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Der hippokratische Eid in unserer Zeit (Fortsetzung von Seite 7) ständig meine medizinischen Kennt nisse und mein ärztliches Können zu ver vollkommnen und mit meiner Arbeit zur Entwicklung der medizinischen Wissen schaft und Praxis beizutragen; im Interesse des Patienten meine Be rufskollegen zu Rate zu ziehen und ihnen selbst niemals Rat und Hilfe zu verwei gern; die edlen Traditionen der Medizin zu wahren und weiterzuentwickeln und mich in allen Handlungen von der hohen Berufung des Arztes und seiner Verant wortung gegenüber den Menschen leiten zu lassen. Ich erkläre feierlich, dieses Gelöbnis mein Leben lang treu zu erfüllen.* Jetzt Anmeldung für Medizinertest Dortmund (ADN). Abiturienten des Jahrganges 1992 müssen, sofern sie im kommenden Jahr ein Medizinstudium aufnehmen möchten, an den dafür not wendigen Medizinertest denken. Daran erinnert die Dortmunder Zentralstelle für die Vergabe von limitierten (numerus clausus) Studienplätzen (ZVS). Der Test ist Voraussetzung, um sich für einen Stu dienplatz in Medizin, Tier- oder Zahnme dizin an den Hochschulen in den alten und - ab Wintersemester 1992/93 - auch in den neuen Bundesländern bewerben zu können. Er findet nur einmal jährlich, in diesem Jahr am 6. November, statt. Die Bewerbungsfrist endet am 15. Sep tember. Das Anmeldeformular ist in einem In formationsheft „ZVS-Testinfo" enthalten. In Bad Muskau entstand dieses stimmungsvolle Bild unseres Fotografen Will Broe- san. Immensen Anforderungen an Arbeit... Fortsetzung von den Seiten 4/5 drittes Beispiel für Unsicherheit erwähne ich die durchaus etwas mißkreditieren- den Tarifeingliederungen im BAT-Ost be züglich der Dienstjahresanerkennung. Andererseits rufe ich Ihnen aber zu, daß wir heute andere Möglichkeiten haben uns zu wehren, wenn uns etwas nicht paßt, daß wir ein neues - ich würde es nennen - europäisches Lebensgefühl entwickeln können, daß wir aus dem Dunstkreis der Provinzialität heraustre ten, uns anschicken und nicht zuletzt, daß an dieser Hochschule im letzten Jahr mehr gebaut, mehr an Gerätschaft ange schafft wurde, als in den letzten 10 Jah ren vor der Revolution. Wir haben, glaube ich, auch allen Grund zum Opti mismus. Die vielen Veränderungen und Neugestaltungen an unserer Hochschule im letzten Jahr sind auch das Ergebnis großen Engagements jener, die nach der Wende angetreten sind mitzuwirken. Dem Team des Rektors, das jetzt den Staffelstab an eine neue Administration übergibt, ist dafür Dank auszusprechen. Gestatten Sie mir Altmagnifizenz Profes sor Knoch stellvertretend das Wort an Sie zu richten und Ihnen meinen besonderen Dank - ich denke auch im Namen aller unserer Kollegen - auszusprechen. Sie haben mit den Prorektoren und dem Ver waltungsdirektor in den vergangenen Monaten viel initiiert - oft auch auf dem schwankenden Boden einer nicht ausrei chend fixierten Gesetzlichkeit. Aber der Handlungsbedarf an der Basis war eben größer, als es eine sich recht langsam etablierende Landesstaatlichkeit mitvoll ziehen konnte. So hatten und haben wir den Privatdozenten aus eigener Entschei dung, so wurden einige Institutsgründun gen bzw. -Umgestaltungen vorgenom men. Im revolutionären Eifer haben wir uns si cher auch zu viel Hoffnungen hinsicht lich der Automonie einer Hochschule hingegeben. Wir werden - unabhängig von den gegenwärtig im Sinne der Er neuerung deutlich eingeschränkten Selbstverwaltungsrechten - als Hoch schule auch zukünftig mit unseren Auto nomieansprüchen immer in ein Span nungsfeld zum Staat geraten. Ich bin übrigens davon überzeugt, daß auch die personellen Probleme, die sich aus der stalinistischen Vergangenheit ergeben, zumindest an unserer Hochschule mit mehr Autonomie sich besser lösen lassen als durch zu starke staatliche Interven tion. Mir ist durchaus bewußt, daß es wo anders anders sein kann. Das obenge nannte freie Walten aus dem Vollgefühl in Neugestaltungen unseres Lebens wirk lich eingreifen zu können, hat Sie, lieber Herr Professor Knoch, bestimmt - mir hat dies gefallen. Ich möchte Ihnen deshalb meine persön liche Hochachtung erbieten, wiewohl ich weiß, daß wir aus Zeiten operativer Ent scheidung und hochherziger und dyna mischer - manchmal vielleicht auch sub jektbetonter Regelung der ersten poststa linistischen Periode - in das Fahrwasser gesetzter Beratung, pluralistischer Mei nungsbildung, gehoben-geregelter Ab stimmung mit den Trägern kommen müs sen und unseren Kollegen gegenüber ein hohes Maß an Transparenz werden wal ten lassen müssen. Eine medizinische Hochschule hat in ih rem Legitimationsanspruch den Vorteil, auf drei verschiedene Leistungsbereiche verweisen zu können; die Forschung, die Lehre und die medizinische Betreuung. In allen diesen Bereichen wachsen uns neue Aufgaben zu, müssen sich Struktu ren ändern; jedoch hochqualifizierte Be treuung werden wir weiter zu sichern ha ben, Medizinstudenten werden wir wei ter auszubilden haben, zumal die Zahl der Studierenden von früher 13 Prozent eines Jahrganges der alten DDR, von 20 Prozent der alten Bundesländer auf etwa 30 Prozent eines Jahrganges ansteigen wird und damit auch ein solches Nume- rus-clausus-Fach wie Medizin Studien plätze in angemessener Zahl wird zur Verfügung stellen müssen. Forschungs aufgaben bieten sich aus der Fortsetzung traditioneller Ziele, aus der Aufarbeitung von Betreuungsdefiziten und aus neuen Wissenschaftsschwerpunkten an. Wir haben also genug zu tun; dabei rin gen wir um Identität um Sicherheit unse res Status, um Erneuerung, um neue in terne Strukturen, um Wirtschaftlichkeit und um internationale Reputation - und dies alles gleichzeitig. Es ist dies eine Zeit der Überforderung, aber wir müssen uns ihr stellen. Bewältigt werden diese Aufga ben m. E., wenn die Hochschule nicht unter Kuratel gestellt wird, sondern auto nom im Sinne von Freiheit für Verantwor tung und Freiheit zu vernünftigem Tun agieren kann. Hier muß der Freistaat auch Wechsel auf die Zukunft unter schreiben. Ob als selbständige Hochschule oder zu künftig im Verband einer Dresdner Uni versität - als kleinere, überschaubare medizinische Ausbildungsstätte werden wir den Anforderungen einer modernen medizinischen Wissensvermittlung, die nicht nur Mediziner ausbilden, sondern Ärzte im Sinne der geisteswissenschaftli chen Dimension dieses Berufes bilden soll, besser gerecht werden können als die großen Massenuniversitäten. Für alle diese Aufgaben brauchen wir Schwung und Engagement - ich denke, die neugewählten Mannschaften unserer Hochschule in Konzil, Senat und Rektorat stehen dafür, erfolgreich können wir aber nur dann sein, wenn alle Mitarbeiter unserer Kliniken und Institute sowie der Verwaltungsbereiche gemeinsam hinter dieser Aufgabe stehen - an mir soll es nicht fehlen. New in M2ersonalbibliothek „Wenn die Züchtigung des Kindes als ein Liebesbeweis ausgegeben wird, führt das zu einer Verwirrung, die später ihre Früchte trägt. Wenn sich diese Kinder auf der politischen Ebene betätigen, setzen sie das einst an ihnen begonnene Zerstörungs werk fort und tarnen dies ebenfalls mit ihrer Rolle als Heilbringer, wie es einst ihre Eltern taten. Sowohl Stalin als auch Hitler wollten angeblich nur Gutes. Das Morden war ja nur ein notwendiges Mittel zum guten Zweck. Diese Ideologie haben sie von beiden Eltern vermittelt bekommen. Wäre dies nicht so, wäre ein Elternteil als helfender Zeuge aufgetreten und hätte das Kind vor Brutalität und Lieb losigkeit des anderen geschützt, diese Kinder wären später nicht zu Verbre chern geworden." Alice Miller, Psychoanalytikerin, Anwältin der mißhandelten Kinder und engagierte Gegnerin der „Schwarzen Pädagogik", formulierte diese Sätze als Quintessenz jahrelan ger Forschung auf dem Gebiet der Kindheit und insbesondere als Ergeb nis ihrer Beschäftigung mit Friedrich Nietzsches Kindheit. Ihr Werk heißt „Der gemiedene Schlüssel", erschie nen bei Suhrkamp. In einem christlich-moralisierenden Elternhaus aufgewachsen, mußte das Kind Nietzsche lernen, die normalen menschlichen Gefühle zu unterdrük- ken. Und so schlußfolgerte Alice Mil ler, daß seine Werke die ungelebten Gefühle und Bedürfnisse seiner Kind heit spiegeln. So ist seine Verachtung der Moral des Christentums in „Also sprach Zarathustra" und „Antichrist* letztendlich ein unbewußtes Aufbäu men gegen das Elternhaus. .Nietz sches Werk ist ein hoffnungsloser und doch bis zur Geistesauflösung nie aufgegebener Versuch, sich vom Ge fängnis seiner Kindheit, vom Haß auf die ihn erziehenden und quälenden Personen zu befreien. Sowohl Mutter wie Schwester brauchten Friedrichs Abhängigkeit von ihnen bis zu seinem Ende.' Bereits in ihrem Werk „Am Anfang war Erziehung", einer früheren Ar beit, öffnete Alice Miller dem Leser die Augen über die Folgen einer ver heerenden Erziehung, die meint, das Beste zu wollen. Sie analysiert die „Schwarze Pädagogik", gibt eine Dar stellung der Kindheit einer Drogen süchtigen, eines Mörders und unter sucht Adolfs Hitlers Kindheit. Obwohl nicht unumstritten in ihrem Ausschließlichkeitsdenken, sollten die Werke Alice Millers einen breiten Le serkreis finden. Herausgeber: Medizinische Akademie „Carl Gustav Carus" Dresden, Fetscher- Straße 74, Dresden, 8019. Verantwortlicher Redakteur: Journalist Ursula Berthold. Dem Redaktionskollegium gehören an: Dipl. rer. pol. H. Eckert, Dr. phil. U. Lochmann, Doz Dr. med. J. Schulze, Doz. Dr. med. G. Se bastian, Prof. Dr. med. P. Wunderlich. Ruf nummer der Redaktion ist 4 58 34 68. Druck: Dresdner Druck- und Verlags haus GmbH, Ostra-Allee, 0-8012 Dresden, Rufnummer 4 86 40.