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möerger AiUWr und Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. — Dem Vernehmen nach ist in Sachen des Unterofficier'S Gottfried Hirsch vom 7. Landwehr-Regiment contra AbtHeilungS- Commandeur v. Debschitz eine militärische Untersuchung eingel-ttet worden. Debschitz hatte bekanntlich dem Hirsch, obwohl er von seinem Hauptmann und Major empfohlen war, tue Bestätigung als Ofstciervienst thuender Feldwebel versagt, weil er em Jude sei. Frankfurt a M, iS. Juli. Der Kronprinz de» deutschen Reichs und von Preußen ist gestern Abend->/.11 Uhr hier ei«. Freiberg, den 14. Juli. Nehmen wir die Ueberfiedelung der florentinischen Regierung nach Rom auS, womit die Italiener nun faktisch die Stadt der Päpste zu ihrer Hauptstadt gemacht haben, so sind eS immer noch die Franzosen, welche der Politik des TageS neuen und den interessantesten Stoff zuführen. Allerdings liegt cS in der Natur der Sache, daß ein zer brochenes Staatswesen nach den Tagen der Stürme sich wieder aufzurichten sucht und daß hier mannigfach, wohl auch für den Zu schauer interessant Hand angelegt wird, sowohl um den Schutt fortzurämen, wie auch um das neue Material für den Bau heran zubringen. Die Wiederaufrichtung des französischen Staates war eine Nothwendigkeit und mußte lange im Vordergründe der Politik bleiben. Aber die eigenthümliche französische Eile und Energie in den Mitteln, zu welchen zu greisen die Staatsmänner anderer Völker sich lange besinnen würden, macht das Schauspiel besonders reizvoll. Man sieht, wie diese Nation sich wunderbar schnell auch der schwersten Sorgen zu entschlagen weiß und, ihrem Glück ver trauend, nur ihren Instinkten folgt, ohne zu rechnen und um die Zukunft zu bangen. Kaum hat der Erfolg der Anleihe bewiesen, daß Frankreich noch unerschütterten Credit besitzt, und kaum hat die jetzige Regie rung durch den Ausfall der zahlreichen Nachwahlen das Gefühl ihrer Sicherheit erhalten, so geht sie mit einem kühnen Handstreich zur Errichtung eines ganz neuen und tief in das Nationalver mögen einschneidenden Steuersystems vor und bringt nach Verlauf einer Stunde die Vorlage als Gesetz aus der Kammer heim, wo zu Gewissen und Klugheit sich Monate des UeberlegenS hätten auS- bitten müssen. Düse Kühnheit in der Wahl der Mittel und ihrer Anwendung hat entschieden etwas Imposantes; ob eS auch gute Folge habe, beängstigt zunächst ein französisches Gemüth wenig. Wie seit Jahrzehnten ist der Franzose gewohnt, die Politik nach MMWWWW Viertel gesteigert. Naturgemäß bringt das damit Vielen unerreich bare Bedürfniß auch eine schwächereLufuhr hervor und der Zoll ertrag steigt also keineswegs in dem Maße, wie dies der französische Finanzminister sich denkt. Aber daS Schlimmste der Manipulation besteht darin, daß sie ein großer Schritt zu einem neue» Schutzzoll- System sein dürfte, der die ganze Industrie Frankreichs hemmm und das Land in wenig Jahren vielleicht schon verarmt haben wird. Tagesgeschichte. Berlin, 15. Juli. Wie ein Correspondent der „N. Fr. Pr." wissen will, würden sich zu einem Besuche des Kaisers Wilhelm in Bad EmS die Könige von Bayern, Sachsen und Württemberg gleichzeitig dort einfinden. — Bon allen deutschen Staaten ist eS nur Bayern, wel ches sich entschlossen hat, eine Specialmisfion in Paris neben der deutschen Legation aufrecht zu erhalten. Die französische« Blätter, welche jüngst daS Gegentheil gemeldet, waren falsch berichtet. Am Sonntag Abend ist der zum bayerische« Geschäftsträger bei der französischen Republik ernannte Baron Rathardt, früher erster Secretär der hiesigen bayerischen Gesandtschaft, in Paris eingetroffe«. Sobald er seine Beglaubigungsschreiben überreicht hat, wird der mit Wahrung der bayerischen Interessen während des Kriege» be traut gewesene schweizerische Gesandte dem neuen Geschäftsträger die Geschäfte übergeben. Gleichzeitig erfolgt sodann Seitens de- 0r. Kern die Uebergabe der von ihm ebenfalls verwalteten badischen. Angelegenheiten an den deutschen Geschäftsträger, Grafen Waldersee. — Die Reorganisation des württembergischen ContingentS und seine Umwandlung in ein Armeekorps des deutschen Heeres wird unmittelbar in Angriff genommen. Trügt nicht Alles, so wird diese Umformung dadurch nicht erleichtert, daß Württemberg de» Verträgen gemäß die eigene Verwaltung des Heerwesens behält. Sie wird, wie es scheint, dadurch auch nicht billiger werden. Ma« hört bereits die Aeußerung, daß über kurz oder lang eine Militair- convention wie die mit Baden abgeschlossene unvermeidlich sei« werde. Bekanntlich darf Württemberg nach dem Versailler Ver trag, was es an den 225 Thlrn. pro Mann erspart, in die eigene Tasche stecken. Allein schon jetzt steigt, wie man der „W. Z" schreibt, die Ahnung auf, daß diese geträumten Ersparnisse sich eher in ein Deficit verwandeln werden. Ein großer Staat kann, wie es scheint, mit 225 Thlr. weiter reichen als ein kleiner. ES zeigt sich immer mehr, daß jene Verträge, und was sie an Cautelen enthalten, nur schwache Barrieren sind; die Consequenzen entwickeln sich mit einer Logik, die nicht« zu wünschen übrig läßt. Ist z. B. einmal das württembergische Armeecorps mit seiner Intendantur etablirt, so wird das Kriegsministerium daneben eine ziemlich überflüssige Rolle spielen, obwohl Herr v. Suckow in Versailles seine Stellung sich möglichst zu garantiren gesucht hat. Inzwischen ist in Stuttgart ei« preußischer Militärintendanturrath mit zwei Secretäreu angekom men, der dazu bestimmt ist, die Militärbeamten in der preußischen Verwaltungspraxis einzuschulen. dem Tagesbedürfniß zuzuschneiden und wenn eS nur schnell mit den Neuerungen geht, dann gefällt eS ihm schon. Insofern kann sich die Regierung des Herrn Thiers wohl glücklich preisen, daß sie vorläufig auch genug Material hat, die Franzosen sich nicht langweilen zu lassen. Der republikanische Finanzminister muß Geld schaffen, das ist seine Pflicht. Frankreich braucht jährlich mindestens 500 Millionen mehr, um seine neuen Schulden verzinsen zu können. Ohne langes Besinnen schlägt der Minister daher so viel Procent zu den Steuern auf die BerzehrungSgegenstände, daß sie nach dem Etat der Vor jahre einige hundert Millionen mehr eintragen müssen. So wer den Kaffee, Zucker, Thee, Cacao und ähnliche Dinge vertheuert, um die Kassen zu füllen. DaS kostet wenig Worte, solch' ein Ge setz zu redigiren; und eine weitere Berathung schneidet der Mi nister mit der Erklärung ab: das Vaterland sei in Gefahr, da täglich sehr große Quantitäten von den durch daS zu erwartende Gesetz besteuerten Waaren in den verschiedenen Häfen anlangten, um noch ohne de« neuen Zoll in die Hände der Händler zu kom men, wodurch dem Staate täglich ein Schaden von mehreren Millionen erwachse. Darauf hin nimmt denn auch die Kammer dieses wahrhaft barbarische Steuergesetz fast einstimmig an. Nach den volkSwirthschaftlichen Erfahrungen unserer Zeit wiegt der Gewinn durch hohe Steuern, namentlich auf Lebensbedürfnisse, wozu doch Kaffee und Zucker gerechnet werden, nicht den Schaden aus, welcher dem gesammten wirthschaftlichen Leben damit geschlagen wird. Mit der Vertheuerung dieser ConsumtionSartikel wird in- direct der ganze Markt der Lebensmittel zu höheren Preisen ge- ... . ... .. trieben und der Arme zu Entbehrungen des Nöthigsten gezwungen, getroffen, wurde vom Polizeipräsidenten v. Madai empfange« und Schon seither war in Frankreich die Steuer aus solche Colonial« von einer zahlreichen Volksmenge enthusiastisch begrüßt. Der paare« besonders hoch; nm» wird sie noch um ein Fünftel resp. Kronprinz, welcher im „Russischen Hose" absney, stattete ßfM ^-163. Erscheint i. Freiberg jed. Wochmt. Ab. 6 U. für den and. Tag. Jnser. werden bi« V. 11 U. für nächste Nr. angen. Montag, den 17. Juli Pret, dierteljährl. 20 Ngr. Inserate werdm die gespaltene Zäk oder deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1871