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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 15.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188410154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18841015
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18841015
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-10
- Tag 1884-10-15
-
Monat
1884-10
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 15.10.1884
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Nr. 24S. — 4. Jahrgang. und KtaStbote. ^ Mittwoch, iS Oktober 1884. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die Vororte: Altchemmh, Mendorf, BernSdorf, Borna. Ebersdorf, Furch, Gablenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schöna»^ ^Die Abonnenten erhalten mit .°w.ch^ch 3 Unterhaltungs-Blätter, Anzeiger.Bilderbuch, Abounementsbestellunaen, vierteljährl. 180 Pf. (Zutr. 40 Pf.), mouatl. 80 Pf. (Zutr. 18 Pf.), nehmen an die Berlagsexpedition und Ausgabestellen in Chemnitz und obigen Vororten. Außerhalb dieser Orte tann der Anzeiger nur bei den Postanstalte« — Postzcitungs-Liste 7. Nachtrag Nr. 1089 — bestellt werden. In Oesterreich-Ungarn ist der Chemnitzer Anzeiger zum Abounementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 41 Kr., monatlich 47 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalten zu beziehen. JnferttonSpreiS: die schmal, (Ispaltige) SvrpnSzeile ob« der« Ran« 18 Pfennig — Unter Eingesandt pro Zelle 30 Pfennige. — Auf große Annoncen »nd Wiederholungen Rabatt?-' Annonce».Annahme für die nächst« Rnmme» di» Mittag. — AnSgate jeden Wochentag Nachmjv Annoneenbeftellunaen von auswärts wolle man den JnsertionSbetrag stet» beifügen (kleinere!" ' in Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrift bilden eine Zelle und kosten 18 Verlags-Expedition: -klexander Wiede. Rnkbdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemalige- Bezirksgericht, gegenüber dem Kasi»»). ^ ^ -- > - ^ Bekanntmachung über in hiesiger Stadt verübte Diebstähle. ES wurden gestohlen: Seit Anfang September aus einem Hause an der Friedrichstrabe: ein goldner Damensiegelring mit lilaem Stein und ein schwarz und grau «elirtes seidneS Halstuch; am 2. September von einer Bleiche in Sachse's Ruhe: 2 weiße, kattune Betttücher; am 3 September aus einem Hause an der Elisenstraße: ein schwarzer, mit schwarzseidner Borde eingefaßter Kammgarnstoffrock; am 4. September aus einem Hause an der Stollberger- straße: eine kleine flache Zylinderuhr mit eingravirte« Kränzchen auf der Rückseite, am Zifferblatt unten etwas aufgesprungen; an, L. September aus einem Hause an der Zwickauerstraße: ein bunt karrirter Schlafrock mit schwarzem Sammetkragen, Aufschlägen und Taschen und Perlmutterknöpsen; am 7. September aus einem Garten auf dem Kaßberg: 2 Spaten und 1 Schaufel; aus einem Garten an der Zwickauerstraße: ein weißes Damasttafel- tuch mit einem großen Tintenfleck; am 10. September aus einem Hause an der inneren Rochlitzerstraße: ein Paar schwarze Zeugschuhe zum Knöpfen; am 11. September aus einem Hause am Neustädter Markt: eine silberne Zylinder uhr ohne Sekunda mit schwarzen Zeigern; am 12. September von einer Bleiche in der Aue: ein roth- und weiß gestreiftes, 8. L. gez., Jnlet; seit Mitte September aus einem Hause an der Bernsbachstraße: ein bl. 8. 4. 11. 83. gez. Trauring und ein bl. 8. 30. 1. 83. gez. Diamantring; einem Manne aus der Blankenauerstraße: eine silberne Zylindcrnhr mit Goldrand und Sekunda; aus der St. Jodanniskirche: ein schwarzseidener, gelbgefütterter Sonnenschirm mit schwarzen Spiren; aus einem Hause an der Theaterstraje: eine neue silberne Zylinderuhr. ohne Goldrand, mit Sekunda, der äußere Deckel innen gelb; am 16 September von einem Wagen aus der Albert- straße: eine 4 Meter lange Spaunkette mit Haken; von einer Bleiche am Fischweg: 1t Stück weiße, L. L. gez. Handtücher; am 24. September aus einem Hause an der Langesiraße: ein graues, anliegendes Damenjacket mit großen Kugelknöpfen, auf den Äermeln mit Spitzen besetzt; am 25. September aus einem Hause am Jakobikirchplatz: ein weißes, 1'. gez Tischtuch; am 27. kÄbmir kür IVüseluuavAslu — Xontor- »nst I-acien-lilivriesituoßssu September von einem Stand an der Theaterstrabe: S weißleinene Taschen tücher, gez. I-. L. und Ll. I.; am 28. September au» einem Stalle an der Rudolfstraß«: 2 lebende Kaninchen, ein schwarzes und ein graues. Zur Ermittelung der Diebe und Wiedererlangung der gestohlenen Gegen stände wird dies hiermit bekannt gemacht. Ehemnitz, am 10. Oktober 1884. Das Polizeiamt. Siebdrat. Steckbrief. Gegen den Handarbeiter Heinrich Moritz Günther auS GückelSberg. zu letzt hier aufhältlich gewesen, welcher flüchtig ist, soll eine durch vollstreckbares Urtheil deS Königlichen Landgerichts zu Chemnitz vom 24. September erkannte Gesängnißftrafe von 2 Monaten vollstreckt werden. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in die hiesige Sesangenanstalt abzuliefern. Ehemnitz, am 11. Oktober 1884 Königliche Staatsanwaltschaft. Liebe. Rchtr. Bekanntmachung. Herr Stadtrath Brachvogel ist nach erfolgter Wiederwahl znm besoldeten Rathsmitglied heute anderweit in Pflicht genommen worden. Jngleichcn sind heute die neugewählten Rathsmitglieder, Herr Or. zur. Bernhard Rudolph August Dittrich und Herr Fabrikant Carl Robert Hösel, und zwar Herr l)r. Dittrich als besoldeter, Herr Hösel al- unbesoldeter Stadt rath, verpflichtet und in ihr Amt eingewiesen worden. Ehemnitz, am 18. Oktober !884. Der Rath der Stadt Ehemnitz. Andre, vr., Oberbürgermeister. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen deS KleidergeschäftSin- haberS Friedrich August Jrmscher zu Ehemnitz ist zur Abnahme der Schluß? rechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen da- Schluß- verzeichniß der bei der Bertheilung zu berücksichtigenden Forderungen mW zur Beschlußsaffung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Bermbgeüt- fiücke der Schlußtermin auf den 7. November 1884 Vormittags 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgericht Hierselbst bestimmt. Chemnitz, am 11. Oktober 1884. Pötzsch, Gerichtsschreiber deS Königlichen Amtsgericht-. Oefsentliche Vorladung. Der Strumpfwirker Friedrich Hermann Richter aus Weißbach bei Zschopau, zuletzt in Burkhardtsdorf aufhältlich gewesen, ist über eine gegen ihn hier vorliegende Anzeige zu vernehmen und wird zum Erscheinen an Bureaustelle hier oder zur Anzeige seines jetzigen Aufenthaltsorts andurch aufgefordert. Es wird ersucht, Richter hierauf aufmerksam zu machen und davon Nachricht hierher zu geben. Ehemnitz, den 9. Oktober >884. Der Königliche Staatsanwalt das. Schwabe. Rchtr. Der Schmied und Handarbeiter Earl Friedrich Baldauf auS Lengefeld, bis vor Kurzem in Ehemnitz wohnhaft, wird in einer hier gegen ihn an hängigen Strafsache gesucht. ES wird ersucht, den p Baldauf, besten der zeitiger Aufenthalt nicht zu ermitteln gewesen ist, im Betretungsfalle hierher zu weisen und seinen Aufenthaltsort hierher mitzutheilen. Königliches Amtsgericht Chemnitz, am 11. Oktober 1884. Becker. * Dkliipktisettlorei OSE» 2vivk»»«r8tr. * Lüoüeu- uuä ^irtdovkat'tsmödel — Liuckermübst — Loüutbüvjrs» - - - - LageSchronik. IS. Oktober. 1529. Ende der Belagerung Wiens. 1576. Universität Helmstädt gegründet. 1756. Kapitulation bei Pirna 1758. Dannecker geb. 1805. W. v. Kanlbach geb. 1810. Die Universität Berlin eröffnet. 1852. Turnvater Jahn gest. 1854. Anfang der Belagerung Sebastopols. 1870. Soissons ergiebt sich den Deutschen. 1880. Feier zur Vollendung des Kölner Doms. Äk«teg*amme des Chemnitzer Anzeiger». Vom 13. Oktober. Kiel. Die Korvette „Gneisenau" ist heute Vormittag ^4 Meile südlich von Laaland auf Untiefe gerathen. Die »Hansa" und der Schleppdampfer „Notus" sind von hier entsandt, um bei dem Ab schleppen zu assistiren. Wien. Die Großgrundbesitzer des böhmischen Landtages be schlossen, einen Antrag auf obligatorische Einführung beider Landes sprachen in den Mittelschulen einzubringen. — Der Ex-Khedive, Jsmael Pascha, wurde vorgestern vom Kaiser in halbstündiger Audienz empfangen. Rom. (Cholerabericht vom 12. d.) Es kamen vor: In Alefsandria 1 Erkrankung und 3 Todesfälle, in Aquila 12 ErkrankungS- und 5 Todesfälle, in Bergamo 5 Erkrankungsfälle und 1 Todesfall, in Bologna 2 Erkrankung«- und 2 Todesfälle, in Brescia 4 Er- krankungs- und 4 Todesfälle, in Chieto 2 Erkrankungsfälle und 1 Todesfall, in Cremona 7 Erkrankungs- und 4 Todesfälle, in Cuneo 16 Erkrankungs- und 10 Todesfälle, in Ferrara 2 Erkrankungsfälle, in Genua 14 Erkrankungs- und 12 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 3 Erkrankungs- und 4 Todesfälle, in Spezzia 1 Erkrankungs- sall, in Mailand 5 Erkrankungsfälle, in Modena 2 Erkrankungsfälle, in Neapel 109 Erkrankungs- und 68 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 93 Erkrankungs- und 88 Todesfälle, in Novara 4 Erkrankungs. fälle, in Padua 1 Erkrankungsfall, in Potcnza 1 Erkrankungsfall, in Reggio 1 Erkrankungssall und 3 Todesfälle, in Rovigo 1 Erkrank- ungssall, in Salerno 1 Erkrankungs- und 1 Todesfall und in Turin L Erkrankungs- und 2 Todesfälle. Riga. Gestern fand di« feierliche Ueberführung der Leiche des Generals von Todleben nach dem hiesigen Bahnhofe statt, von wo die selbe morgen nach Sebastopol gebracht werden soll. Dem großen, aus den Mitgliedern der Behörden und allen Gewerken und Vereinen bestehenden Trauerzuge, welcher die Leiche nach dem Bahnhofe ge leitete, hatte sich eine große Anzahl von Trauernden aus allen Stän den angeschlossen; der Sarg war mit Blumen bedeckt; in den Straßen, welche der Zug passirte, bildete das Militär Spalier; aus dem Bahn hofe empfingen die hiesigen Gesangvereine die Leiche mit Trauer gesängen. Die feierliche Beisetzung der Leiche in Sebastopol wird am 17 d. M. erfolgen. Brüssel. Die „Chronique" meldet von ernsten Unruhen in Senzcilles, Provinz Namur. Infolge Aufhebung der dortigen Töchter schule durch den Gemcinderath war eine Menschenmenge in den Sitzungssaal des Gemeinderaths eingedrungen, hatte die Mitglieder daraus vertrieben und thätlich angegriffen. Die Menge war darauf in das Presbytorium cingedrungen und hatte dasselbe geplündert. Die Gendarmerie war genölhigt, energisch einzuschreiten. Paris. Die Ernennung Rouviers zum Handelsminifler an Stelle Hürissons ist, gutem Vernehme» nach, nunmehr durch den Präsidenten Gri'vy unterzeichnet worden. — Nach einem Telegramm deS Generals BriLre aus Culan-Tuhan vom 11. d. M. macht die, Wenn auch nur leichte, Verwundung des Generals Negrier einige Ruhe nöthig. Das Gefecht vom 8. d. M. soll dem Feinde lediglich an Tobten etwa 1000 Mann, einschließlich der Offiziere, gekostet haben. Marseille. Die Bäcker setzten zwangsweise den Brotpreis per Kilo um 2 Centimes herab, sodaß es jetzt 38 kostet. — In Algier brach unter dem Vieh eine Krankheit aus, welche bereits fünftausend Stück dahinraffte. (Weitere Telegramme siehe dritte Seite.) Englische Hetzereien. Indem die »Times" auf den jüngst stattgefundenen Brand des Schlaffes Chnstianborg in Kopenhagen zurückkommt, nimmt sie Ver anlassung, die Dänen der vollen Sympathie Europas zu versichern. Gleichzeitig fühlt sich das leitende Blatt Englands gemüßigt, auf das > politische Gebiet überzuspringen und als Fürsprecher für die Dänen ! in Schleswig oufzutreten. Im Anschluffe an einen Bericht seines Kopenhagener Korrespondenten, welcher die Verhältnisse in Nord- Schleswig behandelt und unter Anführung einer Anzahl von Bei spielen ein in den grellsten Farben gemaltes Bild der Leiden entrollt, welche eine Viertelmillion Menschen, die im nördlichen Schleswig unter dem »rauhen Joche der Fremdherrschaft" schmachten, zu erdulden ge- nöthigt sind, schreibt das Cityblatt: „Obschon die Atmosphäre der dänischen Hauptstadt nicht gerade geeignet ist, die Dimensionen des administrativen Despotismus der Deutschen zu ver kleinern, so sind die Darstellungen unseres Korrespondenten in ihren Haupt zügen doch zu wahrscheinlich, als daß sie keinen Glauben verdienen sollten. Die preußischen Beamten in Schleswig sind so geartet, daß sie Auslassungen von Aversion der Bevölkerung gegen ihre Suprematie ahnden und hart be strafen. Im Hauptquartier zu Kiel (?) würde ihre Härte alS nichts AergereS denn ein Ucbermaß von Pflichteifer angesehen werden. In Berlin, wo viel- > leicht keine Nachsucht und kein Haß gegen die unterdrückte Bevölkerung Nord schleswigs herrscht, existirt die Ansicht, daß die Akklimatisirung neuer deutscher Unterthancn gar nicht zu scharf und hart durchgesührt werden könne; die deutsche Beamtenwelt und ein überwiegender Theil der Bevölkerung Deutsch lands sind vollständig davon überzeugt, daß die Annexion für Schleswig eine Wohlthat ist und um Schleswigs willen peremptorisch durchgesührt werden muß. Das ist deutsche Ansicht, die an und sür sich nicht unrichtig ist " Weiter heißt es dann: „Dänisch-Schleswig hat, wie man uns sagt, im deutschen Reiche Niemand, an den es appelliren könnte. Der einzige Ge richtshof, der seinen Hilferufen offen steht, ist das Tribunal der öffentlichen Meinung Europas. Mit der dänischen Rasse ist hart verfahren worden. Dänisches Bcamtcnthum war nicht schuldlos an dem Kriege von l864. Es hat seine Macht im deutschen Holstein und Schleswig in einem ähnlichen Geiste ausgeübt, wie ihn Preußen i» Dänisch-Schleswig bewiese» hat. Seine Be strafung übersteigt aber seine Vergehen, und die Motive deS Rächers tünnen keine Prüfung besteben. Das unparteiische Europa würde freudig beispringen, die Leiden der verstümmelten dänischen Nationalität zu mildern, wenn eS dies könnte. England hat seine eigenen besonderen persönlichen Gründe, Zu neigung und Güte zu zeigen. Aber Niemand, selbst nicht der entrüstete Däne, wünscht, daß die europäische Sympathie die Form einer Kundgebung in Waffen annehmen solle. Zu der einzigen Zeit, als Feindseligkeiten den leichtesten Vorwand hatten, vor 20 Jahren, da schreckte Europa vor ihnen zurück Mo ralischer Einfluß wird verlangt; «nd eine Gewalt dieser Art in irgend einer thätigen Form ist beinahe ebenso ungeeignet und unthunlich, als die Gewalt - der Waffen. Die Nationen haben durch fortgesetzte Erfahrung die Vergeb lichkeit von Versuchen cingeschen, Uebel, die innerhalb eines Staates thätig sind, durch äußeren Druck zu beseitigen. Ausländer wissen nicht, wo eigent lich der Schuh drückt. Sie können nicht sicher sein, daß sie das richtige Heil mittel anrathen. Sie sind außer Stande, die Verantwortlichkeit für die Folgen zu übernehmen. Ihre Vorstellungen werden stets verworfen. ES giebt indeß ein Mittel, das der europäischen Meinung, welches den Dänen zu gute kom men kann und von dem sie profitire» dürsten. Europa, obgleich es daran nicht denkt, sich vorzudrängen, um deutscher Stoalsmannskunst ihre Pflichten z» lehren, braucht es nicht zu verheimlichen, daß cs Deutschland dankbar sein würde, wenn es sich erinnern wollte, daß Dänemark und Dänisch-Schleswig mehr durch die Macht der Umstände alz durch eigene Schuld unverhällnißmäßig bestraft worden sind. Ein Zugeständniß a» sie würde ein Zugeständnis on Europa sein Die Webklagen der 200000 oder 250 000 Dänen in Nordschleswig sind europäischen Ohren eine Pein und ein Trübsal Europa würde es als eine sowohl diesen als ihm selber erwiesene Gunst hochschätzen, wenn deutsche Herrscher so bald als thunlich ausfindig machen könnten, wie deren Zuneigung zu gewinnen ist, oder sie loszulassen. Dänemark selbst ist nicht ohne Mittel, seine eigene Sache zu jördern, ohne einen Zoll über seine verkürzte Grenze zu gehen. Innere Uneinigkeit förderte die territorial« Zerstückelung, unter der es seufzt. Partcispaltungen haben seitdem das Unglück bitterer gemacht. Deutschland würde cs viel schwerer finden, den Vorstellungen einer Nation zu widerstehen, die im Frieden mit sich selber ist, als einer, die ein offenes Spielzeug getheilter Rathschläge ist. Das nationale Unglück, welches den Rigsdag aus seinen alterthümlichen Hallen vertrieben hat, könnte ein nationaler Segen werden, wenn dar durch das allgemeine Unglück hervorgerufene Gefühl die Devutirten dazu bewegte, dem Appell ihres Königs zu entsprechen und zum Wähle deS Landes und deS Volkes Hand in Hand zu arbeiten." Zunächst ist auf diesen Hetzartikel zu bemerken, daß es ein „Dänisch-Schleswig" und eine nordschleswigsche Frage im völkerrecht lichen Sinne nicht mehr giebt, und niemals wieder geben darf. Deutsch lands Nordgrenze ist unverrückbar sestgesteklt. Dänemark zumal hat im Gasteiner Frieden ohne jeden Vorbehalt auf die Herzogthümer verzichtet, und die im Art. V deS Prager Friedens nicht Dänemark, sondern Oesterreich gegenüber von Preußen eingrgangene Verpflichtung ist mit Zustimmung Deutschlands und Oesterreichs wieder aufgehoben worden. Die Sache ist also im völkerrechtlichen Sinne ein für allit mal abgethan, und kein fremder Staat darf sich mehr mit der Ange legenheit beschäftigen. Ein so großes Verlangen nach dem Stückchen Nordschleswi'g mit seiner überwiegend widerhaarigen Bevölkerung hat der große preußische Staat wohl niemals gehegt, und Eroberungssucht tstäk es nicht, was Deutschland zum Festhalten des ganzen ungetheiltett Schleswig bewogen hat. ES hat sich aber die Unmöglichkeit herauS- gestellt, die in Nordschleswig lebenden Deutschen wieder dem dänischttz Joche zu überliefern, denn Nordschleswig ist kein rein dänischer Sprach- bezirk. Deshalb mußte Art. V deS Prager Friedens unausgeführt bleiben und wieder aufgehoben werden. Von einer nordschleswigschen Frage kaun heute nur noch im staatsrechtlichen Sinne gesprochen werden. Sie ist kein Gegenstand mehr der auswärtigen, sondern unserer inneren Politik und über unsere inneren Angelegenheiten haben wir allein zu befinden. E» ist eine lächerliche Behauptung, daß Preußen gegen seine dänisch redenden Unterthancn grausam vorginge; man hat im Gegcntheil nur allzulang? Nachsicht mit den deutschfeindlichen Agitationen geübt und ist viel zu spät energisch dagegen eingeschritten. Beweis vor allem ist die Behandlung der Optantenfrage. Die Dänischredendew in Nordschleswig, so weit sie ReichSangehönge sind, genießen genau dieselben politischen und sonstigen Rechte, wie ihre deutschredendeu Mitbürger, und sie sind wahrlich nicht müßig, sich diese Rechte zu Nutze zu machen. Man »unterdrückt" weder ihre Sprache, noch ihre Nationalität, sondern thut lediglich, was zur Assimilirung unbedingt geboten ist und was auch gleichzeitig den Dänischredenden selber zum Vortheil gereicht. Was aber auch von der preußischen Verwaltung versucht werden mag. das Alles ist doch nur Kinderspiel gegen die unsäglichen Leiden, welche das Eiderdänenthum und die vom Kopen hagener Regiment nach Schleswig gesandten unwürdigen Beamten von 1850—1863 über Deutschland mit der ganzen Grausamkeit de» kleinlichsten Fanatismus verhängt haben Das ist in Deutschland unvergessen, unb man läß> sich nicht mit Redensarten von der „Macht der Umstände" dort ködern, wo man sich der Verbrechen der Personen nur zu wohl erinnert. Es sind in letzter Zeit in Nordschleswig Maßnahmen verfügt worden — namentlich Landesverweisungen —, welche den Einzelnen hart treffen mögen. Sie treffen aber ausschließlich dänische Unter» thanen, sind von der Staatsnothwendigkeit diktirt und von den Be troffenen selber provozirt, welche dort, wo sie nur Gäste sind, staats feindliche Agitationen trieben, oder, auf ihre Eigenschaft al» Aus länder pochend, die Erfüllung der Militärpflicht verweigern, im Urb- rigen aber olle >> echte der Einheimischen in Anspruch nehmen wollen. Das Germanisirungswerk in Nordschleswig wird überall maß- voll und vorsichtig betrieben. Natürlich darf die Verwaltung nicht stillschweigrn, wenn einige Hetzer fortwährend an dem gegebenen völkerrechtlichen Zustande rütteln. Es ist übrigens wunderbar, daß das leitende englische Blatt von den »Wehllagen" der nordschleswigschen Dänen so gerührt ist. Wie ist es nur möglich, daß es bei solchen Gesinnungen die Verzweiflungsschreie Irlands erträgt, die immer lauter ertöne». Was wird die „Times" antworten, wenn einmal deutlich ausge sprochen werden sollte, daß die Klagen der Iren, der Inder, der Egypter und der Boern schon längst „europäischen Ohren eine Pein und eine Trübsal" sind. Wird sie dann auch ihrer Regierung da» Aufgeben der Herrschaft über diese widerwillig unterjochten Völker anrathen? Wir glauben es kaum. In Dänemark endlich wird man die wohlwollenden Rathschläge aus London mit seltsam gemischten Gefühlen vernehmen. Da» falsche Vertrauen auf englische Hilfe war maßgebend für die unkluge Halt ung. die das Neine Land 1863 einnahm und seitdem bitter zn -be reuen Gelegenheit halte. Nirgends in der Welt hat man so wie ihr Dänemark erfahren, welchen Werth die Versprechungen englischer
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