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'74 Fortschritte- werden; sie richtet die volle Aufmerksamkeit unserer Publieisten und Staatsmänner auf die Institutionen, welchen Preußen seine erhabene Stellung in diesem Augenblicke verdankt, und sie werden un« zur regsten Nacheiferung anspornen. Was nun die militärische Einrichtung betrifft, so mußte es daS Staunen der ganzen Welt erregen, wie das verhältnißmäßig kleine Preußen mit seinen kaum 18 Millionen Bewohnern so leicht und rasch 700,000 Streiter in'ö Feld stellen konnte. Diese einzige Thatsache reicht hin, um den alten Glauben au die Vortrefflichkeit unseres militärischen Systems zu erschüttern. Wir können kaum dieselbe Anzahl waffentüchtiger Mannschaft aus unserer mehr, als noch einmal so starken Bevölkerung ziehen. Eine fernere Hauptursache der preußischen Uebermacht über Oesterreich besteht in dem höheren Bildungsgrade des preußischen Volkes, von dem nur ein sehr kleiner Theil in Unwissenheit aufwächst. Und was haben wir (Frankreich) in dieser Beziehung Preußen gegenüber zu stellen? Wird man es in einigen Jahren, wenn wir das preußische Beispiel gehörig zum Muster genommen haben Verden, für möglich halten, daß Frankreich so lange seine Volksschule vernachlässigen konnte, daß man Departe ments findet, in welchen von 100 Conscribirten über 60 weder lesen, noch schreiben können ? Die Eisenbahnbauten unterstützt man jährlich mit 400 Millionen, und für Luxusbauten in Paris hat man 250 Millionen übrig, aber für den Elementarunterricht im ganzen Reiche hat mau nur sechs Millionen bestimmt. Nordamerika ziel t 50 mal mehr für den Volsunterricht aus, ja die einzige Stadt New Jork allein jährlich elf Millionen, also fast noch ein mal so viel als ganz Frankreich. Wir kennen kaum eine schwerere Anklage gegen unsere Civilisation; sie gleicht einem Gebäude mit glänzender Fayade, an welcher mau die Säulen vergoldet, ohne an einen festen Grund gedacht zu haben; diesen Mischmasch von Ver schwendung und Knauserei, wo man Eis löffelt, ohne Brod zu haben, wo man golvdurchwirkte Seide trägt uns kein Hemde auf dem Leibe hat. Hoffen wir, daß die Aufrichtung eines mächtigen Deutsch lands vor unsern Thoren uns mahne, an unsere Würde zu denken. Wir haben heute von Deutschland in Wissenschaft und Volksbildung ebensoviel zu lernen wie ehedem von England in der Staatswirth- swaft und Industrie. Deutschland ist uns aus diesem Wege voraus, e;sern wir ihm darin nach, suchen wir es zu überflügeln, wenn uns das möglich ist. Nur damit machen wir Eroberungen, die unserm Ehrgeiz mit Recht schmeicheln und die lauter von unserm Patriotis mus zeugen werden als jede Gebietsvergrößerung, jede Erweiterung unserer Grenzen an dem Rhein. Unglücklicherweise haben wir in dieser Beziehung gegen eine P rtci anzukämpfeu, welche die allge meine U wissenheit wie ihre Domaine und ihr Erbtheil betrachtet, die sie mit aller Energie vertheidigt, weil sie fühlt, daß wahre Volksbildung ihr Untergang wäre. Sie hat es bis jetzt verhindert, daß mehr für den öffentlichen Unterricht bei uns geschah. Das Chassetpotgewehr kommt, wie die „Union" erfahrt, das Stück auf 70 Fr. zu stehen, also doppelt so viel, als daS sellher eingeführte Percussionsgewehr und 10 Fr. mehr, als das preußische Zündnadelgewehr. Wenn in Folge der bevorstehenden Reorganisation die französische Armee auf 800,000 Mann gebracht werden soll, so muß man, um für alle Eventualitäten des Krieges vorgesehen zu sein, wenigstens 1,600,000 Gewehre haben. Dies würde mithin eine Ausgabe von 112 Mill. Fr. verursachen. ihrer Stimmen von den 3 Angeklagten wörtlich und thätlich insul- tirt wurden, warf der Meißner plötzlich dem Oberamtmann Pfeifer, al« dieser behufs Abgabe seiner Stimme an den Wahltisch gehen wollte, die Schlinge eines Strickes über den Kopf sind schrie: „Wir wollen doch sehen, ob daran nicht 3 Demokraten hängen können." Die Angeklagten wurden zu je einem Jahre Gefängniß verurtheilt. Frankfurt, 14. Oct. sWes.-Z.) Vager Unzufriedenheit be gegnet man am besten damit, daß man die raschen und entschiedenen Consequenzen einer umsichtigen, fürsorglichen und wohlmeinenden Verwaltung erblicken läßt. Auf dem Gebiete des Postwesens haben wir bereits Gelegenheit gehabt, jene Folgen zu bemerken. Wenige Wochen der neuen Administration haben zu Verbesserungen hinge reicht, zu welchen sich bisher die alte Verwaltung nicht veranlaßt fühlte, oder die, wie andere in den letzten Jahren, hätten gewisser maßen erzwungen werden müssen. Das Publicum wird sich nur gratuliren können, wenn bald die definitive Ucbernahme der Taxis'schen Post, wie zu erwarten ist, stattfindet. In diesen Tagen erst wurde die Zahl der Briefkasten in unsrer Stadt durch 7 neue in den frequentesten Straßen vermehrt. Geh. Postralh Stephan, der ungemein thatige preußische Administrator des Taxis'schen Post wesens, ist vor einigen Tagen nach Hohenzollern gegangen, um auch die dortigen Posteinrichtungen zu regeln. — Unsre rothweißen Damendemonstrationen machen auch unter der Schuljugend in ihrer Art Propaganda, durch papierne Cocarden, Frankfurter Adler und dergl. Die ganze unschuldige Manie wird wohl mit dem Ver brauche der Bänder ihr Ende erreichen. — Heute wurde in unsern Kirchen zum ersten Mal da« Kirchengebet für den König und das königl. Hau« verrichtet. Es lief daS Gerücht, es würde auch dies nicht ohne einige Demonstrationen abgehen, und in der That sollen in einer Kirche einige Mißvergnügte dieselbe verlassen haben. Ein sichtige sprechen oft ihre Mißbilligung dieser Ungebührlichkeiten aus. Wird durch Derartiges den neuen Regierungsbehörden ihr Amt auch nicht versüßt, so entbehrt doch das Gerücht, als habe der Civilgouverneur, Hr. v. Patow, nm Enthebung von seinem Posten gebeten, der Begründung. — Der nordamerikanische Generalkonsul, Herr W. W. Murphy, hat vorgestern beim Aussteigen aus dem Wagen durch einen Fall den linken Arm zweimal gebrochen. Aus Altenburg berichtet die ,,D. A. Z" von der Erfindung eine« neuen Pulver«, welches besser wirkte, als das gewöhnliche Schießpulver, ohne dessen Gefährlichkeit zu besitzen. Jetzt unter handelt der Erfinder mit der französischen Regierung und mit einer englischen Gesellschaft über den Verkauf seines Geheimnisses. Wenn diese Unterhandlungen keinen Erfolg haben, so werden wir vielleicht sehr bald in den deutschen Blättern lesen, daß eS Pflicht der deut schen Nation sei, dem Erfinder, der seine Erfindung nur zum Besten des deutschen Vaterlandes verwerthen wolle, mit einer National- Subscription unter die Arme zu greifen! Prag, 16. October. Gestern und vorgestern wurden beim hiesigen Conscriptionsamt jedesmal nur vier Sterbefälle an der Cholera angezeigt. Die Epidemie befindet sich somit, wie man annehmen kann, im Stadium des Erlöschens. Pari«. (K. Z.) Es war bestimmt worden, daß die Schiffe zur Abholung oer französischen Truppen aus Mexico am 10 d. die diesseitigen Häfen verlassen sollten. Neuerdings aber hat man diesen Termin bis Anfang November hinauSgeschcben, da man erst telegraphische Nachrichten über den Erfolg der Mission Castelnau's abwarten will, ehe man weiter vorgeht. Die Rückkehr der franzö sischen Truppen wird indessen nicht, wie zuerst angeordnet war, in einzelnen Detachements, sondern möglichst auf einmal erfolgen, um der Gefahr zu entgehen, kleinere Bestände der Rückbleibenden von den Inaristen aufgerieben zu sehen. Es wäre nicht unmöglich, daß der Abzugstermin noch um einen oder zwei Monate hinausge schoben wird, da man contractlich verpflichtet ist, die vollständige Organisation einer rein mexikanischen Armer von 45,000 Mann abzuwarten, die gehörig mit französischen O'ficieren und Unter- officieren amalgamirt sein soll Außerdem soll beim Verlassen des Lande« den Kaiserlichen eine complete Reihe von Befestigungen auf der Linie Veracruz-Mexico übergeben werden, an deren Beendigung lebhaft gearbeitet wird. Schließlich aber ist man in Mexico jetzt entschlossen, von den 19 Provinzen de« Landes nur die folgenden 11 mit starker Hand festzuhalten, nämlich: Veracruz, Tamaulipas, Oajaca, Puebla, San-LuiS, Nuova-Leon, Mexico, Midwacan, Gu anajuato, Guadalaxara, Zacatecas. Den 40 größern Städten dieser 11 Provinzen soll nun für fünf Jahre eine außerordentliche Kriegs steuer auferlegt werden, deren Ertrag vornehmlich für die Besoldung der eignen Armee verwandt werden wird. — Im „Journal de Rouen" sagt ein Herr Eugene Noel: Wenn uns nicht Alles täuscht, so wird die große Umwälzung, welche jetzt in Deutschlvnd vorstchgeht und deren energisches Werk zeug Preußen geworden ist, für Frankreich ein neuer Anstoß des Freiberg. Wir wollen nicht unieeiassen, das kunstliebende Publikum auf die jetzt wieder vom hiesigen Gewerbeverein in's Werk gesetzte Ausstellung der vom Sächsischen Kunstvereine zur Verwesung angekauften Oelgemalde auch hierdurch ganz beson ders aufmerksam zu machen. Die Ausstellung wirb bereits diesen Sonntag geschlossen. Ist die Zahl der dießmal ausgestellten Ge mälde auch etwa« kleiner, als voriges Jahr, so dürfte sie an Kunslwerlh die letzten doch noch übertreffen. Prachtvolle Land schaften, Thierstücke und Stillleben wechseln >ab mit Darstellungen hochpvetischer Art und anziehenden Genrebildern. Den ungetheil- testen Beifall finden unter Anderem die Bilder: Der mißlungene Vogelfang (von E. Fischer in Dresden), Aßmanushauseu am Rhein (von Mali in München), Wasserfall bei Mondbeleuchtung (von Gebhardt in München), Die vier Jahreszeiten (von Schönherr) und Der Strohdeckeljunge (von Wolf in Dresden). -j- Dresden, 16. October. Der Herbstwind rauscht durch die welken Blätter und hat den reizenden Anlagen des großen Gar tens und anderer Lieblingsplätze des Publikums schon ein recht me lancholisches Ansehen gegeben, um gewissermaßen an die Stille des kommenden Winters zu mahnen. Um Dresden geht's freilich noch sehr munter zu, denn noch arbeiten Tausende an dem Kranze, der unsern Ort ringsum mit Schanzen umflechtet. Wer noch keine