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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzena«, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Ctandesamtsbezuke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidicn, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langen leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 18. Sonnabend, reu 23 Januar 1904. Witterungsbericht, ausgenommen am 22. Januar, Nachm. 3 Uhr. BarsmererstkNd 774 wma. reduziert auf den Meeresspiegel. Thermomelerstand — 0.5° e. (Morgens 8 Uhr — 2° 6. Tiefste Nachttemperatur — 2° 6.) Feuchtigkeits gehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 76° o. ^Taupunkt — 4,»° O. Windrichtung: Nordwest. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0,v mm. Daher Witterungsaussichten für den 23. Januar: Trübe, Neigung zu Niederschlägen. "Waldenburg, 22. Januar 1904. In der bayerischen Kammer hat der Graf Moy den An trag gestellt, das aktive und passive Wahlrecht der Geistlichen zu beseitigen oder nach Möglichkeit einzuschränken. Ter Antrag hat freilich keine Aussicht, angenommen zu werden, denn die Seelenhirten, die katholischen natürlich, bilden im Bayernlande die Stütze und die Kerntruppen der regieren den Partei, der gewaltigsten politischen Macht im Landtage. Tie Annahme des Antrages würde diese Macht vollständig zertrümmern. In einem Artikel über dieses Thema schreiben die „Leipz. N. Nachr.: Ist denn dieser Antrag wirklich so volksfeindlich, so un gerecht, wie die klerikalen Blätter mit höchstem Pathos oder in jenem anmutigen Stile versichern, der das Eigentum des Bajuvareniums und der Leipziger Volkszeitung ist? In Spanien, dem Musterlande römischer Kultur, dürfen Geist liche überhaupt nicht der Kammer angehören, in Belgien und Luxemburg ist ihr passives Wahlrecht eng begrenzt. Andererseits erinnern wir uns recht gut daran, mit welchem Eifer gerade klerikale Blätter, sobald cs ihnen in den ge ehrten Kram paßte, sich gegen die Wählbarkeit von Reichs und Staatsbeamten erklärten. Ueberdies könnte Graf Moy, wenn er Sinn hat für die Ironie und den Humor der Geschichte, ja auch Hinweisen aus das bekannte Telegramm, das Kaiser Wilhelm II. vor einigen Jahren an den Frei herrn von Stumm gerichtet Hal: „Politische Pastoren sind ein Unding, — Herren Pastoren sollen um Seelenheil kümmern, Nächstenliebe pflegen, aber Politik aus Spiel lassen, dieweil sie das gar nichts angcht." Damals freilich galt es, gegen einen protestantischen Geistlichen, gegen Stöcker, mobil zu machen; aber was dem einen recht ist, muß dem anderen billig sein. Soll der evangelische Pfarrer darauf angewiesen sein zu taufen und zu trauen, sein Pfeiflein zu rauchen und Rosen und Jasmin zu pflegen, so muß die gleiche Aufgabe auch den Vertreter» der anderen Konfessionen zusallcn, und mit den Herren Dasbach, Schädler und Hitze müssen auch die Delsor und Wetterle, die Jasdzewski und Neubaur aus dem Parlamente entschwinden, „dieweil sie das gar nichts angehl". Und wenn Graf Moy zitatenlustig ist, so könme er auch an das Wort von Henry Brougham erinnern: „Ein vordringlicher, intrigierender, stürmischer Priester hat selbst dann keinen Anspruch auf unsere Liebe und Verehrung, wenn er sein geheiligtes Amt von seinen Handlungen trennt, noch weniger aber, wenn er beide ver mengt, wenn er nicht immer davor zurückbebt, das Heiligtum selbst durch Verleumduug zu beflecken, wenn er mit den Waffen boshafter Verunglimpfung nicht allein in den Kreis des häuslichen Lebens eindringt, sondern sogar die geweihte Still: des Tempels mit der Fackel der Verleumdungen über schreitet und sie flammend auf den Altar schleudert." In der Sakristei von Bamberg hat einst Herr Schädler den Blulsbund mit dem Abgesandten Vollmars geschlossen, von den Kanzeln herab, das haben wir in den Prozessen von Kattowitz und Laurahütte erfahren, haben katholische Seelen hirten politische Agitation getrieben, und durch die Ver weigerung der Absolution haben sie Widerstrebende gefügig gemacht. Die Religion aber sollte zu hoch stehen, als daß ihre Träger sich , zu Agitatoren erniedrigen dürften; in den Zügen des Seelsorgers sollte jener Zug politischer Unduld samkeit und konfessioneller Gehässigkeit fehlen, der in dem Bilde manches Angehörigen gerade der niederen Geistlichkeit zu bemerken ist. Und sind die katholischen Pfarrer wirklich so eng mit dem Interesse des Volkslebens verwachsen, daß sie die geeigneten Repräsentanten dieser Interessen sein können? Der protestantische Geistliche ist fast immer ver- heiratet, er hängt mit tausend Fäden an dem Leben des Volkes, er leidet mit ihm seine Nöte und nimmt teil an seinen Freuden. Der katholische Geistliche aber ist schon durch das Cölibat von den natürlichen Zusammenhängen losgelöst, er ist nichts, als ein gehorsamer Diener der Kirche, als ein zum Schweigen und Gehorsam verurteilter Soldat der pMlksia militems, und er empfängt seine Befehle nicht aus dem vaterländischen Gewissen, sondern von jener inter nationalen Organisation her, deren oberstes sichtbares Haupt der Papst, der große Kirchenfürst, jenseits der Berge ist. Wäre cs anders, so würden wir nicht in Böhmen katholische Geistliche deutscher Abkunft an der Spitze Ler grimmigsten Feinde ihres Volkstums erblicken, so würden wir nicht in unseren Ostmarken Männer dieses erhabenen, dem Frieden dienenden Berufs als die wüstesten Hetzer gegen das Deutsch tum finden, dann hätten wir weder die Katastrophe in Wreschen noch die Vorgänge von Opalcnitza erlebt. Politik und Kanzel haben nichts mit einander zu schaffen, sollen nicht beide verderben; in einer Kirche muß kein anderer Schall zu vernehmen sein, als die trostreiche Stimme christ licher Liebe. Wer den ihm eigentümlichen Platz verläßt, um nach einem anderen zu ringen, versteht gewöhnlich den Platz ebensowenig zu bekleiden, Len er verläßt, wie den, zu dem er sich drängt. Politische Ä undschlm. Deutsches Reich. Ter Kaiser fuhr am Donnerstag von Berlin nach Pots dam und besichtigte dort verschiedene Kompagnien des 1. Garderegiments. Es folgte ein Vorbeimarsch, wobei der Kronprinz die zweite Kompagnie führte. Später beteiligte der Monarch sich an einer Fasanen- und Kaninchenjagd, Abends war er Gast der Offiziere des oben genannten Regiments. Tags vorher hatte Se. Majestät die Präsidien des Landtags empfangen und die große Kour für die Diplomaten und die Herren vom Zivil abgehalten. Der frühere preußische Eisenbahnminister v. Maybach ist am Donnerstag im Alter von 81 Jahren in Berlin ge storben. Albert v. Maybach, ein geborener Westfale, erwarb sich besondere Verdienste, indem er die Verstaatlichung der Privatbahnen durchführle. Weniger Glück hatte er mit seinem Reichseisenbahn-Gesetzentwurf, gegen den die Mittelstaaten sich erklärten und der im Bundesrate scheiterte. Maybach war auch Handelsminister. Kaiser Friedrich erhob ihn im Jahre 1888 durch die Verleihung des Schwarzen Adler ordens in den Adelstand. Im Sommer 1891 schied Maybach aus dem Staatsdienst. Tie Budgetkommission des Reichstags setzte am Donnerstag die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern beim Extraordinarium fort. Zur Bekämpfung der Schwindsucht werden 150,000 Mark bewilligt. Abg. Singer (Soz.) fordert die Einstellung einer gleichen Summe zur Förderung der Erforschung und Bekämpfung der Wurm- krankheit, namentlich zur Beschaffung eines geeigneten Desinfektionsmittels. Graf Posadowsky weist ebenso wie im Reichstage darauf hin, daß Reinlichkeit der wirksamste Schutz gegen die Wurmkrankheit sei. Obwohl die Bekämpfung der Krankheit Sache der Einzelstaaten sei, werde doch im Reichsgesundheitsamt Hinfort ein besonderer Beamter mit der Erforschung der Wurmkrankheit betraut werden. Staats sekretär Frhr. v. Stengel fügt noch hinzu, das Reichsschatzamt werde keine Schwierigkeiten machen, wenn infolge dieser Untersuchungen kleine Etatsüberschreitungen eintreten sollten. Abg. Singer spricht den Regierungsverlretern seinen Tank für ihr Entgegenkommen aus. Sein Antrag auf Einstellung von 150,000 Mark wird abgelehnt. Eine längere Debatte entfpinnt sich über die Herstellung geeigneter Kleinwohnungen für Arbeiter und geringbesoldete Beamte in den Betrieben und Verwaltungen des Reiches durch Gewährung von Dar lehen an Private und an gemeinnützige Unternehmungen. Es werden hierfür 5 gegen nur 2 Millionen Mark im Vor jahr gefordert. Die Kommission sprach allseitig ihre Be friedigung über die Erhöhung dieser Summe aus und be willigte sie. Am heutigen Freitag wird die Beratung fort gesetzt. Im Falle des Prinzen Prosper Arenberg ist das Wiederaufnahmeverfahren angeordnet worden. Der bezüg ¬ liche Beschluß des Reichsmilitärgerichts stütz: sich auf ein Gutachten einer medizinischen Kommission, das dahin geht, der Prinz habe sich z. Z. der ihm zur Last gelegten Tat in einem Zustande gestörter Geistestätigkeit befunden, durch die seine Willensbestimmung ausgeschlossen war. Ter Prinz war bekanntlich wegen Mordes Eingeborner in unseren afrikanischen Kolonien zunächst zum Tode, alsdann zu einer strengen Zuchthausstrafe und schließlich zu 15 Jahren Ge fängnis verurteilt worden. Zwei sozialpolitische Resolutionen sind vom Zentrum im Reichstage eingebracht worden. Tie erste fordert zehn stündige Maximalarbeitszeit der Fabrik-Arbeiter und -Arbeiterinnen, die zweite verlangt Ausdehnung der Arbeiter schutzbestimmungen für jugendliche Arbeiter aus die Haus industrie. Tie neuesten Meldungen aus Teutsch-Südwestafrika besagen: Ovamboleute haben einen Brief des Wagenbauers Zieber nach Swakopmund gebracht, durch den die bereits früher gemeldete Belagerung von Omaruro bestätigt wird. Die heliographische Verbindung nach diesem Ort ist unter brochen. Auch wird die Plünderung Etiros, etwa 25 Km. nördlich von Karibib gemeldet. Ein später eingelaufenes Telegramm teilt die Entsendung von noch 29 Mann vom „Habicht" nach Karibib mit einem Maschinengewehr und einer Revolverkanone mit. Es soll, wenn möglich, ein Vor stoß versucht werden. Frauen und Kinder treffen von Kari bib in Swakopmund ein. Major a. D. v. Franxois in Berlin erhielt von seinem Bruder in Windhuk eine Depesche, die ein Läufer bis Swakopmund getragen hat. Hiernach hat die in Südwestafrika verweilenden Mitglieder der Familie Franxois Windhuk wohlbehalten erreicht. Auch die meisten Farmer dürften dort angekommen sein. Oberst Türr ist zum Oberbefehlshaber der gesamten Marinestreitkräfte im Feldzug gegen die Herero ernannt worden. Seine Ausreise erfolgt aber erst später. In einem langen Artikel, den die „Voss. Zlg." dem Crimmitschauer Streik widmet, heißt es: „Es ist in Crimmitschau von den Ausständigen ausdrücklich erklärt wor den, daß ihr Vorgehen in ganz Teutschland etuppenmäßig befolgt werden solle, daß man zuerst die zehnstündige Ar beitszeit fordere, dann die neunstündige, dann die achtstün dige fordern werde, daß es sich nicht um einen örtlichen Kampf, sondern um einen in der gesamten Industrie handle. Was Wunder, daß die gesamte Industrie je länger, je mehr sich ihres Interesses an dem Ausgange des Kampfes be wußt wurde! Ehe noch die Forderungen der Arbeiter ge stellt waren, wurde in öffentlicher Versammlung angekündigt, daß sie bei ihrer Verweigerung in den allgemeinen Ausstand treten würden, daß für die Ausbringung der Kosten, die 76,000 Mk. wöchentlich betragen sollten, gesorgt sei. Und so wurde mit der Durchführung des Feldzugsplanes am 5. August begonnen, und der Kampf nahm seinen programm mäßigen Verlauf, der geflissentlich heraufbeschworene „Krieg zwischen Kapital und Arbeit." Nur war nicht vorausgesehen worden, daß die Arbeitgeber soviel Ausdauer und Wider standskraft beweisen, daß die „Kapitalisten" ihnen soviel Hilfe bringen würden, wie dann die Erfahrung gezeigt hat. Und deshalb sind die Arbeiter nach allen zuversichtlichen Reden ihrer Agitatoren unterlegen, so unterlegen, daß sie „bedin gungslos" die Arbeit wieder aufnehmen. „Bedingungslos", das heißt zu ungünstigeren Bedingungen, als sie in fried lichen Verhandlungen sicher erreicht hätten." Des weiteren bemerkt das genannte Blatt: „Tausende von Familien in Crimmitschau haben viele Wochen lang große Not ertragen; die Fabrikanten haben Einbußen erlitten. Sie haben ihre Käufer nicht befriedigen können, haben dadurch vielleicht für die Dauer Kundschaft eingebüßt, und wenn diese Befürchtung sich bewahrheitet, werden sie in Zukunft für ihre Arbeiter weniger gut sorgen können als bisher. Eine Arbeitseinstel lung, wie auch eine Arbeitsausspcrrung ist stets ein sehr trauriges Ereignis, das durch lange Zeit unheilvolle Nach-