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Dienstag, den 16. In» 1929 Nr. 82 64. Jahrg Der Bote vom Geising Erscheint wöchentlich dreimal: . """ Bezuaspreis für den Monat Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags. LUHAd» A 1,25 RM. mit Zutragen. Wöchentliche Beilage: Neue Illustrierte". ?IZU US Anzeigen: Lie ^gespaltene 65 mm breite Korpus- Monatsbeüage: I UGN zeile oder deren Raum 26 Pt.. die 86 mm breite .Rund um den Geisingberg". " Reklame-u. Eingesandtzeile od. der. Raum 40 Pf. Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein. Druck und Verlag: A. A. Kuntzsch, Altenberg. — Für die Schriftleitung verantwortlich: Flora Kuntzsch, Altenberg. — Fernspr.: Lauenstein 427. — Postscheck Dresden 11811. — Gemetndegirokonto Allenberg 11 Keine weitere Kontrolle für das Rheinland! Gegen eine „Feststellungs- und Versöhnungstommission". Stresemann erklärt eine weitere Kontrolle des Rheinlandes für untragbar. Die Frankfurter Zeitung gibt eine Unterredung ihres außenpolitischen Redakteurs Wolf v. Dewall mit dem Reichsautzenminister Dr. Stresemann wieder. Der Minister äußerte, dah bei den beteiligten Regierungen keine Mei nungsverschiedenheiten mehr darüber bestünden, dah die seit langem erhobenen deutschen Forderungen nach der Befreiung des Rheinlandes von der fremden Besatzung nun endlich ihre Erfüllung finden sollen. Wenn heute in diese erfreuliche Aussicht auf baldige Lösung eines nun wirklich überreifen Problems noch ein Schalten falle, so rühre er von einer Idee her, die neuerdings wieder mit besonderem Nachdruck in einem Teil der französischen Blätter verfochten werde. Das sei die Idee der Einrich tung eines besonderen Kontrollorgans, um einen dafür erfundenen schönen Namen zu gebrauchen, einer „Fest- stellungs- und Versöhnungskommission für das Rheinland". Diese Idee sei nichts anderes als ein bedenkliches Über bleibsel aus einer politischen Epoche, die längst überholt sei. Nach dem ganzen Verlauf des öffentlichen Meinungs austausches über dieses Thema müsse die Einrichtung der reuen Kommission in der deutschen Öffentlichkeit als ein neuer Versuch aufgefaht werden, dem Rheinland ein iuter- ationales Sonderstatut aufzuerlegen. Was über die Ver pflichtungen der bestehenden Verträge hinausgehe, wozu auch die Einsetzung dieser Kontrollkommission gehöre, sei ür Deutschland untragbar. Briefwechsel Kaas—Wirth gegen fortdauernde Rheinlandkontrolle. Der Vorsitzende der Zentrumspartei, Prälat Kaas, hat einen Brief an den Reichsminister für die besetzten Gebiete, Dr. Wirth, geschrieben, in dem es heitzt: „Sie werden verstehen, wenn ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutschen Zentrumspartei Ihnen als dem Reichsminister für die besetzten Gebiete meine Besorgnisse "ütteile über die neuerdings in einem Teil der französi schen Presse aufgetauchten Bestrebungen, den Gedanken er sogenannten Feststellungs- und Versöhnungskommission, ngeachtet der deutscherseits mit Einmütigkeit erfolgten iblehnung, als eine französische Forderung auf der kom- nenden politischen Konferenz noch weiter zu vertreten. Die Stellungnahme der Deutschen Zentrumspartei ist in eser Frage klar und endgültig. Bei ihrer innigen Ver bundenheit mit dem Schicksal der westlichen Grenzgebiete nd in Erkenntnis der sachlichen und rechtlichen Unan nehmbarkeit der Sonderkontrollidee wird die Deutsche Zentrumspartei zu jeder deutschen Reichsregierung, die auf den Gedanken einer permanenten Kontrollkommission e ngehen würde, in schärfste Opposition treten". Das umfangreiche Antwortschreiben des Ministers Dr. Wirth weist die französische Behauptung, datz die .Sicherheit Frankreichs bedroht" sei, zurück. Die franzö- i iche Presse fordere eine Dauerkontrolle über die deutschen Rheinlande, denn um eine solche handele es sich, wie ^uch die Worte gewählt werden mögen. Um des Rechtes und des Friedens willen müsse und werde eine Forde rung, die eine Dauerkommisfion für die Rheinlande ver langen würde, unsere allerschärffte Ablehnung finden. Wo tagt die politische Konferenz? Drei ko«ferenzen in einer. Die diplomatischen Vorverhandlungen über die In kraftsetzung des Poungplanr werden noch immer durch die englisch-französischen Auseinandersetzungen verzögert. England hat einen letzten Versuch gemacht, London als Tagungsort durchzusetzen, doch wird es dann wohl nach geben und sich mit einer schweizerischen Stadt (man spricht von Luzern) einverstanden erklären, vorausgesetzt, datz man sich nicht doch noch auf halbem Wege entgegenkommt und Baden-Baden al» Konferenzort wählt. Der Zusammentritt de» Organisationskomitee», der für den 15. Juli in Aussicht genommen war, dürste sich bis in die ersten Augusttage verzögern. Zusammenfassend ist zu sagen, datz drei Konferenzen in einer geplant sind: Line Konferenz der Regierungen, die sich mit der In kraftsetzung des Poungplans und der Rheinlandräumung beschäftigen soll; eine Konferenz der Leiter der Noten banken über das Statut der Bank für internationale Zahlungen und drittens eine „Organisationskonferenz" zur Regelung der Überleitungsfragen. Englands Voraussetzungen für die Annahme des Young-Planes. Der diplomatische Mitarbeiter der Londoner Zeitung „Daily Telegraph" stellt fest, die Annahme des Poung- planes durch England könne nur erfolgen, wenn gleich zeitig oder vorher zwei Punkte geregelt würden: 1) Die Ratifizierung des französisch englischen Schulden' abkommens durch die französische Regierung ohne Vorbehalte und 2) die Sicherung der Rheinlandräumung zu einem frühen Zeitpunkt durch alle drei Besatzungsmächte. Unabhängig von diesen beiden Haupterwägungen habe die britische Regierung ganz offensichtlich das Recht, eine Anzahl von Abänderungen des Youngptans zu ver langen, insbesondere as die geplante internationale Bank anlange und deren Aufgabenkreis hinsichtlich der Fortdauer der deutschen Sachlieferungen. Deutsch-belgische Einigung in der Markfrage. Die Verhandlungen zwischen den Bevollmächtigten der deutschen und belgischen Regierung sind zum Abschluß gekommen. Das Abkommen ist am Sonnabend in Brüssel unterzeichnet worden. Der wesentliche Inhalt ist folgen der: Deutschland wird an Belgien während 37 Jahren folgende Summen zahlen: Im I. Jahr 16,2 Millionen Mark, im 2., 3. und 4. Jahr je 21,5 Millionen Mark, vom 5. bis 12. Jahre je 26 Millionen Mark, vom 13. bis 20. Jahre je 20,1 Millionen Mark, vom 21. bis 37. Jahr je 9,3 Millionen Mark. Die Annuitäten werden in der gleichen Form gezahlt werden, die in dem Sach- verstündigenplan vom 7. Juni 1929 für die allgemeinen Reparationsannuitäten vorgesehen ist. Die Zahlungen werden durch die Bank für den internationalen Zahlungs ausgleich mit verwaltet werden. Falls Deutschland von dem in dem Sachoerständigenplan voraesehenen Mora torium Gebrauch macht, werden die Jayreszahlungen in Form von Sachlieferungen entrichtet. Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten ist ein Schiedsgerichtsverfahren vorgesehen. Das Abkommen tritt erst nach Ratifizierung in Kraft, die gleichzeitig mit der Ratifizierung der Staats- verträge über den Sachverständigenbericht erfolgen soll. Gleichzeitig ist in Berlin ein Abkommen über die Freigabe deutschen Vermögen» in Belgien geschloffen worden. In diesem Abkommen verzichtet die belgische Regierung mit Wirkung vom 7. Juni 1929, dem Tage der Unterzeichnung des Poungplaner, ab auf die Liqui dation und Einhaltung des bis dahin noch nicht liqui dierten oder in das Eigentum des Staates übergegangenen deutschen Vermögens; ferner auf die weitere Auslieferung deutscher Wertpapiere, auf die im Versailler Vertrag vor gesehene Befugnis zu Eingriffen in die deutschen gewerb- lichen Schutzrechte und Urheberrechte sowie auf den noch unbezahlten Kaufpreis der Güter, die von ihren deutschen Eigentümern käuflich zurückerworben worden waren. Die Frage der Behandlung der Erlöse des bereit» liqui dierten deutschen Eigentums ist wie noch andere Fragen späteren gemeinsamen Verhandlungen vorbehalten worden. Auch diese» Abkommen soll gleichzeitig mit den Verträgen zur Inkraftsetzung des Poungplanes ratifiziert werden und in Kraft treten. Zwei mißglückte Ozeanflüge Wettkampf Polen—Frankreich. In den frühen Morgenstunden des Sonnabend sind zwei Fliegerpaars auf dem Pariser Flugplatz Le Bourget zum Fluge nach Amerika gestattet, und zwar die Polen Jdzikowski und Kubala auf ihrem „Marschall Pilsudski" und die bekannten französischen Flieger Costes und Bel- lonte auf ihrem „?". Die Polen verließen 4.45 Uhr den Pariser Flugplatz, Costes und Bellonte starteten 5.30 Uhr. Das Ziel ihres Fluges haben sie bis zur letzten Minute geheimgehalten, und noch bei dem Start erklärten sie, daß sie einen Langstreckenflug nach Tokio beabsichtigen. Be reits eine Stunde nach ihrem Abflug ließ aber die von ihnen eingeschlagene Flugrichtung darauf schließen, daß sie, wie die Polen, auch Neuyork zu erreichen suchten. Di» Polen verunglücke« bei der Landung auf den Azoren .... Da- polnische Ozeanflugzeug Marschall Pilsudski, das am j Sonnabend früh in Paris gestartet war, ist bü einem Landungsversuch auf der Azoreninsel Graciosa am Sonn abend zerstört worden. Der Flieger Jdzikowski wurde da bei getötet, sein Begleiter Kubala verwundet. Die pol nischen Flieger wollten zunächst auf Fayal landen, ent schlossen sich dann aber, nach Graciosa weiterzufliegen, um i dort die Landung zu versuchen, da in Fayal die Lan- i dungsmöglichkeit zu schlecht war. Die Katastrophe kann daraus zurückzuführen sein, daß das Flugzeug bei der Landung umschlug, wobei der Motor erplodiert ist. Das polnische Flugzeug war ein Doppeldecker mit einem 650- ?8-Motol. In flugbereitem Zustande betrug das Gewicht 7900 Kilogramm. Es hatte an Bord 6400 Liter Brenn- stoff und 570 Liter Ol, was ihm eine ungefähr 50stün dige Flugdauer sicherte. .... «nd die Franzosen kehren um. Die französischen Flieger Costes und Bellonte haben sich in den Abendstunden des Sonnabends zur Aufgabe ihres Amerikafluges entschlossen und sind um 9.22 Uhr Sonntag vormittag in Villacoublay, dem Militürflughafen von Paris, gelandet. Über die Gründe, die das französische Flugzeug Fra gezeichen zur Rückkehr nach Frankreich veranlaßt haben, hat Costes nach seiner Landung in Dillaconblay erklärt, daß man 300 Meilen von der Küste entfernt auf starken Wind gestoßen sei, der die bisherige Geschwindigkeit der Maschine von 200 Stundenkilometer auf 70 bis 80 her abgedrückt habe. Unter diesen Umständen würde der Ben- zinoorrat nicht ausgereicht haben. Er habe, um ein Un glück über dem Ozean zu vermeiden, die Rückkehr be- schloffen. Der Motor habe gut gearbeitet. Die in 28 Stunden zurückgelegte Gesamtstrecke beträgt 5400 Kilom. Er habe wohl gewußt, daß der Ozeanflug in westlicher Richtung außerordentlich schwierig sei, aber niemal» habe er mit derartigen Schwierigkeiten gerechnet, wie er sie tatsächlich angetroffen haben. Es sei zehnmal leichter, von Neuyork nach Paris al» umgekehrt zu fliegen. Die Umkehr ist um 18.15 Uhr in der Gegend der Azoren erfolgt. In Frankreich wird das Mißlingen des mit größten Hoffnungen angetretenen Fluges außerordent lich belauert. Amftharu 8 Monate Gefängnis für Stinnes beantragt. Im Stinnes-Prozeß beantragte Oberstaatsanwalt Sturm folgende Strafen gegen die Angeklagten: gegen Hugo Etinnes acht Monate Gefängnis und 100000 Mk. Geld strafe ; gegen Nothmann und v. Waldow je sechs Monate Gefängnis; gegen Bela Grosz fünf Monate Gefängnis; gegen Leo und Tugen Hirsch je sechs Monate Gefängnis und gegen den Angeklagten Joseph Schneidt drei Monate Gefängnis. Was das Strafmaß betreffe, so müsse zu- gunften von Stinne» festgeftellt werden, daß er verhält- nismäßig spät von dem betrügerischen Charakter des Ge- schäftes Kenntnis erhielt. Daß kein größerer Schaden entstanden ist, komme nicht Stinnes zugute, denn die Ab wendung des Schadens erfolgte ohne sein Hinzutun. Zu ungunsten des Angeklagten Stinnes sei vor allem anzu führen, daß er, der eine besondere Stellung im deutschen