Volltext Seite (XML)
UNd Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg und Brand. 2«7. Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werdm bi» Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Sonnabend, den 3. September Preis vkrttMrl. SO Rar. Inserat« wtüen di« g«spalten« Zeil« »d«r dam Raum mit ö Pf. berechnet. WO. nm d Wie es in Frankreich aussieht. Der Eintritt einer Staatsumwälzüng läßt sich nicht im Voraus berechnen und die Wahrscheinlichkeit trügt oft nach beiden Seiten. Acht Wochen vor der Februar-Revolution hatte der schlaue Mado- witz nach Berlin berichtet, nie habe Ludwig Philipp so fest auf seinem Throne gesessen, wie eben damals. Hinwieder schienen Er hebungen schon oft nahe bevorstehend, während sie in Wirklichkeit nicht erfolgten, gerade weil die herrschende Gewalt, die sich gewarnt sah, Gelegenheit fand, der drohenden Gefahr zu begegnen. Bringt man aber auch viese leicht eintretenden Täuschungen mit in An schlag, so drängen sich dem Beobachter der heutigen französischen Zustände doch viele Umstände auf, welche einen gewaltsamen Sturz des bestehenden Regierungsshstems in nicht sehr entfernte Aussicht stellen. Und zwar kann dabei nicht die Rede sein von einer Ueber- rumpelung wie im Jahre 1848, sondern es hab sich eine gründliche Unzufriedenheit über alle Klassen der Bevölkerung verbreitet; eine Unzufriedenheit, welche den Umsturz gleichsam von unten herauf, also auf breitester Basis angebracht zu haben scheint. Die Börsenleute, welche nach Errichtung des Credit- Mobilier jede Schwindelei für ausführbar hielten und die ver meintliche Kurzsichtigkeit Derer verspotteten, welche ein schlechtes Ende der so pomphaft begonnenen Unternehmen in Aussicht stellten, sind nun verstummt, theils ihres Vermögens verlustig, theils voll ständig bankerott. Die Fabrikanten und Handeltreibenden, wie die einfachen Gewerbsleute, welche Napoleon III. als den Staatsretter einst begrüßten, sie sehen alles Vertrauen vernichtet, die Geschäfte stocken, die Staatslasten vermehrt. Der Clerus, der wesentlich zur Wahl Napoleons beitrug, ist seiner Mehrzahl nach unzufrieden, weil dem Papstthum keine ausgiebige Hilfe ge leistet wird. Das Heer empfindet die trotz des vergossenen Blutes und der vergeudeten Millionen erlittene Schmach von Mexico; sein stolzes Selbstgefühl ist dadurch noch schwerer verletzt, daß der Kaiser sich im Jahre 1866 vom Grafen Bismarck dupiren ließ, und daß nachher die französische Armee nicht gerüstet war, um sofort ihren Rang als erstes Heer der Welt thatsächlich zu behaupten. Die französischen Bauern endlich sind unzufrieden über eine permanente Kriegsbereitschaft, die ihnen die Söhne aus längere Zeit entzieht, als ein wirklicher Feldzug dauern würde. So ist es dahin gekommen, daß man, unzufrieden mit dem Systeme, jede Politik tadelt, welche die Regierung einschlägt. Man vermutbet, der in Verlegenheit gebrachte Cäsar sinne auf Krieg, darum fordert man Frieden. Wäre die Welt gewiß, daß er Ruhe halten wolle, so würde aus manchem Munde und mancher Feder das entgegengesetzte Verlangen laut werden. Viele rufen nach Frieden, weil sie darin das sicherste Mittel zum Sturze des Bonapartismus erblicken. Allerdings will das Volk Frieden, aber einen wahren Frieden, auf gesunder Grundlage, die heute in Frankreich und im östlichen Nachbarlande durchaus fehlt. Ohne Rückhalt gesprochen: man will in Frankreich das Gegentheil dessen, was der Cäsar will, einfach weil man sich nach seinem Sturze sehnt. Bei solcher Volksstimmung ist die Situation jeder Re gierung eine höchst mißliche, um nicht zu sagen verzweifelnde. Napoleon wünscht wirklich keinen Krieg, er kann ihn nicht wünschen, denn er weiß, daß eine unglückliche Schlacht zu Anfänge des Feld zuges mit dem Zusammenbrechen des Kaiserthrones ziemlich gleich bedeutend sein würde; ja, daß selbst der Sieg dem Kaiser gefähr lich werden kann, weil eS dann von dem glücklichen Obergenerale abhinge, welche Stellung er Napoleon gegenüber einzunehmen be liebte. Dennoch wird sich der Mann vom 2. December zum Kampfe entschließen, wenn er den Revolutionsausbruch für drohend rächtet. Und er muß sich außerdem zu diesem äußersten Mittel entschließen, sobald Preußen auf der betretenen Bahn auch nur einen Schritt weiter geht. Lr muß es, weil alle Parteien itt Frankreich, mögen sie'S auch gestehen oder leugnen, in jedem Weiter greifen des preußischen Militarismus eine steigende Gefahr für ihr Vaterland erblicken, eine Gefahr, deren Ausbildung nicht bis dahm abgewartet werden dürfe, bis sie zu einer Macht sich entwickelt, der Frankreich nicht mehr gewachsen ist. — So steht es in Frankreich. Tagesgeschichte. Berlin, 2. Sept. Auf Anordnung des Kriegsministeriums werden in der Armee des Norddeutschen Bundes von jeder Schwadrott der Cavalerie 3 Gemeine, von jeder Fußbatterie der Artillerie zwü Kanoniere vom 1. October d. I. ab bis zum 1. April 1869 beur laubt werden, und zwar sollen deren Stellen offen bleiben. Wien, 1. Sept. Heute, als am zweiten Tage der Künstler versammlung, fand, verherrlicht durch die Betheiligung des Kaisers, die feierliche Schlußsteinlegung des Künstlerhauses und die Eröffnung der dritten allgemeinen deutschen Kunstausstellung statt. Vor dem Künstlerhaus war eine Ehrenpforte aufgebaut, von welcher die Reichsfahne wehte. Eine große Menschenmenge hatte sich aus dem Platze eingefunden und stimmte begeistert in den Hochruf ein, mit welchem die Künstler den Kaiser vor dem Künstlerhause begrüßten. Am Eingänge ermatteten den Monarchen die Erzherzöge Karl Ludwig und Wilhelm, der Oberhofmeister Fürst Hohenlohe, der Reichskanzler Freiherr v. Beust, die Minister Herbst, Brestel, Giskra, Taaffe, Hasner, Baron Kuhn, Potozki, die Grafen Grünne, Bellegarde, Crenneville und andere NStabilitäten. Nach einer kurzen Ansprache des Prof. Sellenh an den Kaiser, welche sehr huldvoll erwidert wurde, begab sich Se. Majestät mit den Erzherzögen und Gefolge in den Repräsentationssaal, in welchem bereits zahlreiche Festgäste, darunter verschiedene Damen, die Spitzen der Behördefl u. s. w., sich eingefunden hatten. Beim Eintritt in den Saal wurde der Kaiser abermals mit Hochrufen empfangen und nebst den Erz herzögen zu den Sesseln geleitet, die sich der Wölbung gegenüber befanden, in die der Schlußstein eingefügt werden sollte. Se. Majestät nahm stehend die Begrüßung des Präsidenten der 10. deut schen Künstlerversammlung entgegen. Hierauf trat Architekt Stache vor und verlas die Stiftungsurkunde des Künstlerhauses. Nachdem dies geschehen, folgte der Kaiser der Bitte, die Urkunde zu unter zeichnen. Ebenso unterzeichneten die Erzherzöge, Freiherr v. Beust und die übrigen anwesenden Minister. Währenddessen trug der Wiener Männergesangverein den von Mendelssohn componirten Schiller'schen „Festgesang an die Künstler" vor. Es folgte sodann der Act der Schlußsteinlegung. Bauleute in altdeutscher Tracht traten mit den Werkzeugen vor, darunter den Hammer, mit welchem der Kaiser die üblichen drei Schläge führte. Nach Beendigung dieses ActeS ließ sich Se. Majestät den Erbauer des Künstlerhauses, die Delegirten, wie verschiedene andere Künstler vorstellen und folgte sodann der Einladung des Directors Engerth, die Ausstellung zu besichtigen. Ueber eine Stunde verweilte Se. Majestät in den Ausstellungsräumen und sprach sich sehr befriedigt über daS Unter nehmen aus. lDr. I.- Prag, 1. Sept. Die großen Truppenübungen in der Nähe von Prag werden 5 bis 6 Tage dauern. In Kladno ist das Hauptquartier. Se. kaiserl. Hoheit Erzherzog Albrecht und der Commandirende, Fürst Montenuovo, begeben sich in's Lager. Lemberg, 2. Sept. Im galizischen Landtage fand heute die Debatte über eine Vorlage des Landesausschusses, betreffend die« Einführung der polnischen Sprache als Amtssprache bei dey Administvativbehörden, statt. Die Ruthenen waren gegen die VE läge, weil diese die ruthenische Nationalität beeinträchtige. Tis