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Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Grand. ^°178. Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Freitag, den 2. August Prei« »ierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 1867. Die nordschleswigsche Frage. Glücklicherweise giebt es für die hohe Diplomatie, und unglück licherweise für die Geschäftswelt und die friedliebenden Völker, trotz der londoner Conferenz noch eine politische Frage, welche möglicher weise für die zweite Hälfte dieses Jahres noch recht brennend wer den kann. Die nordschleswigsche Grenzregulirung ist diese Frage, und es scheint, als beginne die hohe Diplomatie, müde der Feste und Reisen, sie in Scene zu setzen. Der allgemeine Argwohn, mit dem wir bei dem Segen der norddeutschen Einheit erfüllt wurden, hat neue Nahrung gewonnen, und da alle Welt beinahe an einen unvermeidlichen Krieg mit Frankreich glaubt, so war das Gerücht einer nach Berlin gerichteten französischen Note über die nordschles- wigfche Frage genügend, die Gemüther mit Kriegsangst zu erfüllen- Was bet Luxemburg noch vermieden wurde, das könnte ja doch, so fürchtet man, jetzt dennoch eintreffen, nämlich der Kampf mit Frank reich. Man fürchtet dies nm so mehr, je richtiger das Gefühl und die natürliche Logik sagen, daß jede Machtpolitik absolut zu solchen Katastrophen führen muß, denn die Folgen jeder Handlung, auch in politischer Beziehung, entwickeln sich auf naturgemäßem Wege. Als der Wiener Friede vor Jahresfrist geschlossen wurde, glaubte man in Norddeutschland am wenigsten an eine Zeit des ewigen Friedens. Und wirklich entwickelt sich jetzt aus diesem Wiener Frieden die Drohung einer neuen politischen Spannung, unter welcher leider Gottes die Stockung aller Geschäfte nur noch ärger werden muß. Preußen hatte sich in diesem Frieden verpflichtet, die nördlichen Di strikte Schleswigs an Dänemark abzutreten. Gut; die Sache war einmal so und nicht anders abgemacht, ja völkerrechtlich sanctionirt und folglich mußte auch das im Namen eines Volkes gegebene Wort eiugelöst werden. Wenn man anfänglich wohl auch die ganze Abmachung einigermaßen seltsam fand, so nahm doch wohl Niemand in ganz Deutschland ein großes Interesse daran, daß die nordschleS- wigschen Gebiete auf Grund einer allgemeinen Abstimmung wieder abgetreten werden sollten; denn bei diesem Länderannexiren und Bölkervertheilen, wie es die Machtpolitik beliebte, ging es doch nur nach den Interessen dieser Politik, nicht nach den Gefühlen und An schauungen der Nation. Mochte also Preußen abmachen, was ihm gefiel. Aber es mußte dann, wollte es nicht das allgemeine RechtS- gefühl verletzen, auch ausführen, was es versprochen. Seit Jahr und Tag indeß hat man Seitens des preußischen Cabinets nicht daran gedacht. Wozu das? frägt man sich wohl hierbei. Ist es nicht natür lich, daß durch das Hinhalten contractlicher Verpflichtungen Gereizt heiten entstehen und im Namen, oder vielleicht auch nur unter dem Borwand« des Rechtsgefühls, Einmischungen des Auslandes provo- cirt werden? Wozu ohne einen den betheiligten Völkern einleuch tenden Gmnd Etwa« versprechen, ohne es zu halten und ohne Gründe anzugeben, warum die Aufschiebung erfolgt? Doch was hat heutzutage das Volk nach den Gründen der hohen Diplomatie zu fragen, die ja Alles, was jetzt als Herrlich keit gkkt, gemacht hat! Wenn Graf Bismarck dte nordschleswigsche Frage sich noch „entwickeln" lassen will, so wird er dabei Wohl einen bestimmten und klug erdachten Plan verfolgen. ES wird dann noch dazu al« ein Mangel an „Patriotismus" betrachtet, denselben durch eitele Lamentationen zu stören und mit so gewöhn lichen Gründen, wie sie der friedliebende, arbeitende und um seine Existenz besorgte Bürger vorbringt, große Dinge verhindern z« wollen. Die nordschleswigsche Frage soll offenbar als ein Loch offen bleiben, wohindurch noch Etwas gebracht werden muß. Mög lich, daß man damit den unausbleiblichen Krieg mit Frankreich Her vorrufen will, obwohl er ja bei der Luxemburger Affaire schon vor der Thüre stand, die man nur aufzumachen brauchte. Oder man will mit der nordschleSwigschen Frage ähnlich wie mit der Luxem burger nur diplomatisch operiren, d. h. sie als Mittel zum Zweck benutzen. Der vorige Reichstag nahm über Hals und Kopf die vor gelegte norddeutsche Bundesverfassung an, als mit der Parole Lu xemburg bald schwächer, bald stärker in der Ferne kriegerischer Ge neralmarsch geschlagen wurde. Demnächst kommt nun ein zweit« Reichstag zusammen, neugewählt überdies, mit welchem der nord deutsche Bundeskanzler wohl auch seine Pläne haben mag. Eine Ernüchterung auch selbst der national-liberalen Geister ist zu be fürchten; die sporadische Gunst, die man in den annectirten Län dern der neuen Ordnung der Dinge zuwandte, ist unter dem Ein druck der letzten Verordnungen erkaltet. Und in Preuße« selbst steht man zwar noch apathisch, aber nicht zufrieden drein, und dte Aus sicht auf neue Steuern macht die Zufriedenen verdrießlich, die Un zufriedenen zahlreicher. Da muß klug jedem Fiasko mit den Neuen Mitteln der Festigung norddeutscher Militär-, Zoll- und Steuer- Einheit vorgebeugt werden: zur rechten Zeit, d. h. noch vor den Reichstagswahlen wieder etwas norddeutscher Generalmarsch und etwas Säbelgerassel — da giebt man über Hals und Kopf feine ganze Zukunft, seine besseren Ideale mit einem angstvollen „Ja, ja!" hin. Die Zeit wird's lehren, ob wir uns täuschen. Tagksgeschichte. * Berlin, 31. Juli. Die „N. Allg. Ztg." schreibt: Durch allerhöchste CabinetSordre ist nunmehr als Flagge für die Kriegs marine des norddeutschen Bunde« das folgende Muster festgestelttr Der, ein längliches Rechteck bildende, weiße Grund der Flagge wird durch ein schwarzes Kreuz mit schmaler schwarzer Einfassung tn 4 gleichgroße Felder getheilt. Die Arme de« Kreuze« stoßen tn der Mitte nicht zusammen, sondern umschließen medaillenarttg mit der schwarzen schmalen Einfassung ein rundes weißes Feld, welches den preußischen Adler trägt. Drei der erst erwähnten Felder bleiben weiß, während dasjenige, welches sich in der linken oberen Ecke be findet, durch die horizontal laufenden Bundesfarben schwarz-weiß- roth ausgefüllt wird und in der Mitte das eiserne Kreuz enthält. — Wie man hört, gedenkt der Ministerpräsident Graf Bismarck am 2. August von Varzin abzureisen und sich ein paar Tage z« Sr. Majestät dem Könige nach EmS zu begeben, dann aber un mittelbar nach Berlin zurückzukehren, um hier seine amtlichen Fünc- tionen wieder anzutreteu und namentlich auch die Constituirung del BundeSrathe« tn die Hand zu nehmen. — Nach der „Sven Zta." geht man jetzt in Berlin daran, den Art. 38. der Buüdesverkas- - sung seiner Ausführung näher zu bringen. DerWe bestimmt, da» die drei Hansestädte für ihren AüHchwtz am HM KoÄhttM M