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Merger A^erger Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerrchtsamter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 1887. ^-179 Sonnabend, den 3. August - Prei« vierteljährl. SO Ngr. Inserat« werdm die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. Erscheint jeden Wochentag früh 9 U. Inserate werdm bi» Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Lagesgeschichte. * Berlin, 1. August. Die „A. A. Ztg." sagt in einem Ar- tikel: „Zur neuesten preußischen Politik": Wir sind der Ansicht, daß sich große Gefahren gegen Preußen und damit gegen dessen deutsch-nationalen Beruf vorbereiten, welche inSgesammt nicht in der Natur der französischen Erbitterung und Eifersucht, sondern darin wurzeln, daß die preußische äußere Politik sich bis jetzt noch nicht als deutsch und national, sondern vorzugsweise als preußisch-dyna stisch und als großpreußisch zu erkennen gegeben, und die innere preußische Politik, unter Mißbrauch des Scheins des Parlamenta rismus, nur zu Viele» gegen die Forderung Steins von 1813 auf schonende, freundliche und liberale Behandlung des Volkes in den neu besetzten Provinzen gethan hat und neuerdings mit unbegreif lichem Rigorismus und empörender Nichtachtung berechtigter Eigen- thümlichkeiten vollzieht. Die Zeit der kriegerischen Gewalt im In nern Deutschlands rst beendet, die Praxis politischer Zudringlichkeit und Ehikane unwürdig eine» mächtigen Staats und des nationalen Rechtsbewußtseins. Nur der Anschluß der preußischen Politik an die gerechten Forderungen des gebildeten Theils des deutschen Vol kes wird die nationale Neugestaltung fördern, und Preußen nach Außen und gegen alle dynastischen Restaurationsversuche diejenige Kraft verleihen, welche den Sieg der Freiheitskriege herbeiführte. — Demselben Blatte schreibt man au» der preußischen Provinz Sach sen: ES ist begreiflich, daß man die neuerdings wieder in Frank reich so auffällig gesteigerten Rüstungen in Preußen mit der ge spanntesten Aufmerksamkeit verfolgt. Augenblicklich befindet sich die preußische Armee auf dem niedrigsten Friedensfuße, den sie nur ha ben kann, denn man hat zur Belohnung ihres besonderen Wohlver- halteu- im vorigen Feldzuge sehr viele Soldaten der Infanterie schon nach zweijähriger Dienstzeit auf unbestimmten Urlaub entlasten. Auch finden, theils der Kostenersparung wegen, theils aber auch, damit möglichst viele Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten sich eines kürzeren oder längeren Urlaubs erfreuen können, in diesem Jahre in ganz Preußen gar keine Corps- oder größere Truppen- Manöver, sondern nur einzelne Brigade-Manöver statt. Trotz dieser sehr friedlichen Haltung der preußischen Armee wird aber in sämmt- lichen Militärwerkstätten, Arsenalen rc. des Staates auf das Eifrigste gearbeitet, um ja nicht» zu versäumen, die Armee sofort schlagfertig zu machen, wenn dies wirklich nothwendig werden sollte. In Söm merda, wo die Zündnadelgewehre ihren Ursprung fanden, wird un abläßlich gearbeitet, ebenso in Spandau und auch in Suhl. So ist Preußen jetzt schon im Stande, die gesammte Infanterie des norddeutschen Bunde«, dann seine Landwehr ersten, und wenn es sein muß, auch zweiten Aufgebot» durchweg mit vortrefflichen Zünd- nahelgewehren, theilweise ganz neuer, vielfach verbesserter Construo tion, zu versehen. An Pferden aller Art besitzt der preußische Staat jetzt Üeberfluß und allein Ostpreußen vermag die gesammte Rei terei, Schleswig-Holstein und Hannover aber die Artillerie und den Train in kürzester Frist zu remontiren. — Dem Vernehmen nach hat gerade der Umstand, daß der hessische Staatsschatz - 5 Mill. 300,000 Thlr. — von Kassel nach Berlin übergeführt werden sollte, in Hessen große Besorgnisse hervorgerufen. Aus den Zinsen dieses Schatzes wurden bisher etwaige Steuerausfälle gedeckt, vor- zugsweise aber Landesmeliorationen aus demselben bewirkt. Jene Besorgnisse sind in der That unbegründet, indem die Ueberführung de- Staatsschatzes eine rein finanzielle Maßregel war, den Schatz selbst für rein hessische Zwecke zu verwenden. — Den hannöverschen Vertrauensmännern sind hauptsächlich folgende Gegenstände zur Be- rathung vorgelegt: Die Fragen wegen Beibehaltung der Hannöver, scheu Aemter-Verfassung in ihrer jetzigen oder in einer abgeänderten Gestalt, wegen Einführung des Institut» der Landräthe, wegen Ab grenzung von Kreisen und krei-ständischer Vertretung, wegen com- munalständischer Vertretung größerer, au» mehreren Kreisen zusam mengesetzten Bezirke, wegen Aufhebung der Landdrosteien, wegen Abgrenzung der Regierungsbezirke und wegen Einführung von Re gierungsbehörden nach preußischem Muster. — Zahlreiche namhafte Juristen, preußische wie außerpreußische, haben ihren Austritt all dem deutschen Juriftentag erklärt. — Wie aus Wien gemeldet wird, gedenkt der Kaiser von Oesterreich den Besuch in Paris noch vor Ablauf des Monats August zu erwidern. — In französischer und deutscher Sprache ist ein Prospekt für eine zu errichtende „6r»uä- Kütel-Aktien-Gesellschaft in Berlin" erschienen. Die Gründer beab sichtigen die Grundstücke Unter den Linden Nr. 16, 17, 18 und 19 und das Grundstück Behrenstraße Nr. 55 zu erwerben, und wird der hierfür zu bezahlende Preis, incl. der verschiedenen Contraet- kosten, der Entschädigungen an die Miether und der Zinsverluste, auf 1,167,900 Thlr. angenommen. Die Erbauung wird veran schlagt auf 1,126,290 Thlr., die Möbelirung und die Beschaffung der für den Betrieb erforderlichen WirthschaftSgegenstände aus ca. 320,000 Thlr., unvorhergesehene Unkosten, Zinsen, Druckkosten, Ho norare an Architekten und diverse andere Ausgaben auf 285,810 Thlr. und endlich da» Betriebskapital auf 100,000 Thlr., so daß hierdurch ein al» erforderlich erachtete» Aktienkapital von 3 Mill. Thlr. herauskommt. Dem gegenüber berechnet man dann in dem Prospecte eine Einnahme von 360,000 Thlr. oder 12 pCt. de- AktienkapitalS, in dem folgende Posten angenommen werden: Miethe für ein Casinolokal 5000 Thlr., Netto-Ertrag eine« zu errichtenden Vranäeakö 25,000 Thlr., Miethe für Läden in einer zu bauendeu Passage 45,000 Thlr. und endlich Netto-Ertrag de« Hotel« selbst, incl. aller Nebeneinnahmen, 285,000 Thlr. Aus Görlitz, 29. Juli, wird der „Schles. Ztg." geschrieben: Die hiesige Polizei hat einen glücklichen Fang gemacht. Der städti sche Förster Müller in Tiefenfurt wurde gestern früh von einem Menschen in Jagdbegleitung, der sich für den Förster eines benach barten Reviers ausgab, um Assistenz bei einer Haussuchung ange gangen. Da Müller den Mann nicht kannte und derselbe ihm ver dächtig vorkam, so ging er scheinbar auf dessen Ansuchen ein, brachte ihn jedoch, statt nach dem bezeichneten Orte der angeblichen Haus suchung, zu dem Oberförster Zernecke nach Rauschau, der ihn, da die Verdachtsmomente sich mehrten, durch Müller geschlossen nach Görlitz transportiren ließ. Hier wurde in dem Verhafteten der von Sachsen aus steckbrieflich verfolgte Deserteur Loos aus Schloß Chem nitz erkannt. Loos gab sich zwar anfänglich für den österreichischen Unterlieutenant v. Schramm aus Prag aus, gestand jedoch bald seine Identität mit dem Gesuchten ein und hat heute ein umfassen des Geständniß abgelegt, in welchem er sich als Urheber de« Raub mordes an dem Tischlergesellen Schulz aus Berlin, welcher am 23. Juli in der Gegend von Chemnitz ermordet aufgefunden wurde, be kannte. — Ferner wird in Bezug auf vorerwähnte Nachricht au- Görlitz mitgetheilt, daß der Gefangene, der sich dort als der Sol dat LooS aus Schloßchemnitz und als der Mörder des Tischler- Schulz aus Berlin bekannte, gestern das fragliche Geständniß wider rufen und sich als der am 22. Juli aus der Strafanstalt Jauer entlassene Sträfling Stephan aus Liegnitz bekannt hat, was insofern sicher sei, als er von Görlitzer Beamten des KreiSgerichtS erkannt wurde. — Mainz, 30. Juli. (Fr. I.) Der König von Preußen traf heute kurz nach 12 Uhr von Ems über Kassel hier ein, begab sich in das Gouvernementsgebäude und nahm dann die Parade der Garnisonstruppen ab. Nachdem derselbe ans einige Minuten einer Einladung in das OffizierS-Casino gefolgt war, setzte er schon um halb 3 Uhr in Begleitung des Prinzen-Gouverneur» die Reise nach Wiesbaden fort. Die sonst üblichen Empfangsfeierlichkeiten hatte der König verbeten. — An der Vervollständigung der Festungswerke wird, wenn auch in beschränkter Weise, unausgesetzt gearbeitet; w