten, mit Milde und Wohlwollen behandelte. Die Aenderung der Verträge wegen der Zahlungen und wegen Räumung deS französischen GebieteS «achten bei dem Sieger wenig Schwierigkeiten, so daß der fran zösische Finanzminister befriedigt und sogar vom Erfolge seiner Mission überrascht nach Paris zurückkehren konnte. Mit dieser Politik der Versöhnung entwaffnet Fürst Bismarck den Trotz der Franzosen und bricht ihren Racheplänen die Spitze ab. Sie fühlen, daß sie den deutschen Barbaren eine Erkenntlich keit schuldig werden. Liegt darin etwa- Beschämende-, so haben sie . hie Ursache davon nur sich selbst zuzuschrriben. liebsten über die Barbaren schreien und den Fanati-mu- wieder schüren, aber die deutsche Politik schlägt ihnen goldene Brücken selbst über die Kluft im eigenen Innern, indem sie Thier- und seine Re gierung durch Vertrauensbeweise befestigt. So versöhnt Fürst Bis marck die Franzosen gegen ihren Willen. Ja noch mehr! Indem durch die Räumung der Departement- vor der festgesetzten Zeit eS Frankreich leichter gemacht wird, seine Verpflichtungen durch größere Entwicklung der industriellen Hilfs quellen zu erfüllen, giebt Fürst BiSmarck indirect der Herrschaft de- Herrn Thiers die Wege einer gesunden Politik an, di« sie bi- jetzt nicht zu finden wußte. Käme noch eine Erweiterung der Conven tion dahin zu Stande, daß das von den Deutschen besetzte letzte französische Gebiet geräumt und für neutral erklärt würde, um so besser für Frankreich. Die Bürgschaft für Deutschlaud liegt dann in dem Rechte, daselbst wieder einzurücken, sobald etwa Frank reich die Bedingungen der Lonvention nicht beachten wollte. Da wird nicht nothwendig werde«, den« Frankreich muß mehr und mehr zur, Einsicht kommen, daß e» mit einem hochherzigen Geguer zu thun hat, der ihm recht gern Versöhnlichkeit entgegenbringt, so bald eS sein selbstverschuldetes Unglück würdiger al- bisher auf saßt. Und man sollte voch meinen, endlich würden sich di« Leiden schaften lege« und die Vernunft wieder zur Herrschaft auch in dies«« Lande kommen. Tagesgeschichte. Berlin, 26. October. Die Budgetcommissiou des Reich-tag- nahm gestern Paragraph 1 de- Gesetze- über de« Retch-krieg-schatz mit 14 gegen 5 Stimmen an mit dem Zusatze, daß die Bildung deS Reichskriegsschatze« erfolgt, sobalv der preußisch« Staatsschatz durch da- Gesetz aufgehoben wird. — Wie der „Schl. Ztg " von Berlin telegraphier wird, hätt« Graf Beust ei« Memoraodum über die „Internationale" ab gefaßt, welches mehreren Regierungen mitgetheilt werden soll. I» Berlin werde ein dieselbe Angelegenheit betreffender Gesetzentwurf beabsichtigt, der von Beamten, Recht-gelehrten und später auch vo« Fachmännern berathen werden soll. — Ein Correspondent der „Schl. Ztg." schreibt: Bet d«u Bauten der Berliner Centralstraße begingen vorgestern die dabei beschäftigten, der Strikecasse angehörigen Maurergesellen gegen einen an diesem Tage dort eingestellten Kameraden (Traugott Schenke), der während d«S allgemeinen MaurerstrikeS Wetter ge arbeitet hat. die brutalsten Rohheiten. Gleich beim Begia« der Arbeit wurde er von allen Setten beschimpft, ein „Berräther" ge nannt und schließlich unter dem Rufe: „Schlagt ihn todt de« Schuft l" zu Boden geworfen, mit Füßen getreten uad furchtbar mißhandelt, so daß er über und über blutete. Nur sehr schwer gelang e« der bald hinzugekommeneu Polizei, die Hauptexcedeatt« sestzunehmen. — Von der Schrift des Herrn v. Gerlach: „Da- neu« deutsch« Reich" ist eine zweite Auflage erschienen, worin der Verfasser de» Inhalt einer interessanten preußischen Note an da- Turiner Kabiuet vom Jahre 1861 mittheilt. Nach der Vertreibung der italienischen Fürsten und der Annexion ihrer Länder hatte nämlich der preußisch« Gesandte Herr« v. Cavour eia« Note folgenden JahaltS vorzuleseu: Wir können die Handlungen und die Prinzipien der sardinischen tief beklagen, unh vir meine« eine strenge PfW Sie möchten am. Regierung nur