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"7" V-T" - 18^s stimmung. einzubolen, ist seit den Beschlüssen des Wiener Kongresses nur noch dies eine Male vorgckommen. Der Wiener Kongreß hatte wenigstens noch die Entschuldigung, daß er Europa nach Umwälzungen «nd Kriegen von einem Vierteljahrhundert einzurichtcn gehabt habe, und zwar zu einer Zeit, als außer in England die Meinung und der Wille des Volkes kein legitimes Organ hatte. Trotz dieser Entschuldigung hat dieses Vertheilen von Ländern und Völkern, ohne sie um ihre Meinung und Zustimmung zu fragen, dem An sehen der Wiener Tractate de» ersten Stoß gegeben, und wenn die selben an den verschiedensten Stellen gebrochen und zerrissen sind, und man sie heute für nichtig erklären will, so ist der wahre Grund kein anderer, als daß sie eben abgeschlossen sind ohne die Zustim mung der betreffenden Völker. Heute aber, nachdem das Königreich Belgien, das den Wiener Tractaten zum Trotz in's Leben getreten ist, und das heute schon mehr als noch einmal so lange besteht, als die künstliche Schöpfung der Wiener Verträge, das Königreich der vereinigten Niederlande, überhaupt bestanden hat, heute, wo die Conferenzmächte selbst den Griechen die freie Wahl ihres Königs überlassen, nachdem dieselben so eben den ihnen von diesen Mächten selbst gegebenen König fortgejagt haben, heute würde cs geradezu unbegreifliche Verletzung des geschriebenen wie des natürlichen Rechtes sein, wenn man heute wieder über einen deutschen Volksstamm wie über eine Viehheerde verfügen wollte, die man irgend einem be liebigen Besitzer zuweist. Paris, 26. Nov. Die Kosten der mexicanischen Expedition sind nunmehr bis Dato festgestellt; sie betragen 280 Millionen und Mexico übernimmt von dieser Summe 60 Millionen, An Mann schaft hat Frankreich dabei eingebüßt: 1200 Seeleute, 800 Mann Marinetruppen, 4000 Mann Landtruppen; bei Puebla allein sind 500 Mann geblieben. — Der Vicekönig von Egypten hat den Kaiser gebeten,! den Streit zwischen der egyptischen Regierung und der Suez-Kanal-Gcsellschaft zu schlichten. London, 26. Nov. Wie der ,„Nat.-Ztg." mitgctheilt wird, hielten die in London lebenden national gesinnten Deutschen am Montag ein Meeting über die schleswig-holstcin'sche Frage unter dem Vorsitz von Gottfried Kinkel. Nachdem Karl Blind eine mit großem Beifall aufgenommene offene Rede gehalten, in der er empfahl, den Legitimitätspunkt als offene Frage zu betrachten, wurde ein ComitL von 12 Mitgliedern eingesetzt, nm ein allgemeines deutsches Meeting vorzubereiten, welches nächsten Sonnabend in der Londoner Tavern stattfinden soll. Landwirthschaftliches. )( Was Herr Or. Julius Lehmann, Chemiker in der bei Bautzen gelegenen Versuchsstation Weidlitz, im ökonomischen Amts- blatte über den Nutzen und die rechte Anweudung des Knochen mehles veröffentlicht, muß für alle sächsischen Oekonomen von Wichtigkeit sein und cs mag deshalb ein Auszug hier.Platz finden. Man kann diese Eröffnungen mit vollem Vertrauen «»nehmen, da sie auf einer langjährigen Erfahrung beruhen. Es wird dort be hauptet, daß kein Düngemittel die Körnererträge des Kreisdirections- bezirkes Bautzen so mächtig gesteigert habe, wie dM Knochenmehl. Dor 27 Jahren wurden einige Hundert Centner dieses Düngemittels hier versuchsweise zur Anwendung gebracht und jetzt werden 80000 Centner jährlich gebraucht. Hierdurch hat sich der Verkauf der Halmfrüchte in den letzten zehn Jahren fast auf das Vierfache ge steigert. Mit den 80000 Ccntnern Knochenmehl (deren Gehalt an Phosphorsänre im Durchschnitte 17600 Centner beträgt), welche jährlich den Feldern der Oberlausitz einverleibt werden, ist die Phos« phorsäuremenge gegeben, um 2,039,397 Centner Roggenkörner mehr zu erzeugen, als früher. Nach Liebig würden hierdurch 279,369 Menschen mehr ernährt werden können, da zur vollen Ernährung eines Menschen soviel Nährstoffe nothwendig sind, als sich in 7'/, Centner Roggen befinden. Um dem Boden das durch die Körner früchte entzogene Kali und die Bittererde zu ersetzen, düngt man in der Oberlausitz in je sechs Jahren einmal stark mit Kalk. Um das Knochenmehl gleich im ersten Jahre wirksamer zu machen, setzt man Schwefelsäure, Chilisalpeter und Peruguano dazu. Auch eine Beimischung von Sägespänen zeigte sich sehr vortheilhast, sie steigerte die Körner'erträze im ersten Jahre auf das Doppelte; man erklärt sich dieß dadurch, daß die durch Verwesung der Sägespäne ent standene Kohlensäure in Verbindung mit Wasser den im Knochen mehle enthaltenen phosphorsauren Kalk löst. Will mau ohne Sägespäne dieselbe Verbindung hcrvorbringen, so muß man das Knochenmehl in einem Momente auf die Felder bringen, wo sie die meisten Ernterückstände (verwesende Bestandtheile) enthalten, demnach auf die Kleebrachcn oder auch, wenn wir es gleichzeitig mit dem Stalldünger dem Boden einverleiben. In beiden Fällen ist cs am gcrathensten, das Knochenmehl gleich mit unterzuackern. Diese Vermischungen sind von großem Dorther!. Bei einem Versuchsfelde wurden bei einer bloßen Knochenmehldüngung im ersten Jahre nur für 31 Thaler Körner verkauft, bei einer Verbindung Mit Säge spänen für" 75 Thaler; bei 100 Acker Land würde der Unterschied mithin 4400 Thaler vetragen haben. Durch solche Auflösungs mittel wird auch der Baker-Guano eine große Bedeutung erlangen ; ohne Zufluß von Kohlensäure ist der Baker-Guano schwer zersetz bar. Diese Beimischungen haben auch in trockenen Jahren di« Nachthcile des Regenmangels sehr vermindert. Herr Du. Lehmann glaubt, daß durch die gemachten Versuche der Lehrsatz Liebig'S be stätigt sei, daß der Stickstoff im Dünger hauptsächlich insofern auf Steigerung der Erträge wirke, als er die phoSphorsanren Erden verdaulicher mache. In dieser Beziehung waren die Sägespäne dem Chilisalpeter vorzuziehen, weil der Centner der Ersterett 10 Ngr. und des Letzteren 7 Thlr. kostete. * Vermischtes. * Aus Gara (UUgarn) wird uns von einem Abonnenten mit gctheilt: Friedrich Peller, 105 Jahre alt, Margarethe Peller, 98 Jahre alt, miteinander 80 Jahre verehelicht, .feierten am 15. d. M. ihre mehr als goldene Hochzeit und erbaten sich tele graphisch von Ihren Majestäten die Gnade, daß Allerhöchstdieselben die Function der Trauzeugen zu übernehmen geruhen möchten. Von Sr. Majestät langte an dem genannten Tage durch dessen ersten Generaladjutanten die telegrahische Antwort mit der Annahme der von Peller gestellten Bitte ein. Friedrich Peller diente unter weiland Kaiser Joseph II. bei Belgard, ist gegenwärtig blind, je doch sonst bei vollkommenen Gebrauch« seiner Sinne, und dessen physische Kräfte sind dem hohen Alter gegenüber ganz befriedigend. Seine Gattin Magarethe hat das Aussehen einer fünfzigjährigen guterhaltenen Person, und hat an dem neulichen HochzeilSabende getanzt. * fJapanesische Erzählung von der Entstehung des grünen TheeS.j In Japan erzählt man von einem buddhistischen Heiligen, Namens Dharma, der von Indien nach China kam, um dort seine Lehre auszubreiten, und um sich für seine Senduug recht eifrig zu bemühen, auch des Schlafes sich enthalten wollte. Dennoch fielen ihm vor Müdigkeit die Augen zu, und darüber erzürnt, schnitt er, gleichsam als Sühne für den Bruch seines Gelübdes, sich die Augenlider ab. Doch siehe, wie cr sie auf die Erde warf, wuchs alsbald die Theestaude hervor, deren Blätter die Kraft haben, den Schlaf zu verscheuchen und den Sinn zn ermuntern. Die Schüler Dharma's begrüßten freudig das neue Getränt' und verbreiteten cs. (Eingesandt.) Kirchliches. Der Stimme, die sich neulich in diesem Blatte über den Mangel an Liedertafeln in der Domkirche vernehmen ließ, muß Einsender dieser Zeilen zugleich beistimmen und widersprechen. Wohl hatte sie insofern Recht, als der gerügte Mangel allerdings vorhanden ist. Nahe dem Haupteingange, dem Altäre gegenüber', im Schiff der Kirche sitzend, hat derselbe lange Zeit keine Liedertafel be merken können, bis sein bewaffnetes Auge zufällig auf eine, in schwindelnder Höhe auf weißem Grunde sichtbare schwarze Nummer fiel, welche freilich solche Personen, die nur einigermaßen kurzsichtig sind, oder solche, die seitwärts aus einer Emporkirche sich befinden, nur mit großer Mühe oder gar nicht erkennen können. Aber dem Verlangen nach einer Abstellung dieses UebelstandeS muß Einsender aus mehreren Gründen entschieden entgegentreten. Der erste ist ein finanzieller: wer Liedertafeln vermißt, lasse sie auf eigene Kosten oder von dem Ergedniß einer zu veranstaltenden Subscription freiwilliger Beiträge machen, ohne cs der Stadtcasse oder solchen Pirsonen znzumuthen, die jene Kirche selten oder gar nicht besuchen und daher Liedertafeln niemals vermissen. Der zweite ist ein ästhe tischer: schwarze Tafeln, wie sie überall üblich find, würden die schöne Weiße der Pfeiler in sehr unschöner Weise unterbrechen. Der dritte endlich ist ein historischer oder Crfahrungsgrund: hat man sich so viele Jahre beholfen, so wird man sich gewiß ohne allen Nach theil noch länger, ja noch manches Jahrzehend oder Jahrhundert behelfen könne». Ist aber Jemand einmal in Zweifel über eine Nummer, so ist wohl in den meisten Fällen Jemand in seiner Nähe, den cr fragen kann. Am meisten würde cs sich freilich empfehlen, wenn man sich aus ein paar allgemein bekannte Melo dien beschränkte, namentlich die beliebte Haupt« und Capital« Melodie: „Wer nur den lieben Gott läßt walten", die mit vollem Recht zuweilen, wie erst kürzlich geschah, in einem Gottesdienst« zweimal gesungen wird.