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preußisches) Nr. 7, Garde-Pionniere, ein SanitStS-Detachement, das 2. Garde-Ulanen-Reqiment und Artillerie. Dann folgte die Cavallerie und zwar die Garde du Corps und Garde-Kürassire, daS 1. und 3. Garde-Ulanen-R-giment, die beiden Garde-Dragoner- Regimenter und endlich die Artillerie und der Train. Die ver schiedenen Regimenter wurden mit lautem Jubel begrüßt, der fich für die Deputationen der fremden Truppen ganz besonders steigerte. Unmittelbar an den Einzug schloß sich die Feier der Einhüllung des Denkmals Friedrich Wilhelms III. Choralgesang des Dom- ChorS leitete sie ein; ein kurzes Gebet des Feldpropst Thielen folgte; darauf gab der Kaiser das Zeichen zur Enthüllung des Denkmals. Die Hülle fiel und das Reiterbild prangte vom schallenden Jubel der Menge begrüßt. Der Donner der Geschütze vermischte fich mit den Klängen der Volkshymne, bis die Töne des ChoralS: „Nun danket Alle Gott" die Feier schloß. „Nun danket Alle Gott" und „Lob, Ehr' und Preis sei Gott" klang es zwei Tage später in allen Kirchen Deutschlands, denn Millionen Herzen rief die FriedenSfeier in den Tempel Gottes, um voll Demuth ihr Dankgebet dem Herrn der Heerschaaren darzubringen. So naht der tapste deutsche Held: Bor Gott ein Kind — ein Mann im Feld! So naht der Jüngling, naht die Braut, Der Treis, daS Mütterchen ergraut, DaS ganze Volk, die Fürsten, hehr — Und Alle geben Gott die Ehr'! Das ist die echte deutsche Art, Die stets, mein Volk, Du offenbart. Sie ist'«, die Deinen Arm befreit Vom Feffelzwang in finstrer Zeit! Sir hat Dich eins und groß gemacht! Eie ist Alldeutschland- starke Wacht! Und dieser Schatz sei fort und fort, Mein deutsches Volk, Dein Schirm und Hort, „Kein Sclave sei der deutsche Held! „Bor Gott ein Kind — ein Mann im Feld!" Dann, Vaterland, kannst ruhig sein: Fest steht und treu die Wacht am Rhein! Noch eines andern Festes haben wir hier zu gedenken, eines Festes, welches mit dem SiegeSeinzug in Berlin zusammenfiel: das 25jährige Jubiläum der Thronbesteigung des Papstes in Rom. DaS Zusammentreffen dieser beiden Feste gestaltet sich zu einem so wundersamen Gegensätze, wie ihn vielleicht die Weltgeschichte noch nicht aufgewiesen hat und nicht mehr auf weisen wird. Zwei Weltmächte sammeln in den Centralpunkten ihrer Kraft die Elite ihrer Getreuen; aber während die eine sich des frisch errungenen Sieges freut und in einer seit langen Jahr hunderten ungekannten Machtfülle strahlt, während dessen beklagt die andere die Lossagung immer neuer Millionen ihrer einstigen Anhänger und sucht durch den Glanz deS Festes über das Schwin den ihrer Krast zu täuschen. Der rüstige Greis, der im Norden den Mittelpunkt des Festes bildete, hat unendlich mehr erreicht, al- die kühnsten Träume seiner Jugend zu hoffen wagten, und der Greis, dessen Jubelfest in Rom begangen wurde, hat Stück um Stück seiner Macht über die Länder und über die Geister den Hän den entgleiten sehen, hat zuletzt, indem er vermessen sich zum Gott proclamirte und Alles verfluchte, was gebildeten Nationen heilig ist, sich selbst um Thron und Land gebracht und einen tiefen unheil baren Riß durch die katholische Kirche gezogen. Wo auf Erden lebt ein der Geschichte seiner Heimath kundiger Deutscher, der nicht durch den grellen Kontrast der beiden Feste an die Tage erinnert wurde, da Deutschlands bürgersreundlichster Kaiser in kalter Win ternacht barsuß, im Büßerhemde, ein Bettler um Gnade, vor dem Palast stand, in welchem ein Papst schwelgte. Die Erinnerung an Canossa hat unser Volk in den Tagen der tiefsten Erschlaffung auf recht erhalten. An dem Tage, wo alle deutschen Seelen in dem großen Jubelstrome der Siegesfeier zusammenflosscn und wo das Papstthum durch einen erkünstelten Jubel sein selbstverschuldetes Glend zu verbergen suchte — an diesem Tage wurde die Schmach Dou Canossa ausgeglichen. Lassen wir schließlich den Blick von der Tiber nach der Seine, von Rom nach Paris schweifen, so begegnen wir abermals einem Contrast, denn während Deutschlands Krieger nach einem helden- müthig über den Gegner der deutschen Nation erfochtenen Sieg triumphirend in die Reichshauptstadt einzogen, folgten zwei Tage später die Vertreter des französischen Volks der Einladung ThierS und wohnten in Paris einer Revue bei, um den Sieg über ehre eigenen Mitb rüder prunkvoll zu begehen. Wahrlich ein schnei dender Contrast! Im Uebrigen nehmen jetzt die für den 2. Juli anberaumten Ergänzung-wahlen zur Nationalversammlung die öffent liche Aufmerksamkeit in Anspruch. Die Klerikalen rechnen auf einen glänzenden Sieg; ebenso schmeicheln fich die Bonapartisten, daß sie eine erkleckliche Anzahl von Kandidaten durchsetzen werden; auch die Republikaner machen alle Anstrengung, Gambetta und Männer ähnlichen Schlages durchzubringen. Tagesgeschichte. Berlin, 17. Juni. Bei dem heutigen Galadiner im königl. Schlosse (gegen 700 Couverts) sprach der Kaiser folgende Worte: Der Gedenk- und Ehrentag, welcher der Nachwelt daS Erzstand bild meines königlichen Vaters, der sein Volk und Heer zu und«, gänzlichem Ruhme nie gekannter Wohlfahrt führte, überliefern sollte, war bestimmt, im tiefsten Frieden begangen zu werven. Anders war es aber von der Vorsehung beschlossen. Ein zweite- Mal wurde Preußen berufen, wie damals mit seinen Alliirten, so jetzt mit dem gesammten Deutschland verbunden, denselben Feind, der uns herausgefordert, zu bezwingen, von Sieg zu Sieg, in un gekannter Größe und Ausdauer, daher ziert das Zeichen in Eisen wiederum, wie damals, die Brust der Tapferen. Ja der Heimath haben alle Klaffen in beiden Geschlechtern in der Opferfreudigkeit und der Nächstenliebe sich überboten. DaS Volk und daS Heer stehen unübertroffen da vor der Welt, darum ergreife ich das GlaS zum Andenken des Heldenkönigs, zum Dank gegen daS Volk und das Heer. Der Kaiser nahm bald darauf zum zweiten Male das Wort: Ich weihe dieses GlaS in Dankbarkeit dem Wohle deS jetzt geeinten Deutschland, sowie seiner Monarchen und Fürsten, der abwesenden wie der anwesenden. — Der „Berliner Börsencourier" will wissen, eS bestände die Absicht, den preußischen Staatsschatz aufzulösen, da die Errich tung einer ähnlichen Institution für daS deutsche Reich in Aussicht genommen sei. Die im preußischen Staatsschätze befindlichen 30 Millionen Thaler würden zur Pari-Einlösung der fünfprocentigen preußischen Staatsanleihe von 1859 verwendet werden. — Schloß Varzin hat einen Nebenbuhler gefunden. Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat in diesen Tagen das an der Berlin-Hamburger Bahn romantisch gelegene Rittergut „Friedrichsruhe" angekauft und beab sichtigt, demnächst auf demselben von den Strapazen der jüngst vergangenen Epoche auszuruhen. — Der CultuSminister v. Mühler ist seit einigen Tagen erkrankt. - Am 18. findet der festliche Einzug der Truppen in Magde burg statt. Hamburg begrüßt heute seine heimkehrenden Krieger. Für den Empfang in Stettin werden von den Stadtverordneten 8500 Thaler verlangt. Auch in Danzig und Königsberg werden bereits Vorkehrungen zum Empfange der Truppen getroffen. Bremen, 15. Juni. Der Einzug des Bremer Bataillons erfolgte heute Vormittag. Eine unabsehbare Menschenmenge be grüßte die heimkehrenden Truppen in enthusiastischer Weise. München, 15. Juni. Unsere vorgestrige Mittheilung über den Einzug der Truppen in München müssen wir dahin berichten, daß die formelle Einladung deS Kronprinzen Feldmarschalls zur Theil- nahme zwar beschlossen, aber noch nicht erfolgt ist. Man will, wie wir hören, die Einladung erst absenden, wenn mit Bestimmtheit der Tag des Einzuges festgestellt werden kann. DaS dürfte noch im Laufe dieser Woche der Fall sein. (V.-Ztg.) Aus Paris, 13. Juni, schreibt man der „K. Z.": Ich kann Ihnen über das große diplomatische Diner, welches vorgestern in Versailles von Madame ThierS gegeben wurde, nachstehende interessante Einzelheiten erzählen: Dem Diner wohnten der päpst lich e Nuntius, Lord Lyons, Fürst Metternich, der schweizerische Gesandte Kern und mehrere andere Mitglieder deS diplomatischen Corps bei. Man bemerkte an der Tafel aych den sächsischen General Fabrice, welcher Frankreich nächstens verlassen soll, um dem Berliner Einzuge beizuwohnen. In der Soirö trasea sich Deputirte von der Rechten, von der Linken, vom Centrum, als: der Herzog von Rochefoucauld, M. de Mornay, der Graf Benoist d'Azy, M. Deseilligny, welchen man von allen Seiten wegen seiner letzten Rede in der Kammer beglückwünschte, Cochery, der Gras de Bagneux rc. Gegen halb 11 Uhr traten der Herzog von Aumale, Deputirter von der Oise, der Prinz von Joinville, Deputirter von La Manche, und der Herzog von Chartres in den Saal, welcher in diesem Augenblick ein interessantes Tableau bot. Auf der einen Seite die Vertreter fast aller Mächte Europa's, auf der anderen die Deputirten Frankreichs und in der Mitte ThierS, welcher die Söhne von LouiS Philippe empfing. Als Juleö Favre die Prinzen eintreten sah, wollte er durch eine Seitenthür sich unbemerkt ent fernen, um nicht mit ihnen in Berührung zu kommen. Indessen Thiers, welcher ihn beobachtet hatte, hielt ihn zurück und stellte ihn mit Victor Lefranc den Prinzen vor. In einer Ecke des SaaleS stand General Fabrice, 6 Fuß hoch, die Prinzen mit sichtlichem