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Amberger Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand.' ^S25V. Erschein« t. Freiberg jed. Wochen«. Ab. 8 U. für den and. Tag. Jnser. werden bi« V. II U. für nächste Nr. angen. Donnerstag, den 26. October Preis Vierteljahr!. 20 Ngr, Inserate werden die gespaltene Zeil« oder deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1871. 4- Freiberg, den 25. October. Im Wesentlichen wird die jetzige Session des deutschen Par laments — Vie Berathung deS neuen MünzgesetzeS etwa ausge nommen — sich mit der Feststellung der einzelnen Etats zu be schäftigen haben. Aus den Veröffentlichungen derselben ist ersicht lich, daß fast überall ziemlich bedeutende Erhöhungen vorgeschlagen werden. Der Reichstag dürfte daher schwerlich umhin können, da gegen seine Einwendungen zu machen. Die Aufbesserung aller Be amtengehalte ist ein Gebot der Billigkeit; Alles, waS sonst die Regierung fordert, läßt sich aus der Ergänzung einer nun doch vergrößerten Wirthschaft rechtfertigen. Ader diese stetige Vermeh rung der Ausgaben von Jahr zu Jahr ruft auch von Neuem die Bedenken dagegen wach und muß den Reichstag bewegen, für nor male Zeiten die Grenze zu ziehen, welche nicht überschritten werden darf. In der Natur einer mit solchem Selbstbewußtsein auSgestatteten Regierung, wie die deutsche, liegt eS, daß sie aus eine auch finanzielle Ausbesserung ihres gesammten Apparats Bedacht nimmt; doch der wachsende» Bedeutung deS Reichstages kommt eS auch zu, daß er an Ersparungen in solchen Etats denkt, die ihrer Natur nach unersättlich erscheinen. DaS ist in erster Reihe mit dem Militär-Etat der Fall. Wie sich herausstellt, wird er ziemlich 90 Millionen Thaler betragen. Diese Summe ist nach dem alten System des norddeutschen Bun des darnach berechnet worden, daß von den 40 Millionen Menschen des jetzigen deutschen Reiches 1 Procent als dienstfähig mit einer Unterhaltungssumme von jährlich 225 Thalern ausgeworfen ist. Sieht man näher zu, so ist diese Rechnung in Wirklichkeit nicht richtig. Elsaß und Lothringen werden mit ihrer Bevölkerung von anderthalb Millionen Einwohnern schon zu den 40 Millionen hin zugezogen ; aber da sie erst im Herbste nächsten JahreS dienstpflichtig werden sollen, so gehören sie höchstens mit einem Viertel für das letzte Quartal zu diesem Posten. Dann stellt Württemberg ver tragsmäßig erst von 1874 an die bestimmte Procentzahl an Militär und die in Frankreich gelassenen Truppen fallen mit ihrer ganzen Verpflegung nur jenem Staate zur Last. Der Etat ist demnach um mehrere Millionen zu hoch angesetzt worden und es müssen noth- wendig entweder die Unterhaltungskosten für den wirklichen Militär stand des Etats höher sein als 225 Thlr. pro Kopf, oder aber das Geld, welches mehr gefordert wird, soll eine andere als etatS- mäßige Verwendung finden. In beiden Fällen kann der Reichstag nicht still dazu schweigen. Ist der Unterhalt der Truppen bei den allerdings erhöhten Preisen für alle Lebensbedürfnisse nicht mehr mit 225 Thlr. pro Jahr und Kopf zu bestreiten, so muß diese Thatsache vor der neuen Etats« aufftellung bestätigt sein, damit nachher keine unliebsamen Ueber- raschungen erfolgen. Finden die für die wirklichen Truppen nicht verwandten Gelder aber eine andere Verwendung, so kann um so weniger eine solche Procedur gebilligt werden, die leicht gewohn heitsmäßig werden würde. Bekanntlich sollte der Reichstag von 1872 ab — also den jetzt vorliegenden Militär-Etat — in der früheren Weise das Eon- tingent der Armee für jedes Jahr feststellen, während für die ver flossenen drei Jahre dem Kriegsminister überhaupt eine nach Procrnt und Kopfzahl berechnete Pauschalsumme votirt wurde. Die Regie rung will aus mancherlei und zu billigenden Gründen auch noch für 1872 diese Pauschalsumme bewilligt haben und erst von 1873 an den Special-Etat der Armee zur Berathung stellen. An dem Reichs tag ist eS nun, für die künftige Aufstellung deS Etats ein System anzubahnen, nach dem in normalen Friedensjahren die Kosten für die Armee nicht fort und fort, wie diesmal, um zehn bis fünfzehn Procent für die einzelnen Staaten wachsen. Da eine Reform der Armee zur Zeit jedenfalls nicht durchzusetzen geht, so ist der ein fachste und zweckmäßigste Ausweg, die Ersparnisse durch spä tere Einstellung der Rekruten und frühere Entlassung der ge- dienten Mannschaften herbeizuführen und damit zugleich die Ver kürzung der dreijährigen Dienstzeit faetisch anzubahne«. —"— - - - -- - " - -- Tagesgeschichte. Berüv. Vor Kurzem ging die Nachricht durch die Zeitungen, daß das Obertribunal die Berufung der Herzöge von Ratibor nutz Ujest auf ihre Vorrechte als StandeSherren in einer Klage wegen der rumänischen Obligationen zurückgewiesen und als Forum da» hiestge Stadtgericht bestellt habe. Diese Mittheilung war (wie jetzt die Frkf. Ztg. mittheilt) nur theilweise richtig. LS handelte sich für'S Erste nur, wie in allen Prozessen, bei denen die Betheiligten in verschiedenen GerichtSsprengeln wohnen, darum, das Forum M Anbringung der Klage festzustellen und als solches ist vom Ober tribunal daS hiesige Stadtgericht bezeichnet worden. Die Frage wegen des eximirten Gerichtsstandes der StandeSherren lag noch gar nicht vor, diese wird erst jetzt vor dem als Forum bestellten Ge richtshof zur Verhandlung kommen. — Der Kaiser hat für die Abgebrannten in Chicago 100V Thaler beigesteuert. Darmstadt, 24. October, 5^ Uhr Nachmittags. Im Hoftheater ist Feuer ausgebrochen. DaS ganze Gebäude steht bei heftigem Ost winde in Flammen. — DaS Feuer macht große Fortschritte. Da» Theater ist verloren, der Funkenregen verbreitet sich westwärts über die Stadt, das Zeughaus ist in Gefahr. 6^ Uhr Nachmittag». Die Garnison räumte das Zeughaus binnen einer Stunde au», die Gefahr für dasselbe scheint beseitigt. DaS Theater ist nahezu ausgebrannt. München. Wie die bayerischen Blätter mittheilen, dürfte nun von Seite Bayern« in kürzester Zeit dem BundeSrathe der Gesetz entwurf wegen Einführung des deutschen Kriegsdienstes in Bayern vorgelegt werden und demzufolge dem Reichstag wohl noch während seiner gegenwärtigen Session zugehen. Wien, 22. October. Die „N. ft. Pr." schreibt: Die öster reichische Krise ist nicht nur nicht beendet, sondern hat sich allem Anscheine nach neuerdings verschärft. Nach unseren Informationen hatte Graf Hohenwart in dem großen Ministerrathe am Freitag die von den Reichsministern und dem ungarischen Ministerpräsiden ten gegen seinen Rescript-Entwurf erhobenen Bedenken formell an genommen und eS übernommen, den Entwurf darnach umzugestal ten. Nun scheint aber der neue, vom Grafen Hohenwart redigirte Entwurf den Beust-Andrassy'schen Bedenken doch noch so wenig Rechnung zu tragen, daß daS Reichsministerium mit dem unzart scheu Ministerpräsidenten denselben sür unannehmbar halten. Daran» hat sich eine neue Krise entwickelt, da ebensoweyitz Beust, UMM,