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beriefen sich auf die StaatSgrundgesetze und protestirten gegen den von der Commission gebrauchten Ausdruck , kleinrusstsch." Nachdem die Anträge der Ruthenen auf Rückverweisung der Vorlage an die Commission und Uebergang zur Tagesordnung durchgefallen, ver ließen die Ruthenen protestirend den Saal. Der Gesetzentwurf wurde hieraus mit Beseitigung des Ausdrucks „kleinrussisch" an genommen. Florenz, 29. Aug. (N.-Z.) Die Polemik zwischen Lamarmora und Cialdini hat dadurch ihr Ende erreicht, daß der Kriegsminister an beide Generäle schrieb und ihnen von Amtswegen Stillschweigen auferlegte. Lamarmora, welcher bereits an seiner Replik gegen die Cialdini'sche Broschüre arbeitete, verzichtete auf die Veröffentlichung derselben. Man sagt dagegen, daß der Admiral Vacca Enthüllungen über die Haltung der Panzerflotte bei Lissa machen wolle ; es würde dieses der Anfang einer neuen Polemik zwischen ihm und Persano sein. St. Petersburg, 1. Sept. Die Subscription auf die Eisen bahnlinie KoSloff - Tamkoff ist beendet. Anstatt der geforderten 3 Millionen wurden 30 Millionen gezeichnet. Gestern begann die Subscription auf die Eisenbahnlinie Ribinsk-Osetchensk. Sie wurde sogleich um 16 Millionen überzeichnet. Die Subscription dauert noch zwei Tage fort. Sachsen. -f-DreSden, 2. Sept. Für das geschäftstreibende Publikum ist von dem hiesigen Postbeamten Herrn E. H. Müller eine sehr dankenswerthe praktische Idee zur Ausführung gebracht worden, welche unzweifelhaft nicht nur bei Postbeamten, Kaufleuten rc., sondern in allen Kreisen der bürgerlichen Gesellschaft sich die vollste An erkennung erringen wird. Es ist dies eine Post- und Eisen bahnkarte von Deutschland, nachfolgenden Grundsätzen be arbeitet: das ganze deutsche Postgebiet bildet ein großes Netz von 5607 Quadraten, wovon jedes 2 Meilen Länge und Breite be zeichnet. Sämmtliche Quadrate sind numerirt, die Zahlen fangen mit 1 bei Jmmersatt in Ostpreußen an und zählen von links nach rechts durch den als einheitliches Ganze dargestellten norddeutschen Gund, Baden, Würtemberg und Bayern bis 2640. In den österreichischen Staaten zählen sie von 2641 bis 5607 und zwar bis Dalmatien in derselben Weise für sich. Innerhalb dieses Quadraten-Netzes sind sämmtliche bestehende Postanstalten, ungefähr 12000, namhaft gemacht. Der Vortheil dieser Einrichtung liegt zunächst darin, daß mit Hilfe der Quadrate ganz genau die Ent fernung von irgend einer zur beliebigen anderen Post- oder Eisen bahnstation zu berechnen ist. Man zählt die dazwischen liegenden Quadrate, und deren Zahl mit zwei multiplicirt giebt genau die Entfernung an. Allerdings ist dies für den Briefverkehr ohne Bedeutung, da man weiß, jeder Brief kostet innerhalb des deutschen PostgebietS je nach Gewicht 1 oder 2 Ngr. Anders verhält es sich aber mit dem Fracht-Porto. Um diese Sätze schnell und sicher berechnen zu können, hat Herr Müller seiner Karte eine Tabelle der postalischen Progressionssätze beigegeben. Die Ziffern derselben, von 0 bis 15 gehend, nennen den Progressionssatz des Taxquadrats (resp. der darin liegenden Postanstalten) aus welches man das Quadrat 0 so gelegt hat, daß die Linien sich decken. Der gefundene Progressionssatz mit der Pfundzahl einer Sendung multiplicirt und -in das Product mit 6 dividirt, ergiebt das Porto in Groschen; z. B. 7 Pfund von Berlin nach Triest (14. Prossionssatz) 14 x 7 — 98, dividirt durch 6 — 13'/, Ngr. Ebenso leicht und schnell kann man mit Hilse der Tabelle ermitteln, in welcher Telegraphenzone der eine Ort vom anderen liegt. Jeder Geschäftsmann wird also mit Benutzung dieser Karte sich sofort über Frachtsätze, Telegraphen gebühren rc orientiren können, ohne erst bei den betreffenden Ver kehrsanstalten darüber Nachfrage zu halten. Der Preis der übrigens sehr sorgfältig und correct gearbeiteten Karte beträgt nur 15 Ngr. und ist dieselbe bei allen königl. Postanstalten, sowie durch Buch händler vom Verleger zu beziehen. — In Dresden hat sich neuerdings ein Rechtsschutzverein ge bildet, dessen Zweck nach § 1 seiner Statuten es ist, das Rechts- gefühl und das Rechtsbewußtsein im Volke zu heben, das Recht des Einzelnen wie des Ganzen erforderlichen Falls zu schützen und ans Beseitigung von Mängeln des Gesetzesrechts, sowie der ge richtlichen und advocatorischen Praxis hinzuwirken. Dieser Zweck soll erreicht werden durch alle gesetzlichen Mittel, insbesondere durch Angehen der Behörden, der Volksvertretung, durch die Presse und durch gegenseitige Mittheilung gemachter Erfahrungen. Von der Aufnahme in den Verein sind amtirende Gerichtspersonen und practicirende Advocaten ausgeschlossen. Das erste vor wenig Tagen ausgegebene Flugblatt dieses Rechtsschutzvereins enthält einen Vor trag des Vorsitzenden, vr. Otto-Walster, über Nothwendigkeit, Zwecke und Ziele des Vereins, sowie über die von ihm erwählten Mittel und Wege. Der Einfluß, welcher in diesem Vortrage den Juristen zugeschrieben wird, ist ebenso, gelinde gesagt, übertrieben als der Tadel, welcher gegen dieselben ausgesprochen wird. In erster Beziehung heißt es: „In unsern modernen Staaten herrschen die mit der „Bourgeoisie" eng verbundenen und durch die Bour geoisie groß gewordenen Juristen. Beide, Bourgeois und Juristen haben dem Königthum von Gottes Gnaden, dem Adel und der Geistlichkeit theils die alleinige, theils die vorzugsweise Herrschaft abgenommen und, kaum zur Herrschaft gelangt, sind die Juristen daraus bedacht gewesen, sich aller Lcbcnsfäden sowohl des Staates wie der einzelnen Corporationen oder Familien zu bemächtigen." Zum Borwurf dagegen wird den Juristen gemacht, daß sie den realen Bedürfnissen der Zeit nicht ausreichend Rechnung tragen, daß sie „schwerfällig und unfreudig hinterherhinken." Die Ursache hiervon soll zum größten Theil in der für ihren eigentlichen Beruf gänzlich ungeeigneten Vorbildung und Ausbildung liegen. Um die Krankheit, eine mangelhafte Justiz, an welcher auch unser Staats leben leide, zu heilen, hält Herr Otto vier Dinge für nöthig. 1) Allen Klassen der Bevölkerung müsse das Recht eingeräumt oder vielmehr zurückgegeben werden, ihre Interessen beim Gesetzgebungs werke wahren zu können, denn das Gesetzgebungswerk dürfe und solle nur eine gemeinschaftliche Verständigung sämmtlicher Staats angehörigen über das sein, was bei ihnen als Recht gelten soll, dann werde kein Stand mehr sich benachtheiligt fühlen, vaS allge meine Rechtsbewußtsein werde sich heben, daS Gesetz werde unend lich an moralischer Kraft gewinnen und es werde endlich einmal Frieden herrschen im Staat. 2) Die Gesetze müßten klar und verständlich, im einem allgemein faßbaren Deutsch geschrieben sein. 3) Die Jugend müsse schon in der Schule mit den Gesetzen ver traut gemacht werden, denen sie beim Austritt aus der Schule gehorchen solle. Endlich dürfe 4) die Handhabung der Gesetze nicht ausschließlich in den Händen der Juristen liegen. — Weiter enthält das Flugblatt noch einen Vortrag des Schriftführers Oehme über die Widersprüche in unsern Gesetzbüchern und den daraus entstehenden nachtheiligen Folgen für die öffentliche Sittlichkeit. Einen solchen Widerspruch findet Herr Oehme darin, daß das bürger liche Gesetzbuch bei Ehescheidungen dem schuldigen Ehehegattten in gewissen Fällen die anderweite Verehelichung untersage, während Art. 23 der Augsburgischen Confession den Grundsatz enthalte, daß es erbärmlich sei, die Ehe zu verbieten, um große Uebel damit zu bestrafen. — Dieser kleine Auszug aus dem gedachten Flugblatt möge genügen, um unsern Lesern ein ungefähres Bild von den Anschauungen des Dresdner Rechtsschutzvereins zu geben. — <Il. Chemnitz, 2. Sept. Die in hiesiger Gegend be ginnenden und wieder endenden Truppenmanöver gestalten sich der Reihenfolge der Tage nach folgendermaßen: Am 2. September Uebungsmarsch der Infanterie-Brigade mit Manöver. Am 3., 4. und 5. Sept, gegenseitiges Manöver in combinirten Detachements. Unter Theilnahme von zwei Schwadronen und einer Batterie Artillerie manöverirt die Brigade, regimenterweise getheilt, in der Umgegend von Chemnitz. Ueber den Gang der Uebungen läßt sich vorher nichts sagen, da derselbe lediglich vom Erfolge der gegen seitigen Bestrebungen abhängt. Die Vorposten bivouakiren am 3. unv 4. September. Am 5. September Nachmittags bezieht die Brigade Quartiere an dir Zwickauer und Glauchauer Straße, diesseits Hohenstein (Divisions-Hauptquartier) und gegen Stollberg. Am 6. September Rasttag. Für den 7. und 8. September sind die gegenseitigen Manöver in der Division angesetzt. Da keine Generalideen vorher ausgegeben werden, so ist auch über den muth- maßlichen Gang dieser Manöver nur sehr wenig zu sagen. Die dritte k. s. Infanterie-Brigade, mit Reiterei und Artillerie vereinigt, rückt von Zwickau heran; es ist also zu vermuthen, daß etwa in der Gegend von Lichtenstein — 1 Meile ab und zu — der erste Zusammenstoß stattfinden werde. Für die Nacht vom 7. zum 8. September ist ein Bivouak der ganzen Division in Aussicht genommen; sollte jedoch die Witterung allzu ungünstig sein, so würden nur die Vorposten bivouakiren, das Gros jeder Brigade aber in Massenquartieren — pro Gehöfte eine Compagnie oder dergl. — untergebracht welden. Am 8. September dürfte das Manöver sich gegen Chemnitz etwas mehr heranziehen, weil für diesen Tag die Quartiere der ganzen Division in der Gegend von Chemnitz angesagt sind. Den 9. September Rast. Den 10. Sept. Revue der ganzen Division — die Infanterie-Regimenter Nr. 104, 105, 106, 107, Jäger-Bataillon Nr. 12 und 13, 2. und 3. Reiter- Regiment, Manen-Regiment Nr. 8, 2. Artillerie-Abtheilung — und zwar die Infanterie unter den Brigadiers Generalmajor v. Hake und Generalmajor v. Wagner, die Reiterei unter Generalmajor v. Biedermann, die Artillerie unter Major Richter, in Summa 14 Bataillone, 15 Schwadronen, 6 Batterien, unter General lieutenant v. Schimpf, Excell.; Stabschef Major Schuber, Souschef des Generalstabes. Die Revue selbst wird vom Corpscomman- bauten, dem Kronprinzen, königl. Hoheit, auf dem Exercierplatz ab genommen werden. Den 11. und 12. September sind DivisionS-