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Theater besucht «ud bei dem Versuch seiner Rettung in die Der» senkuog gefallen sein mag. BreSlau, 3. Juli. Alle Nachrichten, die von Königshütte eingehen, weisen daraus hin, daß die Excesse der dortige» Arbeiter« bevölkerung eine Folge der Wühlereien sind, welche die klerikale Partei, namentlich seit den letzten Wahlen, dort systematisch bettieben hat. Soviel aber scheint uns gewiß, daß wir diese traurigen Dinge nicht erlebt haben würden, wenn man den Verfinsterungsbestrebungen der klerikalen Partei seit Jahren schon mit mehr Kraft und Ent schiedenheit entgegengearbeitet hätte. Man hat dieser Partei eben zv viel Spielraum gelassen, während denjenigen Bestrebungen, welche auf Licht und Aufklärung gerichtet find, allerhand Hindernisse be« rettet wurden. Als in den vierziger Jahren in Schlesien die freireligiöse Bewegung ihren Anfang nahm, breitete sie sich auch nach Oberschlefien hin aus und gewann Eingang auch beider polnischen Bevölkerung. In den Jahren der Reaction aber wurden die Ge meinden, die sich in Oberschlesien gebildet hatten, sämmtlich unter drückt, und seit länger als einem Jahrzehnt wirthschaftet in Ober« schlesien die jesuitische Agitation nach Herzenslust. Wir find über zeugt, daß uns die nächsten Jahre noch manch andere Ueberraschung bringen werden, wenn nicht endlich entschiedene Schritte gethan werden, um den confessionellen Hetzereien einen Damm entgegen zusetzen, und dazu sind vor Allem zwei Dinge erforderlich: voll ständige Gleichstellung aller Religionsgesellschaften und Trennung der Schule von der Kirche. Licht und Aufklärung werden sich auch in Oberschlefien den Weg bahnen, wenn man nur nicht beiden den Weg mit aller Macht versperrt. (V.-Ztg.) München, 30. Juni. Der Professor des römischen Rechts an unserer Universität, 0r. Zenger, ist diesen Nachmittag im 73. Lebensjahre gestorben. Derselbe hatte vor einigen Tagen den Empfang der Sterbesacramente gewünscht, der ihm jedoch von dem betreffenden Geistlichen auf so lange verweigert wurde, als er nicht durch einen schnstlich auöustellenden Revers seine Unterschrift unter der Adresse, welche die Professoren der Hochschule in der Unfehl- barkeitSfrage vor einiger Zeit an Herrn v. Döllinger gerichtet, widerrufe, Professor Zenger hat mit vollstem Bewußtsein diesen Widerruf entschieden abgelehnt. Derselbe empfing hierauf ganz nach den rituellen Vorschriften die Sterbesakramente durck Professor vr. Friedrich, dem hierzu vom Pfarrer Renstle in Mering die Hostie und das Oel zugesendet wurde. Da die Geistlichen das kirchliche Begräbniß verweigern, so wird auch dieses vom Professor Friedrich vollzogen und ihm von der Universität die benöthigten Paramente hierzu zur Verfügung gestellt werden. — 2. Juli. DaS kirchliche Begräbniß deS excommunicirten Professors Zenger wurde heute durch den ebenfalls excommunicirten Professor Friedrich nach allen Vorschriften der katholischen Kirche vollzogen. 20,000 Personen waren anwesend. ES herrschte die vollkommenste Ordnung. — 4. Juli. Infolge der letzten Ministerberathungen, deren Resultat nach zuverlässigen Mittbeilungen der Entschluß zu einer entschiedenen Aeußerung der Regierung gegen die römischen Anma ßungen ist, wurde ein umfassender Bericht an den König nach Hohenschwangau erstattet. — Gutem Vernehmen nach hat der Kron prinz von Preußen die Einladung des Königs von Bayern zum Truppeneinzuge in München, welcher definitiv am 16. d. stattfindet, angenommen. Der König stellte eine Wohnung in der Residenz zur Verfügung. Generallieutenant v. Blumenthal wird mit Sr. kaiserlichen und königlichen Hoheit erwartet. Mühlhausen (im Elsaß), 2. Juli. Alle Fabriken sind jetzt in vollster Thätigkeit. Der deutsch-französische Friedensvertrag ge stattet bis zum 1. September l. Js. den elsässischen Fabrikanten den zollfreien Import ihrer Erzeugnisse nach Frankreich, und die hiesigen Geschäftsleute sind die letzten, die sich diese günstige Con« zunctur entgehen ließen. Während des Krieg« haben sie enorme Massen von Waaren (man schätzt sie auf 50 Millionen Franc«) w rohem und halbrohem Zustand nach der Schweiz geflüchtet. Jetzt sind sie beschäftigt, diese Waaren nach Mühlhausen zurückzu- tranSportiren, um sie verarbeitet noch vor dem 1. September nach Frankreich zu werfen. Soweit der Export nach der Schweiz in -en HandelSbüchern nachgewiesen werden kann, hosfen die hiesigen Fabrikanten auf zollfreie Rückeinfuhr. Neben dieser legale» Waaren- bewegung findet läng- der ganzen elsäfser-schweizer und französisch- schweizer Grenze ein ziemlich kühn betriebener Schmuggel statt. Flintenschüsse werden jetzt schon häufig zwischen Grenzsoldaten und Paschern gewechselt. ES scheint fast, als wollten die schweizer Pascher förmliche Banden bilden. Deutscherseits wird man diesem Unwesen gebührend zu steuern wissen. — Das Zollamt St. Louis ist von dem Öberzollcontroleur Menzel aus Leipzig eingerichtet worden; daselbst amtirt neben preußischen und anderen College» auch ein sächsischer Zollbeamter. Vor 3 Tage» hat sich, erhaltener Ordre gemäß, Öberzollcontroleur Menzel nach Mühlhausen be geben, um auf dem hiesigen Bahnhof ein Zollamt zu errichten. Später soll daS Hauptzollamt in der Stadt etablirt werden. Hierfür ist bereits ein mächtiges Gebäude gemiethet worden. Auch in Mühlhausen fungiren noch andere sächsische Beamte. - Die Fabrikanten scheinen für daS Entgegenkommen, welches sie bei der deutschen Reichsverwaltung finden, nicht unempfänglich zu sein. Andererseits wäre eS jedoch voreilig, bei der Masse der Bevölkerung auf einen baldigen Umschlag in der Stimmung zu hoffen. Die Arbeiter verhalten sich meist grollend, die andere Bevölkerung macht ihrer Abneigung gegen die neuen Verhältnisse, wo sie kann, Lust. Oft in kindischer Weise. So durch die Enthaltsamkeit von Militärconcerten oder durch demonstratives Fensterschließen, wenn die Militärmusik durch die Straßen zieht. Bedenklicher wird die Sache, wenn z. B. auf der Bahnstrecke Altkirch-Mühlhausen Mi« litärzüge mit Steinen beworfen werden. So wurde vorgestern einem heimkebrenden pommerschen Soldaten ein Theil des Gebisse« durch einen in den Zug fliegenden Stein auSgeschlagen. Nicht immer will es gelingen, die Schuldigen zir entdecken. — In Bel« fort, wo da« 31. (pommersche) Regiment in Garnison liegt, sind Reibereien mit der jetzt kühner auftretenden Livilbevölkerung nicht selten So brachte letztere vor Kurzem ohne alle äußere Veran lassung einem preußischen Jngenieuroffizier eine Katzenmusik, und da dies die Pommern nicht leiden wollten, so entstand ein Hand gemenge, Sei welchem 2 Franzosen verwundet wurden. Paris, 30. Juni. Mit der Fortdauer des Belagerungszu standes find die wenigsten Pariser zufrieden. Durch Sicherheits gründe halten sie ihn in keiner Weise begründet, sie erklären daher seinen Fortbestand lediglich aus dem Wunsche, der Polizei freieste« Spiel zu lassen, nachdem die standrechtliche Repression da« Ihrige gethan. ThierS ahnt kaum, was in Paris vorgeht; er scheint sich und Mac Mahon ganz und gar in die Hände der Polizei über liefert zu haben. Den Platz des furchtbaren ProcuratorS der Commune nimmt heute auf der Polizei-Präfectur ein Herr Claude ein, welcher sich schon unter dem Kaiserthum unsterblich gemacht hatte. Er umgab sich mit dem gesummten Personale der berüchtig ten politischen Polizei, mit den Legionen weißer Blousen deS Bo« napartiSmus. Die Restauration dieser Corsen ist vollständig; sie beherrschen heute Paris, und wenn sie ThierS nicht in der Tasche haben, so halten sie ihn doch schon in ihren Händen Wie zu Zeiten de« Traupmann arbeiten Claude und Genossen mit dem „Figaro", dem „GauloiS", dem „Paris Journal", der „Liberte." Die achtbarsten Bürger, z. B. der Maire von Belleville, haben schon die Aufmerksamkeit des Herrn ThierS auf jene wilde Jagd, auf das nichtswürdigste Nachspiel zum Bürgerkrieg gerichtet. Die Verhaftungen arten zu MassenauShebungen auS; sie erstrecken sich auf die politischen Meinungen und Gesinnungen, sogar in Stadt vierteln wie das der Börse, der Bank, wo die achtbarsten Nach barn bedroht und verhaftet werden. Die Polizei des Herrn Claude forscht in allen von der Nationalgarde hinterlassenen Papieren, in den heikelsten Geheimnissen der Armenpflege, in den 300,000 anonymen Denunciationen, welche keineswegs verschmäht werden. Sie verwandelt die großen Werkstätten und Arbeitsplätze in Fang« gruben, so daß der Arbeiter die Arbeitsanerbietungen für eine Polizeitücke hält und der Arbeitgeber Anstand nimmt, sein HauS in eine Fanggrube zu verwandeln. In der Provinz sind die Behörden angewiesen, nur den Arbeitern, welche bereits eine von einem Pariser Polizei- commissar unterzeichnete feste Arbeitsbestellung besitzen, einen Paß nach Paris zu ertheilen und auf alle Paßlosen auf dem Wege nach Paris zu fahnden. In vielen Stadtvierteln wird auch unter den Mädchen und den jüngeren Weibern furchtbar aufgeräumt. Un längst wurden in Baugirard blöd auS einigen Häusern achtzehn junge Nätherinnen weggeführt, welchen man nichts nachzusagen weiß, als daß sie, um nicht zu verhungern, Uniformen für die Nationalgarde angefertigt hatten. In der weiblichen Bevölkerung besteht die düstere Ueberzeugung, daß alle jene Arbeiterinnen dazu dienen müssen, in der anzulegenden Strafkolonie dem Mangel an Gattinnen abzuhelfen. Welche Erbitterung, welch' eine Aussaat deS Hasses, welch' eine Verbitterung des socialen Krieges I Die besten Arbeiter sagen fick: „Die Bourgoiste will unS also unbarm herzig auSrotten." In der That müssen, wenn mau so fortfährt, eine halbe Million Menschen nach Versailles abgeführt werden; denn so viele haben mit der Commune während der ersten Hälfte ihrer Herrschaft sympathisirt. — 3. Jpli. So viel bisher bekannt, erscheint die Wahl von 80 bis 90 gemäßigten Republikanern, die ThierS unterstützen, ge sichert. In Marseille wurde Gambetta und Laurier gewählt; im Departement Charente - införieure ist Rouher unterlegen ; als ge wählt werden genannt Magne, Soubeyran, Duvergier, Hausanne, Deufert und de Cisey. , , — 4. Juli. Das Wahlresultat in Paris ist fast vollständig bekannt, Gewählt find von den Eandidate» der „Pariser Union