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von Korsör auf einer Untiefe, die auf der Karte nicht ver zeichnet sein soll. Tie Ausbesserung wird sieben bis neun Tage in Anspruch nehmen. Am heutigen Dienstag findet in Kattowitz eine Be sprechung des Oberpräsidenten von Schlesien und des Oppelner Regierungspräsidenten mit dem Bürgermeister und dem Landrat zur Feststellung von Maßnahmen gegen die Futter- und Heunot statt. Dem ehemaligen preußischen Finanzminister, Senator der nationalliberalen Partei Ho brecht wurde aus Anlaß feines 80. Geburtstages vom Kaiser der Kronenorden erster Klasse verliehen. Der Reichsinvalidenfonds, der ursprünglich mit 5061/, Mill. Ml. ausgestattet war, ist bis auf 170 Mill. Mk. zusammengeschrumpft. Um hier Einhalt zu bieten, sind in diesem Jahre die 11 ^/z Mill. Mk. für Veteranenbeihilfen auf den allgemeinen Reichshaushalt übernommen worden. Mit diesem Gelde werden etwa 100,000 Veteranen unter stützt werden können, ein Sechstel aller. Die Zahl der unterstützungsbedürftig werdenden Veteranen wächst aber, alfo muß auch die Summe erhöht werden. Die jährliche Steigerung wird auf über 1 Mill. Mk. berechnet. Unter der Ueberschrift „Die Stiefkinder der heutigen Zustände" veröffentlicht „Der Hammer" einen Artikel, dessen Schlußsätze lauten: Die wahren Stiefkinder des modernen Staates sind die kleineren Handels- und Gewerbe- treibenden. So ein Handwerksmeister oder Ladeninhaber hat es oft zehnmal schlechter, als sein Berufsgenofse, der als Meister oder Arbeiter in einer Fabrik tätig ist. Gewiß, an einigen Wohlfahrtseinrichtungen des Staates hat auch er teil oder kann freiwillig daran teilnehmen. Aber unstreitig ist für den Arbeiter hier mehr gesorgt, als für den selbständigen Klein-Gewerbtreibenden. Er muß sich abrackern und ab plagen, um sein Leben durchzuschlagen. Zwar ist er sein eigener Herr, weiß aber mitunter nicht, wenn er seine Arbei ter ausgezahlt hat, ob etwas sür ihn und seine Familie übrig bleibt . . . Bleibt es, wie es jetzt ist, so kann man Voraussagen, daß Handwerk und Kleinhandel in gar nicht ferner Zeit zu Grunde gehen. Warum verdienen diese Stief kinder nicht das Mitleid des Sozialpolitikers? Selbst sind sie nicht fähig, sich zu helfen, und doch ist es nötig, sie zu erhalten, sie zu kräftigen. Sie sind ja das naturgemäße Bollwerk gegen den Umsturz. Aus Deutsch-Südwestafrika wird gemeldet, daß bei Karibib im Westen zwei deutsche Soldaten wahrscheinlich von Viehräubern durch Gewehrschüsse verwundet wurden: Ge freiter Dohlus und Reiter Dawo. Sie erhielten Fleischwunden am linken Unterarm beziehungsweise linken Unterschenkel. Im Westen treiben sich also noch immer Hererobanden herum, denn wie erinnerlich, haben vor einiger Zeit auch bei Omaruru Ueberfälle auf deutsche Posten stattgefunden. Zwischen der Rheinischen Mission und den Farmern in Südwestafrika besteht eine Spannung, weil Angehörige der ersteren Anschuldigungen gegen die Farmer wegen ihre- Verhallens gegenüber den Herero erhoben haben. Ter erste Inspektor der Mission in Barmen hat nun die Farmer- Abordnung zu einer Aussprache eingeladen. In dem Schreiben heißt es: „Eine vertrauensvolle offene Aussprache unter Männern, die gelernt haben, große geschichtliche Vor gänge und Notwendigkeiten von persönlichen Augenblicks stimmungen zu unterscheiden, kann in keinem Falle schaden, wohl aber unter Umständen von großem Nutzen sein. Wir möchten jedenfalls alles aufbieten, um auch an unserem Teile mitzuwirken, daß die Neuordnung der Kolonie nach einer ! solchen Form der Gerechtigkeit und Billigkeit erfolge, die auch von den Besiegten, ebenso wie von den schwer Ge schädigten verstanden wird." Die Abordnung hat ablehnend geantwortet. „Der uns erteilte Auftrag ist ein fest um- ' grenzter und schließt Unterhandlungen mit der Rheinischen Mission nicht in sich. Wir zweifeln auch, ob solche Unter handlungen den Wünschen unserer Auftraggeber entsprechen ! würden, nachdem sich die rheinische Mission oder doch An- ! gehörige derselben durch die schweren Beschuldigungen, welche sie gegen den ganzen Ansiedlerstand gerichtet Haven, nicht ! blos zu dessen materiellen Interessen, sondern auch zu seinem ! deutschen Empfinden in Gegensatz gebracht haben. Wenn jetzt zwischen der Rheinischen Mission und der Bevölkerung ! des Schutzgebietes eine Spannung besteht, die wir selbst auf ! das lebhafteste bedauern, so weiß sich die Bevölkerung jeden- ' falls von dem Vorwurfe frei, diese Spannung verursacht zu haben." Auf dem deutfchen Tifchlertage in Braunschweig war ein Mitglied der Presse wegen seiner durchaus korrekten Berichterstattung von dem Obermeister Schöning-Braunschweig gröblich beschimpft worden, worauf die Referenten den Saal verließen. Nunmehr veröffentlicht der Vorstand deS Ver bandes ein Schreiben an die Braunschweiger Blätter, worin er das Verhalten Schönings tief bedauert und mitteilt, daß der Genannte sein Amt niedergelegt habe. Rutzlanv. Der junge russische Thronfolger Alexis und feine kaiser liche Mutter erfreuen sich fortgesetzt deS besten Wohl- seins. Dabei wird der kleine Prinz fast erdrückt von der Menge der Würden und Ehrenstellen, die ihm schon jetzt verliehen worden sind. Nachdem er bereits zum Chef meh rerer Regimenter ernannt worden war, wurde er jetzt zum Hetman sämtlicher Kosakenregimenter Rußlands erhoben, wodurch ihm die diktatorische Gewalt über diese Regimenter zugesprochen ist. Mißbrauch wird der kleine Thronfolger mit dieser großen Macht ja noch nicht treiben. Außerdem entspricht es der Gepflogenheit im Zarenreiche, daß der Thronfolger die Ehrenstellung eines Hetmans sämtlicher Kosaken bekleidet. Türkei. Ter türkisch-amerikanische Konflikt ist beigelegt. Tie türkische Regierung hat sich zur Erfüllung sämtlicher Forderungen der Vereinigten Staaten von Nordamerika bereit erklärt. Darauf haben diese ihr europäisches Geschwader von Smyrna zurückgerufen. In Sachen der internationalen Gendarmerie zur Ueber- wachung der Einführung von Reformen in Mazedonien ist eine ernste Meinungsverschiedenheit ausgebrochen. Rußland und Oesterreich wünschen, daß die Gendarmerie noch verstärkt werde; ihr Befehlshaber, der italienische General Di Giorgis verlangt, daß man den gegenwärtigen Zustand aufrecht erhalte, da er zweckmäßig und angemessen erscheine. Di Giorgis wird seinen Posten verlassen, wenn die beiden Entente-Mächte über seinen Kopf hinweg und gegen seinen Willen die Vermehrung der fremdländischen Gendarmerie in Mazedonien durchführen sollten. DaS Bandenunwesen auf dem Balkan hat zu einer neuen Erscheinung geführt. Wie aus Saloniki gemeldet! wird, drang eine aus fünfzehn Köpfen bestehende Bandes unter Führung einer Frau in Agoumenitza ein und steckte vier Häuser in Brand. Eine Person wurde getötet. Bul-! garische Truppen haben sich an den Tatort begeben. Aus dem Mnldentale. *Wal-mbvrg, 16. August. Beim diesjährigen Vogel- schießen der hiesigen Priv. Schützengesellschaft, das morgen Mittwoch Abend seinen Anfang nimmt, tritt diesmal insofern eine Aenderung ein, als der folenne Schützenauszug am Donnerstag bereits Vormittag stattfindet. Der Zug bewegt sich nach dem Gasthofe zur Weintraube in Altstadtwaldenburg, woselbst das Königsfrühstück eingenommen wird. Nach dem Frühstück geht alsdann der Zug nach dem Anger. Im Uebrigcn erleidet das übliche Festprogamm keine Aenderung. *— Im benachbarten Gösdorf brannte am Sonnabend Nachmittag gegen 5 Uhr ein Getreidefeim des Herrn Guts besitzer Mehlhorn nieder. Hierbei fielen auch die am Feim im Betrieb befindliche Dampfdreschmaschine, ein Wagen, eine größere Anzahl gefüllter Getreidesäcke und landwirtschaftliche Geräte dem Feuer zum Opfer. — In der Nacht zum Sonnabend haben Strolche einen landwirtschaftlichen Arbeiter unter der Vorspiegelung, ihm ein Nachtquartier zu verschaffen, von der Herberge in Glancha« nach dem Gründelteich gelockt, wo sie ihm 10—IS Mk. bares Geld entwendeten und sich dann entfernten. Ter eine soll eine blaue Schürze, der andere eine Mütze mit Kokarde ohne Schild getragen haben. — Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich am Sonn abend Mittag gegen 12 Uhr auf der Hauptstraße in Schtdtr Witz. Von einem Möbelwagen der Firma Rüdigers Nachf. brach während der Fahrt das Kutschersitzbrett, auf welche« der Kutscher und noch 3 Personen saßen, zusammen und alle 4 Mann kamen unter den Wagen zu liegen, wobei der Packer Fröhlich aus Zwickau und der Arbeiter Claus au- Marienthal schwer verletzt wurden. Fröhlich, welcher einen Doppelbruch deS rechten Unterschenkels erlitt, fand Aufnahme im Kgl. Krankenstift, Claus, welcher am linken Bein verletzt war, wurde mittels Wagens in seine Wohnung gebracht. Die anderen beiden kamen mit dem Schrecken davon. — Das neue Wasserwerk für Harteustei», ausgeführt von der Firma August Löffler in Freiberg, ist nun vollendet und am II. August vom Stadtgemeinderate übernommen worden. Die aufgeschlossenen Quellen sind auch bei der jetzigen Trockenheit sehr ergiebig und decken den Wasserbedarf überreichlich. — In der Nacht zum Sonntag erschoß sich in der Artilleriekaserne zu Wurzen mit dem Dienstrevolver ein Unteroffizier der 4. Batterie deS 78. Artillerie-Regiments. Aus dem Sachsenlande. — Wegen einet geringfügigen Wortwechsels stieß auf dem Königsbrücker Platze in Dresden der Arbeiter Max Clemens Franz dem jugendlichen Arbeiter Albert Eugen Beyer ein Messer in die linke Brustseite und traf ihn so unglücklich, daß der Tod des jungen Mannet sofort eintrat. Der Täter wurde verhaftet. Er ist schon mehrfach vorbestraft. — Die Klempner-Jnnung in Dresden feierte am Sonn« tag im Neustädter Kasino ihr 225jähriges Bestehen und zu gleich das 25jährige Jubiläum ihres Vorsitzenden, des Herrn Obermeisters Friedr. Lange. Tie Feier bestand in Konzert, Festansprachen, Tafel und Ball. Die städtischen Kollegien zu Dresden, die Dresdner Gewerbekammer, der Jnnungs- ausschuß und Vertretungen zahlreicher befreundeter Innungen wohnten der Feier bei. Die Leipziger Klempner-Jnnung überreichte eine neue kostbare Jnnungslade. — Unter kolossalem Zudrang des Publikums begannen am Sonntag die festlichen Veranstaltungen des 6. Wettin Untsrhaltungsteil. In großer Zeit. Erzählung aut dem Jahre 1870 von Willibald Menke- 31/ lFortsetzung.) Drittes Buch. 1. Still und ruhig floß in diesen schicksalsschweren Tagen das Leben in der Villa des Herrn Vanderstraß dahin. Früher als man es beabsichtigt hatte, war man an jenem Abend, an dem die Kriegsbotschaft die Freude eines Fami lienfestes gestört hatte, nach Hause zurückgekehrt. Wie man bei einem drohenden Gewitter sich gern unter das heimische Dach flüchtet, so sammelt man sich am häuslichen Herde, wenn sich verhängnisvolle Ereignisse vorbereiten, denen man mit geheimer Sorge entgegensieht. Herr Vanoerstraß laS den Seinigen aus den Blättern die Nachrichten vor, die sich rasch auf einander folgten. Am 15. Juli war der König nach Berlin abgereist, in der Nacht noch unterzeichnete er die MobilisierungSordrr, die das Räderwerk der norddeutschen Heeresorganisation in Be- wegung setzte, auf den 19. wurde der Reichstag cinberufen. Die große Stunde des deutschen Volkes hatte geschlagen. Es gab nur eine Gefahr, nur eine Sorge, nur eine Zuver sicht. Vergessen war, was die Glieder des großen Vater landes einst getrennt hatte; man dachte nur an daS, was sie für immer einigen mußte. Es gab keine Mainlinie mehr, feit die Rheinlinie bedroht war; von Nord unv Süd, von Ost und West klangen die Stimmen, welche das Volk zum Kampfe für seine heiligsten Güter aufriefen, zu einem erhebenden und begeisternden Chore zusammen. Man fühlte den stärkenden Hauch einer großen Zeit, der alle physifchen und moralischen Kräfte der Nation zu verdoppeln schien; Greise wurden wieder jung, Jünglinge wurden zu Männern; das Feuer der Begeisterung stieg wie eine schöne, weithin leuchtende Flamme vom Altar des Vaterlandes empor. Und, doch, welch' eine Ruhe mitten in der Bewegung, welch' ein sittlicher Ernst in dem Jubel der alle Gauen des weiten Landes überflutenden Begeisterung! Man griff zum Schwert nicht wie ein rauflustiger Geselle, der Händel sucht, sondern wie ein Mann, den die heiligste Pflicht zum Schutze des heimischen Herdes ruft. Diese freudige Zuversicht, mit der man sich zu Reih' und Glied stellte, um der Fahne zu fol- gen, die der Schirmherr Deutschlands entrollte, sie hatte nichts gemein mit der prahlerischen Ueberhcbung einer eitlen und ruhmsüchtigen Nation, deren frivoler Leichtsinn so schnell bereit gewesen war, sich von einem gekrönten Abenteurer in daS Wagnis eines frevelhaft heraufbeschworenen Krieges stürzen zu lassen. Ein Volk in Waffen war aufgestanden, um sich an der bedrohten Grenze ein Stelldichein zu geben. Sachsen und Mecklenburger, Pommern und Thüringer waren herbeigeeilt, um den Wall ihrer Leiber vor dem heiligen Strom aufzu stellen, der allen das Symbol des Vaterlandes erschien. Der Bahnverkehr war sistiert; nur die Schiffe vermittelten den Verkehr den Strom entlang und zwischen seinen beiden Ufern. Ein Zug nach dem andern brachte die streitbaren Männer herbei, deren Tapferkeit das Heil deS Vaterlandes anvertraut war, man eilte zu den Bahnhöfen, um sie mit jubelndem Zurufe zu begrüßen und ihnen mit den freudigen Klängen der Wacht am Rhein daS Geleite zu geben. Kam die Nacht heran, lagerte sich ihre regungslose Stille über dem Rheintal, dann mochte sich in manche bekümmerte Brust wieder die Sorge um Haus und Herd einschleichen, aber daS Gefühl freudiger Zuversicht in die gerechte Sache blieb doch vorherrschend und die bange Erwartung, mit der man der Entscheidung der nächsten Wochen harrte, war doch frei von Furcht und voll Hoffnung. Unter dem Einflüsse der großen Zeitbewegung, von der allgemeinen patriotischen Erregung mit fortgerissen, schien auch Dahlen auS seinem Trübsinn zu erwachen. Die Zeit war eben reich an Wundern. Eines TageS war rS ge schehen, daß Herr Prätorius, der ewig Schweigsame, den Herr Vanderstraß den Moltke seiner Fabrik nannte, während er in Dahlen seinen Bismarck sah, seinen Mund öffnete, ! nicht etwa, um ein Stück Rostbeef zu verschlingen, sondern um eine gedrängte Uebcrsicht über die Streitkräfte der bei den Nationen zu geben, und einen eingehenden strategischen Vortrag zu halten, für den er offenbar sorgfältige Studien gemacht hatte. Wer hätte das früher für möglich gehalten? Franziska erinnerte sich noch, daß er einmal im vorigen Herbste bei der Schilderung der Verwüstung, die daS Hoch wasser angerichtet hatte, einige unzusammenhängende Sähe zum Besten gegeben, die das Erstaunen seiner Tischgcnoflen hcrvorgerufen hatten; seitdem hatte er seinen Mund seiner ursprünglichen Bestimmung, die Speisen zur Ernährung des Körpers aufzunehmen, wieder zurückgcgeben. Der Eintritt großer Elementar- oder Zeitereignisse schien notwendig zu sein, um die Zunge deS Herrn Prätorius zur Mitteilung seiner Gedanken und Ansichten in Bewegung zu setzen; und die Weltgeschichte hatte den Anlauf zu einer neuen bedeut samen Epoche nehmen müssen, um auch Herrn Dahlen zu bestimmen, aus seiner Zurückhaltung herauszutretcn. Nicht nur, daß er jetzt in lebhafterer Weise an der Unterhaltung bei Tische teilnahm, er erschien auch zuweilen, was er früher nie getan hatte, Abends beim Tee, den man in der warmen Jahreszeit auf der Terrasse am Rhein einnahm. Er rauchte dann auch zuweilen eine Zigarre, die ihm Herr Vanderstraß aufnötigte, und er ließ sich bewegen, ein Glas Rheinwein mit ihm zu trinken. Eines Abends, da er mit Herrn Vanderstraß und Herrn Wunderlich auf der Terrasse auf das Glück der deutschen Waffen trank, erschien er allen wie verwandelt. Am Nach mittag war ihm eine Uebcrraschung zuteil geworden, die ihn besonders heiter angeregt hatte, indem sie schöne Bilder längst vergangener Tage wieder in seine Erinnerungen zurück- rief. Ein Telegramm hatte ihn nach Koblenz gerufen, wo er auf dem Bahnhofe mit einem Universitätsfreunde, einem Herrn v. Maltiz, zusammentraf, der jetzt Premicrleutnant im zweiten Garderegiment war. (Fortsetzung folgt.)