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»'M Kerger Mznger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, S ayd a u. Brand. 18M V 2l»Ü Freitag, den 7. September schwindet. Erscheint jeden Wochentag früh 4 U. Inserate werden bl« Nachm. S Uhr für die nächste Nr. angenommen. Prei« vierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zelle »der deren Raum mit 5, Pf. bere-yet. ist für die Entwicklung und Neugestaltung Deutschland«, respektive Norddeutschlands von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, denn we« der Rußland noch Frankreich werden unter ihren Verhältnissen an eine Einmischung in deutsche Angelegenheiten denken. Rußland scheint überhaupt die Triebfeder der ganzen Bewegung im Orient zu sein. Die Pforte selbst rüstet aus Leibeskräften, um wenigsten«, wenn es nicht anders geht, mit Ehren zu fallens Am schlimmsten ist Oesterreich daran. Noch hat es die letzten Schläge in Böhmen nicht verwunden, so muß es seine Aufmerksamkeit neuen Verwick lungen zuwenden, in welche es unter allen Umständen mit htvein- gezogen wird. Die nächste Zeit wird lehren, ob sich das Gewitter entladet, oder die drohende Wolke nochmals vöm Himmel Europas ver- - -l- Die orientalische Frage. Kaum sind die Kanonen von Königgrätz verstummt, so scheint es fast, als sollte der Krtegslärm von Neuem auf der Balkan- Halbinsel erschallen. Darüber herrscht kein Zweifel, daß die Türkei noch einmal und dann jedenfalls auch das letzte Mal den Zankapfel bilden wird, der ganz Europa in Feuer und Flammen versetzt. Ob dieser Moment schon jetzt gekommen ist, oder ob die überall hervorleckende Gluth sich abermals mit diplomatischen Mit teln dämpfen läßt, wer will, wer kann das bestimmen? Die Pläne, den Halbmond aus Europa zu vertreiben, haben seit Jahrhunderten die Diplomatie sämmtlicher europäischer Groß staaten in Bewegung gesetzt und nur die gegenseitige Eifersucht we gen der Erbschaft des kranken Mannes ließ letzteren seine sieche Exi stenz fortfristen. Der Türke selbst fühlt es sehr wohl^ daß er nur ein geduldeter Gast in Europa ist. Nach seinem Glauben ist Asten das einzige und wahre Vaterland aller Muhamedaner. Deswegen begraben die Einwohner Konstantinopels ihre Todten — fall« eS irgend ihre Mittel gestatten — auf dem Begräbnißplatze bei Sku- tari, denn eS ist ihnen ein schrecklicher Gedanke, daß ihre Asche einst von den Füßen der Ungläubigen, d. h. der Christen, getreten wer den könnte. Eines der ältesten Projecte, das türkische Reich zu vertheilen, wurde im Jahre 1736 vom Cardinal Alberoni entworfen. Dieser Plan ist um so merkwürdiger, als er schon damals die Lösung der schleswig-holsteinschen Frage mit betraf. Nach demselben sollte der Herzog von Holstein-Gottorp, der mit Dänemark um Schleswig stritt und außerdem Ansprüche auf die schwedische Krone erhob, zum griechischen Kaiser ernannt werden; sein Sitz sollte Konstantinopel sein; Rumelien, also Thrazien und Makedonien, Bulgarien und einen Theil des bisherigen Reiches in Asien und Afrika wollte Al beroni unter seinem Scepter vereinigen. Dänemark würde nach diesem Plane Schleswig und Holstein erhalten, dafür aber 10,000 Mann zum Kriege gegen die Türken an der Weichsel haben stellen müssen; die Ansprüche auf Schweden, welches die gleiche Zahl Trup pen zu liefern haben sollte, hätte dann der Herzog von Holstein an da« Hau« Hessen-Kassel übertragen müssen. Die Polen sollten 30,000 Mann an der Weichsel sammeln, der deutsche Kaiser direkt mit 100000 Mann auf Konstantinopel marschiren u. s. w. u. s. w. Dies abenteuerlich klingende Projekt ist darum besonders merk würdig, weil es der erste diplomatische Entwurf ist, welcher einer seits das Bewußtsein eines geregelten europäischen Staatensystems hat und außerdem zum ersten Male das sogenannte europäische Gleichgewicht berücksichtigte. Sodann ist noch bemerkenSwerth, daß die damals vorliegenden europäischen Fragen auf Kosten der Türkei gelöst werden sollten. Daß die Sache nicht zu Stande kam, war vielleicht gerade eine Folge hiervon, zum Theil aber auch eine Folge der keineswegs sehr freundschaftlichen Beziehungen, in weichen die europäischen Staaten zu einander standen. Seitdem sind eine ganze Reihe anderer Pläne aufgetaucht, die immer auf die Zertrümmerung der Türkei Hinausliesen. Daß ge rade jetzt die orientalisch« Frage wieder in den Vordergrund tritt, Tage8tzeschichle Dresden, 6. Sept. (Dr. N.) Da nach dem jetzt ratificirten und veröffentlichten Friedensabschluß zwischen Oesterreich und Preu ßen der Fortbestand der Integrität Sachsens ausdrücklich stipulirt ist und es sich gegenwärtig nur um die zu vereinbarenden Bedin gungen des engeren Anschlusses Sachsens an Preußen bezüglich der Armee rc., sowie um die Höhe der Kriegskostenemschädigung han delt, die betreffenden Verhandlungen aber, welche selbstverständlich von beiden Cabineten so geführt werden, daß, darüber in die Oef« fentlichkeit etwas nicht zu dringen vermag, noch in der Schwebe sind, — so sorgen und ängstigen sich gegenwärtig Viele wegen der Gestaltung der künftigen Stellung Sachsen« zu dem Nordbunde, und zwar, wie uns scheint, vor der Hand ganz umsonst. Wir hal ten daher dafür, daß es am Räthlichsten sein möchte, dergleichen vagen Muthmaßungen und beunruhigenden, auf keiner sicheren Ba sis beruhenden Mittheilungen auswärtiger Blätter keine weitere Be rücksichtigung zu schenken. * Berlin, 5. Sept. Nach einem Schreiben von der russischen Grenze in der „Osts.-Z " beschäftigt sich die russische Presse jetzt — Angesichts der hervortretenden orientalischen Frage — angelegentlich mit der Allianzfrage Rußland«. Ein Schutz- und Trutzbündniß mit der großen amerikanischen Republik, der eS darum zu lhun ist, eine Flottenstation im mittelländischen Meere zu erhalten, sei unzweifel haft. Die zweite Macht, deren Bündniß selbst die jungrussische (preußenfeindliche) Partei in« Auge fasse, sei Preußen. Der Corre- spondent bemerkt dazu: Rußland kann sicher darauf rechnen, daß, wenn Preußen sich in dieser Frage zu seiner bewaffneten Unter- stützung entschließen sollte, der dafür beanspruchte Lohn nicht gering sein wird. Unter den preußischen Forderungen dürfte die Forde rung der Eröffnung der russischen Grenze für den preußischen Han del jedenfalls eine hervorragende Stelle einnehmen. Schon seit längerer Zeit schweben zwischen dem Berliner und dem Petersbur ger Cabinet Unterhandlungen wegen Abschlusses eines Handelsver trag«, die aber noch immtr nicht zu dem erwünschten Ziele geführt haben. Wie wir hören, ist die Forderung eine« Handelsvertrag« Seiten Preußens in letzter Zeit entschiedener und dringender gewor den, und Grast Bismarck soll sich sogar auf die Bestimmungen des Wiener Traktate« berufen haben, welche den ehemals polnische« Landestheilen freien Handelsverkehr gewährleisten und die lediglich durch die Schuld der russischen Regierung nicht zur AuSsühruna- gekommen sind. Davon mag Rußland sich überzeugt halten, daß? die endliche Erfüllung dieser vertragsmäßigen Bestimmung«« sMer- seit« a«ch> unabhängig von der orientalischen Frage stet- eine dÄn»