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Tagevlatt. . - / Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Eqyda u. Brand. —- . > ' " !' Erscheint jeden Wochentag ftüh 9 U. . , Prei« vierteljLhrl. 20 Ngr. Jnsemte . S'O Inserate werden bis Nachm. 3 Uhr Donnerstag, dtN 10. Oktober werden die gespaltene Zeile oder deren 1 U 0 für die nächste Nr. angenommen. Rauch mit S Pf, berechnet/ V > > Lagksgeschlchte. Aus Thüringen bringt die „D. Allg. Ztg." einen Artikel über „die Zukunft der thüringischen Klein-Staaten." Derselbe be ginnt also: „Der zwischen Preußen und Waldeck zu Stande ge kommene AccessionSverttag hat in Thüringen die allgemeinste Auf merksamkeit in den politisch gebildeten Kreisen erregt. Denn man verhehlt sich nicht, daß die sämmtlichen thüringischen Kleinstaaten über kurz oder lang genöthigt sein werden, in ein ähnliches Ber- hältniß zu Preußen zu treten, nicht durch äußere Nothwendigkeit gedrängt, sondern aus finanziellen und aus politisch-moralischen Gründen."' — Die nächste Frankfurter Lotterie wird noch in der bisherigen Weise erfolgen, die folgenden jedoch nach einem neuen Plane, welcher hauptsächlich in der Weise geregelt wird, daß die einzelnen Abschnitte der Loose nicht zu gering werden. Nürnberg, 3. Oct. Die von Seiten der Fortschrittspartei von Nürnberg und Fürth auf heute zusammenberufene Versamm lung war sehr zahlreich besucht. Für den Anschluß der südwest deutschen Staaten, also auch Bayerns, an den norddeutschen Bund sprach in längerer Rede Redacteur Pfisterer von Fürth, dessen Aus führungen nicht minder energisch von Herrn 0r. Landmann von Fürth bekämpft wurden, worauf Herr 0r. Frankenburger die An sichten des ersten Redners mit sehr beifällig ausgenommen«« Argu menten unterstützte und besonders darauf hinwies, daß es noth- wendig sei, sich dahin zu wenden, wo man wenigstens die nationale Einheit, wenn auch vorläufig noch ohne das gewünschte Maß von Freiheit zu erringen hoffen dürfe. Nach längerer Debatte resu- mirte der Vorsitzende die Verhandlung und forderte schließlich die Versammlung zur Abstimmung über die Nothwendigkeit des An schlusses an Norddeutschland, des Zollparlaments und der daraus sich ergebenden Erweiterung der politischen Bündnisse auf. Die selbe ergab eine nahe an Einstimmigkeit grenzende Majorität für den Anschluß. Wien, 7. October. Die heutige „Morgenpost" bezeichnet in einer ihr von unterrichteter Seite zugegangenen Darstellung der Gerüchte über eine wegen der Coneordatsfrage ausgebrochene Minister- crisis als unbegründet. Eine dem Cardinal Rauscher ertheilte Generalvollmacht existire nicht. Der Reichskanzler, der das volle Vertrauen der Krone genießt, sei bestrebt, die für das Concordat nöthigen Reformen vorzunehmen. Der von den österreichischen Bischöfen erhobene Protest habe in der Concordatsfrage eine gründ liche und principielle Aenderung in den Absichten der Regierung nöthig gemacht. Weitere Verhandlungen mit dem päpstlichen Stuhle seien durch die Vorgänge im erzbischöflichen Palast unmöglich ge worden. Die Regierung sei demnach entschlossen, unbehindert von auswärtigem Einflüsse, den Weg der Gesetzgebung zu betreten, um die nothwendigsten Beziehungen des inner» confessionellen Lebens zu regeln; mit der Reform der Schule solle der Anfang gemacht werden. — Eine große Sensation hat hier und in vielen größeren Städten unseres Kaiserreiches die Abhaltung der ersten allgemeinen österreichischen Lehrerversammlung gemacht. Wer hätte es bei uns noch vor wenigen Jahren für möglich gehalten, daß das Cultus- Ministerium eine solche erlauben würde; ja, daß diese hohe Behörde sogar die große Bedeutung in seinem Erlasse würdigt, welche dem Beschlusse einer solchen zahlreich besuchten Versammlung über das angedeutete Hauptversammlungsthema (zweckentsprechende Gestaltung der Volksschule) beizumessen sei. Die Debatte eröffnete Gallisti aus Wien und führte als Gründe dafür, daß die österreichische Volksschule noch nicht sei, was sie sein sollte, an: 1) weil ihre Abhängigkeit von klerikalem Einflüsse ihre Leistungen hindert, 2) weil sie in ihrer Unterordnung unttt eine dunkle Macht den Anforde rungen der Zeit nicht entsprechen kann, 3) weil sie deßhalb nicht eine Dienerin des Fortschritts, sondern des Rückschritts ist, 4) weil sie als Tochter der Kirche stets ein unreifes Wesen bleibt, 5) weil sie keine Lehr- und Lernfreiheit besitzt, 6) weil die Lehrerbildung«- Anstalten nur zu einer äußeren Frömmigkeit abrichten, 7) weil die Präparanden unter einer solchen Leilung stehen, daß es scheint, die Lehrer würden nur für das hochwürdige Consistorium herangebilddt. Dieser Nothschrei im Namen eines von jeher unterdrückten Stande« erregte in der Versammlung, wie auf den Tribünen stürmischen Beifall. Vielleicht ist dieß mit ein Axtschlag, der da« stolze Ge bäude des ConcordatS erschüttern hilft. Parlamentsverhandlungen. Freiberg, 9. Oct. In der Sitzung am 7. October erstattete der Präsident vr. Simson Bericht über die Ueberreichung her Adresse an Se. Majestät den König, worüber wir bereits in voriger Nummer berichtet haben. Sodann fanden einige Wahlprüfungen statt. Hierauf begann die Generaldebatte über den Militäretat. Wir theilen unsern Lesern nach dem Berichte de« „Dr. I." Fol gendes daraus mit: Abg. vr. Blum hielt es für angezeigt, dabei in der heftigsten Weise die Stimmung seines Vaterlandes zu verdächtigen und die Bundestreue Sachsens in Zweifel zu ziehen. Als ihm hierauf re« plicirt ward, erging er sich in einer Menge Details, bi« ihm zuletzt der Präsident das Wort entzog. Mit sittlicher Entrüstung wiesen sodann die Abgg. Schwarze, Günther, Oehmichen und Sachße die ihnen, resp. ihrem Anträge, unterschobenen Motive zurück und gaben ein lautes Zeugniß dafür vor dem gesummten Reichstage «b, daß Sachsen, dem Worte seines Landesfürsten getreu, mit Ehrlichkeit die durch seinen Eintritt in den neuen Bund übernommenen Pflichten in guten wie in bösen Tagen zu erfüllen wissen werde. Der Bei fall, welchen dieses Zeugniß im Reichstage fand, überwog auch bei Weitem den Applaus, den die Freunde Blum'S demselben gespendet hatten, vr. Blum wußte auch den mit so überzeugender Gewißheit und mit so schlagenden Argumenten vorgetragenen Worten nicht« entgegenzusetzen. Nach dieser, zu lebhaftem Bedauern der sächsischen Abgeordneten ohne Grund in die Debatte hereingezogenen Episode wurde der gesammte Militäretat vorgetragen und genehmigt; eine Bewilligung fand nicht statt, da die Bewilligung dieser Summe eine Forderung der Verfassung ist. Ein Antrag auf Erlaß eine« Servisgesetzes wurde angenommen. Beim Eintritt in die Generaldebatte des Militäretats bemerkt der Präsident, daß der Antrag Stephani'S u. Gen., den Kasernen bau in Sachsen betreffend, zurückgezogen ist. ES stehen nun noch folgende Anträge zur Discusston: 1) Vom Abg. Oehmichen (Sachsen) und Genoffen: Der Reichstag wolle beschließen: gegen den Bundeskanzler den Wunsch auszusprechen, daß bet fortdauernder Aussicht auf Erhal tung des Friedens Beurlaubungen von Soldaten in ausgedehn tem Maße eintreten, um die durch die verfassungsmäßig bestimmte Präsenzzeit für den Militärdienst in hohem Maße in Anspruch genommenen Kräfte und Geldmittel der Bevölkerung de« nord deutschen Bundes möglichst zu schonen. 2) Vom Abg. Or. Götz (Sachsen): Der Reichstag wolle beschließen, zu erklären: Es Ist die Aufgabe des norddeutschen Bundes, dem tiefgefühlten Frtedensbedürfniß der Nation dadurch Ausdruck zu verleihen, daß da« Bundeöprä« sidium baldigst mit den europäischen Mächten in Verhandlungen über gemeinsame Verminderung der stehenden Heere tritt und seinerseits, im Vertrauen auf die Kraft der Nation, durch Beur laubungen im größeren Maßstabe sofort feiner Friedensliebe druck giebt. - > -. '