Volltext Seite (XML)
Merger Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. B^irksgerichtS zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtsLmter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. ^?1V8. Erscheint jeden Wochentag Ab. 8 U. fiir dm and. Tag, Inserate werden bi« B, 11 U. für nächst« Nr. angen, Freitag, den 12. Mai Prei« vierteljährl. 20 Ngr, Inserate wttden die gespaltene Zeile »der deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1871. Tagesgeschichte. Frankfurt, 16. Mai, Nachmittags 2 Uhr. Der defini tive Frieden zwischen Frankreich und Deutschland ist soeben unterzeichnet worden. Aus den Verhandlungen in Frankfurt wird man nicht eher Bestimmtes erfahren, als bis die Organe des Reichskanzlers oder deö Herrn ThierS den Mund öffnen. Als wahrscheinlich kann die Angabe bezeichnet werden, daß gleichzeitig in dieser Stadt Veranstaltungen zur Zahlung der ersten halben Milliarde (500 Millionen Franken) getroffen werden; auf letzteres deuten die an dauernden Conferenzen der Friedensunterhändler mit den großen Bankhäusern hin. Beide Theile haben ein großes Interesse daran, schnell inS Reine zu kommen und so wird man wohl jetzt schon über die wesentlichen Fragen sich geeinigt haben. Ist die erste halbe Milliarde gezahlt und der Frieden unterzeichnet, so ist die Räumung der Ost- und NordsortS von Paris Seitens der Deut schen die unmittelbare Folge. Die deutsche Heeresleitung, welche in letzter Zeit ca. 200,000 Mann in der Nähe der französischen Hauptstadt versammeln mußte, wäre alsdann im Stande, einem großen Theil der Armee die heißersehnte Rückkehr in die Heimath zu bewilligen, und die französische Regierung würde in die Lage versetzt, Paris in gleicher Weise einzuschließen und abzusperren wie eS vom 19. September 1870 bis Anfangs März 1871 durch die Deutschen geschah. Hr. Thiers wäre alsdann der für ihn ebenso gefährlichen wie entsetzlichen Nothwendigkeit enthoben, die eigene Hauptstadt durch ein Bombardement theilweise zu vernichten. Berlin, 10. Mai. Ueber die in einer gestrigen Abendfitzung stattgehabten Berathungen der Elsässer Commission des Reichstags über den Gesetzentwurf, betreffend die Vereinigung von Elsaß und Lothringen mit dem deutschen Reiche, verlautet Folgende«: Zu nächst wurde zu Artikel 3 ein Antrag des Abg. Wigard auf so fortige Berufung einer elsässisch-lothringischen Landesvertretung ab- gelehnt. 3m Laufe der Discussion theilte Staatsminister Delbrück Nachstehendes mit: Statt der Eintheilung in Arrondissements soll die Eintheilung in Kreise in Elsaß und Lothringen erfolgen. In nerhalb der Kreise bleibt die Cantonaleintheilung. Außerdem wer den drei größere Bezirke nach Analogie der frühem Departements gebildet. Es ist noch zweifelhaft, ob die gemeinsame Centralbe hörde im Lande selbst residirt, oder ob die Centralverwaltung vom Bundeskanzleramte auSgeübt wird. Für Zölle und indirecte Steuem wird im Lande eine Centralbehörde gebildet. Schließlich wird als erstes Alinea des § 3 ein Antrag des Abg. Lamey angenommen, welcher also lautet: „Die Staatsgewalt in Elsaß und Lothringen übt der Kaiser aus." — Ueber die deutschen Truppen in Frankreich wird dem „N. C." berichtigend mitgetheilt: Nicht „die colossalen Anstrengun gen und stetige Aufregung" des Feldzuges allein sind eS, welche dem Soldaten den Aufenthalt in Frankreich unerträglich machen und ihn hinsiechen lassen, sondern beides im Verein mit — Heim weh. Jedem, der mit den Leuten in häufige Berührung kommt, ist eine große Erschlaffung bemerkbar. Sicher ist, daß hauptsäch lich den Franzosen diese Niedergeschlagenheit auffällt. Trotz der großen Bemühungen der Osficiere, dieselben zu zerstreuen und von der grenzenlosen Langeweile loszureißen, hat sich allenthalben mehr oder minder diese fürchterliche Krankheit eingeschlichen, welche das Gemüth verbittert und die Spitäler überfüllt. Sehr zu tadeln ist deshalb die gänzliche Aufhebung der Evacuation. Vom Heim weh ersaßt schleicht der Mann einher und welkt dahin. Das Ge ringste kann ihn in die größte Wuth versetzen; dies ist wohl auch der Grund her bedauerlichen Streitigkeiten. Die DiSciplin leidet darunter, und die nothwendigen strengen Maßregeln find nur noch mehr geeignet, die Leute zu erbittern, welche nur den einen Wunsch haben, in ihre Heimath zur Familie und gewohnten Arbeit zurück zukehren. Diese Krankheit ist eine große Gefahr für die Subordi nation, umsomehr, als der Aufstand in Paris die Occupation in die Länge zieht und den Heimmarsch immer mehr verzögert..... Daher auch die Erbitterung der Osficiere, welche- sich Obiges keineswegs verhehlen, gegen den Pariser Aufstand. Allgemeiner Wunsch ist eö, sich mit aller Energie ins Mittel zu legen, um der Sache ein Ende zu machen.. — Die „Jtalie" veröffentlicht ein BeglückwünschungSschreibeu, welches der Pater Hhaneinthe an den Professor v. Döllinger, in Bezug auf dessen Brief an den Erzbischof von München gerichtet hat. Er sagt in diesem aus Rom vom 26. April datirten Schrei ben, Döllinger's Brief habe zu Rom eine große Wirkung gemacht, und gerade diejenigen, welche sich das Ansehen geben, ihm nur geringe Bedeutung beizulegev, verständen am besten die Wichtigkeit desselben. „Ich höre um mich her von den Gefahren eine- Schisma'- (Kirchenspaltung) in näherer oder fernerer Zukunft reden; da- SchiSma ist bereit- in der Gegenwart, eS besteht unter Formen in einem Maße, welche bisher unbekannt waren, und waS am meisten erschreckt, ist, daß es seine Wurzeln in der Institution selbst hat, die uns die Einheit geben sollte... Man könnte Bibliotheken aus den Büchern bilden, welche gegen die unerhörten Anmaßungen der römischen Kurie geschrieben worden find, und doch find diese Anmaßungen immer noch gestiegen. Gegen ein solches System vermögen die Demonstrationen der Wissenschaft und die Proteste des Gewissens nichts. Die Menschen, welche dasselbe vertreten, verstehen nicht die Sprache der Wahrheit und der Gerechtigkeit, oder aber sie glauben in übermenschlicher Verblendung Gewalt über die Moral und die Geschichte zu haben, und meinen, sie nach dem Bilde ihrer eigenen Unfehlbarkeit umgestalten zu können. Da mit ihnen die Augen aufgehen, ist es nöthig, daß sie sich an Be gebenheiten stoßen, die stärker sind, wie sie selbst, und diese- wird, wenn ich nicht irre, die schreckliche Züchtigung sein, welche Gott ihnen vorbehält, und zu gleicher Zeit die unverhoffte Rettung, welche er seiner Kirche bereitet." Frankreich. Der Pariser Correspondent der „Time-" spricht sich über die Stimmung in Frankreich hinsichtlich der künftigen Re gierungsform folgendermaßen aus: „Selbst Diejenigen, welche Herrn ThierS für einen aufrichtigen Republikaner halten und glauben, daß er die Republik erhalten sehen möchte, bezweifeln, daß er eS können wird. Die Majorität der Nationalversammlung ist von Herzensgründe gewaltig antirepublikanisch. Falls sie über Paris siegt, wird sie Herrn Thiers entweder zwingen, die Krönung eine« Orleanisten zu unterstützen, um einen kaiserlichen Prätendenten zu vermeiden, oder, was wahrscheinlicher ist, sie würde ihn einfach auf die Seite setzen. Der siegreiche Befehlshaber der Versailler Armee dagegen, wahrscheinlich ein Imperialist, könnte den Diktator spielen und Napoleon IV. zum Kaiser auSrufen; aber Hünderttausende von Franzosen würden sich lieber bis zum letzten Augenblick schlagen,' als daß sie Frankreich in die Hände eines Napoleon oder auch aur eines constitutionellen Monarchen zurückfallen sähen. Dies gilt von Paris und den großen Städten. In der Provinz find dieMeinun- gen sehr verschieden. Ich höre von Franzosen, welche die Stim mungen kennen und, abgesehen von dem genährten und tief gewur zelten Haß gegen den Republikanismus behaupten, daß das Kaiserreich seit einiger Zeit beständig an ^oden gewinnt. D^ Republikaner haben sich bei den Bauern entschieden dadurch am meisten unbeliebt gemacht, daß sie den Krieg fortsetzten und vergeblich sich abmühten, darin obzufiegeu, und dieser Andru« iß durch den Bürgerkrieg «och verzehnfacht worden. Die Bayerns