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Merger AttjeilM und Tageblatt. Amtsblatt drs Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 130. Erscheint i. Freiberg jed. Wochmt. Ab. SU. für dm and. Tag. Jnser.werdm bi« B. 11 U. für nächste Nr. angen. Sonntag, den 3. Juli Preis vterteljährl. 20 Ngr, Inserat« werden die gespaltene Zeile oder derm Raum mit 8 Pf. berechnet. 1871. Tagesgeschichte. Berlin, 30. Juni. Die Abreise des Kaisers nach Hannover, welche für heute Vormittag */<, 10 Uhr festgesetzt war, wurde wegen rheumatischer Schmerzen, welche die Nachtruhe Sr. Majestät beein trächtigten und Morgens, wenn auch weniger heftig, fortdauerten, aufgegeben. — Der Kronprinz ist mittelst Extrazug nach Hannover abgereift. — Prinz Karl von Preußen feierte im Kurorte Wiesbaden sein 70. Geburtsfest und zugleich sein 60jährigeS Militär-Dienst jubiläum. — Der „Reichsanzeiger" enthält einen Amnestie-Erlaß für Elsaß-Lothringen. Derselbe lautet: „Wir Wilhelm, von Gotte- Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re., wollen allen Einwohnern von Elsaß und Lothringen, welche wegen politischer und militärischer Handlungen bi» heute rechtskräftig verurtheilt worden, sofern mit diesen Handlungen keine gemeinen Ver brechen verbunden find, die noch unvollstreckte Strafe hiermit in Gnaden erlassen, ihnen auch unter Niederschlagun- der noch rückständigen Kosten die ihnen entzogene Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte wieder verleihen. Berlin, 24. Juni 1871. Wilhelm. (gegengez.) v. Bismarck, v. Roon. — Der Kaiser hat nunmehr die Reduction der in Frankreich verbleibenden Bataillone auf die Etatsstärke befohlen. Die Ober- commandoS der 2. und 3. Armee sind angewiesen, die über die Etatsstärke hinausgehenden Mannschaften der ältesten Jahrgänge behufs Entlassung zunächst den bezüglichen Ersatztruppen zuführen zu lassen, was von den letzten Tagen dieses Monats ab in Extra zügen auSgeführt wird. Bei den bezüglichen Ersatztruppen hat dann die Entlassung zu erfolgen. — Lom Rhein wird dem „Franks. Journ." geschrieben: „Als der Krieg im verflossenen Jahre sich in die Länge zog, immer grö ßere Dimensionen und einen immer grausameren Charakter annahm, wurden in Deutschland ernste Besorgnisse vor der Verwilderung unserer eigenen Soldaten laut. Man fürchtete, sie möchten Sitten und Gewohnheiten annehmen, unter denen die bürgerliche Gesell schaft nach ihrer Rückkehr ins deutsche Vaterland leiden müßte. Von dieser Sorge sind wir vollständig befreit, und es ist wohl am Platz, dies öffentlich zu constatiren. Der furchtbare Krieg hat die DiSciplin nicht gelöst, den rechtschaffenen Sinn des deutschen Man nes, seine Moral und gute Sitte nicht gelockert; im Gegentheil, es ist eine von vielen Arbeitgebern offen ausgesprochene Thatsache, daß daS gute Einvernehmen zwischen ihnen und den Arbeitnehmern, die vor Kurzem noch die Waffen handhabten und jetzt wieder am Schraubstock oder an der Hobelbank stehen, nie unzweifelhafter war, als eben jetzt. Der stramme Dienst für die heiligste Sache des Vaterlandes hat veredelnd auf die Geister gewirkt und die Ansichten über die sociale Frage vielfach geklärt. Wer die Leiden dieses Krie ges mit durchgemacht hat, empfindet den Segen der friedlichen Ar beit mehr denn je. Auch nach dieser Seite hin haben wir durch den Krieg gewonnen." — DaS ultramontane Münchener „Vaterland" hat eine merk würdige Entdeckung gemacht. Dieses Blatt, welches gar zu gerne eine mittelalterliche Judenhetze in Scene setzen möchte, benutzt das Schreckensgespenst der „Internationale", um nachstehenden Artikel vom Stapel zu lassen: „An reichen Mitgliedern oder Freunden mangelt es der Internationale durchaus nicht; einzelne, wieLedru-- Rollin, CernuSchte, LouiS Blanc und eine Reihe jüdischer Bankiers, die zu ihr gehören, sind Millionäre. Der Umstand, daß von den Hunderten Häusern Rothschild's in Paris nicht ein einziges ver- vrannt oder auch nur beschädigt wurde, deutet darauf hin, daß dieser Hauptjude auf gutem Fuße mit der ehrenwertheu Gesellschaft stehen muß, sonst hätten sie ihn sicher nicht verschont. Daß solche Leute nicht umsonst begünstigt werden, sondern ungeheure Summen für die Gunst — oder auch Mitgliedschaft — zahlen müssen, ver steht sich ganz von selbst." Crefeld, 27. Juni. Der hiesige Eaplau Hoegel hatte bei der Gelegenheit, wo Professor Michelis, hierselbst einen Vortrag über die päpstliche Unfehlbarkeit gehalten, in einer Predigt diejenigen, welche denselben gastlich in ihre Wohnungen ausgenommen, als „längst gekennzeichnet, gebrandmarkt und geschändet für immer" be zeichnet. Die betreffenden Herren waren mit diesen Titulaturen nicht einverstanden und verklagten den Herrn Caplan beim Zucht polizeigericht in Düffeldorf. Gestern ist dieser Prozeß entschieden, und zwar Herr Hoegel zu 50 Thlr. Geldbuße nebst den Kosten verurtheilt worden. Characteristisch ist, daß, als am 19. d. M., am Tage der ersten Verhandlung Herr Hoegel von Düffeldorf zurückkehrte, derselbe von einer großen Menge auS „dem gläubigen Volk" am Bahnhofe abgeholt, unter beständigem Hurrahrufen zu seiner Wohnung geleitet, und ihm dort ein Ständchen dargebracht wurde. Sine gleiche Ovation wurde demselben gestern Abend dar gebracht, nachdem im Laufe des Tages die Berurtheilung desselben bekannt geworden war. Selbstverständlich fehlte eS nicht an Er widerungsreden, gesprochen von dem „Märtyrer" selbst und seinen Konfratres. (K. Z.) Frankfurt a. M, 29. Juni. Das Wasser des Mains war heute den ganzen Vormittag über in beständigem Steigen und hat bereits begonnen, an der Verbindungsbahn oberhalb der alten Brücke über das Ufer zu treten. ES hat zwar den Pegel noch nicht erreicht, ist aber nicht allzu weit davon entfernt, so daß die Höhe etwa 12—13 Frankfurter Fuß betragen mag. Meiningen, 28. Juni. In voriger Nacht find wir von einer argen Wassersnoth heimgesucht worden. Seit drei Tagen und Nächten strömte der Regen so unausgesetzt nieder, daß die Werra von Stunde zu Stunde wuchs und mehr und mehr über die Ufer trat. Die Lazarethbaraken, in denen sich noch eine große Anzahl von Verwundeten befindet, mußten rasch geräumt und die Verwundeten in Sicherheit gebracht werden. Gestern Nachmittag um 4 Uhr meldete ein Telegramm auS Eisfeld, daß die Werra durch die dort zusammenströmenden Waldbäche gewaltig attgeschwollen sei und uns daher nach 7 Stunden eine große Ueberschwemmung drohe. So geschah es denn auch. Die ganze vorige Nacht war eine ruhelose und sorgenvolle. Alle Straßen der Stadt sind über schwemmt und dadurch jede Communication gehemmt. Biele auf der Werra daher schwimmende Mobilien und Geräthschasten, Tische, Sophas, Schreibsecretäre, 9—10 Fuß hohe Braukuffen, Backtröge u. s. w. geben Zeugniß davon, wie zerstörend die Gewässer in dem oberen Werragrunde gewüthet haben. Von verunglückten Men- schenleben hörte man zum Glücke noch nichts. — Auch in anderen Orten Thüringen« herrscht vielfach große WasserSnoth. Thüringische Blätter melden namentlich von großen Ueberschwemmungen in Eisenach und Jena. Ratzeburg, 28. Juni. DaS „Offic. Wochenbl. f. d. Herzogs. Lauenburg" veröffentlicht das folgende Rescript an den Maister für Lauenburg: „Ich habe Mich veranlaßt gefunden, den zu dem D-manium de« Herzogthum» Lauenburg gehörigen «rundbeflhim Amte Schwarzen e , welcher Mir zum freien und unbeschränkten Eigenthum durch den mit der Ritter, und Landschaft des Herzogthum» unter« 19. d. M. abge- schloffenen von Mir am 21. d. M. genehmigten Receß überlassen worden ist mit allen daraus resultirenden Privatrechten und Verbindlich- ketten dem Kanzler de» deutschen Reich», Fürsten v. Bismarck in Aner kennung seiner Verdienste al- eint Dotation zum Ehenthum zu üby.