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IvvO Tagesgeschichte. Dresden, 27. October. Se. Majestät der König haben bei der Enthebung des Herrn StaatSministerS v. Rabenhorst von der Leitung des Kriegsministeriums ein Allerhöchstes Handschreiben an denselben erlassen, dem wir folgende Stelle entnehmen: „Es ist meinem Herzen Bedürfniß, mich bei dieser Gelegenheit darüber gegen Sie auszusprechen, wie schmerzlich eS mir ist, mich von einem Diener trennen zu müssen, dessen Treue, Pflichteifer und Geschäftstüchtigkeit ich in einem 17jährigen Zeiträume habe kennen lernen, und wie ich mich demnächst gedrängt fühle, Ihren hohen Verdiensten um die Armee und das Land ein Anerkenntniß angedeihen zu lassen. Als Sie mein verewigter Bruder in kritischer Zeit zur Leitung des Kriegsministeriums berief, bedurfte dieselbe einer festen Hand, um manchen durch die Verhältnisse herbeige führten Erschütterungen entgegenzutreten. Die Aufgabe haben Sie nicht nur vollkommen gelöst, sondern auch in dem bald darauf folgenden entscheidenden Moment durch Ihre Festigkeit und Aus dauer der Sache des Throns und der öffeutlicheu Ordnung den Sieg verschafft. Die hierauf eingetretene treffliche Organisation des sächsischen Heeres ist Ihr Werk. Nicht minder haben Sie sich durch mannichfache innere Einrichtungen, namentlich bei den tech nischen Waffen, die sich in der Praxis trefflich bewährt haben, wie durch Vollendung der militärischen Gesetzgebung in allen ihren wesentlichen Theilen bleibende Verdienste erworben, sowie auch die Thätigkeit, mit der Sie in der vielfach bewegten Periode Ihrer Verwaltung die Geschäfte geleitet haben, eine ausgezeichnete genannt werden muß. „Um Ihnen für alle diese Verdienste auch einen öffentlichen Beweis meiner Dankbarkeit zu geben, verleihe ich Ihnen bei Ihrem Austritt aus dem Ministerium den Hausorden der Rautenkrone. „Ich schließe mit der Versicherung, daß die Erinnerung an unser stets ungetrübtes Zusammenwirken mir stets eine angenehme bleiben wird und verharre, lieber Staatsminister v. Rabenhorst, Ihr ergebenster (gez) Johann." — Die „D. A. Z" begrüßt die Rückkehr des König« mit einem Artikel, dem wir folgende Stelle entnehmen: „Was der Kö nig als Souverän dahingegeben, — dahingegeben nicht an eine dem Lande gegnerische Macht, sondern an ein Gemeinwesen, von dem er selbst und das Land reiche Frucht dieser Dahingabe ernten wird in der Form thatkräftigen Schutzes gegen jede äußere Gefahr — das gewinnt er doppelt und dreifach zurück als Landeövater, als welcher er von jetzt an um -so ungetheilter sich dieser so schönen, so volksthümlichen Seite seiner Regententhätigkeit widmen kann. Wenn König Johann — wie von seiner anerkannten Weisheit und seiner in andern Lagen erprobten bundestreuen Gesinnung mit Sicherheit zu erwarten steht — in Bezug auf die großen gemeinsamen Ange legenheiten des norddeutschen Bundes, dessen Mitglied nunmehr Sachsen ist, in fester und aufrichtiger Gemeinschaft Hand in Hand geht mit allen anderen Theilhabern dieses Bundes und vor Allem mit dessen mächtigem Haupte Preußen, und wenn er zugleich die reichen Gaben seines Geistes darauf verwendet, mit landesväterlicher Milde, in echt verfassungsmäßigem Sinne und nach den Bedürf nissen eines zeitgemäßen Fortschritts alle Kräfte des Volks — die geistigen wie die materillen — zu entwickeln, die durch die letzten traurigen Ereignisse dem Lande geschlagenen schweren Wunden zu heilen, die von früher her vorhandenen oder neuerdings entstandenen schroffen Gegensätze zu versöhnen und auSzugleichen durch die ihnen de« Ministerium« würde aber natürlich Herr v. Beust sein, der, wie allgemein und anscheinend mit Recht angenommen wird, die Idee einer österreichisch-französisch-italienischen Allianz vertritt. ES fragt sich hierbei nur, ob eine solche Allianz unter den gegenwär tigen Verhältnissen überhaupt möglich ist, ob namentlich Frankreich und Italien wirklich einen so hohen Werth auf die Allianz mit Oesterreich legen, wie die« hier angenommen wird. Der Herzog von Grammont wenigsten» hat sich vor Kurzem erst dahin geäußert, daßs Frankreich wohl geneigt sein dürfte, in ein Allianz-Berhältniß zu Oesterreich zu treten, es müsse aber vor Allem wissen, was diese Allianz für Frankreich werth sei. Auch in Florenz dürfte man vorläufig keine besondere Neigung verspüren, Oesterreich ge genüber irgend welche bindenden Engagements einzugehen, wenn auch von hier au» alles Mögliche geschieht, um sich In ein gutes Berhältniß zum Florentiner Hofe zu setzen. Nachdem die Besetzung Venetiens durch die italienischen Truppen beendet ist, bleiben zur Ausführung des Friedensvertrags mit Oesterreich zunächst noch die Verhältnisse mit den depossedirten Fürsten Italiens zu ordnen. Einem officiösen Wiener Blatte geht darüber die Mittheilung zu, daß noch vor Ablauf dieses Monats Commissäre de« Großherzogs von ToSkana, sowie der Herzöge von Modena und Parma mit einem Bevollmächtigten der italienischen Regierung in Florenz zusammentreten werden, um die im Art. 22 des österreichisch-italienischen Friedensvertrages vorgesehene Aus- folgung des Privatvermögens jener Fürsten vorzunehmen. Die Regelung der BermögenSverhältnisse des Königs Franz II., dessen Interessen Oesterreich wie Frankreich in den jüngsten Verhand lungen nach Kräften vertraten, wird gleichfalls in der nächsten Zeit erfolgen auf Grund.eines Compromisses, welchen der König eingegangen ist. Der Großherzog von Toskana und der Herzog von Modena haben bereits nicht bloS ihre Consulate, sondern auch ihre Gesandtschaften aufgelöst, „gleichwie sie in einer, hohe Aner kennung verdienenden Weise, alles Mögliche gethan haben, um dem Friedenswerke ihrerseits keine Hindernisse zu bereiten." Bei dem Persano'schen Processe soll sich der merkwürdige Um stand ergeben haben, daß der Admiral, der als Senator vor das Gericht des Senats gezogen wurde, in legaler Weise gar nicht Senator ist. Er war als Minister in diese erlauchte Versammlung eingetreten, ohne durch besonderes Decret zum Senator ernannt zu sein und ohne den erforderlichen Eid als solcher geleistet zu haben. Das hohe Gericht ist nun in großer Verlegenheit, und man wird sich kaum ander« helfen können, al« indem man den Angeklagten nachträglich noch als Senator bestätigt und beeidigt. UebrigenS ist man der Meinung, daß sich aus der Unzahl von Aktenstücken, welche der aus der Mitte des Senats ernannten Commission vor gelegt worden sind, das Verbrechen des Hochverraths schwerlich werde erweisen lasten und daß auch bezüglich des Verbrechens der Feigheit die Entschuldigung des Admirals, wonach er seine Flagge auf demjenigen Schiffe aufzuhissen autorisirt sei (nach dem Ma rinecodex), das sich als das beste erweise, wahrscheinlich genügen werde; denn der Untergang des „Re d'Jtalia" spreche eben für seine Behauptung. Ebendaher glaubt man, daß Persano aus der Untersuchung ganz rein gewaschen hervorgehen werde und daß das Ministerium besser gethan hätte, das ganze Schauspiel dem Lande zu ersparen. Von Verrath, sagt man, ist keine Rede, und um alle Unwissenheit des letzten Feldzuges gerichtlich zu verfolgen, würde man mehr als die ganze Zeit eines selbst „ewigen" Frieden« brauchen. In welcher traurigen Lage sich die französische Presse befindet, davon haben die Mittheilungen, welche die Pariser Blätter über den Gesundheitszustand des Kaisers gebracht haben, wieder sehr sprechende Beweise gegeben, indem selbst die officiösen Journale dieses Thema bisher nur mit der äußersten Zurückhaltung behandeln durften, während jetzt, wo die Gesundheit Napoleon'« sich wirklich gebessert zu haben scheint, die „Patrie" sich etwas darauf zu Gute thut, daß sie von den übertriebenen Gerüchten, welche darüber im Auslande curstrt hätten, keine Notiz genommen habe. Mit Recht klagte erst neulich der „Temps" darüber, daß Paris und Frankreich sich über die wichtigsten Dinge im eigenen Lande von den ausländischen Blättern unterrichten lassen müssen, da erst dann, wenn die Nach richten, welche diese bringen, die Censur passirt haben, auch die französische Presse sich erlauben darf, davon zu sprechen. Daß diese erbärmliche Lage der französischen Presse nur der directe Ausfluß des vielgepriesenen CäsariSmuS ist, der die Einheit und Größe des Vaterlandes im Munde führt, um ihm die geistige und materielle Freiheit — diese Grundbediugungen alles Fortschritts — nach Mög lichkeit zu verkümmern, bedarf schwerlich erst des Beweises. Was das Rundschreiben betrifft, welches Herr de Moustier in Betreff der römischen Frage bei den katholischen Mächten in Umlauf gesetzt haben sollte, so erfährt man jetzt, daß dasselbe in der That existirt habe, aber nur als ein Brouillwn de« Herrn de Lavalette, das in Biarritz die Billigung de» Kaisers, in Paris aber nicht die Unter schrift deS Minister» erlangte. Nicht minder al« die Existenz diese» 1 Rundschreibens ist aber auch die vom „Mömorial diplomatique" ' gegebene Versicherung, daß Frankreich versprochen habe, die weltliche Macht des Papstes zu garantiren, in Zweifel gezogen. Ueber die orientalische Frage erfährt man, daß die Pforte in offtcieller Weise Frankreich ihren Dank abgestattet habe für die freundschaftliche Art, wie dasselbe ihr Interesse bei den jüngsten Verwickelungen wahrgenommen; sie hat erklärt, den Christen die ausgedehntesten Concessionen machen und die Bestimmungen de» Gat-Gumahun, die lange nur auf dem Papiere gestanden, innerhalb sechs Monaten in'« Leben rufen zu wollen. Im Uebrigen lauten die Nachrichten aus dem Orient fortwährend so widersprechend al» möglich. Während nach den türkischen Berichten die Insurgenten schon in Kurzem würden die Waffen strecken müssen, heißt eS von anderer Seite, daß dieselben die günstigsten Erfolge erringen, wofür auch die Verstärkungen, welche von den Türken fort und fort ihrer Armee auf Creta nachgesandt werden, zu sprechen scheinen. Eben diese Widersprüche finden sich in den Nachrichten über die Haltung Griechenlands; einmal heißt eS, solle den Cretern bewaffnete Unter stützung von daher zugehen, dann wieder soll die griechische Re gierung sich aller Einmischung enthalten.