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Der Bote vom Geising Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags Wöchentliche Beilage: „Neue Illustrierte". Monatsbeilage: ^Nund um den Geijingberg". Müglitztal-Zeitung Bezugspreis für den Monat 1,25 RM mit Zutranen. Anzeigen: Die 1 gespaltene 6ö mm breite Korpus- zeit* oder deren Htaum 2L Pf die 82 mm breite Reklame- u. Eingesandtzeile od. der. Raum 40 Pf Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Allenberg und Lauenstein, sowie der Sladtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein. ">ruct und Verlag. Kuntzsch, Altenberg. — Kür die Schriftleitung verantwortlich: -l-ra «untzich, Altenberg. — Kernspr.: Lauenstein 427. — Postscheck Dresden 11811. — Gemeindegirokonto Altenberg 11 64. Jahrg. Dienstag, den 8. Januar 1829 Nr. 3. Der Reparationsagent erläutert. Varker Gilbert, der gegenwärtig in den Vereinigten Staaten weilt, erklärte in New Port Pressevertretern ge genüber, die deutschen Kommentare zu seinem Jahresbe richt beruhten wahrscheinlich auf einer „hastigen Durchsicht seines Berichts". Im weiteren Verlauf seiner Besprechung mit der Presse wurde Parker Gilbert darauf aufmerksam gemacht, bah er in seinem Bericht doch offenbar die Frage der deutschen Ausländsanleihen nicht genügend berücksich- tigt habe. Deutschland habe seine Reparationszahlungen doch nur leisten können, weil es Ausländsanleihen Hobe aufnehmen können. Der Reparationsagent wich dieser Frage aus und tat äußerst überrascht. Er erklärte, er habe die Frage der Ausländsanleihen in seinem Bericht berührt, ..soweit das seiner Ansicht nach korrekt gewesen sei". Auf weitere Fragen meinte er, daß offenbar leine objektive Stellungnahme der Grund sei, warum sein Bericht nicht richtig gewürdigt worden sei. Sein Bericht enthalte im übrigen weder Theorie noch Prophezeiungen. Zum Schluß betonte Parker Gilbert, daß ihm von irgendwelchen Gerüchten, wonach er gegen Jahresende zu- rückzutreten beabsichtige, nichts bekannt sei. Seine Reise noch Amerika habe sich infolge der Ausarbeitung des Be richts um zwei Wochen verzögert. Bemerkenswert ist ein Artikel des Journalisten Bris bane m der Hearstpresse. Brisbane unterzieht den Bericht Gilberts einer Kritik und erinnert dabet an das alle Sprichwort, daß es leicht sei, Schuhriemen aus anderer Menschen Haut zu schneiden. Gilbert wird einen kurzen Aufenthalt in New Por! nehmen und dann nach Washington weiterfahren, wo er Coolidge, Mellon und Hoover Ko. grenzen haben Diese Besprechungen seien, wie der Reparations- i . hervorhob, nicht von vornherein festgelegt. Den i feines zweiwöchigen Aufenthalts in den Vereinigten aicn wird Gilbert bei seiner Familie in Louisoille tK^nlucky) verbringen * ch * Die bekannte amerikanische Zeitung „Washington- t" behandelt in einen, Artikel das Echo, das der op- ! .'tische Jahresbericht Parker Giiberts gesunden hat, und me,nt, Parker Gilbert habe offenbar den amerikanischen Kapitalisten eine verlockende Schilderung des deutschen Wohlstandes geben wollen, um die Kommerzialisierung — o. i. die Umwandlung der politischen Reparationsschuld in eine Anleiheschuld voczuberciten. Gilberts Bericht erweise sich jetzt ober als „Bumerang", enn er habe bewirkt, daß einerseits die Alliierten nun ohne Ansprüche gegen Deutschland geltend machen wer- en, anderseits Deutschlands Begeisterung für den Kom- terzialisierungsplan abgekühlt werde und die Deutschen ich überlegten, daß sie wohl besser führen, wenn sie es bei der bisherigen Regelung belassen. Das Blatt zieht aus der Debatte, die Gilberts Bericht heroorgerusen hat, die Folgerung, daß die amerikanischen Geldgeber ihre Kapi talien lieber zu House lassen sollten, anstatt sie in zmeifel- aften ausländischen Transaktionen zu riskieren. Ähnliche Gedankengänge finden sich in den „Basler Rachrichten", die zu dem Schluß kommen, der Jahresbe richt Parker Gilberts sei durchaus nicht als Zuckelbrötchen für Poincarä zu bewerten, er sei vielmehr eine Beruhi gungspille für die Gläubiger Deutschlands. Im vergan genen Herbst sei nämlich aus guter Quelle bekannt ge worden, daß eine mächtige Gruppe der Newyorker Hoch stnanz daran denke, den nach Deutschland fließenden Kre ditstrom abzudämmen. Parker Gilbert wolle diese Bewe gung durch seinen Optimismus bekämpfen; sein optimisti scher Jahresbericht sei daher ein Kampfmittel der ameri- kanlschen Kapitalisten, die auf Gedeih und Verderben mit Deutschland verbunden feien. Line führende ungarische Zeitung, die Budapester Nemzeti Wag, schreibt, die Weltwirtschaft könne nicht in ein ruhiges Fahrwasser kommen, solange über dem Haupte Deutschlands die ewige Unsicherheit und die Gefahr nicht festgesetzter finanzieller Verpflichtungen schwebe. Gegen über dem Optimismus des Berichts des Reparationsagen- ten müsse sestgestellt werden, daß Deutschland nicht reich sei, da es mit kurzfristigen ausländischen Anleihen über häuft sei. Wenn die von Parker Gilbert ausgehende op timistische Parole auf der Reparationskonserenz die Ober hand gewinnen sollre, so würden sich daraus die ungün stigsten Rückwirkungen wF den Wiederaufbau der Welt wirtschaft ergeben. k Die Ernennung der Zachverständigen durch die Reparationskommisston. Die britische, französüche, italienische und belgische Re- ' gierung sind, wie die Times berichten, nunmehr endgültig ' übereingckommen, aus formalen Gründen die Ernennung ihrer Sachverständigen durch die Rcparationskommijsion - vornehmen zu lassen. D e Reparationskommisjion wird aber nicht aufgefordert werden, irgendwelche binocnde Ent scheidungen über die Feststellungen des Sachverständigen- ausschusfes zu treffen. Üoer die Art der Ernennung der amerikanischen Sachverständigen wird in den nächsten Ta gen entschieden werden, wenn der volle Bericht des bri tischen Botschafters in Washington über die Verhandlungen wegen der amerikanischen Sachverständigen den Regie rungen vorliegt. Es hatte ursprünglich die Absicht be standen, die Reparationskommission am 7. Januar zur Ernennung der Sachverständigen zusammenzuberufen. König Alexander Diktator von Südslawien. > Auflösung der Skupschtina. — Verbot der Kroa tischen Bauernpartei. Die südslawische Staatskrise hat eine überraschende Wendung genommen. Der König hat olle Gewalt in die s Hand bekommen. Das Belgrader Amtsblatt veröffentlicht ' den Teri eines Gesetzes über die B.fugnisse des Königs und die Verwaltung des Staates. Das Gesetz besteht aus 21 Artikeln, durch die dem König die Legislativ- und Erekutiogewalt übertragen ' wird. W-ner werden im Amtsblatt veröffentlicht ein Ge ' setz zum Schutzs der öffentlichen Sicherheit und der Ord- ' nung im Staate, ein Gesetz über Abänderung und Ergän zung des Pressegesetzes und menens ein Gesetz, durch das i das Gesetz über die Gemeinden und regionalen Autono mien abgeänderr wird. Das vom König ernannte neue Kabinett hat den Eid aus dle Verfassung geleistet. Das Mimsterpräsidium und das Innenministerium wird vom Dioisionsgeneral und Kommandeur der Königlichen Garde : Peter Jiokowitsch bekleidet. König Alexander hat eine Proklamation an sein Volk - erlassen, dle unter anderem besagt: „Meine und auch des : Volkes Erwartungen, daß die Entwicklung unseres inner- * politischen Lebens Ordnung und Konsolidierung mit sich bringen würde, haben sich nicht erfüllt. Die politischen Leidenschasten Haden mit dem Parlamentarismus allmäh- , Uch einen solchen Mißbrauch getrieben, daß er ein Hinder- ! ms für jede gedeihliche Arbeit im Staate wurde. Weit - entfernt, dcn Geist nationaler und staatlicher Einheit zu j entfalten und zu stärken, beginnt der Parlamentarismus, in seiner jetzigen Gestalt geistige Desorganisation und na tionale Uneinigkeit hervorzurufen. Ich habe daher be- schlossen und bestimmt, daß die Verfassung des König reiches vom 28 Juni 1921 nicht mehr in Kraft bleibt. Alle Gesetze des Landes behalten ihre Gültigkeit, soweit sie nicht durch einen Erlaß von mir im Notfälle aufge hoben werden. Neue Gesetze werden künftig aus dieselbe Weise veröffentlicht werden. Die am 11. Dezember 1927 gewählte Skupschtina wird aufgelöst". Die neue Regierung hat am Sonntag für das ganze Gebiet des Königreiches SHS. das Gesetz über den Schutz de» Staates in Wirksamkeit gesetzt. Nach diesem Gesetze werden alle öffentlichen Versammlungen politischer Parteien nur mit Genehmigung der Negierung gestaltet. Auf Grund des Gesetzes zum Schutze des Staates sind mit dem Sonntag alle politischen Parteien, die auf religiösen und nationalen Grundlagen beruhen, aufgelöst. Damit werden die Kroatische Bauernpartei und die Mohammedanische Partei in Bosnien und Herzegowina aufgelöst. Zuwider handelnde werden mit Strafen bis zu einem Jahr Ge fängnis und 1L00 Dinar Geldstrafe belegt. Der Winter regiert. Halle, 4. Jan. Der starke Sturm, der seit Neujahr mit scharfer Kälte und zeitweise heftigem Schneefall ver bunden ist, hat auch auf den Landstraßen im Südharz den Verkehr «ehr beeinträchtigt. Die unüberwindlichen Schneewehen haben die Landstraßen unpassierbar gemacht und zwingen die Kraftwagen zur Umkehr, wenn sie sich nicht der Gefahr aussetzen wollen, im Schnee stecken zu bleiben. Auf den freien hohen Flächen, die dem scharfen Wind ungehindert ausgesetzt sind, staut sich der Schnee bis zu einem Meter Höhe an. Auf der Straße zwischen Molmerswende und Schiele blieben nicht weniger als vier Autos, zwischen Harzgerode und Königerode drei Autor stecken, die erst durch mühselige Schaufelarbeit befreit und mit Pferdegespann in den nächsten Ort geschleppt werden mußten. Breslau, 4. Jan. In ganz Schlesien gingen am Donnerstag sehr starke Schneefälle nieder. Infolge der heftigen Nordostwindes kam es zu großen Schneeverwehun gen, die zu Verkehrsstockungen und Störungen im Eisen- baynverkehr führten. Durch starkes Schneetreiben sind vor ollem im östlichen Riesengebirge große Verkehrsstö rungen heroorgerusen worden. Auf den Landstraßen be finden sich stellenweise Schneewächten bis zu 1^/2 Meter Höhe, so daß die Fahrzeuge nicht durchkommen. Die im Kreise Landeshut verkehrenden Postautos sind in den Schneemasjen steckengeblieben, ebenso liegen zahlreiche Last- und Personenkraftwagen auf freier Strecke lest. Der Auto- und Fuhrwerksvcrkehr auf den Landstraßen ruht infolgedessen säst völlig. Die Elscnbahnzüge treffen hier mit erheblichen Verspätungen ein. Weimar, 4. Jan. Die seit Mittwoch im Landkraft- pojtgeblet der Postämter Erfurt, Arnstadt und Gotha ein- gerretenen starken Schneeverwehungen haben die Post ge zwungen, aus verichiedenen Strecken den Landkraftoostoer- kehr ganz oder teilweise einzunellen. Die Postsachen werden für Lie nächsten Tage den Landorten nach einem schon im Sommer ausgearbeitelen Behelfsplan unter Be nutzung oller möglichen Beförderungsmittel zugeführt. Die Schneeverwehungen in der Greizer Gcgcnd nehmen immer größeres Ausmaß an und behindern den Verkehr auf den Fahrstraßen derart, daß man stellenweise Schneewachen eingerichtet hat, um vor allem den Autobusoerkehr für die Aröeiterbcvolkerung in Gang halten zu können. Auf dem Riesengebirgskamm verirrt und erfröre«. Hirschberg, 4. Jan. Der 18jährige Schüler Horst Laur aus Leipzig Hal sich auf einer Schneeschuhtour mit einem Schulkameraden al? dem Riefengebirgskamm ver irrt, so daß die beiden die Nacht im Freien zubringen mußten. Dabei ist Laur, der einzige Sohn einer Witwe, erfroren. Sein Begleiter konnte sich in die Spindlerbaude retten. Winter im „sonnigen Süden". Madrid, 4. Jan. Aus verschiedenen Provinzen, besonders Valencia und Catalonien, wird über heftige Kälte berichtet. In Lerida ist der Estagentosee völlig ge- froren und die Temperatur im ganzen Gebiet auf 18 Grad unter Null gefallen. In Valencia sind mehrere Züge durch Schnee stillgelegt. In Soria wurde ein Post- automobil und ein Lastwagen in dem Donclapaß einge- schlofsen. Die Reisenden mußten unter beträchtlichen An strengungen das nächste Dorf gewinnen, wo sie erschöpft anlangten. Mehrere Orte sind von allem Verkehr abge» schnitten. Paris, 5. Jan. In ganz Frankreich hat der Win ter Einzug gehalten. Das Thermometer ist am Freitag in Paris auf 4 Grad und in anderen Gegenden bis auf 9 Grad unter Null gefallen. Durch heftige Schneeftürme, die im Südosten Frankretchs herrschten, wurden zahlreiche Telegraphenlinien zerstört. Auch an der Riviera hat der Schneesturm großen Schaden angerichtet. Der Schnee fiel in solchen Mengen, daß die Züge große Verspätungen erlitten und Automobile im Schnee stecken blieben. Au» Paris und der Provinz werden weitere Todesfälle infolge Erfrierens oder Glatteises gemeldet. Rom, 4. Jan. In ganz Italien hält das Unwetter weiter an. Schneestürme werden aus den Alpengegenden gemeldet, die auf den Alpenbahnen Verspätungen, wie