DIE ATTENTATSWAHLEN UND DAS JAHR DES SCHRECKENS Nach den fröhlichen Gründerjahren waren auch für die Chemnitzer Bourgeoisie magere Jahre voll Absatzschwierig keiten und Bankrotten gekommen. Unmittelbar nach der Reichstagswahl von 1874 hatten sie hier mit voller Schwere eingesetzt und zunächst drei grosse Unternehmungen, die Chemnitzer Maschinenfabrik (Münnich), den Maschinenbau verein (C. F. Schellenberg) und die Eisengiesserei-Aktien- gesellschaft in Konkurs getrieben, während mehrere Chem nitzer Banken bedenklich wackelten und eine Genossen schaftsbank, der Chemnitzer Vorschussverein“, sogar durch den Zusammenbruch der Bayerschen Maschinenfabrik krachen ging. Seitdem litt die Chemnitzer Industrie schwer unter ö der Wirtschaftsstockung, die so schlimm war, dass nicht nur die Arbeiterlöhne mit Hilfe des wachsenden Heeres der Arbeitslosen auf das niedrigste Mass herabgedrückt wurden, sondern selbst die Profite im Durchschnitt sich erhebliche Kürzungen gefallen lassen mussten. Die Gründe dieser Er scheinung waren überaus einfach und leicht genug zu finden. Neben der Ueberproduktion, die die anarchische Wirtschafts weise des Kapitalismus besonders in dieser Zeit seiner raschesten Ausweitung erzeugen musste, lagen sie in der * Ueberkapitalisation vieler Gründungen, dem ausgesprochen schwindelhaften Treiben, das im weiten Umfange an den Aufschwung der Industrie sich angeschlossen hatte. Auch in Chemnitz war der „kleine Mann“ gründlich um sein Erspartes beschwindelt worden, und die Göttin Justitia war demgegenüber so blind, wie gegenüber sozialdemo kratischen Redakteuren hellsüchtig: eine Strafanzeige wegen der ungeheuerlich plumpen Lügen im Gründungsprospekt der Werkzeugmaschinenfabrik von Sondermann & Stier wurde von Ende 1873 an zunächst ein paar Jahre lang hingezogen und endete schliesslich mit der Einstellung des Verfahrens,