Volltext Seite (XML)
ImlmM Mittiger und T ageb la t t. Amtsblatt deS -gl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 1/» W «rschetntl. Freiberg jed.wochent. Ab. _ . . - — Preis vierteljjhrl. 20 Ngr. Inserat« -Mg /I s u. für den and. Tag. Jnser.werdm Sonnabend, den 7. Ottodek werdm die gespaltene Zeile oder deren I I bl« V. II u. für nächste Nr. angen. ' Raum mit 8 Pf. berechnet. OGL» Freiberg, den 6. October. Die Neugestaltung Italiens und Deutschlands ist einander merkwürdig ähnlich. Hier wie dort politische Zerrissenheit, eine Unzahl kleiner StaatSatome, zusammen doch wieder nur eine Nation mit derselben Sprache, Geschichte und dem vollen Bewußt« sein der Zusammengehörigkeit. Drüben, jenseits der Alpen, eine Nation, durch Jahrhunderte lange Fremdherrschaft, hier eine Nation, durch ebenfalls langen ZersetzunzSproceß um die nationale Einheit gebracht. Auch darin haben beide Länder gleiche Geschicke, daß sie immer und immer wieder neue Anläufe nehmen, den Nationalstaat aufzubauen, aber diese Versuche entweder durch die Macht der Bajonette oder durch innere Feinde der Einheit scheitern sahen. WaS diese Aehnlichkeit aber vollends klar macht — die Einheit wurde hier wie dort durch einen genialen Staatsmann errungen: hier Bismarck, dort Cavour. Jedem, der mit Nachdenken die Politik verfolgt, wird eS aus gefallen sein, daß nun, nachdem seit zehn Jahren die politische Ein heit Italiens hergestellt, doch immer noch das neue Reich auf schwachen Füßen steht und stetig innere Revolutionen zu erwarten hat, bald von reactionärer, bald von republikanischer Seite. In der That krankt der ganze italienische StaatSkörper ausfallend. Woher rührt dies? Wie in Deutschland, so ist auch in Italien ein großer Unter schied zwischen Nord und Süd. Während der industriereiche Norden durch Bildung und Wohlhabenheit sich auSzeichnet, liegt der Süden von Italien noch völlig in den Händen der Pfaffen und ist bis auf wenig größere Städte ganz verarmt — mit einem Wort, daS Gegentheil des Nordens. Daß ohne Weiteres aus so verschieden artigen Bestandtheilen nichts Dauerhaftes zusammengesetzt werden kann, wußte Graf Cavour sehr wohl. Deshalb umfaßte sein Pro gramm nicht sofort die ganze Halbinsel; er wollte zunächst den politisch gesunden Norden zu einem Reiche zusammenfassen und der Süden sollte allmälig gewonnen werden. ES kam jedoch anders! Der Brausekopf Garibaldi eroberte frischweg Sicilien und Cavour sah sich gezwungen, dieses Danaidengeschenk anzunehmen. Mit dem Zusammenraffen ungleichartiger Bestandtheile häufte man nur Zündstoffe auf. Die Kräfte der Regierung waren viel zu schwach, überall energisch Hand anzulegen, um den Augiasstall der kleinen Herrscher im Norden und Süden zu reinigen. ES fehlte die Assimilation; daS Wachsthum war zu schnell. Darum ist noch heute ein Theil des Reiches für das Königthum, ein anderer für die Republik, ein dritter, ohne jene politische Schule, mit Allem unzufrieden. So bietet Italien trotz der äußeren Einheit ein höchst unerquickliches Bild innerer Uneinigkeit. Ganz ähnlich wäre es Deutschland ergangen, hätte Bismarck im Jahre 1866 schaffen wolle», waS er 1870 schuf. Wir wissen recht gut, wie mächtig die ultramontane Partei in Baiern war und heute noch ist; wie diese Patrioten Hand in Hand mit Particu- laristen, Socialdemokraten und ähnlichen Vaterlandslosen ein ewiger Quell inneren Unfriedens geworden wäre. Nur der Druck des Jahre» 1870 konnte diese Elemente zum Schweigen bringen, obgleich sie noch immer fort agitiren, aber in unschädlicherer Weise. Kein größerer Schaden hätte also der deutschen Einheit erwachsen können, als wäre sie 1866 schon erfolgt. Fürst Bismarck sah dies wohl ein, darum nahm er das Cavour'sche Programm zu seiner Richtschnur. Nirgends paßte daS Wort jenes griechischen Weisen besser, als hier: „Die Hälfte ist unter Umständen besser, als daS Ganze." Nur erst verwandte Theile zu einem festen Staatsgebilde zusammen — dann werden sich die fehlenden Glieder von selbst ansetzen. Der deutsch-französische Krieg verwandelte eher, als man er wartet hatte, die Antipathien Süddeutschlands in Sympathien. Und nun haben wir die Genugthuung, zu sehen, daß Deutschland- Einheit fest begründet ist, während Italien noch immer mit den größten Widerwärtigkeiten kämpft. Es mag keineswegs ein bloßer Zufall sein, daß die BiSmarck'sche Politik in solchen Bahnen wan delte, diente ihr doch Cavour'- Nachgiebigkeit al- warnende- Betspiel. Tagesgeschichte. Berlin, 5. October. Die „Kreuzztg." hört betreffs der Ver handlungen über die elsässische Zollfrage, daß die definitive Aeu- ßerung Deutschlands nunmehr nach Versailles gelangt ist und daß demzufolge weitere Entscheidung in der Angelegenheit uuverweilt erfolgen dürste. — In der letzten Session de- deutschen Reichstag- wurde von dem Abg. Dr. Baehr bei Gelegenheit der Berathung de- Gesetz entwurf- über daS Postwesen deS deutschen Reichs die Frage an geregt, ob sich nicht Seitens der Postverwaltung die Einrichtung treffen ließe, daß der Absender eines Schreibens, fall- er e- wünsche, über die richtige Behändigung an den Adressaten eine Bescheinigung erhalten könne, in welcher zugleich der Inhalt des Schreibens an gegeben sei. LS wurde hierauf von dem General-Postdirector er widert, daß die Postverwaltung sich bereits mit der gedachten Frage beschäftige und daß sich voraussichtlich dem ausgedrückten Wunsche würde entsprechen lasten. Diese Angelegenheit ist nunmehr »um Abschluß gekommen, indem nach der Verordnung deS ReichSkanzler- vom 22. September 1871 die Postanstalten vom 15. October d. I. ab auch von Privatpersonen Schreiben mit BehändigungSschein zur postamtlichen Insinuation (Einhändigung) annehmen werden. Diese neue Einrichtung ist für daS Publikum insbesondere in solchen Fäl len von wesentlichem Nutzen, in denen eS sich um die Kündigung von Capitalien oder Wohnungen, um die Ueberseudung wichtiger Schriftstücke u. s. w. handelt, indem der Absender durch den Post- BehändigungSschein (in welchem der Inhalt de- Briefe- angegeben wird) ein Anerkenntniß des Adressaten über den richtigen Empfang des Schreibens erhält. Die Gebühren sind von der Postverwal tung sehr niedrig gestellt, indem außer dem gewöhnlichen Porto für die Hinsendung des Briefes und für die Rücksendung de- Behän« digungsscheineS nur eine JnsinuationSgebühr von 2 Sgr. erhoben wird. ES werden daher bei erfolgender Frankirung im Ganzen nur 4 Sgr. an Gebühren erhoben, falls der Brief nicht über I Loth wiegt, und 5 Sgr. bei schwerem Gewichte de- Briefe-. Diese Be träge sind selbstverständlich bedeutend niedriger al- beispielsweise die bei einer gerichtlichen oder notariellen Kündigung von Capita lien rc. zu zahlenden Gebühren. — Bei der Concurrenz um den Bau der Gotthard-Bahn hat (nach der „F. Z.") da- deutsche Consortium, geführt von der «er- liner DiSconto-Gesellschaft, den Sieg errungen. Außer den 85 Mill. Franc-, welche die verschiedenen Regierungen bewilligt habe», solle» noch 102 Mill. FrcS. auf den Bau der Bahn verwendet werde». (DaS gegnerische Consortium stand unter Führung Rothschilds.) Barmen, 1. October. In der vorletzten Septemberwoche find, laut dem „N. Social-Democrat", sämmtliche strikenden Metall arbeiter au- der Wever'schen Fabrik vom Eigenthümer derselben wegen unrechtmäßigen Verlassens der Arbeit auf Schadenersatz ver klagt und von der hiesigen GergleichSkammer des Gewerbegerichts verurtheilt worden. BreSlau, 2. Octbr. In ganz kurzer Zett wird voraussichtlich ein weiterer Schritt der Regierung in Sachen der Altkatholiken erfolgen, da für den Pfarrer Kamin-ki aus den 4. d. vor der KreiS- GerichtS-Deputation in MhSlowitz Termin ansteht, in welchem er sich wegen der Vornahme kirchlicher Handlungen, syeciell einer Tran«