Volltext Seite (XML)
Das Streitobject ist die italienische Anleihe. Baring Brothers in London haben sie bekommen und verdienen daran viele Millionen, Rothschild in Paris gönnt sie ihnen nicht. Rothschild greift an, Baring Brothers und die mit ihnen an der ita lienischen Anleihe Betheiligten vertheidigen sich. Die an der italienischen Rente Mitbetheitigten repräsen- tiren eine ganze Anzahl, sie domiciliren in Paris, Frankfurt, Berlin, Hamburg, aber ein Rothschild kann es wohl schon mit einem ganzen Dutzend auf nehmen. Es gilt ihm, die Course zu werfen und er wirft sie. Der Papst soll seit einiger Zeit starke Vorahnun gen seines nahen Endes haben. Er hat neulich ein Testament gemacht, das über sein Privatvermö gen verfügt und zwei Testamente als Pontifex vor bereitet, von denen eines, wie geglaubt wird, von politischer Wichtigkeit ist. Das Zuchtpolizeigericht von Rom verurtheilte von den wegen der Vorgänge in der Nacht vom Dienstag zur Mittwoch (Störung der öffentlichen Ruhe bei Gelegenheit der Uebersührung der Leiche Pius IX. in die Kirche von San Lorenzo) ver hafteten Individuen 4 zu Imonaligem Gefängniß und 100 Francs Geldbuße, 2 zu 3monatigem Ge fängniß und 250 Francs Geldbuße, I von den 4 Erstgenannten überdies wegen Thätlichkeit gegen die Polizeiagenten zu weiterer dreimonatiger Gefängniß- strafe. Rußland. Etwas „Russisches" ist aus Petersburg zu mel den. Ein erst kürzlich verhafteter Marine-Offizier, den man für den bei Gelegenheit des Kaisermordes so ost erwähnten Käsehändler Kobosew zu halten allem Anscheine nach berechtigt war, ist mit einem seiner Genoffen aus dem Gefängniß entkommen, nachdem eine Stunde vorher durch einen höheren Gerichtsbeamten eine Revision der Räumlichkeiten bezüglich der Gesundheitsverhältniffe stattgefunden hatte. Man fand den Schließer betäubt auf dem Flur liegen und die Thorwache scheint durch künst liche Bürte getäuscht worden zu sein, so daß sie die Flüchtigen für die Revisionsbeamten hielt. Die vom Petersburger Stadthauplmann Baranow ins Leben gerufene Commission zur Regelung der Arbeiterverhältnisse verfügt gegenwärtig über Daten, welche die ungünstigen ökonomischen Ver hältnisse Rußlands genugsam charakterisiren. Im vergangenen Jahre beschäftigten die Petersburger Fabriken und Industrie-Etablissements über 78,000 Arbeiter, von denen gegenwärtig fast 5500 entlassen sind; dazu steht die Entlassung weiterer 7000 Ar beiter bevor. Zu all den Heimsuchungen, unter denen gegen wärtig Rußland zu leiden hat, ist nun noch die Viehpest in mehreren Ortschaften des Nowgorod'- schen Kreises im gleichnamigen Gouvernement hin zugekommen. Wie gewöhnlich wurde den ersten Anfängen der Seuche weder von Seiten der Land schaft noch der Polizei entgegengelreten, erst als die selbe größere Dimensionen annahm, eine Menge Vieh hinweggerafft und auch Menschen angesteckt worden waren, hat man Vorsichtsmaßregeln getrof fen. Diese haben jedoch vorläufig wenig Erfolg, weil die bäuerliche Bevölkerung die Weisungen der Sanitätspolizei unbeachtet läßt und durch Benutzung der Felle der gefallenen Thiere die Seuche verbrei tet. Die Bauern veranstalten zur Unterdrückung der Seuche Prozessionen mit wunderthätigen Heiligen bildern, führen aber die Weisungen der Veterinäre nicht aus. Türkei. Die türkischen Zustände werden durch folgen des Vorkommniß treffend illustrirt. Die Weiber und Wittwen der Soldaten, welche täglich das Finanzministerium in Konstantinopel in Hellen Haufen belagern, erwischten kürzlich den Finanzminister und setzten ihm mit Stöcken, welche sie milgebracht und unter ihren Mänteln versteckt hatten, so lange zu, bis sie Geld erhielten. Sie beabsichtigen nun, diese naive Maßregel zur Realisirung ihrer Ansprüche zu wiederholen; es dürfte aber schwer gelingen, da bereits Vorsichtsmaßregeln zum Schutze des hoben Würdenträgers getroffen worden sind. Afrika. Nach einer Meldung aus Oran erreichte Oberst Brünettere die Nachhut Bu-Amenas, welcher nach Süden zu die Flucht ergriff bei Ainmedriffe. Der Feind setzt die Flucht ohne Aufenthalt fori und ohne Todte und Verwundete aufzuheben. Die Verfolgung Bu-Amenas wird lebhaft fortgesetzt. Die Streit kräfte Bu-Amenas werden auf 1500 Berittene und 1200 I isanteristen geschätzt. Amerika. Als deutlicher Beweis für die Zuversicht auf die Genesung Garfield's ist die Rückkehr des Vice präsidenten Arthur von Washington nach New-Pork anzusehen. Die täglichen Fiebererscheinungen im Befinden Garfields werden immer kürzer und weni ger heftig als an den vorhergehenden Tagen. Ein Verhör mit Guiteau ergab, daß derselbe vorher einen Cursus im Pistolenschießen genommen und erst lange Zeit alle Bewegungen Garfields beobach tete, so daß das Verbrechen unter Umständen erfolgte, welche auf größten Vorbedacht und Ueberlegung schließen lassen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 16. Juli. Der Komet, der infolge des trüben Wetters seil einigen Tagen nicht mehr gesehen wurde, war gestern Abend gegen 11 Uhr bei vollständig klarem Himmel wieder sehr gut zu beobachten; sein Licht und auch die Länge seines Schweifes haben allerdings bedeutend abgenommen. Uebrigens bringt die letzte Nummer der Leipziger „Jllustrirten Zeitung" eine Abbildung des gegen wärtigen Kometen. *— Bei der Ergänzungswahl zum Landtage im 38. ländlichen Wahlkreis haben von 3764 Stimm berechtigten 491 Stimmen abgegeben, von diesen waren 2 ungiltig; von den verbleibenden fiele» 482 Stimmen auf Herrn Gutsbesitzer Rittmeister d. L.-K. Gelbke in Gesau. 7 Stimmen waren zersplittert. — Eine Ladenbesitzerin in Zwickau ertappte am 13. d. ihr Ladenmädchen, als dieselbe für ca. 20 Mark Waaren aus dem Laden entwendet hatte und solche mit fortnehmen wollte. Die hinzugerufene Polizei arretirte das Mädchen und nahm in dessen Wohnung in Reinsdorf eine Aussuchung vor, welche ergab, daß dieses Mädchen, welches erst 14 Tage in diesem Geschäfte war, bereits für 100 Mark Waaren dort gestohlen und fortgetragen hatte. — In Zwickau wird im September des Jahres 1882 die landwirlhschaftliche Landesausstellung für das Königreich Sachsen stattfinden. Man hat zu dieser Ausstellung den großen und zu derartigen Zwecken sehr günstig gelegenen Schießplatz gewählt und ist bereits der Situationsplan für dieselbe entworfen und festgestellt. Die Ausstellung selbst wir nach vorliegendem Plandenganzen Schießplatzincl.derehemaligen Schieb linie einnehmen. Alle Erzeugnisse der Landwirthschaft, Forstwirlhschaft und des Obst- und Gartenbaues incl. der Viehzucht aus dem Königreiche Sachsen, ferner landwirlhschaftliche Geräthe, Maschinen, Düngemittel resp. Hilfsmittel, sowie Lehrmitel für Landwirth schaft, Forstwirthschasl, Garten-, Obst- und Weinbau sollen zur Ausstellung gelangen. — In Rochlitz verunglückte am 14. d. nachmittags der Ulan Schneider aus Johanngeorgenstadt. Der selbe halte nach dem Exerzierplätze zu Königsfeld Uebungsmunition gefahren und war ihm nach Ab ladung derselben die äußerste Ecke des Exerzierplatzes zum Aufenthalt angewiesen worden. Plötzlich scheu ten die Pferde und gingen durch, den Ulan, welcher an den Köpfen der Pferde gestanden, mit sich fort schleppend, bis ein Pferd stürzte und zwar so un glücklich auf den Betreffenden, daß derselbe im be wußtlosen Zustande liegen blieb und in das Garni- sonlazareth nach Rochlitz gefahren werden mußte. Der Bedauernswerthe kam leider nicht wieder zum Bewußtsein und erlag bereits am Nachmittag seinen schweren Verletzungen. — Am 13. d. nachmittags gegen 2 Uhr ertrank in der Mulde in Oberhaßlau die nahezu 3 Jahre alte Tochter des dortigen Gemeindedieners Gustav Müller. Der Leichnam ist aufgefunden worden. Die Kleine ist einen Augenblick ohne Aufsicht ge wesen, hat dies benutzt, ist an die Mulde gegangen, in dieselbe hineingefallen und hat so ihren Tod gefunden. — Am 14. d. nachmittags gegen 5 Uhr sind in dem 9 Meter tiefen und 4'/? Meter Wasserstand habenden Brunnen des Gastwirths Heinrich Ferdi nand Tröger in Rosenthal bei Wilkau der 2'/s Jahre alte Sohn und die 5 Jahre alte Tochter des Bergarbeiters Carl Adolf Lorenz aus Niederhaßlau ertrunken aufgefunden und die Leichname mittelst einer Leiter zu Tage gefördert worden. Aus dem Lachfsulande. — In dem neuesten Verordnungsblatt des säch sischen Landesconsistoriums werden aus Anlaß der an die Synode gerichtet gewesenen, die Sonntags entheiligung betr. Petitionen die Kirchenvorstände daran erinnert, daß die Aufsicht über würdige Feier dec Sonn- und Festtage in das Bereich ihrer Be fugnisse und Pflichten gehört, und angewiesen, von ihnen beobachteter Sonntagsentheiligung erst mit gütlichen Vorstellungen, im Wiederholungsfall aber durch Anzeige bei der Polizei entgegenzutreten. Feuilleton. Cotomba. Corsisches Lebensbild von Prosper Meremse, deutsch von Auöoipl) MülSener. (Fortsetzung.) Unter fortwährenden Verwünschungen gegen den Corporal Taupin, den Hundefranzosen, gab der Sergeant Befehl zum Rückzug und sein Häuflein schlug den Weg nach Pietraiiera ein, den Topf und Pilone mit sich nehmend. Dem Kruge machte ein Fußtritt den Garaus. Da ein Voltigeur Miß Lydia's Arm ergreifen wollte, stieß ihn Colomba sogleib zurück. „Niemand rühre sie an!" rief sie. „Glaubet Ihr, wir haben Lust zu entfliehen? Muth, Lydia, meine Theure! stützen Sie sich auf mich und weinen Sie nicht, wie ein Kind. Es ist ein complettes Abenteuer, wird aber nicht tragisch enden; in einer halben Stunde sitzen wir beim Abendessen. Ich meiner seits sterbe vor Appetit darnach. „Was wird man von mir denken?" sagte Miß Nevil ganz leise. „Man wird denken, Sie haben sich in dem Maquis vernrrt und weiter nichts." „Was wird der Herr Präfect sagen? .... und zumeist mein Vater?" „Der Präfect? Dem werden Sie ant worten, er solle sich um seine Prüfectur bekümmern. Ihr Vater? .... Aus der Art zu schließen, wie Sie mit Orjozusümmenflüsterteu,dächte ich,hätten Sie Ihrem Vater ein Geständniß abzulegen." Miß Nevil drückte ihr den Arm, ohne zu ant worten. „Nicht wahr," sagte ihr Colomba in's Ohr, „mein Bruder verdient, daß man ihn liebt? Lieben Sie ihn nicht ein wenig?" „Ach, Colomba," antwortete Miß Nevil, trotz ihrer Verwirrung, mit Lächeln, „Sie haben mich verrathsn, mich, die so großes Vertrauen in Sie setzte!" Colomba umschlang sie und sagte, sie auf die Stirn küssend, sehr leise: „Liebes Schwesterchen, ver zeihen Sie mir?" „Ich muß wohl, furchtbare Schwester!" antwortete Lydia, ihr den Kuß zurückgebcnd. Der Präfect und der Staatsprocurator wohnten im Hause des Adjuncten von Pietraiiera, und der wegen seiner Tochter sehr besorgte Oberst kam eben zum zwanzigsten Male, um nach ihr zu fragen, als ein von dem Sergeanten eiligst vorausgeschickter Voltigeur ihnen den Bericht von dem schauerlichen, mit den Banditen bestandenen Kampf machte, einen Kampf, worin es freilich weder Tode noch Verwun dete gab, wobei man einen Topf, einen Pilone und zwei Mädchen erobert hatte, welch' Letztere, nach seiner Behauptung, die Geliebten oder Spioninnen der Banditen seien. So angekündigt erschienen die beiden Gefangenen inmitten ihres bewaffneten Ge leites. Man kann sich Colomba's siegstrahlende Haltung, vie Schamrötbe ihrer Gefährtin, die Ueber- raschung des Prüfeclen, die Freude und das Er staunen des Obersten kaum denken. Der königliche Procuralor machte sich das Vergnügen, die arme Lydia eine Art Verhör bestehen zu lassen, welches erst mit der völligen Verlegenheit der Jnquisitin endigte. „Mir scheint," sagte der Präfect, „daß wir Jeder mann füglich in Freiheit setzen können. Diese Damen befanden sich auf einem Spaziergange — Nichts natürlicher, als das, bei so gutem Wetter; durch Zufall stießen sie auf einen liebenswürdigen, ver wundeten jungen Mann, abermals Nichts natürlicher, als das." Dann nahm er Colomba bei Seile und sagte zu ihr: „Mein Fräulein, Sie können Ihren Bruder benachrichtigen, daß seine Sache besser steht, als ich hoffte. Die Untersuchung der Leichname und die Aussage des Oberst beweisen hinlänglich, daß er nur gegen einen Angriff sich vertheidigte und im Augenblick des Kampfes allein war. Alles wird sich aus's Beste beilegen; aber er muß das Maquis schleunigst verlassen und sich vor Gericht stellen." Es war nahe an elf Uhr, als der Oberst, seine Tochter und Colomba sich zu einem kalt gewordenen Nachtessen niederließen. Colomba aß mit gutem Appetit, wobei sie über den Präfecten, den Staats procurator und die Voltigeurs spöttelte. Der Oberst aß, sprach aber kein Wort, sondern blickte immer wieder seine Tochter an, welche die Augen nicht vom Teller hob. Endlich sagte er mit sanfter, aber ernster Stimme auf englisch zu ihr: „Lydia, Du hast Dich also mit della Rebbia ver sprochen?" „Ja, mein Vater, seit heute," antwortete sie er- rölhend, aber mit fester Stimme. (Fortsetzung folgt.)