Am 17. Februar 1880 kam die Wahlprüfungssache nach erfolgter Beweiserhebung zur Schlussberatung vor die Zweite Kammer. Die Chemnitzer Polizei hatte die Dar stellung des Wahlprotestes einfach bestätigen müssen und zur Entschuldigung nur ein paar Redensarten darüber machen können, dass sie geglaubt habe, das Sozialistengesetz nach den Anweisungen und dem Sinne der Zwickauer Kreishaupt mannschaft anzuwenden. Darnach hätte die Ungültigkeits erklärung der Ruppertschen Wahl selbstverständlich sein müssen, und der Freisinnige Dr. Minckwitz sagte ganz mit Recht, dass, wenn man trotz der bewiesenen Ausschrei tungen der Staatsgewalt die Wahl für gültig erkläre, bei allen künftigen Wahlen an Stelle des freien Wahlrechts die Polizeiwillkür treten würde. Dem entgegneten die liberal konservativen Mehrheitsparteien, dass man den Behörden im Kampfe gegen die Sozialdemokratie nicht in den Arm fallen dürfe; sie traten lieber das Recht mit Füssen, als dass sie der Polizei den Freibrief für alle Gewalttaten gegen die Sozialdemokratie entzogen hätten. So beschlossen sie denn mit 45 gegen 26 Stimmen die Gültigkeit der Wahl des Chem nitzer Handelskammersekretärs — beide Präsidenten stimm ten für Ungültigkeit — und es blieb dem genannten frei sinnigen Redner nur übrig, sein Urteil über diese unverhüllte Rechtsbeugung in die Worte zusammenzufassen: „Nach meiner Wahrnehmung und objektiven Anschauung hat heute der Herr Abgeordnete Liebknecht in seiner Rede mehr Sinn für Recht und Ordnung bekundet, als der Herr Abgeordnete Günther (konservativ) seinerseits an den Tag gelegt hat. Wenn wir der Ordnungspartei dienen wollen, müssten wir vor allen Dingen dem entgegentreten, dass gegen Gesetz und Ordnung ge handelt wird.“ Die „Leinenaffäre“ und ihre Verhandlung vor dem Par lament fand noch ein komisches Nachspiel. Der Züricher „Sozialdemokrat“ kennzeichnete in einem, offenbar von Lieb knecht geschriebenen Artikel die Gültigkeitserklärung der Ruppertschen Wahl als „eine parlamentarische Schandtat“, durch die die Kammer ihre Gemeinschaft mit den schlechte sten Polizeischergen erklärt und den Rest ihrer politischen Ehre verloren hätte. Der eingehende und sehr scharfe Ar tikel brandmarkte weiter die Chemnitzer Polizeiwirtschaft mit aller notwendigen Deutlichkeit. Wer aber beschreibt