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ZlhimtmiM TggMti und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 1. Juli 1881 14S Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Das auf das rweite Vierteljahr 1881 fällige Schulgeld ist spätestens bis zum 15. Juli u. e. an hiesiger Nathsexpeditionsstelle zu bezahlen. Schulkassenverwaltung Waldenburg, den 30. Juni 1881. "Waldenburg, 30. Juni 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der „Reichs-Anzeiger" berichtet über den Verlauf der Krankheit der Kaiserin Folgendes: Am 23. Juni nachmittags, bald nach der Rückkehr der Kai serin von dem Besuch bei dem Kaiser in Ems, stellten sich Unterleiböschmerzen ein. Es gelang, die Krankheitserscheinungen bis. zum Sonnabend zu mildern, jedoch ergab sich die mögliche Nothwendig keit eines operativen Eingreifens. Von dem Leib arzt der Kaiserin, Volten, wurde mit Genehmigung des Kaisers Professor Busch von Bonn am Sonn tag herbeigerufen, welcher abends eintraf und nach der Consultation am Montag früh 10 Uhr zur Operation schritt, gemeinsam mit v. Lauer und Velten. Die Kaiserin, welche vor der Operation das heilige Abendmahl genommen hatte, befand sich nach deren glücklichen, anderthalbstündigen Verlauf den Umständen nach in einem befriedigenden Zu stande, welcher bis jetzt keine wesentliche Veränderung erfahren hat. Der Leibarzt der Kaiserin, Schliep in Baden-Baden, wurde ebenfalls an das Kranken bett der Kaiserin gerufen. Der erst kürzlich von Italien zurückgekehrte Bru der des Kaisers Prinz Karl von Preußen, feierte am 29. Juni seinen 80. Geburtstag, sowie den Tag, an dem er vor 70 Jahren in die Armee ein- getrelen. Von befreundeten und verwandten Füc- stenhöfen (auch vom sächsischen) waren Glückwunsch schreiben und Telegramme in Fülle eingegangen. Die ministerielle „Prov.-Corresp." führt in einem Artikel „Treue gegen den König" den Nachweis dafür, daß die Fortschrittspartei, so lange sie in > Preußen am Rüder gewesen, fortgesetzt das König- thum zu schwächen versucht habe, daß es also mit der in den fortschrittlichen Flugblättern gegebenen Versicherung: „wir sind einig in der Treue für den König" nicht weil her fei. Das Blatt schließt: So mög^n denn Alle, welche den König verehren und ihm Treue beweisen wollen, sich auch des Wortes desselben erinnern: „Ein feindliches Verhalten ge-, gen Meine Regierung läßt sich mit der Treue gegen Meine Person nicht vereinigen". Die Wahlbewegung kommt immermehr in Fluß. Der von der Centrumsfraction des Reichs tages für die betreffenden Reichstagswahlen festge- stellle Wahlaufruf ist in der letzten Sitzung dersel ben einstimmig angenommen worden; derselbe ent hält angeblich auch einen Passus wegen der Ver ringerung der Militärlasten. Der Aufruf der Cen trumsfraction wird am Tage nach der Publication des Wahltermins gleichzeitig in allen Organen der Centrumspartei zum Abdruck gelangen. Die Deutsch-Conservativen machen die äußersten An strengungen für die nächsten Reichstagswahlen. So beabsichtigt der Vorstand ihres Wahlvereins, Herr v. Heddorff-Bedra, von jetzt ab bis zu den Wahlen ein conservatives Wochenblatt herauszugeben, das jedem, der es haben will, kostenfrei überlasten werden soll. Es soll sämmtlichen conservativen Zei tungen je nach der Stärke ihrer Auflage kostenfrei, event. auch auf Wunsch der betreffenden Redaclion unter Erstattung der Postspesen zur Verfügung ge. stellt werden. Auf die wiederholt eingereichten Petitionen um Aufhebung der Simultanschule in Kattowitz ist jetzt ein vom 15. d. datirter Bescheid des preußischen Cultusministers v. Pultkamer eingegangen, der im ! wesentlichen ablehnend lautet. Zwar versichert der ! Minister, daß er wohl nicht die Erlaubniß zur Gründung der Simultanschule ertheilt haben würde, daß er aber, nachdem die Erlaubniß einmal ertheilt sei, die Schule nicht so ohne Weiteres aufheben könne. Vielleicht, so bemerkt die „Germania", ent schließt sich Herr von Goßler, das zu thun, was sein Vorgänger verweigerte. Wir werden ja sehen. Nach der „Schles. Ztg." hätte der Minister die Aufhebung der Schule von der Zustimmung der städtischen Vertretung abhängig gemacht. Der König von Bayern ist'uber Lindau nach der Schweiz abgereist. In der in voriger Woche zu Erlangen abgehaltenen lutherischen Pqstoralconferenz stellte Prof. v. Scheuer! den Antrag auf Wiederherstellung der — Ohrenbeichte. Frankreich, Die Zahl der aus Marseille bis jetzt abgereisten Italiener beträgt ungefähr tausend^ Der italie nische Hilfsverein in Marseille gewährt allen denen, die keine Mittel haben, freie Reise. Es stellt sich immermehr heraus, daß die Eifersucht, welche die französischen Arbeiter gegen ihre wohlfeiler arbeiten den italienischen College» hegen, der Hauptgrund ist, weshalb es. zu den schändlichen Ereignissen in Mar seille kam. Dies wurde klar und deutlich durch einen Vorfall bewiesen, der sich kürzlich auf den Docks ereignete. Die französischen Arbeiter, die zu einer Kohlenausladung gerufen waren, wollten an die Arbeit nur unter der Bedingung gehen, daß man die Italiener verabschiedete; die Compagnie der Docks gab nach und schickte ungefähr 30 Italiener fort! Nun aber erklärten die Franzosen, sie würden nur dann arbeiten, wenn man einen höheren Lohn gewähre. Die Compagnie schickte nun die Franzosen fort und ließ die Italiener zurückrufen; diese hin wieder erklärten, daß sie nicht mehr arbeiten und nach Italien zurückkehren würden. Die Ruhe selbst wurde in Marseille nicht weiter gestört, obgleich die Erregung der Gemüther noch immer ziemlich groß ist. Italien. 450 polnische, ruthenische, herzegowinische, bos nische und dalmatische Pilger sind, begleitet von dem Erzbischof Simbratowicz, dem Bischof von Lemberg und dem lateinischen Bischof von Mostar, in Rom eingetroffen,. Am 30. Juni kommen 300 Tschechen an und zahlreiche kroatische, slovenische und polnische Pilger sind in den letzten zwei Tagen ein zeln angekommen, » Spanien. Wie man aus Madrid mittheilt, hat das Project, die aus Rußland auswandernden Juden in Spanien anzusiedel«, die Aufmerksamkeit der spanischen Re gierung neuerdings auf den Artikel 11 der spanischen Verfassung gelenkt, welcher den Heterodoxen, d. i. Nichtkatholiken, die öffentliche Ausübung ihres Kultus in Spanien untersagt. Diese Gesetzes bestimmung scheint sich nämlich als ein schwer zu überwindendes Hinderniß für die Niederlassung der emigrirenden Juden herausstellen zu sollen, da Letztere den Anspruch auf offene Ausübung ihres Kultus kaum aufzugeben geneigt sein dürften. Das Kabinet beabsichtigt in Folge dessen den nächsten Cortes eine Aenderung des in Rede stehenden Gesetzartikels vorzuschlagen, und dürfte sich bei der Motivirung ihres Antrages der erwähnten Schwierigkeit als eines ebenso actuellen als schwer wiegenden Argu mentes bedienen. Es ist übrigens nicht richtig, daß das Anerbieten des Cabineles Sagasta an die aus Rußland flüchtigen Juden in der neueren Geschichte Spaniens ohne Präcedenzfall dastehe. Im Jahre 1869 bot die spanische Negierung auch den in Marokko angesiedelten Juden, die daselbst die Zielscheibe un erhörter Verfolgungen seitens der Mohamedaner waren, die Rückkehr nach Spanien an. Allerdings haben kaum zwanzig Familien von dieser Einladung Gebrauch gemacht, indem obenerwähnter Artikel 11 einer Massen-Einwanderung auch damals im Wege uvfld. England. Die Resultate der letzten Volkszählung haben in Bezug auf Irland einige sehr interessante, leider wenig erfreuliche Resultate zu Tage gefördert. Die Bevölkerung hat abermals während der letzten zehn Jahre um mehr als 200,000 Seelen abgenommen und ist jetzt bereits ziemlich tief unter 5 Millionen gesunken. Die Abnahme während der letzten fünf zig Jahre beträgt mehr als drei Millionen, und diese Ziffer ist der beste Commentar zur Geschichte Irlands im gegenwärtigen Jahrhundert. Besonders bedenklich erscheint es aber, daß die Abnahme der Bevölkerung während der letzten Jahre nur in den wohlhabendsten Bezirken stattfand, während die ärmsten und am dichtesten, bevölkerten Theile des Landes eine Zunahme der Bevölkerung aufweisen. Die Abnahme ist daher einzig und allein auf Rech nung der Auswanderung zu schreiben und es kann dem Lande nur zum Nachtheil gereichen, wenn die wohlhabenden jungen Bürger auswandern und die alten Leute, sowie die Mittellosen zurückbleiben. Das am 29. Juni von dem Criminalgerichte ge gen Most gefällte Urtheil lautete auf 16 Monate Zwangsarbeit. Türkei. Die Vertheidigungsplaidoyers in dem Prozesse wegen der Ermordung des Sultans Abdul Aziz sind am 28. Juni beendet worden. Die Richter erklärten die zwei Mustaphas, sowie Fabri Bey und Hadi Mehmed des Mordes schuldig und Ali Bey, Midhat Pascha, Nuri Damat Pascha und Mahmud Pascha für Mitschuldige. Das Urtheil wurde am 19. Juni gefällt; dasselbe lautet gegen Said und Riza Bey auf zehnjähriger Zwangsarbeit, die übrigen neun Angeklagten wurden zum Tode ver- urtheilt. In Konstantinopel hat man eine sehr unangenehme Entdeckung gemacht. Der Gouverneur des Archipels, Sadyk Pascha, ist verhaftet worden, da er den dringenden Verdacht auf sich geladen hat, von den für die Verunglückten von Chios bestimmten Sum men den Betrag von 10,500 Pfund türkisch (etwa 193,200 Mk.) unterschlagen zu haben. Afrika. Nach vertraulichen Berichten aus Tunis wäre von fanatischer muselmanischer Seite dem Bey in- sinuirt worden, das Land zu verlassen und nach Constantinopel zu flüchten. Seine Flucht würde sodann das Signal zu einer allgemeinen Erhebung der Eingeborenen gegen die Franzosen sein. Infolge dessen wurde eine auffällige, aber strenge Bewachung der Person des Bey angeordnet. Aus dem MuldenthaLe. "Waldenburg, 30. Juni. Nächsten Dienstag, den 5. Juli, gedenkt der hiesige Gewerbeverein in der Müller'schen Restauration zu Kertzsch sein Som merfest abzuhalten, welches in Concert und Ball ! bestehen soll. Besondere Einladung wird noch durch ! Annonce erfolgen. i *— Gestern am 29. d. feierte Herr Lohgerber-