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4 Academia Medicinae Dresdensis In der Zeitschrift „sicher ist sicher" wird in der Redaktion zu diesem Thema berichtet und dazu auch ein Fachbeitrag von Professor Hettinger abgedruckt. Nachfolgend werden Auszüge aus diesen Beiträgen zur Kenntnis gegeben. „Oberstes Ziel jeglicher Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten ist natür lich, durch Vorsorge das Eintreten sol cher Ereignisse zu vermeiden. Aus die sem Grunde sagt auch der Gesetzgeber, daß Unfälle und Berufskrankheiten mit al len geeigneten Mitteln zu verhindern sind. Die Wirbelsäulenerkrankungen neh men zu, so eine Feststellung der Veran stalter einer Fachtagung in Düsseldorf (Bundesverband der Unfallversicherungs träger der öffentlichen Hand, Berufsge nossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege). Belegt wurde diese Aussage mit dem Hinweis darauf, daß die Zeiten für Arbeitsunfähigkeit wegen Rük- kenbeschwerden in der Statistik der Krankenkassen längst einen Spitzenplatz einnehmen. Und bei den Rentenversiche rungsträger sind die Erkrankungen der Wirbelsäule mittlerweile der häufigste Grund für Neuzugänge bei den Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten. Überpro portional zur Gesamtbevölkerung sind Schwestern und Pfleger im Gesundheits dienst betroffen, so eine Feststellung des Bundesverbandes der Unfallversiche- rungsträger der öffentlichen Hand. ' Da der überwiegende Teil aller Band scheibenschäden, so der Veranstalter, durch falsches Heben und Tragen ent stehe und Gesetze und Richtlinien zum Gesundheitsschutz nur grobe Vorgaben machen können, seien praxisorientierte Hilfen notwendig. Vehement beklagen die Veranstalter' daß Wirbelsäulenerkrankungen in der,al ten' Bundesrepublik keine anerkannten Berufskrankheiten seien. Dabei verwei sen sie auf das Berufskrankenrecht der ehemaligen DDR, wo es in der Liste der Berufskrankheiten unter dem Abschnitt ,V Krankheiten durch fortgesetzte mecha nische Überbelastung des Bewegungsap parates' unter der Nummer 70 heißt ,Art der Berufskrankheit: Verschleißkrankhei ten der Wirbelsäule (Bandscheiben, Wir belkörperabschlußplatten, Wirbelfort sätze, Bänder, kleine Wirbelgelenke) durch langjährige mechanische Überbe lastung'. Als Voraussetzung einer Aner kennung wird allerdings einschränkend festgelegt: .Erhebliche Funktionsein schränkungen des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit.' Diese Regelung gilt übrigens für die Beschäftigten in den neuen Bundeslän dern nach dem Einigungsvertrag noch bis zum 31. 12. 1991. Danach gilt einheit lich .altbundesrepublikanisches' Recht. Und dies bedeutet für die Pflegekräfte im Gesundheitsdienst, wenn sie Probleme mit dem Rücken bekommen, sie haben keine Chance auf Anerkennung als Be rufskrankheit, da bisher der rechtlich-we sentliche Zusammenhang zwischen Krankheit und Beruf noch nicht nachge wiesen werden konnte, sind Wirbelsäu lenerkrankungen bisher noch keine aner kannte Berufskrankheit. Um dies zu ändern, haben der Bundes verband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand und die Berufsge nossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege der Freiburger For schungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) den Auftrag gegeben, in einer Langzeit- und Querschnittstudie zu ermit teln, wie hoch der berufsbedingte Anteil an Wirbelsäulenerkrankungen beim Pfle- Arbeitsschutz aktuell Heben und Tragen von Lasten - ein aktuelles Problem gließlich ch den M rWeise ai ines Beru msprecher üssen, ha ision ges gepersonal in Akutkrankenhäusern und Altenpflegeheimen ist. Mit Hilfe dieser Untersuchungsergebnisse sollen dann Entscheidungskriterien für die Klärung ei ner Anerkennung als Berufskrankheit ge wonnen werden. Doch da es bis dahin noch ein langer Weg ist und vor allem ja die Vermeidung von Berufskankheiten (und Unfällen) im Vordergrund aller be rufsgenossenschaftlicher Arbeit steht, standen Referate auf der Tagesordnung, wie solche Krankheiten möglichst ver mieden werden könnten. Als Beispiel sei hier der Vortrag von Prof. Dr.-Ing. K. Rall mit dem Thema .Einsatz von Hebe- und Transporthilfen in der stationären Kran kenpflege' genannt. Gleichzeitig wurde auch eine neue, reich bebilderte Informa tionsbroschüre ,Heben und Tragen im Gesundheitsdienst' vorgestellt. Diese Broschüre enthält die wichtigsten Infor mationen über Funktion und Aufbau der Wirbelsäule, manuelles Heben und Tra gen von Patienten, mechanisches Heben und Tragen von Patienten sowie eine Prüfliste für das Heben und Umlagern mit Arbeitshilfen. Da aber Heben und Tragen nicht nur ein Problem im Bereich des Ge sundheitsdienstes darstellt, sondern in vielen anderen Berufen auch, haben wir Prof. Dr. med. T. Hettinger, wohl einer der profiliertesten Experten auf diesem Gebiet, gebeten, für unsere Leser sein Referat, das er als Grundsatzreferat - so zusagen als Einführung in die Thematik hielt - zur Verfügung zu stellen.' Herr Prof Dr. med. T. Hettinger, Wup pertal, ging im zweiten Teil seiner Aus führungen speziell auf die Probleme des Hebens und Tragens von Lasten im Ge sundheitsdienst ein. so wurden für die Frau, die bereits diskutierten 15 kg Maximalbelastung und für den Mann - in Anlehnung an die Empfehlung des Internationalen Arbeits amtes - ein entsprechender Grenzwert von 50 kg angegeben. Die eingetragene Schwankungsbreite entspricht nicht ei ner statistischen Berechnung, sondern stellt vereinfacht den + 10 Prozent-Be ¬ reich dar. Diese Markierung soll lediglich dokumentieren, daß die zumutbaren Last grenzen nicht punktuell, sondern als Grenzbereiche gesehen werden müssen. Aus dem vorausgegangenen Gesagten geht hervor, daß Frauen beim Heben und Tragen von Lasten mehr gefährdet sind als Männer. Das macht, wenn man die Konsequenzen betrachtet, den Einsatz von Krankenschwestern z. B. im Anhe ben von Patienten oder beim Bettenma chen problematisch. Gleiche Schwierig keiten sind naturgemäß beim Einsatz von Frauen im Sanitätsrettungsdienst zu er warten. Um das Optimum des Gesundheits schutzes bei erforderlichem Heben und Tragen von Lasten zu gewährleisten, wird man generell versuchen müssen - soweit dies möglich ist - den Handtrans port zu vermeiden oder zumindest durch Arbeitshilfen zu erleichtern. Wirft der Einsatz von Arbeitshilfen Probleme auf, wird man die optimale Hebetechnik - nicht mit gestreckten Knien aus gebück ter Rückenposition, sondern bei gebeug ten Knien mit geradem Rücken anheben - anwenden müssen. Aber auch hier wird der Nachsatz: .soweit dies möglich ist' folgen müssen. Damit trifft man direkt die Problematik des Hebens und Tragens im Gesundheitsdienst. Der zweimalig zu vor eingefügte Nachsatz - .soweit es möglich ist' - skizziert die Situation. Die Erfordernis, z. B. einen Patienten ohne lange Vorbereitungsmöglichkeit anheben zu müssen, unter Umständen in räumli cher Enge und für die Pflegekräfte in un günstiger Körperposition - der Patient liegt zum Beispiel in der Mitte des Bettes und beim Anheben ist eine weit vorge beugte Haltung erforderlich - zeichnet die Arbeit im Gesundheitsdienst. Aber nicht nur Patienten sind unter unter schiedlichsten Bedingungen zu transpor tieren. Hier wäre der Arbeitsablauf zu überprüfen, um zu klären, ob bestimmte Tätigkeiten unbedingt erforderlich oder ob unter Umständen Arbeitshilfen ein setzbar sind. Das mag z. B. bei der Essen ausgabe der Fall sein, wenn nicht bereits in der Küche portioniert, sondern auf den Stationen aus Behältern ausgegeben wird. Im ersteren Fall fällt das Problem dann aber beim Küchenpersonal an. Ein schwierig unlösbares Problem zeigt sich bei der Pflege bettlägerischer Patien ten. Arbeitshilfen sind - auch aus Platz mangel - meist nur sehr bedingt einsetz bar. Wenn z. B. auch nur sehr bedingt brauchbare Zahlen über Beschwerden und Erkrankungen der Wirbelsäule und/ oder gynäkologischer Beschwerden bzw. pathologischer Veränderungen bei Kran kenschwestern vorliegen - das derzeit laufende Forschungsprojekt von Berufs verband und BG wird sicher mehr Licht in dieses Feld bringen - scheint dieses Problem augenscheinlich. Derartige Er krankungen führen, unabhängig von der Einschränkung der Befindlichkeit, der Le bensqualität der Betroffenen - wie ein gangs bereits gesagt - zu erheblichen 5. Trainir nd um < währleisten. a) Herz-K. 180 - Let bzw. setzen müssen, um die ordnuna" 7 3 itzend mäße Versorgung der Patienten zu regelungen den Gesundheitsschutz diesen Personenkreis außer Kraft se r Y e Den Versuch einer Lösung sehe . nur im gezielten Einsatz arbeitswis ann1ge P schaftlichen Methodeninventars, € zSxelarbe Möglichkeit, die in der Gesundh: hligtredu pflege bislang m. E. fast völlig verna ainingsf re lässigt wurde. Die Hintergründe liege: Se (min e der fälschlichen Annahme, daß im Ki ös5min kenhaus sowieso alles anders ist und: D Für di ständlicherweise auch das Abweid ngsreiz d von eingelaufenen Bahnen als bezometrische gend empfunden wird. Mit entsprech’ 611 Wide sgelöst. I angepaßten Methoden würde man m aber auch das Problem .Pflege' mit Erft ren, beni angehen können. taten. I Man wird zunächst überprüfen mi wkulatur sen, ob hützt dam 1. der Arbeitsablauf für das Pfleger 5 werden sonal optimal ist, oder ob u. U. bere E sind al durch organisatorische Maßnahmen ei eseits mul Erleichterung zu erwarten ist. nd geht t 2. Die hier angeschnittene Problema er such c fordert die Frage heraus, ob in bestin kommend ten Situationen das Heben und Trat 1 Beruf au überhaupt erforderlich ist. Ist die Fr ’• Es ist ■ mit Ja' zu beantworten, wird man ibeitsgesta 3. zu klären haben, ob die Mögliche ole nicht > besteht, Hilfsmittel einzusetzen, obibeitsgesta überhaupt vorhanden sind, ob diesschen Inter« konstruiert sind, daß sie ihren Zwschutzvor E auch, erfüllen können. Sind HilfsmitßdieLös aus welchen Gründen auch immer, ndne wirtsc einsetzbar, wird man überprüfen m chleßlich, sen, ob 1 der Pat 4. die richtige Hebetechnik angew dleBetreul det wird. Unter Umständen wäre er mes, nich entsprechende Schulung notweni I. Eine V Voraussetzung für den weiteren Eins Itnisse wi des Pflegepersonals. ich die Ai Nach Abklärung der Arbeitsplatzsithöhen." tion, dem Versuch der .Anpassung 0 Arbeit an den Menschen' wird m Fehlzeiten und zwingen mit fortschreiten der Erkrankungsschwere unter Umstän den zur Berufsaufgabe. Auch von einer Schwester oder einem Pfleger mit geschädigter Wirbelsäule wird man aber, solange sie im Einsatz, d. h. im Berufsleben sind, fordern, daß sie schwere Gegenstände, z. B. Patien ten, heben und tragen. Es ist weiterhin abzusehen, daß mit zunehmender Schichtzeit und damit zunehmender Er müdung, die körperlichen Beschwerden der Pflegepersonen zunehmen werden. Trotzdem werde ich als Patient - und zwar berechtigt - eine verständnisvolle Zuwendung durch freundliches Pflege personal erwarten. Fast eine unbillige, aber trotzdem - aus der Sicht des Patien ten — unbestreitbare Forderung. Man beklagt allgemein den Pflegenot stand, so daß dieser Problematik, gerade in diesen Berufen, große Bedeutung zu kommt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat bislang Empfeh lungen zur Begrenzung maximaler Trage lasten gegeben. Die europäische Nor mung wird ab 1993, zumindest für die Industrie, obere Grenzwerte für die Handhabung von Lasten bindend festle gen. Aber derartige gesetzliche Regelun gen können beim Krankenhauspersonal nicht oder nur sehr bedingt greifen. Es steht - zumindest in der derzeitigen Si tuation - zu befürchten, daß Ausnahme- Tabelle 1: Grenzwerte (Richtwerte) fürdash gungen - eine Literaturrecherche - und Tragen Zumutbar «Abhäng desH Art des Last transportes Geschlecht Altei (Jahre) Wen <5% Schicht 15-18 15 Männer 19-45 $ Heben >450 15-18 13 Frauen 19-45 15 > 45 13 15-18 4 Männer 19-45 so Tragen > 45 (0 15-H 13 Frauen 19-45 15 > 45 13