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n frei! scb. rrtrag! thof Bäreastein Der Bote vom Geising ans Müglitztal-Zeitung Bezugspreis für den Monat 1,25 RM. mit Zutragen. Anzeigen: Die 4 gespaltene 65 mm breite Korpus- zeit- oder deren Raum 22 Pf., die 86 mm oreite Reklame- u. Lingesandtzeile od. der. Raum 40 Df. Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags Wöchentliche Beilage: »Neue Illustrierte" Monatsbeilage: .Rund um den Geisingberg". Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein. Druck und Verlag. F. A. Kuntzsch, Altenberg. — Für die Schristleitung verantwortlich: Flor« Kuntzsch, Altenberg. — Fernspr. Lauenstein 427. — Postscheck Dresden 11811.— Gemeindegirokonto Altenberg 11 «4. Jahrg. Dienstag, den LS. Oktober 1S29. Nr. 127. Wahl-Sonntag in der Tschechoslowakei. Am Sonntag, 27. Oktober, fanden in der Tschecho slowakei Neuwahlen in das Abgeordnetenhaus und den Senat statt. Die Ursache der Parlamentsauslösung im vergangenen Monat waren innere Schwierigkeiten der bürgerlichen Koalition, namentlich zwischen den z^ei stärksten tschech hen Parteien, den Agrariern und der Klerikalen Tschechischen Volkspartei, und der Tuka Prozeß, der nach der Verurteilung Tukas zu 15 Jahren Kerker folgerichtig zum Austritt der Slowakischen Bolkspartei aus der Regierung führen mußte. Bei den letzten Parlamentswahlen im Herbst 1S25 kandidierten 31 Parteien, diesmal nur 10, was, wie Benesch in seinen Wahlreden erklärte, immer noch viel zu viel sür ein Land mit kaum 14 Millionen Lin- wohnern ist. Die Wahlen sind nach bisher vorliegenden Meldun gen ruhig verlaufen. Bon großen Kundgebungen war weder in Prag noch 'n der Provinz etwas zu merken. Soweit sich in sudetendeutsHen Gebieten bisher seststellen ließ, haben die Kommunisten zugunsten der Sozialdemo kraten verloren, die wahrscheinlich mit einem Gewinn ab schließen werden. Das Bündnis der Alberts- und Wirt schaftsgemeinschaft (Deutsche Demokraten uno Gruppe Dr. Roosche) mit dem Bund der Landwirte hat sich nicht bewährt. Diese Wahlg^uppe erzielte fast nirgends jo viele Stimmen wie bei den Landtagswnhicn 1928. Be sonders groß ist das Abschwenken der b ärgerlichen Summen in das Lager der Deutschen Not onalpartei und der deutschen Nationalsozialisten. Die Deutsche Notionai- paitei hat infolgedessen gegenüber den Landtagswahlen im vergor genen Jahre einigermaßen aufgeholt. Die Er folge der Nationalsozialisten sind sehr bedeutend. Die Wahlgemeinjchust der deutschen Christlich-Sozialen und der brutschen Gemerbepanei Hal gegenüber den Landtags wah'.rn ebenfalls einige Erfolge zu verzeichnen. In, ganzen ergeben d'e Wahlen in den suoetendeutichen Gc- bieten öcutl'ch einen starken Ruck nach Links. Allerdings ist nicht zu erwarten, daß die sozialistischen Parteien allein eine Regierung bilden können. Ais die am meisten wahrscheinliche Kombination gilt die rot grüne Koalition. Wie die Din^e liegen, werden Lie deutschen Parteien auf jeden Fall in der Rrgierung ver- treten jein Am Montag hat das Kabinett Ubrzal sem-m Rück tritt infolge der Parlumentsmahlcn erklärt. Die Wahlen in Baven. Am Sonntag fanden in Baden Landtagswahlen statt, die ruhig verlaufen sind. Bei den Sozialdemokraten, der Deutschen Volkspartei, den Demokraten, der Wirtschasts- Partei und den Kommunisten sind keine wesentlichen Ver änderungen eingelreten. Stark verlor.« haben die Deutsch- nationalen, gewonnen die Nationolsoziallsten und das Zentrum. Bei der Wahl wurde ein neues Wahlsystem angewendet, nach dem 88 Abgeordnete gegen 72 bisher zu wählen waren. Die Sitze verteilen sich wie folgt: Zentrum 34 (bisher 28), Sozialdemokraten 18 (bisher 16), Deutschnationalen 3 (bisher 9), Deutsche Vollspartei 7 (bisher 7), Demokraten 6 (bisher 6), Wirtschaflspartei 3 (bisher 2), Evangelischer Volksdienit 3 (bisher 0), Ba discher Bauernbund 3 (bisher 0), Nationalsozialisten 6 (bisher 0), Kommunisten 5 (bisher 3), Linkskommunisten, Aufwertungspartei und Christltchjoziole 0 (bisher Links- kommuniften 1). Unterzeichnung des Zündholz-" Vertrages. Wie amtlich bekanntgegeben wird, ist der Vertrag zwischen dem Reiche und dem schwedischen Zündholzkon zern am 26. Oktober im Reichsfinanzminifterium end gültig gezeichnet worden, über den Inhalt des Vertrage» und die geplante Neuregelung der Zündholzwirtlchaft wird nunmehr u. a. folgender mitgeteilt: Die Organisation der Monopolgesellschaft entspreche i > » j i t I ! i der einer Aktiengesellschaft, deren Aktien jc zur Hälfte der schwedischen und der deutschen Gruppe zujtünden. Das beherrschende Organ, der Aujsichtsrat, bestehe aus 11 Mit gliedern, von denen je fünf auf Vorschlag der deutschen und der schwedischen Seite gestellt werden sollen, während der Vorsitzende, der Reichsdeulscher sein muß, vom Aus- fichtsrat gewählt wird. Auch die Vorstandsmitglieder müssen Reichsdeutsche sein. Das Monopol soll dem Reiche znstehen und der Monopolgesellschaft nur zur Ausübung übertragen werden. Die Preise der Zündwaren «erden grundsätzlich im Gesetz festgelegt. Der Kleinverkaufspreis beträgt 0,30 M. für das Paket mit zehn Schachteln. Das Monopol wird also eine, wenn auch geringfügige Erhöhung des bisherigen Preises der Zündhölzer bringen. Nach Ablauf von vier Jahren soll die Bemrsjung der Preise der Bestimmung des Reicher unterliegen. Wird die Zündholzwirtschast in d.r oben umschrie benen Weise vom Reichstag beschlossen, so ist der schwe dische Konzern verpflichtet, eine Anleihe des Reiches in Höhe von 125 Millionen nordamerikanischen Dollars zu übernehmen, die in zwei Teilbeträgen ausgezaylt werden soll, und zwar der erste 7 Monate und der zweite 16 Monate nach der Verkündung des Monopolgesetzes. Der Auszohlungskurs beträgt 93 v. H. und die Verzinsung jährlich 6. o. H. Die Anleihe soll 50 Jahre laufen, nach zehn Jahren konvertierbar jein und vom gleichen Zeit- punkl amortisiert werden. Diese Anleihebedinguugen sind davon abhängig ge macht worden, daß d-r Schwedenkonzern an den Ge winnen der Monopolgesellschaft beteiligt wird. Das Reich behält aus dem Monopolgewinn zunächst aus jede Kiste Zündhölzer (10 000 Pakete) 13 M. vorweg. Der Rest wird jr zur Hälfte geteilt. Demonstrationen der Rot-Front- Kämpfer. Zusammenstöße iu Dresden und Leipzig. I« Dresden lam es am Sonntag zu großen kom munistischen Demonstrationen gegen das Verbot des Rot- Front-Kämpfer-Bundes. In drei Teilzügen zogen die Demonstranten nach der Weißeritzstraße, wo der Gesamt- zug stellte und wo sich dann schließlich gegen 14 Uhr etwa 2000 Menschen angesammelt hatten Ais die Teil züge, deren Marschweg ebenso wie der des Gesamtzuges dem Polizeipräsidium von der KPD. ordnungsgemäß an- gezeigt war, den Hauprstellplatz erreicht hatten, marschierte noch von der Friedrichstraße her ein weiterer geschlossener Zug in Stärke von etnm 400 Mann heran, der aus schließlich aus Leuten in der Uniform Les verbotenen Rot- frontkämpferbundes bestand. Beamten der politischen Ab teilung des Polizeipräsidiums, die dort Dienst taten, wurde u. a., was im d>e Stimmung der Demonstranten bezeich nend ist, aus dlesem Zuge laut zugcrufen: „Ihr Spitzel, ihr werdet heute noch gehängt!" Als die Rolfronlkämpfer die Weißeritzstraße erreicht und haltgcmacht hatten, bestieg der kommunistische Landlagsabgeordnete Sindermann, der diesen Zug führte, einen erhöhten Standplatz und hielt eine Ansprache an die Rotsrontkämpser. Dann setzte sich der etwa 1800 Personen zählende Zug in Bewegung, darunter 400 uniformierte Rot Front Kämpfer. Die Polizei schritt nun ein, da cs sich um eine offensichtliche Aufleh nung handelte, und riegelte das letzte Drittel des Demon- strationrzuges mit starken Polizeikrästen ab, wobei auch oom Polizeipräsidium berittene Polizei eingesetzt werden mußte, Bei dieser Gelegenheit, bei der es zu erheblichen Widersätzlichkeiten und Angriffen von Demonstranten aus die einschreitenden Polizeibeamten gekommen ist, wurden etwa 45 Lerne in Rotfrontkämpferuniform festgenommen und auf Lastkraftwagen dem Polizeipräsidium zugeführt. In Leipzig wurde in Lindenau eine kommunistische Kundgebung, die sich gegen dar Verbot des Rotfront- kämpferbundes richtete, durch die Polizei aufgelöst, weil aus der Mitte der Demonstranten heraus Ruhestörungen versucht wurden. Ls sind aur der Kundgebung heraus auch zwei Schüsse abgegeben worden, die jedoch niemand verletzten. Außerdem mußte Lie Polizei die Tatsache fest- stellen, daß eine ganze Anzahl von au»wärtigen, nament- lich Berliner Kommunisten nach Leipzig gekommen war, um bei dieser Kundgebung anscheinend al» Unruhestifter aufzutreten. Die Leipziger Polizei, die in einem sehr großen Aufgebot eingesetzt werden mußte, hat gegen 50 Personen festgenommen. Die Teilnehmer an der Kund- gebung trugen größtenteils die Rotfrontkämpferuniform, allerdings ohne Abzeichen Die Polizei ist noch damit beschäftigt, die Angelegenheit restlos klarzustellen. Nach polizeilichen Feststellungen find aus Berlin 350 Kommu nisten zugereilt. Börsenpanik in New York. Spekulanten i« Verzweiflung. An der New Parker Effektenbörse trat nach den Mo' noten der Überspekulation ein neuer empfindlicher Rück schlag ein. Die Veikaufsaufträge aus dem Inland und aus Übersee erreichten einen Umfang, der kaum zu be wältigen war. Die Makler verloren teilweise den Kopf. Die Nerzweiflungsstimmung wuchs von Minute zu Mi nute, so daß jeder Widerstand vergeblich war. Fast in jeder Minute wurden Hunderte von Millionen verloren. Rund 6 Millionen Stück Aktien wurden umgesetzt? Bei einigen Werten betrugen die Verluste bis zu 200 Mark für eie Aktie. Der Börsenschluß brachte einen wilden Taumel. Die Bankpräsidenten hatten Hals über Kopf — einer sogar ohne Hut und Mantel — Morgan ausgesucht, um ein Eingreifen zu veranlassen. Als bekannt wurde, daß die Banken konferierten, trat eine vorübergehende Er holung ein. Die Zeitungen widmen dem Börsenkrach den größten Teil ihres Raumes. Durchweg wird daraus hingewiesen, daß seit dem Oktober 1907 ein ähnlicher schwarzer Tag an der Börse in New Pork nicht mehr zu verzeichnen war. Gegenüber den letzten Kurseinbrüchen seien selbst die Ereignisse on der Börse zu Beginn des Weltkrieges belanglos. Man schätzt, daß etwa 50000 kleine Speku lanten ruinint sind. Die Gesamtoerluste sollen rein rech- nerych viele Milliarden Mark betragen. Wie hoch die tatsächlichen Verluste sind, ist noch zu ungeu iß. An den europäi'.chen Börsen hat man die Meldun gen über die Katastrophe in New Port mit Ruhe aus genommen. Mit dem Zusammenbruch des amerikanischen ttursgebäudes war seit Wochen zu rechnen. Bekannt ist auch, daß die amerikanischen Banken heftig — aber er folglos — gegen die Überspekulation angekämpft haben. Die Frage ist nun, welche Rückwirkungen die Katastrophe auf die Weltbörjen ausüben wird. Es ist kein Zweifel, daß die Spekulation in Amerika jetzt zu erheblichen Nach schüssen und im Zusammenhang damit zu Verkäufen ge nötigt ist. Auch in Europa sind Lsfektenoerluste zu er warten. Deutschland dürfte davon jedoch nur wenig be troffen werden, weil die deutschen Effekten gegenwärtig einen sehr niedrigen Stand erreicht haben und daher kaum zu Verkäufen anreizen werden. ßAuf lange Sicht betrachtet, dürfte der Börsenkrach in New Port zur finanziellen Ge sundung erheblich beitragen. Die Buchhalter in Wallstreet hatten die ganze Nacht hindurch zu tun, um die Auftragsbücher mit den Rekord sätzen in Ordnung zu bringen. Man schätzt, daß etwa 50000 Angestellte zu dem Ausgleich der Rechnungen heran gezogen werden mußten. Die langen Fenfterrerhen der Wolkenkratzer in New Porl waren die ganze N cht hin durch erhellt. Umschau. First Vülsw gestorben. Der Altreichskanzler Fürst Bülow ist am Montag früh 7 Uhr in Rom, wo er die letzten Jahre lebte, verschieden. Die Nachfolge Stresemann». Die Londoner Zei tung „Daily Telegraph" läßt sich über die beabsichtigte Umbildung de» Reichskabinett» melden, daß Dr. Curtius alsbald endgültig da» Außenministerium, der Verkehrs- Minister Stegerwald das Wirtschaftsministerium, der Justiz- Minister v. DuSrard da» Derkehrrminifterium und ein Volksparteiler das Justizministerium übernehmen sollen. Don Berliner zuständiger Seite wird diese Meldung al» zutreffend bezeichnet. Daladier bildet ei«e Li«k»regier»«-. Der Führer der Radikalen Partei Daladier ist bekanntlich vom Prä- stdenten der Republik mit der Neubildung der französischen Regierung beauftragt worden. Die Partei der französi schen Radikalsozialiften ist eine bürgerliche, demokratische