Volltext Seite (XML)
Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. Erscheint jeden Wochentag ftüh s u. - , _»0 Inserate werden bi« Nachm. Z Uhr DvNNerstaa, dtN 1. NSVeMvek für die nSchste Nr. angenommen. " Prei« vimeljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit ö Pf. berechnet. 1868. -i- Das künftige Bundesheer. Die Wehrkraft Norddeutschlands scheint von allen gemeinsamen Institutionen des norddeutschen Bundes zuerst ins Leben zu treten, denn durch die königlich preußische Verordnung vom 13. October wird die Militärdienstpflicht in den annectirten Ländern Hannover, Kurhessen, Nassau, Schleswig-Holstein und Frankfurt geordnet, und es verlohnt sich wohl, diesen norddeutschen Wehrkörper, der ja fortan auch unser HauS und Hof bewachen und vertheidigen wird, etwas näher zu betrachten. Soldat zu werden, ist keine angenehme Sache, und die meisten Leute treten eben nur zum Militär, weil sie müssen. Auch darüber ist kein Jrrthum möglich, daß das Widerstreben des Volkes in den neuen preußischen Provinzen gegen die allgemeine Dienst pflicht seine Berechtigung hat. Anders betrachtet man die Sache, wenn man in einem Staate wie Preußen geboren und erzogen wor den ist und von Jugend auf mit jenem höchsten Staatsinteresse er füllt ward, das die allgemeine Wehrpflicht ausdrückt. Bis auf Weiteres ist eS einmal leider nicht zu leugnen, daß ein großer Staat eine große Armee braucht und daß er dafür in einem hohen Maße Kräfte und Geld des Volkes in Anspruch nimmt. Wenn das also nothwendige Nebel versöhnen und in seinen Wirkungen sogar heil sam sein soll, so kann es nur durch eine große VolkSthümlichkeit des Wehrsystems ermöglicht werden und diese erhält es, wenn je dem Einzelnen in seinem Opfer das Interesse des Ganzen klar wird. Gerade der letzte Krieg hat den Beweis geliefert, daß das preu ßische Wehrsystem etwas Höheres ist, als das Princip, nach welchem in anderen Staaten stehende Heere gebildet werden. Es erfüllt den Einzelnen, weil er nur thut, was Alle ohne Ansehen der Person thun müssen, mit einem unbesiegbaren Selbstgefühl und verleiht dem Ganzen eine Kraft der Intelligenz, welche an sich schon eine ge waltige Waffe gegen den Feind bildet. Es ist notorisch, daß die allgemeine Wehrpflicht in Preußen Tausende von jungen Männern einer vernachlässigten Bildung entreißt, in der sie sonst beharren und die sie auf ihrer Scholle fortpflanzen würden. 17 Procent treten nach statistischen Ausweisen mit sehr mangelhafter Schulbil dung in die preußische Armee — ein Verhältniß übrigens, welches so günstig kein anderer Großstaat aufweisen kann — und diese 17 Procent gehen nach ihrer Dienstzeit als des Lesens, Schreibens und Rechnens völlig kundig wieder ins Bürgerthum zurück. Auch hier durch wird das preußische Wehrsystem zu einem cultivirenden Pro, ceß, abgesehen davon, daß die körperliche Geschicklichkeit, die Wechsel der Garnisonen und vor Allem das Zusammensein mit jungen Leu ten aller, auch der gebildetsten Stände auf die Mehrzahl vom heil samsten Einfluß sein muß. So erzieht diese allgemeine Wehrpflicht, wie sie seit 1814 in Preußen besteht, ein eignes Volk und kommt durch diese Rückwirkung auch erst zu einer, wie man erkennt, ganz außerordentlichen Bedeutung im Kriege. AuS diesem Grunde betrachtet man die preußische HeereSver, fassung auch vom volkswirthschaftlichen Standpunkte als ein nütz liches Institut und es ist deshalb begreiflich, daß Preußen seine neuen Provinzen davon nicht ausschließr. Sie werden in^einem Jahrzehnt schon die Wohlthat dieses Systems gegen das der Con- scription erkennen, durch welches Zopf- und Kastengeist erhalten werden und die Armee selbst kaum noch als ein Theil des Volkes begriffen wird. Der norddeutsche Wehrkörper hat damit eine Seele erhalten, die seine Einheit besser als manches Andere verbürgt; er wird da durch mächtiger werden als durch Zusatz von so und so vielen Re kruten jährlich, und da er an sich eine imposante Macht repräsen« tirt, so wird jeder andere Staat sich sehr besinnen, ^ehe er einen Krieg mit dem norddeutschen Bunde riskirt. Zu dR preußischen Armee, die mit der Garde 9 Corps umfaßt, von denen jedes im Kriege mit Leichtigkeit auf 50,000 Mann gebracht werden kann, treten kraft der königlichen Verordnung noch drei etwa ebenso starke Armeecorps, sodaß die gesammte Wehrkraft des norddeutschen Bun des eine fertige Kriegsstärke von 12 Mal 50,000 oder 600,000 Mann repräsentirt, und zwar, wie man aus den preußischen Auf stellungen ersehen hat, existirt diese Streitkraft nicht blvs auf dem Papier, was bei den großen Militarstaaten, wenn sie nicht Monate lang zu ihren Rüstungen verwenden können, stet« der Fall ist. Sehr bedeutend hhhpr wird diese Wehrmacht Norddeutschlaud« bin nen etwa 10 Jahren sich gestalten, wo die Armee auch in ihren jetzt neuesten Truppenbildungen bis zu dem dann fertig ausgebil deten und ergänzten ersten Landwehraufgebot dastehen wird. Tagesgeschichte. Dresden, 27. October. Das „Dr. I." enthält nachstehende von sämmtlichen Ministern unterzeichnete Verordnungen: Verordnung, eine Amnestie wegen während des Krieg« begangenen Verbrechen gegen die Person Sr. Majestät des Königs rc. betreffend. In Ausführung von Art. 19 des am 21. October 1866 mit Preußen abgeschlossenen Frtedensvertrags wird hierdurch Folgende« verordnet: Kein sächsischer Unterthan oder wer sonst den sächsischen Ge setzen unterworfen ist, soll wegen eines in Bezug auf die Verhält nisse zwischen Preußen und Sachsen während der Dauer des Kriegszustandes begangenen Vergehens oder Verbrechens gegen die Person Sr. Majestät des Mnigs oder wegen Hochverraths, Staat«- verraths oder sonst einer die Sicherheit des sächsischen Staate« ge fährdenden Handlung oder endlich wegen seine« politischen Ver halten« während jener Zeit überhaupt strafrechtlich, polizeilich oder diSciplinarisch zur Verantwortung gezogen, oder in seinen Ehren rechten beeinträchtigt werden. Die etwa bereit« eiugeleiteten Unter suchungen dieser Art werden einschließlich der Untersuchungskosten hiermit niedergeschlagen. Das Vorstehende hat auch hinsichtlich derjenigen Verbrechen oder Vergehen der obengedachien Art zu gelten, welche während jener Zeit in Sachsen gegen die Person Sr. Majestät de« König« von Preußen oder gegen den Preußischen Staat begangen worden find. Verordnung, eine Amnestie wegen während des Krieg« gegen Glieder der König!. Familie etwa begangener Verbrechen betreffend. In Folge Allerhöchster Entschließung Sr. Majestät de« König« wird hierdurch verordnet: Niemand soll wegen eine« in Bezug auf die Verhältnisse zwischen Sachsen und Preußen während der Dauer des Kriegszustände-