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Der Bote vom Geising Müglitztal-Zeitung Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein Erscheint wöchentlich drr:riat: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags Wöchentliche Beilage: „Neue Illustrierte". Monatsdeitage: .Runo nm den Geisingberg". Sezuasprels für den Monat !,25 Goldmark mit Zutragen. Anzeigen: Die 4 gespaltene 65 min breite Zem 15 Goldpfennige, Eingesandt und Reklamen 30 Goldpfennige und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein. Druck und Verlag: F. Ä. Kuntzsch, Altenberg. — Für die Schristleitung veranrwortlich: Flora Kuntzsch, Altenberg. - Fernspr.: Lauenstein 27. — Postscheck Dresden 1181 t. — Gemeindegirokonto Altenberg 11 Sonnabend» den 21. November 1925. 68. Iahrg Nr. 135 Zustimmung der Reichsregierung Am Donnerstag vormittag traten die Staats- und Ministerpräsidenten mit den Mitgliedern des Reichskabi netts unter Borsitz des Reichskanzlers zu einer allgemeinen Beratung der außenpolitischen Lage zusammen. Sie wurden über den gesamten Tatbestand, wie er sich in den letzten Wochen entwickelt hat, unterrichtet. Auf Grund der Aussprache wird die Reichsregierung nunmehr ent sprechend dem am Dienstag unter Vorsitz des Herrn Reichspräsidenten gesossten Beschlusse den gesetzgebenden Körperschaften, und zwar zunächst dem Reichsrate, den Entwurf eines Gesetzes über die Verträge von Locarno und den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund zugehen lassen. Das Reichskabinett hat in unmittelbarem Anschluh an die Aussprache zwischen Reichsregierung und Länder- Ministern dem Gesetzentwurf über die Verträge von Locarno und dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund zuge- ftimmt. Die Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder haben den ganzen Donnerstag in Anspruch genommen. Die lange Dauer der Sitzung erklärt sich daraus, daß vor allem die verschiedenen Vertreter der Reichsregierung in sehr ausführlichen Referaten den Standpunkt ihrer Ressorts zu den Verträgen von Locarno und zur Völker bundsfrage dargelegt haben. Die Diskussion hat sich le diglich um die außenpolitischen Fragen bewegt. Der Gesetzentwurf, der den Beratungen zugrunde lag. umfaßt in drei Paragraphen 1. die Zustimmung zu den fünf Verträgen von Locarno, 2. die Zustimmung zu den vorbereitenden Schritten der Reichsregierung für den Eintritt in den Völkerbund und 3. formale Bestimmungen über das Inkrafttreten dieser Beschlüsse. In den Fragen, die die eigentlichen Vert.äge von Locarno selbst betreffen, ergab sich in der Beratung eine weitgehenOe Übereinstimmung der Meinungen in dem Sinne, daß trotz mancherlei Bedenken im einzelnen die Zustimmung zur Unterzeichnung der Verträge ausgespro- ' chen werden müsse. Die Besatzungserleichterungen. z Die Interalliierte Rheinlandkommifsion teilt mit, daß i sie folgende Erleichterungen in Beherzigung des Geistes von Locarno beschlossen hat: Der Reichskomnussar: Die Alliierten haben ihre Zu- > stimmung zur Ernennung eines neuen Reichskommissars ! gegeben. Die Interalliierte Rheinlandkommission ist be reit, sofort mit ihm in Verbindung zu treten. Bejatzungsstärke: Umgruppierung und Festsetzung der alliierten Streitkräfte in den Besetzungszonen. Die Stär ken der Besatznngstruppen werden fühlbar herabgesetzt. Dadurch wird die Rückgabe eines Teiles der öffentlichen Gebäude, der Wohnungen bezw. Grundstücke, deren Über lassung zum Gebrauch der Truppen und der Besatzungs behörden notwendig war, an die Behörden und die Be völkerung ermöglicht werden. Delegierte der Interalliierten Rheinlandkommisnon: Das Delegiertensystem wird mit Wirkung vom 1. Dezem- j der aufgehoben Revision der Verordnungen: Eine die Anwendungen der deutschen Gesetze und Verordnungen aufschiebend? Prüfung findet nicht mehr statt Gewisse in den Verord nungen vorgesehene Strafen werden herabgesetzt. Maß nahmen sollen getroffen werden, um gewisse Strafsachen, die bisher von den Militärbehörden entschieden wurden, grundsätzlich der deutschen Gerichtsbarkeit zu übertragen. Die Regelung des Verkehrs wird noch eine gewisse Erleichterung erfahren, insbesondere hinsichtlich der Per sonalausweise und der Niederlassung in den besetzten Ge bieten. Weiter werden Erleichterungen eintreten hinsicht lich der Verfolgungen und Bestrafungen leichter Vergehen. Die bisher von den Delegierten sanktionierten Vollmach ten werden aufgehoben. Es wird eine neue Regelung geschaffen auf der Grundlage eines Güteverfahrens. Das Recht der Strafverfolgung steht ausschließlich folgenden Behörden zu: Der Interalliierten Rh inlandkommission und den kommandierenden Generalen der Armeen. Die Verwaltungsmaßnahmen selbst werden nur von der Inter alliierten Rheinlandkommission ergriffen, und zwar erst, nachdem sie vor einen gerichtlichen Ausschuß gebracht wor den sind, dem ein deutsches Mitglied angehört. Die bisher von den Delegierten ausgeübten Verbots- befugnisse werden ausgehoben. Das Recht, Versammlun- gen zu verbieten, ist der Interalliierten Rheinlandkommis sion vorbehalten. Das bisher den Delegierten der Rhein landkommission vorbehaltene Recht zur Erteilung van Waffen- und Munitionsschemen wird den deutschen Behörden zurück gegeben unter dem Vorbehalt einer Verständigung mit den Besatzungsbehörden. Die Verpflichtung, das Beflaggen anzumelden, sowie das Recht dcr Besatzungsbehörde, das Beflaggen zu verbieten oder in bestimmter Weise zu re geln, wird aufgehoben. Die Verpflichtung zum Preisan schlag und gewissen anderen Formalitäten wird aufge hoben. Drahtlose Telegraphie. Die Delegierten haben ihre Absicht zu erkennen gegeben, grundsätzlich den Gebrauch von Empfangsapparaten für drahtlose Telegraphie zu ge statten. Die Ausstellung der Erlaubnisscheine und die Kontrolle wird auf der Grundlage der deutschen Gesetz gebung geregelt. Streik und Aussperrungen. Das Eingreifen der Be satzungsbehörde wird aus die Notwendigkeit der Bedürf nisse und der Sicherheit der Besatzungsarmeen beschränkt. Postzensur wird aufgehoben. Amnestie. Die alliierten Behörden haben die Ab sicht, die Amnestie- und Gnadenmaßnahmen zu treffen, die durch die Umstände und die erwartete gegenseitige Befriedung gerechtfertigt sind. Durch alle oben angesührte Maßnahmen geben die an der Besetzung teilnehmenden Mächie und die sie ver- l tretende Interalliierte Rheinlandkommission ihrem Wunsche Ausdruck, in den Rheinlanden eine sehr liberale Politik anzuwenden. Sie vertrauen auf den guten Willen und auf den Geist der Mitarbeit der deutschen Behörden und der Bevölkerung, um die Aufgaben der Besatzungs- - behörden hinsichtlich der öffentlichen Ordnung, der Sicher heit und der Bedürfnisse dcr Armee zu erleichtern. Sie hoffen fest, daß die Unterstützung, die sie von deutscher Seite erwarten, ihnen nicht versagt werden wird. —— —- - 1 Chamberlains Locarno-Rede. , Ani Mittwoch hielt Chamberlain im englischen Unter- j Hails eine Rede über den Vertrag von Locarno. Er trat voll sür die Unterzeichnung ein und führte u. a. aus: „In Locarno kam ich in die Lage, mich davon zu überzeugen, daß die deutschen Vertreter gekommen waren, beseelt von dem aufrichtigen Wunsche nach Frieden und Versöhnung, der auch die westlichen Nationen erfüllt, und dem ebenso aufrichtigen Wunsche nach einer Zusammen arbeit mit uns, um ein für die Wohlfahrt aller in Locarno vertretenen Völker bedeutsames Ziel zu erreichen. Es war eine Zusammenkunft von Vertretern freier Nationen, die durch gemeinsamen Willensentschluß zustande gekommen war zur Beratung und womöglich Beseitigung ihrer Meinungsverschiedenheiten. In einem solchen Geiste all seitigen guten Willens wurde die Konferenz durchgeführt, und sie wurde mit dem Gefühl geschlossen, daß das Er reichte einen Wendepunkt in der Geschichte Europas und vielleicht der Welt bedeutet, und doch ist sie nur ein erster Auftakt für den neuen internationalen Geist und für die Beziehungen gewesen, die ausreifen und sich im Laufe der Iahre entwickeln werden. Die Gesamtwirkung des Werkes von Locarno wird sich darin zeigen, daß die Abrüstungsfrage ein Problem von größerer unmittel bar praktischer Durchführbarkeit wird und der Rat und die Versammlung des Völkerbundes darin unterstützt werden, daß die Abrüstungsfrage zu einem erfolgreichen Abschluß gelangen wird." Englands Zustimmung. Das Unterhaus hat am Donnerstag den Antrag Chamberlains, die Ratifizierung des Vertrages von Lo carno zu billigen, mit 375 gegen 13 Stimmen ange nommen. Di.> Mehrheit der Arbeiterpartei-Mitglieder stimmte für den Antrag, nur etwa 25 enthielten sich der Stimme. Vorher wurde ein Abänderungsantrag der Arbeiteipartei zu dem Anträge Chamberlains mit 332 gegen 130 Stimmen abgelehnt. örtliche« und Kächftsche». Zum Totensonntag. Komm, gib mir deine Hand und laß uns gehen Zum Kirchhof, komm, 's ist Totensonntag heut; Hin über Tod und Nacht und Erdenleid Laß uns vom Grabeshügel aufwärts sehen. Komm, laß uns unsre Hände salten heut: War Gott entstammt, kann nimmer untergehen, Aus Grab und Nacht wird er zum Licht erstehen Und eingehn in das Reich der Herrlichkeit. Tschin-tschi-wong, der Erbauer der großen chinesischen Mauer, soll ein unsagbares Grauen vor dem Tode em- pfunden haben. Als er von einem Wasser der Unsterblich keit hörte, das in fernem, fremdem Lande zu finden sei, hat er Schiffe ausgerüstet, den Wundertrank zu holen. Die Schiffe sind nie zurückgekehrt und der „Sohn de» Himmels" ist gestorben wie andere auch. Grauen vor dem Tode — fast gehört es zum Wesen des natürlichen Men schen. Tod ist ja Verneinung des Lebens, Vernichtung alles besten, was der Mensch ist, was er gelebt, geliebt, geschafft hat. Und wenn die Augen sich schließen — was dann? Nichts? Nacht? Gerade diese Ungewißheit quält, die offenen Fragen, das schwarze Dunkel, das hinter dem unheimlichen Tore liegt, erfüllt Millionen mit Grauen. Vielleicht, daß es am Totensonntag zeitweilig zurücktritt; da drängt sich Liebe hervor, trauernde Liebe, die an Gräbern weint, die Gräber schmückt, die vergangener Zeilen gedenkt. Und doch, schon ist Freund Hein wieder da. Wirklich — Freund Hein? Oder nicht viel mehr der hagere Gesell im weißen Leichentuch, der zum Totentanz aufspielt: Heute mir und morgen dir! Weg mit all diesen Bildgestalten! Wir begehen christliches Totenfest. Zum Gotteshaus rufen die Glocken: „Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben." Wir hallen Gedächtnisfeier. Laß dich trösten, trauerndes Menschenherz, über den Gräbern der Deinen aus Gottes Wort. Das stammt aus fernem, fremdem Lande, wo Master der Unsterblichkeit quillt. Jesus hats gebracht. „Ich lebe und ihr sollt auch leben". Tod ist nicht Verneinung und Vernichtung, sondern An bruch der Vollendung und Verklärung, für die, die im Herrn sterben. Im Herrn sterben kann nur, wer im Herrn lebt. Schon hier mit ihm vereint sein, m Geistesgemein- schäft mtt ihm stehen, dann kann dcr Tod nicht trennen, sondern nur verwandeln, das Unvollkommene zum Voll kommenen, das Zeitliche zum Ewigen, oas Irdische zum Himmlischen. Totensonntag, christlich begangen, fördert Leben, das Leben hier fürs Leben dort. Altenberg. In der am Donnerstag stattgefundenen Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums wurde durch den Vorsitzenden, Herrn Bürgermeister Just, nach Begrüßung der Erschienenen zunächst von der aufsichtsbeherdlichen Genehmigung des 1. Nachtrages zum Ortsgesetze über das Hebammenwesen im Hebammenbezirke Altenberg und Hirschsprung Kenntnis gegeben. Sodann wurde beschlosten, nächstes Frühjahr die neuerworbenen Flurstücke 1067 I und 1072 I aufzuforsten und das Orlsgesetz über Her stellung von Straßen und Schleusen m hiesiger Stadt bis zum Erscheinen des neuen Baugesetzes zurückzustellen. Hinsichtlich der durch Herrn Tischlermeister Eichler zum Kaufe angebotenen Reklametafel stimmte das Kollegium dem Beschlusse des Bauausschusses zu, wonach zunä st eine Bescheinigung des Reklame- und Verkehrsverlags über den Verzicht auf das unbeschränkte Verfügungsrecht und ferner eine gutachtliche Äußerung des Landesvereins Säch sischer Heimatschutz beigezogen und die hiesigen Maler meister zur Abgabe unverbindlicher Kostenanschläge über die Herstellung der Reklamefelder und der Orientier ungs- tafel veranlaßt werden sollen. Gegen die Errichtung einer Kleintieifellgerberei durch Herrn Gerber Kießling in Alten berg wurden keine Bedenken erhoben. Die Baugefuche des Herrn Hotelbesitzers Hecker und Iohannes Weiden müller fanden in der vom Bauausschuß vorgeschlagenen Weise Genehmigung. Auf die Gesuche der Gemeinden Höckendorf und Liedenau wurden zu Gunsten der dortigen Brandgeschädigten Spenden aus der hiesigen Stadtkaste bewilligt. Ein Gesuch einer losen Turnvereinigung um Benutzung der Turnhar e konnte im Hinblick auf die Verantwortungsfrage bei Unfällen und die Ersatzpflicht bei Sachschäden keine Berücksichtigung finden. Der Arbeiter-