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Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. Dienstag, den 3. September Preis tiertelsthrl. 20 Ngr. Inserate werben die gespaltene Zeile »der deren Raum mit 5 Pf. berechnet. Erscheint jeden Wochentag früh 0 U. ^0 ! Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr für die njchste Nr. angenommen. -i- Freiberg, 2. September 1867. Die Wahlen im Gebiet des norddeutschen Bundes sind beendet und wenn auch heute das Resultat derselben sich noch nicht klar übersehen läßt, so scheint doch festzustehen, daß der nächste Reichstag ziemlich treu die Physiognomie des ersten Reichstages wiederspiegeln wird. Die Belheiltgung an den Wahlen war bedeutend schwächer, als früher, was freilich für daS politische Bewußtsein des Volkes kein günstiges Zeugniß ablegt. Viele mögen der Wahl aus dem Grunde ferngeblieben sein, weil sie sich mit den neuen Verhältnissen noch nicht befreunden können. Zugegeben, daß Manches besser sein könnte, als es ist, so wird mit jener Schmollwinkelpolitik gar Nichts erreicht. Wir würden den Schiffbrüchigen für einen Thoren halten, wenn er, verschlagen auf eine unwirthsame Insel, im dumpfen Gram am Strande sitzen blieb, bis er verhungerte, statt sich mit seinen Interessen am Leben einzurichten, so gut und schlecht es eben geht, und ein gleicher Thor ist im politischen Leben Derjenige, welcher nur deshalb die Hände muthloS in den Schooß legt, weil die Ver hältnisse anders gekommen sind, als er sich dieselben gedacht hatte. Unsere Abgeordneten haben die norddeutsche Bundesverfassung an erkannt, sie ist jetzt der Boden, welcher für die Interessen des Vol kes bearbeitet und fruchtbar gemacht werden mutz. Nehmen wir also die Dinge, wie sie sind, und trachten wir darnach, inmitten dersel ben die ewig gütigen und bleibenden Rechte der Nation zur Aner kennung und Geltung zu bringen. Denn wenn das Volk nicht selbst für seine Interessen einstehl, wer soll es Hann thun? Wer freilich die Altenburger Logik theilt, wird unsern Anschauungen nicht beipflichten wollen. Eine dortige Versammlung erklärte kurz vor den Wahlen, weshalb man sich derselben enthalten wolle. Und da lesen wir denn in der Erklärung Folgendes: „Die norddeutsche Ver fassung ist der Rechtsboden, auf welchen fußend wir ihre volksthüm- liche Umgestaltung unablässig zu erstreben für Recht und Pflicht halten." Hiernach müßte also die natürliche logische Schlußfolgerung lauten: Um dieser Pflicht nachzukommen, müssen wir uns recht eifrig an den Wahlen betheiligen. „Nein" — sagt man in Altenburg — „gerade deshalb wollen wir uns der Wahl enthalten, d. h. also Nichts thun und unserer Pflicht nicht nachkommen." Denn „der jetzige Reichstag kann nur die Militärmacht vergrößern und dem Volke neue Lasten auferlegen." Ja, das aber können wir ja gerade durch die Wahlen verhindern und deshalb müssen wir wählen. „Nein" — entgegnen abermals die Altenburger — „gerade deshalb wählen wir nicht; erst wenn die Militärmacht vergrößert, erst wenn dem Volke neue Lasten aufertegt worden sind, dann wählen wir mit." Besser kann der Regierung Preußens, wenn sie wirklich derartige Zwecke verfolgt, allerdings nicht in die Hände gearbeitet werden; solche Feinde wird sich Graf Bismarck noch recht viele wünschen. Die preußischen Blätter waren die letzte Zeit meist nur mit Verhandlungen über Wahlversammlungen gefüllt, die heute kein In teresse mehr darbieten. Was den Zusammentritt des Reichstages betrifft, so mag, wiewohl man den 15. September als Eröffnungs- termin nennt, der Tag noch nicht ganz sicher festgestellt sein, und Wird wohl auch nicht eher festgestellt werden können, als bis der BundeSrath, dessen Ausschüsse täglich beralhen, mit den Vorlagen fertig ist. Wenn die von Berlin aus erfolgten Mittheilungen über das Freizügigkeits-Gesetz richtig sind, so haben wir von dem selben nicht gerade viel zu erwarten. Denn nicht nur sollen die Heimachsgesetze der einzelnen Bundesstaaten möglichst geschont wer- den, was sich wohl besonders auf Mecklenburg bezieht, wo das Niederlassungsrecht Ml meisten beschränkt ist, sondern eS soll auch die Ausweisung neu Zugezogener innerhalb de» ersten Jahres nach Mie vor stattfinden Onnen, cheny bei denselben dauernde Erwerbs- unfähigkett nachweisbar ist. Da- ÜrHetl über diese sogenannte „dauernde Erwerbsunfähigkeit" steht natürlich den Heimathsbehördtu zu, die willkürlich über den außerordentlich dehnbare» und relative» Begriff der Erwerbsunfähigkeit entscheiden. Mit dieser Beschrän kung kann die Freizügigkeit von den einzelnen Staaten, wenn sie sonst wollen, geradezu illusorisch gemacht werden; sie besteht gesitz- lich im Allgemeinen, wird aber für jeden einzelnen Fall beseitigt. Weg mit jeder Schranke — dgS ist für die außerordentliche Ent wicklung, die der Verkehr in der Gegenwart genommen, die erste Forderung. Zur Freiheit der Arbeit gehört vor Allem da» Recht des Arbeiters, sich überall ohne jede Beschränkung niederlassen za können. Daß es noch wunderbare Käutze in der Welt giebt, die nichts lernen und nicht» vergessen, davon zeugt da» Programm JulinS Fröbels, welches er für die künftige Politik SüdddeutschlandS aufgestellt hat. Man würde diesem ehemaligen Stuttgarter Sturm vogel, der jetzt eine jahrelange österreichische Gastfreundschaft ge nossen hat, zu viel Ehre mit dem speciellen Eingehen aus seine Phantasie anthun, wenn nicht seststände, daß hinter Fröbel sich eine hohe Gönnerschaft verbirgt, denn zu Gunsten seine» neuen Blatte» soll in München da« Lebenslicht der halbamtlichen Zeitung erlösche». Wa» will nun Fröbel? Keine Ausdehnung de« norddeutschen Bun des und seiner Verfassung auf den Süden Deutschland», sonder» eine selbstständige Existenz des süddeutschen Bruchtheile» mit Bayer» an der Spitze und mit dem Berufe, zwischen Oesterreich und Preu ßen die Waage zu halten, zwischen diesen beiden Staaten und dem Auslande den ewigen Frieden zu ermitteln. Also die alte, wie man längst glaubte, für immer abgethane TriaS-Jdee, welche Hr. Fröbel zu neuem Leben erwecken will. Weil die vier süddeutschen Staaten nicht die Fähigkeit in sich verspüren, durch ein äußeres Band z« einem 8 Millionenreiche sich zu vereinigen, weil die anderen drei Südstaaten nicht die Neigung haben, selbst, wenn sie es vermöchten, der discreditirten und seit dem vorjährigen Feldzuge gänzlich ban kerotten Führung Bayern« sich anzuvertrauen, weil die bescheidenere Rolle des Hauptes einer süddeutschen Conföderation Bayern nicht vergönnt ist, eben deshalb soll es eine europäische Großmacht werden, gleichzeitig mit Italien in die europäische Böikerfamilie als leitende? Glied eintreten und zusammen mit Oesterreich und Preußen dem deutschen Geist und seinen Leistungen den gebührenden Einfluß er halten. „Humoristischer — sagt die „Nationalztg." — ist diese» Phantasiegebilde der Tria» wohl noch niemals commentirt worden, nur liegt hinter dem Humor die ernste Gefahr verborgen, daß sich Bayern von der Gelegenheit leicht verleiten ließe, unter dem wohl klingenden Namen eines Vermittlers gegen Preußen und die Durch führung seines deutschen Berufes mit Oesterreich und dem übrige» Auslande sich zu verschwören." In Oesterreich verhandeln die Deputationen noch immer über den Ausgleich zwischen Ungarn und dem übrigen Oesterreich. Mitte nächsten Monats sollen der Reichsrath und der ungarische Landtag wieder zusammentreten. Der Brief des französischen Kriegsministers Niel an den Be fehlshaber der Legion von Antibes giebt den Italienern noch fortwährend Stoff zu gehässigen Ausfällen auf Frankreich. Ratazzi hat vor einigen Tagen ein Telegramm aus Paris bekommen, t» welchem ihm angezeizt wird, daß die in dieser Angelegenheit vo» ihm erlaffene Depesche an Herrn v. Moustier überreicht worden sei, und daß Herr Nigra mit Herrn v. Moustier eine längere Unter redung gehabt habe. Der französische Minister soll den italienische» Diplomaten sehr freundlich ausgenommen und ihm versprochen ha, ben, das Aktenstück dem Kaiser bet der ersten Gelegenheit mitAi» Heilen. Er bemerkte ihm aber zugleich, daß er sofort nach V« Rückkehr de« Kaiser» in Paris sich »ach Besaghon begeben müsse, Md paselbst eine längere Leit verweilen werde, hie Antwort , am die ttaüelaischen Forderungen könne somit vor 14 Tagen nicht er«