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Academia Medicinae Dresdensis 3 Eine Antwort, die eigentlich keine ist Im folgenden möchten wir zwei Schreiben veröffentlichen, die im Zu sammenhang mit der ab 1. Juli 1991 erfolgten Eingruppierung aller MAD- Mitarbeiter in die neuen Lohn- und Vergütungsgruppen stehen. Auf unseren Einspruch (Brief vom 3. Juni 1991) erhielten wir vom Bun desministerium die unten wiederge gebene Antwort. Ein Vergleich der beiden Schreiben zeigt, daß es ei ¬ gentlich keine Antwort ist, denn es wurde überhaupt nicht auf unsere Ar gumente eingegangen. Wir haben den Eindruck, daß mit gleichlauten den beglaubigten (?) Schreiben alle Beschwerdeführer abgespeist wer den sollen. Von der Gewerkschaft ist zu erfah ren, daß der wahre Grund für die Nichtanerkennung unserer Beschäfti gungszeiten darin zu suchen ist, daß sich' die Arbeitgeber im Bund und Ländern nicht als Rechtsnachfolger des öffentlichen Dienstes der ehema ligen DDR sehen. Wir wollen uns damit nicht abfin den und werden mit einem Offenen Brief reagieren. Kaiser, Personalratsvorsitzender Stellungnahme des Bundesministers Vom Bundesminister des Inneren er reichte den Personalratsvorsitzenden der Medizinischen Akademie Dresden, Herrn Kaiser, mit Datum 3. Juli folgende Stel lungnahme: „Mit der Frage der Berücksichtigung von bisher im öffentlichen Dienst zurück gelegten Tätigkeitszeiten sprechen Sie ei nen Teilaspekt der Regelungen zum BAT-O an, die ich im folgenden erläutern darf. Die Tarifvertragsparteien des öffentli chen Dienstes haben vereinbart, mit Wir kung vom 1. Juli 1991 in den neuen Bun desländern grundsätzlich das Vergü tungssystem des BAT zu übernehmen und eine eigene Vergütung in Höhe von 60 Prozent der sich hieraus ergebenden Beträge zu zahlen. Damit wird endlich eine leistungsgerechte Eingruppierung der Angestellten ermöglicht. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zum Aufbau einer funktionsfähigen Verwaltung in den neuen Bundesländern. Die Tarifvertragsparteien haben bei der schrittweisen Anpassung der Arbeits bedingungen die Regelungen über die Beschäftigungs- und Dienstzeit (Paragra phen 19 und 20 BAT) bislang nicht verein bart. Hierüber wird in Zukunft noch zu verhandeln sein. Die Tarifvertragspartner haben die Grundvergütung in den einzelnen Vergü tungsgruppen ebenso wie im BAT nach Lebensaltersstufen und nicht nach Be schäftigungs- oder Dienstjahren bemes sen. Sie haben hierbei vereinbart, daß bei allen vorhandenen Angestellten (ein schließlich Polizei) die erstmalige Zuord nung zu einer Lebensaltersstufe wie eine Neueinstellung vollzogen wird. Dabei wird ein Angestellter, der in den Vergü tungsgruppen III bis X höchstens das 31. Lebensjahr vollendet hat, in die seinem Alter entsprechende Lebensaltersstufe eingeordnet. Bei einem älteren Angestell ten wird die Zeit nach Vollendung des 31. Lebensjahres zur Hälfte berücksichtigt, so daß z. B. ein Angestellter mit vollende tem 51. Lebensjahr in Vergütungsgruppe Vc in der Lebensaltersstufe nach vollen detem 41. Lebensjahr eingestellt wird (51 - 31 = 20 : 2 = 10 + 31 = 41). Damit hat der Angestellte bei Einstellung in Ver gütungsgruppe Vc gleichzeitig die End grundvergütung seiner Vergütungs gruppe erreicht. Der Angestellte, der die Endgrundvergütung noch nicht erreicht hat, erhält jeweils mit Beginn des Mo nats, in dem er ein Lebensjahr mit unge rader Zahl vollendet, bis zum Erreichen der Endgrundvergütung die Grundvergü tung der folgenden Lebensaltersstufe. Für die Angestellten der Vergütungsgrup pen I bis IIb wird entsprechend verfahren mit dem Unterschied, daß bei älteren An gestellten erst die Zeiten nach Vollen dung des 35. Lebensjahres zur Hälfte an gerechnet werden. Hiervon abweichend ist die Vergütung der Angestellten im Krankenpflegebe reich geregelt. Danach erhält derjenige, der nach Vollendung des 20. Lebensjah res erstmals in das Vergütungssystem übernommen wird, die Grundvergütung nach der Stufe, die um eine Stufe unter halb der Grundvergütung liegt, die er be kommen würde, wenn er seit dem 20. Le bensjahr in diesem Bereich beschäftigt wäre. Da die Tabelle der Grundvergütun gen im Krankenpflegebereich in neun Stufen unterteilt und nach je zwei Jahren eine höhere Stufe erreicht wird, ist über schaubar, wann die Endgrundvergütung erreicht ist. Diese Regelung ist identisch mit der im BAT bei Neueinstellung vorgesehenen. Mit dieser rein tariflichen Gleichstellung mit Neueinstellungen ist keine Diskrimi nierung beabsichtigt. Sie ist vielmehr fol gerichtig, weil der betroffene Personen kreis erstmals in das neue System der Vergütung nach dem BAT-O einbezogen wird. Aufgrund der bisher geltenden völ lig unterschiedlichen Vergütungssysteme konnten keine Bewährungs- oder Tätig keitszeiten vor dem Inkrafttreten des Ta rifvertrages berücksichtigt werden. Hin sichtlich der Höhe der Vergütung ist sichergestellt, daß jeder Angestellte, der nicht vor Erreichen der gesetzlichen Al tersgrenzen ausscheidet, die Endgrund vergütung seiner Vergütungsgruppe er reicht. Im übrigen ist sichergestellt, daß die Vergütung nach dem BAT-O minde stens die bisher zustehende Vergütung erreicht, so daß es zu keinerlei Schlech terstellung kommen kann. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag Thiel Marburger Bund Sachsen beim sächsischen Innenminister Im Zuge der Bemühungen des Marbur ger Bundes, eine Verbesserung der Tarif situation für die Angestellten im Gesund heitswesen zu erreichen, führte der 1. Landesvorsitzende, Dr. Norbert Grosche, und der Geschäftsführer des Marburger Bundes Sachsens, Dipl.-jur. Bernhard Schlotmann, ein Gespräch mit dem säch sischen Innenminister, Dr. Krause. In diesem Gespräch konnte der Mar burger Bund beim Innenminister Ver ständnis für die Proteste der Mitarbeiter des Gesundheitswesens gegen die diskri minierenden Abwertungen der Bewäh rungszeiten und Lebensaltersstufenrege lungen finden. Der Marburger Bund wies auf die sich zuspitzende Pflegesituation durch verstärktes Abwandern von Perso nal in die Altbundesländer hin. Weitere Befürchtungen liegen in den vom BAT ab weichenden Tarifregelungen der priva ten Krankenhausträger begründet, weil die privaten Träger bereit sind, die Dienst- und Berufsjahre in vollem Maße anzuerkennen. Der Marburger Bund forderte den In nenminister auf, gegenüber der Bundes regierung, insbesondere Innenminister Dr. Schäuble, die Forderungen der Mitar beiter des Gesundheitswesens zu unter stützen und dem Beispiel von Frau Bun destagspräsidentin Süssmuth zu folgen. Der Marburger Bund legte die grundsätz liche Zurückhaltung gegenüber tarif rechtlichen Kampfmaßnahmen dar, weil die Öffentlichkeit damit nur verunsichert würde. Demgegenüber muß aber das po litische Gespräch forciert werden, um zu zufriedenstellenden Regelungen zu ge- < langen. Innenminister Dr. Krause wird als Er gebnis des Gesprächs mit dem Marbur ger Bund Sachsen die Problematik des Gesundheitswesens in der Kabinettssit zung vortragen, um auch die anderen Staatsminister und Ministerpräsident Prof. Biedenkopf auf die Dringlichkeit un seres Anliegens hinzuweisen. Dr. Norbert Grosche An Bundesminister Dr. Schäuble am 1. 7. 1991 treten auch für die 3880 Mitarbeiter der Medizinischen Aka demie Dresden die neuen Tarifregelun gen in Kraft. Die im Tarifvertrag enthalte nen Festlegungen im Hinblick auf die Zuordnung eines fiktiven herabgesetzten Lebensalters und die Nichtanerkennung der Berufsjahre stoßen dabei auf unseren schärfsten Protest, da sie mit gravieren den Ungerechtigkeiten verbunden sind. Völlig unverständlich ist, warum die Fest legungen bezüglich des Lebensalters noch dazu so ausgerichtet sind, daß sie aus schließlich Mitarbeiter im fortgeschritte nen Lebensalter betreffen. Gerade dieser Personenkreis hat den größten Anteil an der in den letzten 40 Jahren geleisteten Arbeit im Gesundheitswesen der ehema ligen DDR, welche sogar von Bundes kanzler Kohl auf den Ärztetag 1991 als eine .großartige Leistung' hervorgeho ben wurde. Hinzu kommt, daß dieser Per sonenkreis aufgrund der Nichtanerken nung der Berufsjahre nochmals niedriger eingestuft wird als ein vergleichbarer Mitarbeiter aus den alten Bundesländern. Möglicherweise gibt es Bereiche des öffentlichen Dienstes, bei denen die jetzt praktizierte Verfahrensweise begründ bar ist. Für den Bereich des Gesundheits wesens sehen wir keine akzeptable Be gründung für ein solches Vorgehen. Pflegepersonal, Ärzte, und andere Mit arbeiter des Gesundheitswesens der ehe maligen DDR haben in den letzten 40 Jah ren unter wesentlich schwierigeren Be dingungen als in den Altbundesländern aufopferungsvoll gearbeitet. Unsere Mit arbeiter empfinden die Einstufung als Mißachtung ihrer bisherigen Tätigkeit bzw. als moralische und finanzielle Ab wertung. Die Ankündigung, daß die Tarife in den neuen Bundesländern auf 60 Prozent des Niveaus der Altbundesländer ange hoben werden, muß als propagandistische Vortäuschung falscher Tatsachen verstan den werden, da die Nichtanerkennung des tatsächlichen Lebensalters und der Berufsjahre bei der Mehrheit der Mitar beiter ein wesentlich niedrigeres Einkom men bewirken. Die Abwanderung von Arbeitskräften aus dem Bereich des Gesundheitswesens der ehemaligen DDR wird sich bei der so gegebenen Benachteiligung weiterhin verstärken. Dies führt zu einer weiteren Verschärfung der zwischen Ost und West bestehenden Gegensätze, da die jetzt ge troffene Entscheidung eine Erreichung von 100 Prozent des in den alten Bundes ländern bestehenden Lohnniveaus zu späterem Zeitpunkt ausschließen. Deshalb bitten wir Sie, hochverehrter Herr Minister, Ihren Einfluß dahingehend geltend zu machen, daß oben genannte Festlegungen im BAT-Ost baldigst korri giert werden." ... dieser Ausgabe war am 18. Juli. Die Ausgabe 15 unserer Hochschul zeitung erscheint erst am 26. August. Redaktionsschluß hierfür ist am Mon tag, dem 19. August.