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Der Bote vom Geising Erscheint wöchentlich dreimal: und Müglitztal-Zeitung 64. Jahrg Nr. 121 Dienstag, den 15. Oktober 1829 Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Attenberg und Lauenstein, sowie der StadtbehSrden Altenberg. Geising, Lauenstein und Bärenstein. >rulk und Verlag: A. A. Hantzsch, Altenberg. — Für die Schriftlettung verantwortlich: Flora Kuntzsch, Altenberg. — Fernjpr. Lauenstein 427. — Postscheck Dresden 11811. — Gemetndegirokonto Altenberg 11 Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags. Wöchentliche Beilage: „Neue Illustrierte-. Monatsbeilage: .Rund um den Geistngberg-. Bezugspreis für den Monat 1,25 RM. mit Zutragen. Anzeigen: Die 4 gespaltene 65 mm breite Korpus- zeile oder deren Raum 26 Pf., die 86 mm breite Reklame- u. Eingesandtzeile od. der. Raum 40 Df. Rheinland und Volksbegehr Rundfunkrede des Retchsjustizministers v. Guerard. Vor dem Rundfunk hielt Reichsjustizminister v. Guerard am Sonntagabend eine Rede, in der er u. a. ausführte: Gerade das Rheinland beschleicht schwere Sorge um die politische Entwicklung, die das Volksbegehren einleiten vill. Die Männer des Volksbegehrens erkennen nicht, daß der Kampf um den Rhein durch dieses Volksbegehren zuungunsten der deutschen Sache schwer gefährdet »ird. ?r ist für jeden Verständigen klar, daß Beschlüsse des deutschen Parlaments oder der demschen Regierung Artikel des Versailler Vertrages nicht einseitig sicher Kraft setzen önnen. Nur dank einer durch zehn Jahre fortgeführten onsequenten Politik ist es durch die Verhandlungen im Haag erreicht worden, daß am 30. Juni 1930 kein frem der Soldat mehr auf deutschem Boden steht. Die schmerz liche und bittere Tatsache des Verlustes des Weltkrieges ist leider Wahrheit. Wahr ist auch, daß die noch besetz ten und auch die schon geräumten Gebiete bei Nichterfül lung unserer Verpflichtungen sofort durch die alliierten und assoziierten Truppen nach dem GewaHsrieden wieder besetzt werden können. Die Forderung des Volksbegeh rens, das sich Gesetz gegen die Versklavung nennt, bedeutet daher nichts anderes als neue Versklavung des Rhein landes. Diese Erkenntnis hat nichts zu tun mit der im Ver sailler Vertrag Deutschland fälschlich zugeschobenen Kriegs schuld. Deutschland hat niemals die Alleinschuld am Kriege anerkannt. Jede deutsche Regnrung hat diese These des Zersalller Vertrages zurückgewieien, und in diesem Kampfe qegen die Schuldlüge ist das deutsche Volk einig. Ebert iat die Kriegsschuldlüge zurückgewiesen. Hindenburg hat s geian. Roch vor wenigen Monaten hat die gegen- oärtige Regierung die zehnjährige Wiederkehr des Tages der Unterzeichnung des Versailler Vertrages zum Anlatz genommen, eine feierliche Verwahrung gegen die Kriegs» chuldlüge zu erheben. Das deutsche Volk ist darin einig, die Welt aufzuklären, dah wir das Schuldurteil zerreihen dürfen. Diese Stunde wird kommen. Aber auch die dann .rreichte förmliche Aufhebung des Schuldparagraphen wird keine Zerreißung des auf dem Verlust des Krieges be ruhenden Versailler Vertrages und somit auch keine end gültige Ausschaltung der Reparationsleistungen bedeuten. Die Agitatoren des Volksbegehrens behaupten, daß nach dem Poungplan deutsche Männer und deutsche Frauen auf Wunsch der Gläubiger exportiert werden können. Mit solchen Argumenten zu agitieren, die den Stempel der Unwahrheit an der Stirn tragen, ist eines deutschen Mannes unwürdig. Ls ist eine ungeheuerliche Lüge, eine Gemeinheit, die nur Leute verbreiten können, die nicht hrlicher Gesinnung sind. Außer neuer Unfreiheit, neuer Versklavung mutz das eutsche Volk durch das Volksbegehren neuem Niedergang oer schwer ringenden Wirtschaft, neuem Elend breitester lolkrmassen entgegensetzen. Kein deutsches Land wird Dieder mehr leiden als das schwer geprüfte Land an ihein und Ruhr. Unfreiheit, wirtschaftliches Elend wird iber da» Rheinland kommen, wenn wir Frankreich neue Möglichkeiten geben im Echicksalskampf um den Rhein, .ratt daß wir den Weg zur Verständigung wählen. Diese neuen Möglichkeiten für Frankreich schafft das Volksbe gehren. Zum Schluß seiner Rede nannte der Minister den 4 des Volksbegehrens, der die Reichrminister mit Zucht haus bedroht und de» Landesverrats beschuldigt, eine Un- cheuerlichkeit. * * * Dar Kampfgetöse um da» Volksbegehren schwillt an. Das deutsche Volk dabei ist Zuhörer und Zuschauer. Bis es vom 16. Oktober ab, dem Tage, an dem die Lin- Zeichnung in die Listen de» Volksbegehren» über den Boung-Plan beginnt, nun auch selbst in die Erscheinung und in die Entscheidung treten. Jenen Kreisen, die dar Volksbegehren veranlaßt haben und die zugleich di« poli tische Opposition darstellen, tritt al» Degner die Reichrre- gierung und jene LLnderregierungen entgegen, die sich in ihren Parlamenten auf ähnliche politische Koalitionen stützen, wie die es ist, die jetzt im Reich hinter dem gegen wärtigen Kabinett steht. Im Kampf gegen das Volks begehren setzen sie den gesamten Verwaltungsapparat ein; bei einer Zusammenkunft der preußischen Oberpräsidenten verlangte der Innenminister eine scharfe Stellungnahme gegen jene „Feinde des gegenwärtigen Staates", kündigte in diesem Zusammenhang übrigens die baldige Durch dringung des neuen Republikschutzgesetzes an. Ebenso hat der Reichsinnenmimster auf einer Konferenz die Innenminister der Länder gegen das Volksbegehren mobil gemacht und angekündigt, die Reichsregierung werde „täg lich je nach Bedarf" den gesamten deutschen Rundfunk zum Kampf gegen die das Volksbegehren unterstützende Presse benutzen. Das hat insofern schon begonnen, als die Reichsminister Severing und Guerard scharfe Rund funkreden gegen das Volksbegehren gehalten haben. Die Regierung fühlt sich in diesem Kampf als der Verteidiger des Poung-Planes, so daß sie das Recht ausübt, das ihr übrigens vertragsmäßig zusteht, nämlich „amtliche Vor träge und Nachrichten nach eigenem Ermessen durch den Rundfunk zu verbreiten." Den Kampf gegen das Volks begehren betrachtet sie als amtliche Angelegenheit. Eine derartige Übermittelung von Rundfunkreden der Minister usw. steht außerdem außerhalb der politischen Verantwort lichkeit der Sendeges'llschaften und ihrer Überwachungs- ausschüsfe; nur die Regierungen tragen dafür die Der- antwortung. Grundsätzliche Einigung über das Zündholzmonopol. Die Streichhölzer werde« te«rer. Wie amtlich bestätigt wird, schwebten zwischen dem < Reichsfinanzministerium und einer ausländischen Gruppe : Verhandlungen über die Einführung eines Zündholz monopols und die Gewährung einer 6prozentigen An leihe im Betrage von 500 Millionen Mark an das Reich. - Die ausländische Gruppe, von der in der amtlichen Mitteilung die Rede ist, ist der schwedische Zündholz- ! trust, dessen Chef, Ivar Kreuger, in Berlin weilte. Gleich- > zeitig mit Kreuger traf auch der Präsident der schwedischen ! Reichsbank in Berlin ein. j Begründet wird die Transaktion von der Reichs finanzverwaltung damit, daß bei der Einführung eines ! Zündholzmonopols auf der in Aussicht genommenen - Grundlage und unter Gewährung einer Reichsanleihe beide Seiten gewinnen. Die Finanzverwaltung steht auf dem Standpunkt, daß das 1927 erlassene Sperrgesetz, ! durch das der Kreis der Zündholzherfteller nur mit Zu- ! stimmung der Regierung erweitert werden kann, sich als ! eine unzureichende Schutzmaßnahme für die deutschen, ' noch nicht dem Schwedentrust erlegenen Zündholzfabriken ! erwiesen habe. Abgesehen von den Außenseitern sollen ' die Marktverhältnisie durch die russische Konkurrenz sich s verschlechtert haben. Zur Abhilfe soll ein Monopol für den Zündholz- j verkauf geschaffen und der russische Wettbewerb ausge- : schaltet werden. Wenn der Reichstag dem Monopol ' zuftimmt, müßen die Fabriken in Zukuft ihre Erzeugnis ausschließlich an das Monopol verkaufen. Die Preise werden vom Monopol festgesetzt. Die Mittel aus der SOO-Millionen-Anleihe, die der 65 Prozent der deutschen Zündholzinduftrie beherrschende Schwedentrust als Gegenleistung für die erheblichen Vor teile gewähren will, die für ihn mit der Neuregelung der Zündholzwirtschaft verbunden sind, soll zur Vermin derung der schwebenden Schuld Deutschland» verwendet werden. Der Gesamtbetrag dieser schwebenden Schuld beläuft sich gegenwärtig auf 1,1 Milliarden Mark. Die Verhandlungen über Zündholzmonopol und Reichranleihe zogen sich am Sonnabend bi» in die späten Abendstunden hin. Da Ivar Kreuger in anderweitigen Geschäften nach London fahren mußte, konnte ein formeller Abschluß nicht mehr erzielt werden, über die Grundzüge de» Anleihe- und Monopolplane» ist jedoch völlige Über einstimmung erzielt worden. Man erwartet die Unter zeichnung für Mitte der Woche. Gegenwärtig kostet ein Paket Streichhölzer in Deutsch land 25—35 Pfennig. L» ist davon die Rede, nach der Einführung de» Monopols sollte der Prei» allge mein auf 35 Pfennig für das Paket festgesetzt werden. Der Jahresverbrauch an Streichhölzern beträgt in Deutsch land 200000 Kisten, jede Kiste enthält 1000 Pakete Weitere Monopole auf vier und Tabak? Der Berliner Lokalanzeiger gibt eine Information des deutschen Handelsdienstes wieder, der aus unterrich teten Kreisen erfahren haben will, daß neben dem Streichholzmonopol ein Biermonopol als Verkaufsmonopol und ein Tabakmonopol, das sämtliche Erzeugnisse um faßt, vorgesehen werden. Ls würden sogar die Verkaufs preise für die einzelnen Erzeugnisse genannt, aus denen hervorgehe, daß die monopolisierten Erzeugnisse scharf im Preise gesteigert werden würden. Der Berliner Lokal anzeiger bemerkt zu diesen Mitteilungen, daß man der genannten Korrespondenz die Verantwortung für diese Mitteilung überlassen müße, da Gerüchte über Einführung von Monopolen nichts Neues seien. Der Sklarekskandal. Böß denkt nicht an» Heimkomme«. Auf Grund eines Beschlusses der Berliner Stadtver ordnetenversammlung ist der Oberbürgermeister Boß tele graphisch aufgefordert worden, sofort von Amerika nach Berlin zurückzukehren, damit er sich wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe verantworte. Wie ein Kabeltelegramm aus New Pork meldet, hat Oberbürgermeister Boß erklärt, daß er trotz des Beschlusses der Berliner Stadtverordnetenversammlung seinen Reise plan nicht ändern und nicht vor dem 24. Oktober ab reisen werde. Der Berliner Magistrat ist dem Beschluß der Stadt verordnetenversammlung, der die sofortige Rückkehr des Oberbürgermeisters und der in Amerika weilenden Stadt räte fordert, nicht beigetreten. Oberbürgermeister Böß ist durch Kabel entsprechend verständigt worden. Disziplinarverfahren eröffnet. Der Oberpräfident der Provinz Brandenburg und von Berlin Hut am Freitag gegen die Standtbankdirek- toren Schmitt und Hofmann sowie den Abteilungsdirektor Schröder das förmliche Disziplinarverfahren mit dem Ziele auf Amtsenthebung eröffnet. Gleichzeitig hat der Ober präsident die Amtssuspension der drei Beamten ausge sprochen. Unterdessen haben sich gegen den Stadtbank direktor Schmitt auch Verdachtsmomente ergeben, die auf eine strafbare Handlung schließen lassen. Daher werden die Ermittlungen gegen Schmitt nach der strafrechtlichen Seite von der Staatsanwaltschaft weiter geführt. Gegen diese Beamten werden Vorwürfe nach zwei Richtungen hin erhoben. Der erste besagt, datz die Stadibankdirek- toren in leichtfertiger Weise die oorgeschriebenen Kontroll maßnahmen vernachlässigt und in auf disziplinarischem Wege zu prüfendem, von der Öffentlichkeit schwer bean standetem Verfahren die Millionenkredite gegeben haben. Weiter wird gegen die Stadtbank-Direktoren die Beschul digung erhoben, in ihren privaten Beziehungen zu den Brüdern Eklarek das zulässige Maß überschritten zu haben. Der Oberbuchhalter der Brüder Eklarek, Friedrich Lehmann, hat am Freitag neue Enthüllungen gemacht. Dieser Angeklagte behauptet, daß die Stadtbankdirektoren Schmitt, Hofmann und Schröder seit Jahren alle zwei Monate einen Anzug von den Brudern Sklarek geliefert erhalten hätten, ohne daß — auf Geheiß der Sklareks — ihnen jemals eine Rechnung zugestellt worden sei. „Hausknechte" gegen Sklarek-Opfer. Er ist interessant, daß das Berliner Bezirk»amt Kreuz berg eigen» Leut« ««gestellt hat, die die Aufgabe hatten, die Unterstützt««, die mit Anweisungen de» Bezirksamtes bei der Firma Sklarek Ware gekauft hatten und nun mit Beschwerden kamen, au» dem Gebäude heraurzuwerfen. Es ist da» jetzt durch eine Klage bekannt geworden, die einer der vom Bezirksamt angestellten „Hinauswerfer" gegen dar Bezirk.amt angestrengt hat. Mund erzählt in seiner Klage folgender: Er wurde mit einem anderen Kollegen von der Vermittlungrstelle für dar Schlächter gewerbe auf dem Zentralviehhof angefordert. Das Be-