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600 Gefangene -evoumen. Vie bei Bapaume zurückgeschlagene Nord Armee unter Faidherbe befindet fich im Rückzüge auf Arras Md Douah. v. Podbiel-ky. 6. AmienS, 5. Januar. Die Verfolgung des am linken Seineufer geschlagenen Corps deS Generals Rohe wurde gestern noch durch ein kleine- gemischtes Detachement unter Major Prei- vitzer über Bourgachard fortgesetzt, er überfiel den Feind von Neuem, zersprengte ihn, nahm ihm noch fernere 2 Geschütze, 1 MunitionSwagen und Gefangene ab und trieb ihn in die Flucht. Graf WalterSleben. 7. Charleville, 5. Januar. Handstreich auf Rocroh ge lungen, soeben capitulirt Festung. 2 Compagnien besetzten noch heute Thore. (Rocroh ist ein kleiner befestigter Platz in den Ar dennen mit 3200 Einwohnern, nordwestlich von MeziereS, und nur 4 Meile von der belgischen Grenze.) v. Sender. Berlin, 6. Januar. In Abgeordnetenkreisen gilt der Rück, tritt de- CultuSministerS v. Mühler als sicher Man bezeichnet al- seinen Nachfolger den Oberbürgermeister von Berlin, Herrn Seydel; von anderer Seite nennt man den Präsidenten Herrn Friedberg. — Zur Kriegslage schreibt die „Prov.-Corresp.": „Die lieber« Windung von Paris wird in doppelter Beziehung erst die eigent. liche Vollendung von Frankreich- Niederlage sein: erst wenn Pari- vnterworfen ist, wird da- französische Volk an die Größe unseres Siege- glauben, und nur wenn Paris, das auch künftig wieder die Seele Frankreichs sein wird, die ganze Wucht der Demüthigung an fich selber erfahren hat, ist Hoffnung vorhanden, daß die ge waltigen Lehren dieser Tage nicht vergeblich seien. Nicht als ob mit dem Fall von Paris die Fortsetzung alles Widerstandes in Frankreich ausgeschlossen oder der unmittelbare FriedenSschluh ge sichert wäre. ES ist wahrscheinlich, daß auch nach der wirklichen Entscheidung der Kampf unter dem Machtgebote der ehrgeizigen republikanischen Herrscher noch eine Weile fortdaure; eS ist vollends gewiß, daß wir uns n sch auf eine längere Besetzung des eroberten Gebiet- von Frankreich einzurichten haben; aber welche Anstreng ungen und Opfer uns daraus noch erwachsen mögen, so werden wir sie in dem Bewußtsein leicht ertragen, daß dieses Nachspiel de- KriegeS di» eigentliche weltgeschichtliche Bedeutung desselben nicht mehr berühren kann." — Der Angriff auf die Forts war den CernirungStruppen am 2b. beim Appell mitgetheilt worden. Der erste Schuß am 27. Dez. wurde von den Soldaten mit donnerndem Hurrah begrüßt. — Die „Times" meldet, der amerikanische Gesandte in Paris, Washburne, habe auf Veranlassung Bismarck'- JuleS Favre einen Pasfirschein angeboten, um sich zur Consercnz nach London begeben zu können. Favre erklärte, er wisse nichts von einer Con- ferenz und werde Paris nicht verlassen. Mainz, 2. Januar. Infolge räthselhaften Verschwindens ver schiedener Quantitäten Liebesgaben, Armce-ProviantS und erbeute ter Waffen wurde bei Beamten der Ludwigsbahn Haussuchung in Weisenau gehalten und sowohl Massen von Proviant, als auch EhassepotS vorgefunden; andere dabei compromitirte Personen hat ten ihre EhassepotS im Rheine versenkt. Am 29. December ist von Kiel ein Torpedo-Detachement, be stehend auS 40 Pionieren und 30 Matrosen, zur Belagerungsarmee vor Paris abgegangen. Dieses Detachement soll durch Torpedo- Legungen die Seine absperren. München, 5. Januar. In heutiger Sitzung der Abgeordneten kammer wurde der Gesetzentwurf, betreffend den außerordentlichen Militärcredit, mit 146 gegen 4 Stimmen angenommen. — Der Minister de« Innern hat die Anlegung der Wählerlisten zu den ReichS agSwahlen angeordnet. Stuttgart, b. Januar. Im heutigen „StaatS-Anzeiger für Württemberg" ordnet der Minister des Innern die Anlegung der Wählerlisten zu den ReichetagSwahlen an. Wie aus Stratzburg, 31. December, gemeldet wird, erhielten die in Mühlhausen stehenden Bataillone des 2. Niederschlcsischen Landwehr-RegimentS Nr. 47 am 26. December plötzlich Contre- Ordre, anstatt nach La Fkre noch in der Nacht nach Delle abzu- marschiren, wo sie mit anderen Truppentheilen gegen die im An marsch begriffene Lyoner Armee und FranctireurS verwendet werden sollen. Der gleiche Befehl erging an eine Batterie und eine Schwadron Ulanen, welche in Mühlhausen in Garnison lagen. Ueberhaupt sind jetzt alle disponiblen Truppen im Elsaß und aus Deutschland nach Delle geworfen worden, während in Straßburg vur einige Ersatzbataillone mit neuen Recruten in Garnison bleiben. Wie man hört, rückt Garibaldi von Gray in der Richtung auf Delle und Belfort mit der Lyoner Armee zum Entsatz von Belfort, mau sagt mit 30,000 Mann heran. Die Armee von Lyon soll bi- Besancon mit der Bahn befördert morden sein, — In den letzten Tagen und Nächten wurde Belfort wieder stark beschossen. Daselbst liegen 12 Bataillone zur Lernirung, meist Landwehr, außerdem noch da- 67. Linien > Regiment. Alle- zur 1. Reserve- Division Treskow gehörig. Karlsruhe. Ein Extrablatt der „Karlsruher Zeitung" ver- öffentliche folgende- Telegramm Glümer-: Das ul, k. Januar 1871. Feind heute 40 000 Mann stark bei Ricz an der Straße Vasoul - Besancon, RecoqnoScirung desselben bei Vellfau nördlich von Ricz mit 1^ Brigade, 2 Batterien und 1 E-cadron siegreich zurückgeworfen, Verlust de- Feinde- unbestimmt, 1 Offizier, 84 Mann unverwundet gefangen, diesseitiger Verlust unbedeutend. An« Lothringen vom 1. Januar schreibt man der „S.-Zta.": Fort nnd fort kommen au« Baiern, Sachsen und den verschiedenste« Tbeilen Preußen« neue Trupven hier dnrchmarschirt. E« sind tbeil- Ersatzmannlckasten, qrößtentheil« junge, frische Gestalten, die erst vor drei Monaten eingetreten sind und unter denen sich viele Frei willige befinden, die zum AuSfüllen der oft schon sehr gelichtete« Reihen ihrer Bataillone bestimmt sind, theil« ältere Landwehrmänner, die ost da« 30. Lebensjahr schon weit überschritten haben, welche zur Besatzung der Städte und Etappenlinien bestimmt sind. A« 150.000 Mann neue deutsche Truppen werden in der Zeit vo« Mitte December bi- Mitte Januar den Boden Frankreich- sicher lich betteten. Bei der Räumung von Dijon haben die Deutschen daselbst ca. 750 Verwundete zurücklassen müssen. — Au- Baden schreibt man der ,.D. A. Z.", daß General Werder für die Sicherheit der in Dijon zurückgelasienen deutschen Verwundeten Fürsorge getroffen hat durch Mitnahme von Geißeln au« Dijon. AuS Dijon wird berichtet, daß Bourbaki mit 60,000 Mam und 80 Kanonen dort eingerückt sei und sein Hauptquartier aufge- schlagen habe. Au- Versailles vom 2. Januar wird gemeldet: vorgestern wurde feiten« unserer Vorposten ein Kapitän der FranctireurS auß Paris gefangen genommen, bei welchem, dem Vernehmen nach, sehr wichtige Papiere gefunden sind. — Die Devutation de« Herren hauses wird morgen früh di« Rückreise nach Berlin antteten. Die Ballenbriefe au« Paris reichen bis zum 30. Dec. A» 28. war man dort sebr froh weil man glaubte, daß die Beschießung des Mont Avron resultatloS geblieben sei. Tag« darauf war die Stimmung schon eine schlechtere. „Die Nachrichten über da- Bom bardement" — so sagt ein Brief vom 29. — „sind nicht gut. ES scheint, daß die preußische Artillerie sich der unseren überlegen gezeigt hat und wir g-zwunoen gewesen sind, letzte Nacht Val Plateau Avron zu räumen, welche- für unsere Infanterie unholtbar geworden war. Diese Lage flößt für die Zukunft einige Unruh« ein. Außerdem leidet die Bevölkerung furchtbar durch die Kälte; gestern fanden einige Erzesse statt; man wollte sich deS Holze- auf den Bauplätzen b-mächtigen. Die Erieffe wurden mit Müde unter drückt Man ist noch nickt entmuthigt; aber eS ist nicht- desto weniger wahr, daß wir irgend einer guten Nackricht bedürfen, um uns vor der Demoralisation zu bewahren. DaS Publikum ist außerdem unzufrieden. Man klagt die Regierung der Unvorsichtigkeit und der Unentschlossenheit an. Wenn wir seit dem Monat, während welchem wir den Mont Avron besetzt gehalten haben, dort die nothwendigen Arbeiten verrichtet hätten, so würden wir nicht genöthigt gewesen sein, ihn auf solche Weise aufzugeben. ES scheint mir, daß die Preußen immer an Alles denken und wir immer Etwa- ver- geffen. ES ist wahrscheinlich, daß die Regierung Erklärungen ab geben oder mit Energie auftteten wird. Unsere Leben-mittel gehen zu Ende; man muß sich beeilen." — DaS Abendblatt „Globe" bringt weitere Nachrichten au- PariS bi- zum 30. December, denen zufolge der Beginn deS Bom bardements von der Bevölkerung anfänglich als ein Zeichen der Schwäche deS Feindes auSgelegt wurde Man glaubte der Regie rung, daß die Preußen der fruchtlosen Belagerung müde seien, und daß man bald eine Aushebung derselben erwarten dürfe. Selbst als die ungeheure Kälte die Generale zwang, ihre Truppen zurück- zuziehen und in CantonnementS unterzubringen, war die Stimmung noch eine gute; seit aber die Räumung von Mont Avron bekannt wurde, herrscht allgemeine Entmuthigung. Man schimpft auf die Regierung, schimpft auf die Militärverwaltung, und die rothen Re publikaner geben sich mehr denn je Mühe, da- Volk zu einer Re volte zu verleiten. Die Regierung fühlt sich unter diesen Umstän den keineswegs behaglich, und am 28. ließ der Maire von PiriS, JuleS Ferry, nicht allein die Posten des Hotel de Bille verdoppeln, sondern auch mehrere Bataillone Nationalgarden wurden zu even tuellem Einschreiten bereit gehalten. Ueber die Räumung de- Mont Avron sagt der Lorrespondent: Avron, worauf alle unsere Hoff nungen sich stützten, besteht für un- nicht mehr al- befestigte Posi tion; Avron, welche« die deutschen Linien beherrschte und eine it«'