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eignen. Indem Ich Sie hiervon in Kenntniß setzen, habe Sie das Erforderliche zur Ausführung deiner Lnadenbewtlligung zu veranlassen. Berlin, den LL Juni 1871. Wilhelm. Strahburg, 29. Jmti. Ein Erlaß des Präfetten des Nieder rheins erinnert daran, daß das Reichsgesetz über die Kriegsent schädigungen den Elsaß-Lothringern nur als Reichsangehörigen und um aus Liberalität Entschädigung gewähre ; eine Verpflichtung hier zu sei nicht vorhanden. — Vom Neckar schreibt man der „Neuen Badischen Landes- zeituug": Am 25. Juni sind — auf erhaltenes Engagement — vier deutsche Lehrer, welche früher Stellen in Paris beileidet hatten, im vorigen Jahre aber theilS ausgewiesen worden waren, theilS freiwillig das Land verlassen hatten, wieder nach Paris abgereist. Die ihnen gemachten Offerten beweisen, daß die JnstitutSvorsteher in Paris der Deutschen bedürfen, da außer sehr entsprechendem Ge halte Noch Reisevergütung bewilligt und letztere vor der Abreise durch Bankanweisungen geleistet wurde. Paris, 27. Juni. Der Prinz Napoleon kam letzten Sonntag auS England in Calais an. Bei seiner Landung wurde er aber von eitlem Polizei-ComMiffar empfangen, der ihn bat, für den AÜgtnblick seinen AUfeiithalt nicht in Frankreich zu nehmen. In folge besten ketztte der Prittz nach England zurück. — Die Ge mäldegalerien im Luxembourgpalast und die Museen deS Louvre find seit zwei Tagen dem Publicum wieder geöffnet; letztere haben weiter keinen Schaden erlitten, als daß eine Statue den Arm ver loren hat. — Wie versichert wird, soll der Gesammtbetrag der Zeichnungen auf die Anleihe die Summe von 5 Milliarden über steigen. — 29. Juni. Die große Revue hat heute Nachmittag statt gefunden. Marschall Mac Mahon traf an der Spitze des General- stabs und mit einer glänzenden Suite vor 2 Uhr in LongchampS ein. Mit dem Schlag 2 Uhr kündigten die Batterien des Mont- Valerien und des ExercierplatzeS die Ankunft der Mitglieder der Regierung und der Nationalversammlung an. Die Regimenter brachten beim Vorbeimarsch an der Tribüne wiederholte Hoch rufe auS. — 30. Juni. Die heutigen Morgenblätter constatiren, daß die Haltung der Truppen bei der gestrigen Revue eine vortreffliche gewesen ist. Thiers und Mac Mahon wurden begeistert empfangen. — DaS „PariS-Journal" veröffentlicht einen Brief des BaronS Haußmann, welcher erklärt, er gehöre zu keiner Partei, sei ein er gebener Diener Frankreichs und lehne eine Candidatur ab. — Ein Circular Nouher's ay seine Wähler im Departement Charente- iUförieüre betont die Notywendigkeit der Handelsfreiheit; die künf tige Regierungsform werde die Natton selbst bestimmen. Gambetta ist hiev eingetroffen. Bordeaux, 29. Juni. In einer Ansprache an die Delegirten deS republicanischen ComitöS erkennt Gambetta die jetzige Regie rung an, welche durch ihre Handlungen den Beweis für ihr Recht uüd ihre Macht geliefert habe. Gambetta betont die Nothwendig keit der Hebung des Volksunterrichts und der allgemeinen Wehrkraft. Marseille, 29. Juni. Von den vor das Kriegsgericht gestellten beim Aufstande Betheiligten sind bis jetzt drei, deren Namen ohne politische Bedeutung, zum Tode, vier, unter denen auch Martin, zur Deportation, zwei, Novi und Blanchs, zu Zwangsarbeiten und eitler zur Detenttonshaft verurtheilt worden. Zehn Angeklagte wurden freigesprochen. AuS Tachau (in Böhmen) 27. Juni, meldet das Abendblatt der ».Prager Ztg." folgendes Nähere: Die Verwüstungen, welche das Wasser angerichtet hat, sind wahrhaft gräulich. 70 Häuser find so gut wie abgebrochen, Felder, Gärten und Wiesen sind gänz- nch verwüstet, viele Familien brod- und obdachlos. Auch zahlreiche Hausthrere, worunter 50 Stück Rindvieh, find ertrunken, nächstvcm viele Emnchtungsgegenstände, Betten und Werkstätten weggeschlemmt. In emem Schreiben, welches dem „Tagesb. a. B." zugeht, heißt es: Jnfplge eines Wolkenbruches schwoll das Wasser in einer Höhe don 3 Klaftern über dem Normale an. In einem Zeitraum von höchstens 20 Minuten war ein großer Theil der Stadt unter Waffer gesetzt. Etwa 70 Häuser standen, theilweise bis zum Dach, fM Waffer; viele stürzten total ein, andere brachen zum großen LMe zusammeü, die übrigen find dergestalt zugerichtet, daß sie vollständig uMwohrMr sind und ganz niedrrgeriffen werden müssen. Die Wände in den Häusern sind eingestürzt, Oesen und Mobilien von der Fluth fortgerisfen, ganze Dächer fortgeschwemmt. Große aus Holz gebaute Scheuern und Stallungen wurden umgeworfen und zum Theil durch die Flüth an entfernte Orte versetzt. Sämmt- liche Felder, Wiesen und Gärten find verwüstet, mit Steinen, Sand und Mauer« bedeckt. Der Schlamm steht fußhoch in den Häusern, die Gaffe« find zu nette« Flußbetten aufgewühlt. Der Verlust zahlreicher Menschenleben ist zu beklagen. 20 Leiche« wur den bereits aufgefunden. Alles Vieh in den betreffenden Stadt- theilen ist ertrunken. Festgebaute Quaderbrückeu sind spurlos ver schwunden. Den Schaden zu schätzen, ist gegenwärtig unmöglich; der Jammer ist unbeschreiblich. Italien. Unter der Aufschrift „Victor Emanuel in Rom" enthält das Wiener „Neue Fremdenblatt" einen länger» Artikel, aus dem es genügt, folgende Stellen mitzutheilen: „Klerikale Blätter in Italien und Deutschland verkündeten noch vor wenigen Tagen, Victor Emanuel werde nicht nach Rom kommen, denn sein Gemüth sei voll ängstlicher Ahnungen, und in seinem Herzen sitze die Furcht, daß die Anwesenheit seiner sündigen Person auf dem heiligen Boden Roms den Rachestrahl des Himmels herausfordern werde. Diese Vorhersage hat sich nicht erfüllt, und Diejenigen, die sie gestellt, haben sich neuerdings als schlechte Menschenkenner erwiesen. Victor Emanuel fürchtet sich nicht vor einer Ueberfiedel- ung nach Rom; er war nie abergläubisch, und wenn er eS je ge wesen wäre, hätten ihn die Erfahrungen seines Lebens von dieser Schwäche heilen müssen. . . . Die Welt wird also in den nächsten Tagen das Schauspiel genießen, daß in der Metropole der katho lischen Welt zwei Herrscher refidiren werden: der König von Italien und ein König ohne Land. Diese Thatsache wird für PiuS IX. der schwerste von all den Schlägen sein, die ihn während seines langen, an Enttäuschungen überreichen PonttficatS bettoffen. Der unfehl bare Papst, welcher ein so hohes Gewicht auf seine Souveränität legt, wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen, daß seine welt liche Herrschaft unwiederbringlich verloren ist. Diese Nothwendig keit wird ihm mit zwingender Gewalt in dem Augenblicke vor die Seele treten, in welchem Victor Emanuel, von der Bevölkerung mit stürmischen Acclamattonen begrüßt, mit seinen Ministern, seinem Hofstaate und seinen Dienern in die heilige Stadt einziehen wird." — Einer Florentiner Correspondenz der „Triester Zeitung" zu folge wird die osficielle Hauptstadtverlegung in folgender Weise stattfinden: Der König wird in Rom am 1. Juli die von dem Parlamente jüngst votirten Gesetze sanctioniren, eine große Revue abhalten und im Quirinalpalaste ein Galadiner geben, welchem die Minister, die Präsidenten der Kammer und des Senats und das diplomatische CorpS beiwohnen werden. Am folgenden Tage wird der König nach Florenz zurückkehren. In Rom werden für jetzt nur die Minister des Aeußern, der öffentlichen Arbeiten und des Krieges bleiben, die anderen werden nach Florenz zurückkehren, um die letzten Maßregeln für die definitive Verlegung zu treffen. Florenz, 30. Juni. Die „Opinione" meldet, ein Theil deS hohen französischen Klerus habe dem Papste empfohlen, auf der Insel Corsica ein Asyl zu suchen, um in den ersten Tagen des Juli nicht in Rom anwesend zu sein, der Papst habe jedoch diesem Rathe seine Zustimmung nicht ertheilt. Neapel, 29. Juni. Der König ist heute hier eingetroffen und von der Bevölkerung enthusiastisch empfangen worden. Rom, 30. Juni. Wie verlautet, hat der Papst den Grafen Harcourt empfangen, welcher ein Schreiben Thiers überreichte. Brüssel, 29. Juni. Am nächsten Montage wird der Minister der auswärtigen Angelegenheiten im Senate Mittheilungen über die Instructionen machen, welche dem belgischen Gesandten zu Florenz bezüglich der Verlegung der italienischen Regierung nach Rom er theilt worden sind. London, 29. Juni. In der heutigen Sitzung des Oberhauses beantragte Wranmore ein Tadelsvotum gegen die Regierung wegen des Abschlusses deS Whasingtoner Vertrags. Der Antrag wurde nach kurzer Debatte abgelehnt. Dachsen. Freiberg. Um der hin und wieder im Publikum aufge tauchten Meinung zu begegnen, als sei bei dem am Donnerstag hier erfolgten Einmarsch der 280 Mann deS Jägerersatzbataillons ein officieller Empfang unterblieben, fügen wir unserem früheren Be richte auS sicherster Quelle hinzu, daß sämmtliche Mannschaften Anfangs vor das Massenquartier des Herrn Groß rückten und da selbst die Stadtgemeinde durch die Herren Stadträthe Rößler und Beyer vertreten war. Ersterer ergriff begeistert daS Wort und hieß die Truppen im Namen Freibergs herzlich willkommen. Ge hörten sie doch zu denen, welche gekämpft für König und Vaterland, welche ihr Blut und Leben eingesetzt zum Heile, Glück und Wohl ergehen der deutschen Nation, welche einen Feind besiegt, der unsere heiligsten Güter, unsere Freiheit und Selbstständigkeit, ange tastet und bedroht. Wie daS gesammte große Vaterland seine heim kehrenden Söhne aller Orten jubelnd empfangen, so fühle auch Freiberg zu aufrichtigem Danke sich verpflichtet und wie in den Herzen aller Deutschen für alle Zeit die Anerkennung fortlebe, so werde auch die alte Berg- und Garnisonstadt Freiberg nicht anft hören, dankbar auf des Lande- tapfere Schaaren zu blicken und