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— — " —— - 1401^ gewesen," nunmehr über den Weltpriester Kaminski, weil er die Unsehlbarkeitslehre verworfen, die Excommunication ausgesprochen. Dieser Priester KaminSki, der in der Gegend von Kattowitz einen nicht geringen Einfluß besitzen soll, hatte dort, nachdem er mit der sürstbischöflichen Behörde vollständig gebrochen, in einer von ihm käuflich erworbenen alten Kirche Gottesdienst gehalten, deren Be nutzung ihm nun kirchlicherseit» streitig gemacht wurde. Der „Schles. Ztg." zufolge ist indeß durch Regierungsverfügung in diesen Tagen jene Kirche dem Priester Kaminski übergeben worden. — L3. Juli. Der heute vom Pr»f. Kaminski in Kattowitz abgehaltene Gottesdienst war von Tausenden von Menschen auS Nah und Fern besucht, so daß die Kirche nicht Alle zu fassen im Stande war. Da Professor Kaminski mit der großen Exkommuni kation belegt, ist eine derartige Frequenz bei dem Gottesdienste von Seiten des Landvolkes und der Arbeiter umso mehr zu verwundern; für heute war polnischer Gottesdienst, über acht Tage soll durch Hinzuziehung eines deutschen Geistlichen auch deutscher Gottesdienst abgehalten werden. Kaminski erfreut sich unter dem polnisch- redenden Theile eines bedeutenden Anhanges. (Ob. Wd.) Hannover, 24. Juli. Ueber das schmerzliche Eisenbahnunglück bei Forbach bringt die „Hannov. Ztg." den Brief eines von hier entsandten Herrn vom Hilfsverein und damit die Liste der 66 Verwundeten, größtentheilS Hannoveraner und einige Rheinländer. Glücklicherweise sind die meisten nur leicht verwundet und befinden sich unter bester Pflege; nicht wenige find in dem Tumult durch franzosenfreundliche Forbacher noch um einen Theil ihrer Habe ge bracht worden. Die Namen der sieben Getödteten hatte General v. VoigtS-Rhetz schon vorher bekannt machen lassen. Bad Homburg, 24. Juli. In der jüngsten Sitzung des Ver« waltungSrathS der Curfonds kam die Erwiderung des Reichskanzler amts auf die gemeinderäthliche Eingabe um Verlängerung der Spielpachtzeit zur Verlesung. In dieser Erwiderung wird daS Gesuch oeS Gemeindevorstandes unter Hinweis auf das die Auf hebung der Spielbanken aussprechende Reichsgesetz und den ein schlägigen Artikel deS Strafgesetzbuches, „abgesehen von andern Gründen" abfällig beschicken. Nach längerer Berathung wurde eine Eingabe an die k. Regierung nach einem Entwurf des Bürger meisters in Betreff der Uebernahme des fiScalischen Eigenthums der Curgebäude, Anlagen und Brunnen in städtischen Besitz ange nommen. München, 25. Juli. Der König hat an den Staatsminister Grafen v. Bray bei Gelegenheit der Enthebung desselben vom Ministerium des k. Hauses und des Aeußern folgendes Handschreiben gerichtet: „Lieber Staat-minister Graf v. Bray! Als Sie Mir vor längerer Zeit Ihr Gesuch um Enthebung vow. Portefeuille des StaatSministeriumS Meines Hause» und de» Aeußern in Vorlage brachten, trug Ich Mich mit der Hoffnung, daß es noch gelingen werde, die im Schooße des GesammtministeriuwS ftüher bestandene Uebereinstimmung wieder herzu stellen. Diese Meine Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt, und Ich finde Mich daher, wenn auch mit schwerem Herzen, veranlaßt, Ihrem Enthebung-gesuche Meine Genehmigung zu ertheilen. Nicht ohne Weh- muth sehe Ich Sie auS einem Wirkungskreise scheiden, welchen Sie in so wichtiger, gewaltiger Zeit zur wahren Wohlfahrt der Krone und de« VolkeS ausgefüllt haben. Empfangen Sie nochmal«, Mein lieber Graf, für Ihr pflichttreues, vom edelsten Streben, von der aufopferndsten Hingabe an die Interessen der Dynastie und des Lande« getragene» Wirken meinen freundlichsten Dank, Meine wärmste Anerkennung. Um diesen Gefühlen, welche nie in Meiner Brust erlöschen werden, auch thatsächlichen Ausdruck zu verleihen, habe Ich Sie unterm Heutigen in die Zahl der Capitulare Meine« Ritterordens vom heiligen Hubertu- aus genommen. Ich verbleibe mit der Versicherung Meines freundlichen Wohlwollens Ihr geneigter König — Schloß Berg, 22. Juli 1871 — Ludwig." Graf v. Bray hat sein Portefeuille bereits heute an Staats- rath v. Daxenberger übergeben; er will für einige Zeit den Ge sandtschaftsposten in Wien wieder übernehmen. Nachdem dem Grafen v. Bray die nachgesuchte Enthebung von Sr. Majestät dem König bewilligt worden, ist anzunehmen, daß die Maßnahmen, welche der Staatsminister v. Lutz in Betreff der kirchlichen Verhältnisse schon seit einiger Zeit nothwendig erachtete, in nächster Zeit erfolgen werden, da es ja eben diese Maßnahmen waren, welchen den Grafen veranlaßten, sein EnthebungSgesuch dem Monarchen zu unterbreiten. — 26. Juli. Fürst Hohenlohe wurde nach Schloß Berg zum Könige berufen. — Der preußische Cultusminister v. Mühler ist hier eingetroffen und hat den Besuch des Justizministers v. Lutz empfangen. Teplitz, 23. Juli. Soeben ist der Exkurfürst von Hessen mit großem Gefolge hier eingetroffen. Nach großen Schwierigkeiten hat er in hem von Curgästen überfüllten Bade eine Wohnung ge funden, und zwar nicht in Teplitz selbst, sondern in dem mit diesem unmittelbar verbundene» Curorte Schönau. Hier wird er dem Vernehmen nach in den nächsten 3 Wochen in einem der dafigen Gemeinde gehörigen Hause wohnen. Man erzählt daher in Teplitz, der Kurfürst von Hessen wohne in dem Gemeindehaus von Schönau. Er ist gealtert, sieht aber sonst ganz wohl aus. Frankreich. Die Nachwahlen zur französischen National« Versammlung und der Eintritt der neugewählten Mitglieder in dieselbe haben zunächst ein engeres Aneinanderschließen der ver wandten Parteirichtungen zur» Folge gehabt, welches in einer leb hafteren Verfolgung gemeinschaftlicher Ziele demnächst deutlicher hervortreten dürfte. Eine solche nähere Verbindung hat zwischen der Partei der gemäßigten Republikaner und den conservativen Anhängern deS otatu» quo stattgesunden. Dieselben haben sich, wie Pariser Correspondenten berichten, zu einem linken Eentrum constituirt — unter Verwerfung der Bezeichnung: republikanisches Centrum — und ist die Mitgliederzahl dieser neuen Kammerfrae- tion bereits auf 250 gestiegen. Das Programm, über welches man sich verständigte, ist ungefähr Folgendes: Die Fraktion er kennt die Kammer nicht als constituirende Versammlung an, fie beschränkt die Aufgaben derselben auf die Herstellung des Frie dens und die Reorganisation deS Landes. Erstere sei nicht eher als erledigt zu betrachten, als bis die 5 Milliarden gezahlt wären und der Feind das Land verlassen habe, für letztere glaubt man eines Zeitraums von drei Jahren zu bedürfen. Um während des selben die Erhaltung des ststus quo und dadurch die Lösung der politischen Aufgaben zu ermöglichen, wird nun die Fraktion dem nächst der Kammer einen Gesetzentwurf unterbreiten, in welchem die Verlängerung der Vollmachten des Herrn Thiers auf drei Jahre unter gleichzeitiger Verleihung des Titels eine- „Präsidenten der französischen Republik" beantragt wird. An die Stelle deS Herrn Thiers im Ministerrath soll ferner ein Bice-Präsident treten, um den Präsidenten vor jeder Berührung durch ministerielle Krisen auszuschließen, wie sie z. B. jetzt gelegentlich der von Hrn. Favre gegebenen Demission entstehen könnten. Paris, 24. Juli. Gestern sind der ehemalige Präsident des gesetzgebenden Körpers, Schneider, und der Quästor Höbert vor der Commission erschienen, die Über die Vorgänge am 4. Septbr. eine Untersuchung anzustellen beauftragt ist. Herr Schneider hatte nichts Neues zu den bereits bekannten Thatsachen hinzuzufügen, wohl aber gab der Exquästor folgende hübsche Geschichte zum Besten: „Am Morgen des 4. September" — so erzählt er — „erhielt ich von Herrn Z ... . einen folgendermaßen abgefaßten Brief: Mein Herr l Sie würden mich sehr zu Dank verpflichten, wenn Sie mir eine Eintrittskarte geben wollten. Meine Frau quält mich damit, daß sie durchaus beiwohnen will dem Ueberfalle auf den gesetzgebenden Körper." Ebenso bezeichnend wie dieser Brief sind folgende drei Zahlenangaben: Herr ThterS hat dem Finanz-Ministerium für seine Reise durch Europa nur berechnet 10,500 Francs, aber Herr Keratry für die Hin- und Rückfahrt zwischen Bordeaux und Madrid 20,200 Francs und Herr Jule- Simon für seine Reise von Paris nach Bordeaux und Cherbourg und von da zurück 21,500 Francs. — Gestern sollen die Herren Guörould und Höbrard einen Besuch bei Herrn Thiers gemacht haben, um ihm einen Besteuerungsmodus für das Papier vorzu legen , der alle Interessen zufrieden stellen und erlauben würde, auf Einführung des Zeitungsstempels zu verzichten. — Durch einen Erlaß des Kriegsministers ist die Abschaffung der hohen Bärenmützen, der Schurzfelle und Beile bei den Sappeuren der Linien-Regimenter angeordnet worden. — Das „Si'vcle" ist in den Stand gesetzt, die von der Com mission für die Armee-Organisation angenommene Fundamental- BastS mitzutheilen. Danach ist jeder Franzose im Alter von 20 bis zu 40 Jahren dienstpflichtig, und zwar 4 Jahre bei der activen Armee, 5 Jahre in erster, 3 Jahre in zweiter und 8 Jahre in dritter Reserve. Die dritte Reserve wird die Nationalgarde er setzen. Der Chef der Regierung kann die erste Reserveklasse durch ein Decret einberufen. Zur Einberufung ver übrigen Klassen ist der Erlaß eines Gesetzes erforderlich. — Mit der Zählung der Gelder der französischen Aiegscon- tribution in Straßburg geht eS Herrn Thier- nicht rasch genug und er hat darüber den betreffenden französischen Agenten - würfe machen lassen. Einer derselben hat sich dawider in einer kurzen Denkschrift gerechtfertigt, indem er u. A.anM v 17 preußischen Zähler, so angestrengt sie ^hätig wären, doch wegen der oft nöthigen Vertisicationen und andner Verzögerungen des Tages nicht mehr als 600 bis 700,000 Geldstücke zählen könnten. b - 26. Juli. Der „Correspondenz HavaS" zufolge besteht Jules Favre auf seiner Entlassung. Sein eventueller Nachfolger ist noch unbestimmt. Das Gerücht von dem Rücktritt arkerer Mi-