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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. ^-245 Erscheint jeden Wochentag flüh S U. Inserate «erden bis Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Freitag, den IN. October Preis »teneljahrl. 20 Ngr. Inserat» werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 1866. -i- DaS Napoleonische Kaiserreich. Die Schatten auf der Lebensbahn des Kaisers Napoleon wer- dtn länger, die Sonne neigt ihrem Untergange zu; so melden die Berichte über den Gesundheitszustand des Mannes, der seit 17 Jahren die Geschicke Europas mehr oder weniger in seinen Händen vereinigte. Ob diese Nachrichten nun wahr oder übertrieben sind, so viel steht fest, daß Louis Napoleon krank ist und der Tod ihn Plötzlich abberufen kann. Dieser Umstand genügt, den Blick auf merksam auf Frankreich zu richten und daran zu denken, daß — sollte der Tod Napoleons über kurz oder lang erfolgen — eine Krisis in Frankreich wohl unausbleiblich sein wird. Freilich hat während des zweiten Kaiserreiches eine straffe Ordnung in Frank reich geherrscht; aber es wäre eitel Selbsttäuschung, wollte man sich verhehlen, daß diese Ordnung nur durch künstliche Mittel einer Ma schine erhalten werden ist, die — wie man wohl nicht mit Unrecht fürchtet — mit dem Ab e en ihres klugen Erfinders den Dienst versagen wird. Die Bajonnette sind böse Dinger, indeß bilden sie doch kein zuverlässiges Fundament für einen Staat. Das Kaiser reich jedoch hat sich vorzugsweise auf die Armee gestützt, und ob trotzdem die Armee so Napoleonisch gesinnt sein wird, um das Kaiserreich zu erhalten, wenn die Person des Kaisers vom Schau platz abtr'tt, mag sehr zu bezweifeln sein. Auch die Prätorianer in Frankreich sind unbeständige Franzosen, und weswegen sollten sie für einen zehnjährigen Knaben oder gar für seine spanische Mutter begeistert sein? Ebensowenig das Volk. ?uuem et circensis hat der Kaiser ihm gegeben, damit es ruhig sei; aber dadurch sind die Finanzen Frankreichs tief erschüttert worden, und man rechnet an ders nach dem Tode des Vermögensverwalters, als bei seinen Leb zeiten. Die Kaiserin liebt man gar nicht, ein Weiber-Regiment würde den Stolz der Franzosen in allen Kreisen verletzen. Nun kommt noch die böse Schlappe in Mexiko hinzu und der kriegerische Erfolg Preußens und seine Vergrößerung — Thatsachen, welche der französische Geist nicht verwinden kann und über deren ihn ver letzenden Inhalt er natürlich das Regiment verantwortlich macht, welches sich als seine Vorsehung hingest» llt hat. Nach alledem scheint es nur zu wahrscheinlich, daß der Tod Napoleons neue Kri sen in Frankreich Hervorrufen würde. Aber im Zusammenhänge damit auch in Deutschland, und spe- ciell hätte Preußen Ursache, in seiner jetzigen Lage den Tod Na poleons zu beklagen. Geht mit dem Kaiser auch vielleicht kein Freund Preußens von dannen, so doch auch kein wirklicher Feind, und dies war genug für Preußen, welches nach seinem Siege die Eifersucht der großen Mächte sattsam wachgerufen hat, um durch einen kriegslustigen Feind in eine gefährliche Lage der Jsolirung verfitzt werten zu können. Oesterreich gewiß nicht, auch schwerlich Rußland würden Preußen heule in einem Kriege mit Frankreich unterstützen wollen. Und verhehlen darf man sich doch nicht, daß die Eifersucht, der verletzte Stolz, der Neid der Franzosen auf ras kriegsruhmvolle und vergrößerte Preußen groß genug sind, um einen Krieg zur Eroberung der Rheingrenze populärer al« je für die Franzosen erscheinen z« lassen. Der Kaiser Napoleon hat die Macht, dieser Empfindlichkeit seines Volke» in dem Bewußtsein Stand zu halten, daß ein Krieg mit Preußen seiner Dynastie einen schlimmen und unversöhnlichen, kriegsfertigen Feind erzieht, abge sehen davon, daß er jetzt ohne Noth nicht verlockend sein kann. Aber solche kluge Erwägungen werden nach seinem Tode die ent fesselten Leidenschaften der Franzosen nicht zu zügeln vermögen und die neue Negierung wird nicht stark genug sein, mag sie nun kai serliche Regentschaft, Republik oder Königthum heißen, um sich nicht von diesem Strom der Kriegslust fortreißen zu lassen, damit er statt über sie, sich über das Ausland ergieße. Die Kriege der Re publik von 1792, die Napoleon den Großen hervorbrachten, ent sprangen der gleichen Ursache. Aber freilich, damals führten die Franzosen neue Ideen in's Feld — mit welchen Ideen möchten sie uns heute zu schlagen versuchen? Tagesgeschichte. Berlin, 16. Oct., Abend». Die „N. A. Z." enthält folgende Mittheilung: In der nächsten Zukunft steht die Anordnung der jenigen militärischen Dispositionen zu erwarten, welche durch die Erweiterung des preußischen Staatsgebiet« nothwendig geworoen sind. Dieselben beziehen sich auf die DiSlocirung verschiedener Truppentheile und auf die Bildung von drei neuen ArmeecorpS, eines für Hannover, eines für Kurhessen, Nassau und Frankfurt und eines für die Elbherzogthümer. Die neuen Anordnungen werden natürlich von dem Grundsätze auSgehen, daß alle wehr fähigen Einwohner der neuen Provinzen zur Leistung der Dienst pflicht heranzuziehen seien, doch soll dabei auf die in den verschie denen neu erworbenen Landestheilen bestehenden Verhältnisse mög lichst Rücksicht genommen und mit der Schonung verfahren werden, die durch ein Uebergangsstavium geboten ist. Bon Seiten der Mi litärverwaltung sind bereit« die Sprcialcommissare ernannt, welche zur Organisirung de« Militärersatzgeschäfts sich nach den neuen LandeStheilen begeben sollen. Für Hannover ist diese Function dem Generalmajor v. Schwarzhoff, für Kurhissen und Nassau dem Ge neralmajor v. Schmidt, für Schleswig-Holstein dem Obersten v. Blücher übertragen. In Bezug auf Kurhessen und Nassau ist auch die Leistung de« Fahneneides schon angeordnet, in Bezug auf Hannover ist diese Anordnung noch nicht erfolgt. Die in einigen Blättern enthaltene Nachricht, daß in Nassau die militärische Aus hebung in der bisherigen Weise stattgefunden habe, dürfte sich al- falsch erweisen, da, wie gesagt, bei den neuen Aushebungen überall der preußische Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht in Anwendung kommen soll. Elbing, 10 October. (N. E. A.) Am 8. dss. Mts. wurde vor dem hiesigen KreiSgerichte üb»r die Anklage wider den Kutscher Johann Schöneberg, den Arbeiter Johann Ferdinand Krakau und den Maurergesellen Gottfried Meißner von hier verhandelt. Bei den am 25. Juni d. I. in Elbing stattgehabtrn Urwahlen wurden in mehreren Wahllocalen Excesse verübt, indem die der conserva- tiwn Partei angehörigen Urwähler diejenigen Personen, welche einem liberalen Wahlmanne ihre Stimme geben würden, offen mit Mißhandlungen bedrohten. In dem St. Annenschutlocale wurden die Wähler der liberalen Partei an der Abgabe ihrer Stimme und an der Ausübung ihres Wahlrechts dadurch gehindert, daß dieselben theils mit Gewalt aus dem Wahllocale herausgedrängt, th^il» mit Aushängen bedroht wurden und deshalb ohne Weitere» da« Local verließen. Die drei Angeklagten haben sich an diesen Excessen be- theiltgt. Während nämlich mehrere liberale Urwähler bei Abgah«