Volltext Seite (XML)
2 4. SEP. 1991 > | | - KuS; | j ACADEMIA MEDICINAE DRESDENSIS Li: - 2. Jahrgang (L"ey N. 16/9. September 1991 (3) Hochschulzeitung preis 20 Pfennig MGw der Akademie „Carl Gustav Carus" Exmatrikulation und Emeritierung an der MAD Glückliche und zufriedene Gesichter, kein Wunder - ein wichtiger Abschnitt ihres Lebens erfüllte sich mit der Exmatrikulation nach erfolgreichem sechs- bzw. fünfjähri gen Studium der Medizin oder Zahnmedizin für 206 Absolventen unserer Hochschule - mit dem Abschluß ihres Traumberufes in der Tasche. Jetzt ist es an ihnen, das Beste daraus zu machen! Fotos: Bachmann Bloß gut, daß der Prorektor für Bildung noch im Urlaub war, als am 29. August 120 Medizin- und 86 Stomatologie-Absol venten ihre Urkunden für das bestandene Staatsexamen erhielten und sich mit ei nem feierlichen Gelöbnis zum humanitä ren Dienstan ihren Mitbürgern verpflich teten. Gut deshalb, weil er sonst viel leicht auch Mühe hätte, in dem überfüll ten Festsaal der Medizinischen Fach schule ein angemessenes Plätzchen zu finden, wie so manche andere Professo ren auch, von den Angehörigen der Ab solventen ganz zu schweigen. Aber da ja überall gespart werden soll, war das Hy gienemuseum für die Akademie sicher zu teuer. Namens des Prorektors für Bildung hatte es Herr Professor Kunze übernom men, die Anwesenden gleich zu zwei Hö hepunkten im akademischen Leben unse rer Hochschule willkommen zu heißen. Einmal zur Verabschiedung aus dem Stu dentenalltag und Berufsstart der einen so wie der Emeritierung verdienter Hoch schullehrer und somit Ausklang des Berufslebens anderer. Weiterhin begrüßte Professor Kunze zwei Vertreterinnen des Regierungspräsi diums Dresden und des Dezernates für Gesundheit und Soziales unserer Stadt verwaltung, die ihr Kommen doch noch ermöglicht hatten. In seiner Ansprache ging Magnifizenz Professor Bach auf die zwei verschiede nen Ereignisse ein, die Anlaß zu diesem akademischen Festakt sind: einmal um Absolventen ins Berufsleben zu entlassen und zum anderen Hochschullehrer zu eh ren, die in den Ruhestand gehen. Es geht um Beginn und Ende beruflichen Tätig seins, um Eroberung neuer sozialer Rol len und Verlust derselben. An die jungen Absolventen gewandt, sprach der Rektor zu ethischen Aspekten des Arztberufes. Das hautnahe Miterle ben von Geschichte in dieser Zeit bringe auch für die berufliche Situation des ein zelnen, für die beruflichen Rollenmerk male Wandlungen mit sich, die schon et was mit Wertewandel zu tun haben und auch manche Verwirrung heraufbe schwören. Dabei habe es die junge Ge neration wesentlich leichter, da sie noch weniger Vergangenheit auf dem Buckel hat, die drücken kann. Die Medizin befindet sich ebenso - als zweiter Aspekt solchen Wertewandels - in einer Situation, die neue Fragen auf wirft und neue Lösungswege für defizi täre Entwicklungen der Vergangenheit aufgreifen muß. Auf diesem Feld drücke sich der Wertewandel unter anderem darin aus, daß der Staat zurücktritt ge genüber dem Individuum, das mehr Frei heiten, aber natürlich auch viel mehr Risi ken zu tragen habe. Magnifizenz er wähnte hierzu den Gegensatz von staatli cher Anstellung und freier Niederlas sung, von staatlicher Institution oder frei gewählter beruflicher Selbstverwaltung und Standesvertretung. Auch in der Medizin sei ein Paradigma- wechsel und damit eine Änderung der Wertewelt im engeren Sinne zu beobach ten, von einer betont naturwissenschaftli chen Krankheitsbetrachtung hin zu ganz heitsmedizinischen Aspekten. Ein allge meines Problem moderner Wissen schaftsentwicklung sei im naturwissen schaftlichen Raum das Anrüchigwerden des Wissenschaftsfortschritts überhaupt. Professor Bach belegte diese These mit einem Beispiel aus der Gen-Forschung. Entschieden protestierte der Rektor ge gen die zunehmende Pauschalisierung, wenn im Zusammenhang mit strafrecht lich zu verfolgenden Vorwürfen von den Psychiatern der DDR, von den Ärzten der Charite gesprochen wird. Sie werden pauschal gleich in den Zusammenhang mit faschistischen Praktiken der Vergan genheit gebracht. „Wenn der Präsident der Bundesärztekammer wörtlich gesagt haben soll, daß alle leitenden Ärzte in den neuen Ländern abgelöst werden soll ten, weil sich fortlaufend und immer wie der erneut erweist, daß in der Vergan genheit zum Teil Übles geschehen ist, dann ist das ebenso eine pauschalisie rende Formulierung, die unseren ganzen Berufsstand in Schwierigkeiten bringt und auch hiergegen möchte ich entschie den protestieren!" Den Absolventen gab Magnifizenz mit auf den Weg: „Seien Sie stolz auf Ihren Beruf, denn ärztliches Ethos erwachse auch aus Selbstgefühl. Sorgen Sie auch für einen angemessenen eigenen Lebens standard, denn Gelassenheit und Sicher heit resultiert auch aus ökonomischer Un abhängigkeit. Tun Sie genug für Ihre eigene Gesundheit, denn Ärzte leben nicht länger als ihre Patienten. Und las sen Sie sich auch im beruflichen Leben von Gefühlen leiten. Gefühl und Ver stand, Einfühlung und fachliche Kompe tenz möge Sie in ihrem beruflichen Wer degang begleiten. Ich wünsche Ihnen dazu alles Gute." Mit dem Ausscheiden dieser Absol venten verläßt erstmals ein Jahrgang die Medizinische Akademie „Carl Gustav Ca rus", die sich ihren künftigen Arbeitsplatz selbst suchen durften, die nicht mehr staatlich „gelenkt" wurden. Die Besten werden da auch die besten Chancen ha ben, eine Arbeitsstelle ihrem Wunsch entsprechend zu finden. An 29 Exmatriku lierte konnte der akademische Grad eines „Doktors der Medizin" verliehen werden. Eva-Franziska Steinfeldt dankte na mens der Medizinstudenten für die gute fundierte Ausbildung, die sie an der Me- dizinischen Akademie erhielten, sie dankte den Professoren und Hochschul lehrern sowie allen Mitarbeitern. Jörg Wollenschläger dankte für die Zahnmediziner und versicherte, sich ihrer Ausbildungsstätte stets würdig zu erwei sen und mit dafür zu sorgen, daß die Me dizinische Akademie Dresden in der Welt einen guten Klang hat. (Die Laudationen für die emeritierten Herren Professoren Aßmann, Böhme, Feller, Fleischer, Müller, D. und Pilz le sen Sie bitte auf den Seiten 4/5 dieser Ausgabe.)