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2VS. 1883. Mittwoch, dr« S. September fortan unmöglich macht, oder doch unmöglich machen sollte. Wüßten wir, daß die Regierung die Kammern nicht nur darum einderusen werde, um die Einigkeit de« Preußenvolkes gegenüber seinen Feinden zu constatiren; dürften wir hoffen, daß Regierung und VolkSverä tretung sich auch über die Abwehr der Feinde einigen würden — wir würden die Verordnung vom 2. d. M. mit Jubel begrüßen. Noch können wirS nicht, dennoch preisen wir da» AuslösungSdecret. Ein Blitzstrahl hat die schwüle Luft gereinigt; die Ungewißheit lag drückend aus dem Volke, das jetzt freier athmct, weil e» sein höchstes Recht und seine oberste Pflicht ausüben darf: durch Wahl seiner Vertreter seine» Willen kund zu thun." — Die „Köln. Ztg." begleitet die Erlasse deS „StaatS-Anz." mit folgende» Bemerkungen: „Da Zeitungen verwarnt worden find, weil sie behauptet, es gebe in Preußen seit dem 1. Juni keine Preßfreiheit mehr, so werden wir-von dieser Preßfreiheit den gewiß bescheidenen Gebrauch machen dürfen, auSz»sprechen, daß unsrer Meinung nach die Fortdauer des Ministeriums Bismarck für Preuße» nicht wünschenswerth sei. Die ruhige, reservirte Haltung, welche wir dem deutschen Reformprojecte gegenüber eingenommen haben, rechtfertigt sich u. A. auch dadurch, daß wir eine blose blinde Z»ru- a»fwallung des preußischen Volke« für verderblich halte»... Wir find in Preußen insoweit mit dem Ministerium Bismarck einver standen, als es die österreichische», oder wie man jetzt sagen muß, Frankfurter Vorschläge verwirft. DaS Ministerium wird jetzt seine Gegenvorschläge zu machen haben. In der deutschen Frage, so seltsam es klingt, würden wir also mit dem Ministerium Bismarck ziemlich einverstanden sein. Aber darin können wir noch keinen Grund sehen, seine Fortdauer zu wünschen. Jedes andere preußische Ministerium würde in dieser Frage eben so sehr und mehr mit unsern Wünschen übereinstimmen. Und in allen Fragen der inner» irnd auswärtigen Politik befindet sich das Laud mit dem jetzigen Ministerium in der früher» Meinungsverschiedenheit. Weniger im Interesse der konstitutionellen Partei, als in dem de« Landes, hoffen wir, daß das preußische Volk sich eben so mäßig als fest entschlossen zeigen und keine überspannten Strudelköpfe nach Berlin schicken wird, die dort nichts nützen, wohl aber viel schaden könnten. Im Allgemeinen wird die Wiederwahl der bisherige» erprobten Abge ordneten außer Frage sein. Keinesfalls ist die deutsche Frage daz» augethan, ministerielle Wahlen zu veranlassen." — Die osficiöse „Wiener Abendpost" meint, der in dem. preußischen Actenstücke angeschlagene Ton zeige besser als alles* Andere, wie hock die Scala der Gereiztheit und Verstimmung in Berlin gestiegen sei. „Wir zweifeln — sagt das osficiöse Blatt —, daß man irgendwo, nicht in Oesterreich allein, das dabei in erster Linie engagirt ist, geneigt, sein wird, solche Sätze unbeantwortet hinzunehmen. Die That mag die preußische Negierung beurtheilen, über die Absicht, endgiltig zu entscheiden, scheint ihr die Unbefangen heit und Ruhe des UrtheilS in diesem Augenblicke zu fehlen. Dio Versuche, die Würde Preußens zu gefährden, sind bei solchen Aeußenmgen sicher nicht in Frankfurt, sie find in Berlin zu suchen, und dafür, daß Versuche unternommen worden seien, Preußens Un abhängigkeit in Frage zu stellen, bedarf es der Beweise. Nicht- berechtigt, die Vorgänge in Frankfurt in diesem Sinne aufzufassen, und noch der letzte Schritt ist von den Gefühlen aufrichtiger Loyalität und dem Streben, Preußens Theilnahme für das Werk, das geschaffen wurde, zu erzielen, beherrscht gewesen. Die öffent liche Meinung hat auch darüber ihr Urtbcil abgegeben und von österreichischer Seite darf man sich getrost auf dasselbe berufen." — Die ministerielle „Nordd. Allgem. Ztg." bringt einen bc- - achtcnswcrthen Artikel, wori« der Gedankt auSgesnhrt ist, datz in Deutschland eine starke Eentralgewalt ebenso unmöglich ist, wen» Freiberg, den 9. September. Wie wir höre», soll in kurzer Zeit an hiesigem Orte, wie vor zmi Jahren, eine Kunstausstellung von Gemälden lebender Düssel dorfer Künstler stattfiuden, und sollen vorzügliche Meisterwerke be rühmter Künstler in dieser Ausstellung vertreten sein, weshalb wir aus diesen Kunstgenuß schon im Voraus aufmerksam machen. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der König!. Gerichtsämter und der Stadträche zu Freiberg, Sayda und Braud. Preis vitMMig r, «gr. Zrseret» werde» di» gefpaUnee Zell, cd« deren Ranw »U S Pf. berechnet. Lagesgescytchte. Berlin, 6. September. Neber die verhängmßvolle neueste Lage Preußens, durch v. Bismarck verschuldet, schreibt die „Südd. Zig.": „Herr v. Bismarck glaubt endlich den archimedischen Punkt gesunden zu haben, zu dem er bisher im Nebel seine« Weg suchte, ter altpreußische Haß gegen Oesterreich, frisch entzündet wie er weint durch das neueste kecke Unternehmen Oesterreichs in Deutsch land, soll den Loden unter seinen taumelnden Füßen befestige«. Daher hat er den König die bereits am 16. Juni grundsätzlich beschlossene Auflösung des Abgeordnetenhauses jetzt ausspreche» lassen, und begründet die Wahl des Moments, über die innere Lage leicht hinweghüpfend, ausschließlich auf die österreichische Initiative zur Bundesreform. Die Absicht derselben bezeichnet er ganz ungescheut als dahin gerichtet, „dem preußischen Staate die jenige Machtstellung in Deutschland und in Europa zu verkümmern, welche das wohlerworbene Erbtheil der ruhmvollen Geschichte unserer Väter bildet und welche das preußische Volk sich nicht streitig machen zu lassen jederzeit entschlossen gewesen ist", — das Ganze als „einen Versuch zur Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und der Würde Preußens." Einem solchen gegenüber hofft er jede „politische Meinungsverschiedenheit im Lande" hinlänglich weit zurücktreten zu sehen, um „die Einigkeit des Volkes in sich" und „die unver brüchliche Treue desselben gegen sein angestammtes Herrscherhaus" nicht „zu gefährden". Ob es ihm indessen nicht doch räthlich er- scheinen wird, dieser Einigkeit und Treue durch neue väterliche Zuchtmittel noch ein wenig nachzuhelfen, wollen wir jedenfalls ab- »arten. Die sich wieder häufenden Verwarnungen der Presse, darunter eines so gut preußisch gesinnten Blattes wie der „Berl. Allg. Ztg.", sprechen nicht für ein recht herzhaftes Vertrauen auf dm Volksgeist. Uebcrdieß scheint der Ausdruck „die von Ew. Mas. in der Conseilsitzung am 16. Juni gebilligten Maßregeln" sofort auf neue Einschüchterungen hinzudente». Das preußische Volk hat also eine neue nicht abzuweisende Probe vor sich, seinen politischen Wracker zu bewähren. Es wird ihr um so freudiger entgegen gehe«, als eö sich bisher hat zu schwach erklären müssen, derartige letzte Proben seinerseits herauszufordern." — Die „BrcSl. Ztg." äußert sich über die neuesten Vorgänge »ie folgt: „Endlich! Endlich ist die Entscheidung erfolgt! Das Abgeordnetenhaus ist aufgelöst; irr den Händen des preußischen Volkes ruht wieder einmal sein und deS Landes Geschick. An dem Ministerrathe, in welchem die Auslösung des Abgeordnetenhauses beschlossen wurde, hat Se. königliche Hoheit der Kronprinz Aheil genommen — ein Beweis, daß alle Gerüchte über eine Mißbilligung - des jetzigen Regierungssystems feiten des Kronprinzen, sowie über Differenzen zwischen Letzterem und Sr. Majestät dem Könige un« »ahr sind. Nicht die Ursache, aber die Gelegenheit zur Auflösung sacht das Ministerium in dem Vorgehen Oesterreichs in der deutschen Frage. Heute wird von höchster Stelle aus bestätigt, daß in Preuße» keine politische Meinungsverschiedenheit „die unverbrüchliche Treue" gegen das Herrscherhaus gefährden könne. Freuen wir uns > dieses Anerkenntnisses, das ähnliche Schmähungen und Verdächtigungen Freiberger Anzeiger hm btt Nachmittag» z W sll di« nächst« mgmommm. WM WH M^ M WM M MM