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16 Jahren auf Frankreich laste. WaS man unter den äußersten Mitteln versteht, wird in dem Aktenstücke ganz offen gesagt: Jeder Republikaner soll sich nämlich an BrutuS ein Beispiel nehmen und über den Tyrannen, wo er ihn finden möge, herfallen und sich sofort zur Gegenwehr setzen, wenn er auf irgend eine ungesetzliche Weise von den Agenten der Behörden angegangen werde. Das Aktenstück theilt zugleich das Programm der geheimen Regierung mit. Dasselbe ähnelt sehr denen, welche in früherer Zeit in Frank reich zum Vorschein gekommen sind. Doch schließt dasselbe nur mit ,,Vive I» repnblique!" und nicht mit „Vivo I» repiiblique cke- mocrmiquv et snciule!", wenn auch schon seine Devise „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" ist. Daß man in den offiziellen Kreisen diesem Aktenstücke, daS sofort nach Compiegne, wo sich der Kaiser gegenwärtig befindet, abgesandt wurde, eine ungewöhnliche Wichtigkeit beilegt, erhellt zur Genüge aus den Vorsichtsmaßregeln, welche man ergriffen hat, und die darauf schließen lassen, daß man sogar die das Kaiserreich bedrohende Gefahr für dringlich hält. Je denfalls geht man darin wohl zu weit, und die Dinge sind auch noch nicht so weit gediehen, daß die einfache Ankündigung betreffs der Bildung einer geheimen Regierung die Existenz des Kaiserreichs sofort ernstlich bedrohen könnte. — Der Proceß gegen die zehn Journale ist heute beendigt worden. Die Angeklagten sind des ihnen zur Last gelegten Vergehens <der Veröffentlichung unerlaubter Kammerberichte) für schuldig erkannt und zu 1000 Francs Geld strafe, im Unvermögcnsfalle zu 6 Monaten Gefängniß, sowie zur Tragung der Kosten verurtheilt worden. — 27. Jan. Der heutige „Moniteur" publicirt den Bericht des Finanzministers Magne über die finanzielle Lage des Kaiser reichs. Die schwebende Schuld beträgt 036'/, Millionen Francs. Die Ereignisse im Anfänge des Jahres 1867, heißt es im Berichte deS Finanzministers an den Kaiser, veranlaßten die Regierung, Vor sichtsmaßregeln zu ergreifen, sowie die Umbildung der Armee und der Marine mit Eifer zu betreiben. Diese Maßregeln, ferner die Expedition nach Rom und die allgemeine Theuerung der Lebens mittel erforderten einen weiteren Credit von 16 Millionen. Dazu kam, daß die Verbrauchssteuern 26 Millionen weniger, als veran schlagt worden war, ergaben. Zur Deckung der durch die Ereig nisse von 1867 veranlaßten Mehrausgaben sind mithin 189 Mil lionen erforderlich. Der für das Jahr 1868 veranschlagte Ueber- fchuß ist infolge weiterer Ausgaben auf 102 Millionen reducirt. Die wahrscheinlichen Einnahmen pro 1869 werden 1669, die Aus gaben 1628 Millionen betragen, so daß die 1868 und 1869 zu übertragenden Ueberichüsse 103, resp. 69 Millionen betragen. An Ausgaben nennt der Finanzbericht unter Anderm 82 Millionen für öffentliche Arbeiten, 187 Millionen für Waffen, Befestigungeu und Marinezwecke pro 1868, 1869 und 1870. Diese Bedürfnisse, so wie die Consolidirung von 158 Millionen, welche für die Armee und die Marine im Jahre 1867 verlangt wurden, erfordern 440 Millionen, welche durch eine Anleihe aufzubringen sind. Der Fi nanzminister schlägt vor, die Anleihe durch Subscription, zahlbar in 20 monatlichen Raten, zu bewerkstelligen. Der Passus des Finanz berichts über den außerordentlichen Militärbedarf von 187 Mil lionen constatirt die Vollendung des angefangenen Werkes. Die Umformung deS Kriegsmaterials und der Marine sei ein patrio tisches Werk. Alle Nationen, sagt der Bericht, streben die Hecres- rcform an; keine darf zurückblcibcn, ohne zu ihrem Nachthcrle das Gleichgewicht zu stören. Es wäre eine Illusion, anzunehmen, daß mit 187 Millionen Alles gethan sei. Das Wesentlichste sei aller dings geschehen, daS weiter Nothwendige und weniger Dringliche aber nach Maßgabe der neuen Hilfsmittel durchzuführen. Weiter theilt der Bericht mit, daß der StaatSrath gegenwärtig die den Inhabern von mexikanischen Obligationen zu gewährende Indemnität prüft. Ter Gericht schließt mit folgenden Worten: Die vorge- schlagenen Maßregeln werden die gegenwärtige Lage ordnen, die zu- künftige bessern und den Frieden sichern. Nom. In der Umgebung des Königs Franz ist man sehr rührig. Man darf sich auf einen nahen bourbonistischen Putsch ge faßt machen. — In Civita-Vechia ist es zu einer Revolte unter den Truppen des französischen Expeditionscorps gekommen. Auf feuchtkaltem Lager cauipirend, vom römischen (Campagna-) Fieber und den Blattern decimirt, revoltirten die Soldaten schließlich, er- aingen sich in den heftigsten Schmähreden gegen den Papst und den Kaiser und schrieen: „dieser möge selbst kommen, um den Vatikan zu schützen." Die Sache nahm eine Gestalt an, daß sich General de Failly veranlaßt sah, an den Kriegsminister zu telegraphiren, um bestimmte Befehle vom Kaiser zu erwirken. Die Antwort lau tete dahin: daß er eine Anzahl Truppen nach Viterbo in die Win terquartiere führen solle. London, 25. Jan. Der gestrige Sturm, welcher in einem großen Theile deS Landes Verheerungen anrichtete, hat in Edinburgh dm Tod von 4 Personen yerursacht. Auch in London wehte die Nacht hindurch ein heftiger Sturm von Platzregen begleitet. Dov der Küste laufen ebenfalls Nachrichten über schwere Unwetter ein Mehrere Schiffe wurden genöthigt, zum Theil mit bedeutender Havarie, im Hafen von Plymouth Schutz zu suchen. — 27. Jan. Nachrichten, welche von den westindischen In seln hier eingetroffen sind, melden, daß in Antigua Erdstöße, welche fchreckliche Erschütterungen zur Folge hatten und mehrere Stunden anhielten, stattgefunden haben. Auch von Erderschütterungen in Portorico, St. Mts, NeviS und Saba wird berichtet, namentlich soll letztgenannte Insel erheblichen Schaden erlitten haben. St. Petersburg, 25. Jan. Die sämmtlichen hiesigen Zeitun gen vom heutigen Tage sprechen sich in energischer Weise für die Aufrechterhaltung des Friedens aus. — Der „Russische Invalide" verlangt von Oesterreich die Gleichstellung der Slaven mit den übrigen Nationalitäten, indem er für diesen Fall die Sympathien Rußlands für Oesterreich iu Aussicht stellt. — Die ,^örsen-Ztg." fordert die Regierung Rußlands auf, als starke Militärmacht die Initiative für eine allgemeine Entwaffnung zu ergreifen. Ncw-Nork, 14. Jan. Der Senatsbeschluß, welcher Stanton in das Amt des Kriegsministers wieder einsetzt, erfolgte mit einn Majorität von 35 gegen 6 Stimmen. Landtag. -f- Dresden, 25. Jan. Heute Vormittag 10 Uhr nahm die Zweite Kammer die gestern Abend 11 Uhr abgebrochene Verhand lung über die Gewerbe- und Personalsteuernovelle wieder auf und zwar trat man in die Spccialdiscussion derselben ein. Obgleich M Abende zuvor beschlossen war, die von der Regierung zurückgezo genen Paragraphen keiner Discussion zu unterwerfen, so wurde doch in Folge einer ziemlich pikanten Debatte Abstand von der Ausfüh rung dieses Beschlusses genommen. Namentlich bedauerte Mehnert, daß der zurückgezogene tz. 1, welcher die Kaufleute verpflichtet, die Dienst- und Lohnbezüge ihres Personals anzugeben, nicht in Kraft treten solle, v. Nostiz-Paulskorf schloß sich diesem Bedauern mit der Bemerkung an: man habe gesagt, daß ihm gestern ein Ord nungsruf des Präsidenten zu Theil geworden. Er fasse die Ewi 1 derung desselben in Bezug aus die Sirenenstimmen nicht in diesem Sinne auf, wozu Präsident Haberkorn bemerkt, daß er auch keim Ordnungsruf bezweckt habe. Diesem Wetterleuchten folgte heute aber wirklich ein Ordnungsruf, denn nachdem man sich nahezu! Stunden lang darum gestritten, ob nach dem gestrigen Beschlaf die zurückgezogenen Paragraphen discutirbar seien, beantragte der Abg. Lang den Schluß der Debatte über diese Frage, an der sich sowohl Staatsminister v. Friesen, als eine große Zahl Abgeordne ter betheiligt hatten. Abg. Sachße entgegnete: Ich bin gegen dea Schluß und muß meine Verwunderung darüber aussprechen, das ein solcher Anttag von einem Abgeordneten ausgeht, der nach lan ger Abwesenheit erst vor wenigen Stunden wieder in die Kammer eingctreten ist. Präs. Haberkorn: Das zu beurtheilen, ist die eigene Sache des Abg. Lang. Abg. Lang: Seit der Abg. Sachße daS Wort von den „unreinen Händen" in diese Versammlung geworfen hat, habe ich ihm Nichts zu erwidern. Präs. Haberkorn: Auch diese Aeußerung gehört nicht hieher. Abg. Sachße: Ich muß den Herrn Präsidenten um einen formalen Ordnungsruf bitten, damit ick überhoben werde, mir selbst Genugthuung zu verschaffen. Prä sident Haberkorn: Ich erkläre, daß ich die Aeußerung des Abg. Lang allerdings nicht in der Ordnung finde. — Nach Beendigung dies« Episode und nachdem noch eine längere Debatte über Z. 1 stattge- funden, ließ es die Kammer mit allen gegen 16 Stimmen bei der Zurückziehung dieses Paragraphen bewenden. Bei ß. 2 erklärte die Regierung ihr Einverständniß damit, daß die Stadt Treue» aus der Reihe der Mittelstädte gestrichen werde, was Seitens da Kammer geschah, während ein Anttag deS Abg. Friedrich, auch Stollberg aus der Reihe der Mittelstädte zu streichen, abgelehÄ wurde. Die U. 3, 4, 5 und 6 wurden ohne Debatte nach den Vorschlägen der Deputation erledigt. Bei tz. 7, welcher die Durch- schnittssätze, nach welchen in den großen und Mittelstädten die Ver ziehung der Kaufleute zur Gewerbesteuer stattzufinden hat, in fol gender Weise bestimmt: bei Leipzig auf 42 Thlr., Dresden 28, Chemnitz 26, Budissin, Crimmitzschau, Freiberg, Glauchau, Mee rane, Plauen, Zittau und Zwickau 18, bei Annaberg, Döbel», Frankenberg, Großenhain, Meißen, Mittweida, Pirna, Reichenbach, Schneeberg, Werdau und Zschopau 14 und bei den neu hinzuge- tretenen Mittelstädten auf 12 Thlr., hatte die Deputation den An trag zur Annahme empfohlen: „Der Jndividualsteuersatz der Kaufleute ist in der Regel in de» Städten, wo der Durchschnittssatz 18 Thlr. und darüber beträgt, nicht unter 6 Thlr., in den übrigen Mittelstädten nicht unter 4 Thlr., in kleinen Städten und auf dem Lande nicht unter 2 Thlr. festzusetzen." -