Volltext Seite (XML)
Nr. 92. — ISS8; 7- Dlese verbreitetste unparteiische Zeitung erscheint Wochentags Abend» (milDatuin des nächsten Lage») und kostet mit den sechs Wöchentliche» Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, L. Kleine Botschaft, 3. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, ». Jllnstrirtes Unter- haltungsblatt, k. Lnstiges Bilderbuch monatlich bv Pfennige. 1898. Pvstliste: Nr. 2808, Tklegravim -Adresse; Generalanzeiger, gernlvrechstelle 0!r. ISS. General- Siinuaben-, den 23. April. für Chemnitz UN- Umgegend. (Sächsischer La»deö«srn»eig«r1. Gegründet 1SV3 als „An»eig«r" re. Verlag und Notati»»»«aschi»en-Drn«r von Alexander Wied« in Chemnitz, Lheaterstraste Nr. S. Anzeigenpreis: SgespaUen» TorpnSzelle (ca.9 Silben fastend) oder deren Raum löPfg. (Preis verzeichnisse ä. Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (»gespaltene Petit-Zeile circa 11 Silben fastend) 30 Pfg. — Anzeigen können mir bis Bormittag w Uh» angenonrmen ivecden, da Äruck «nd Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer Elsenbtlhu-Zeitnng. Unter dem Druck des Krieges! L Berlin, 21. April. Der Ausbruch des spanisch-amerikanischen Krieges Sußect bereits, noch ehe die Feindseligkeiten begonnen haben, seine schädigende Wirkung auch auf unser Wirthschastsleben. Die Berliner Börse hat heute den letzten Rest ihres Optimismus ver loren, die Kurse fast aller Werthc erlitten einen sehr empfindlichen Rückgang. Dabei wurde kein als noch so sicher geltendes Gebiet verschont: Banken wie Elektrizitässgesellschaften, Zementsabriken und Hüttenwerke, chemische Fabriken, Maschineusabrikcn, Brauereien, Transportgesellschaften — Alle mußten dem Krieg oder vielmehr der KriegSsurcht Tribut entrichten. Die Kursrückgänge beliefen sich zwischen zwei bis zu 10 Prozent. Auch Reichsanleihe und preußische Konsols gaben nicht unbeträchtlich nach. Seltsamer Weise behaupten sich die amerikanischen Papiere ziemlich gut, auch ein Zeichen, daß man an de» Sieg der amerikanischen Waffen glaubt. Das Privatpnblikum, das bisher weit mehr Kaltblütigkeit bewahrte als die Bernfsspekulation, ist ängstlich geworden. Man muß sich leider darauf gefaßt machen, daß diese Bestürzung in den nächsten Tagen eher zunimmt als abnimmt, und daß unter dem drängenden Angebot die Kurse noch stärker ins Weichen komme». Wird das Publikum einmal besorgt »m seine» Besitz, dann achtet es erfahrungsgemäß auf keine zur Besonnenheit mahnende Stimme mehr, dann vergißt cs ganz und gar, daß die Situation unserer Industrie eine »»verändert günstige, zum Thcil glänzende ist — es trachtet dann nur noch darnach, zu jedem Preise, mit jedem Verlust, sich seines Besitzes an Werthen zu entledige». Und, selten wie ein Mißgeschick allein kommt, so gicbt jetzt außer der Furcht vor den internationalen Störungen des Handels »och die Vorthenerung des Geldes Grund zu Besorgnisse». Allerdings erscheint die Erhöhung der Bnnkdiskontsätze in London, Paris, demnächst auch in Berlin bei den gesteigerten Ansprüche», welche der Krieg mit sich bringt, unausbleiblich. Schon die Größe dieser wirthschaftlichen Schädigungen, welche vorauszusehen waren, läßt auf's Neue bedauern, daß die Mächte nicht entschiedener, eifriger und zeitiger mit ihrer Vermitllungsaktion begonnen haben und daß sie nicht, statt mit allgemein gehaltene» Fricdcuswünschsn, mit einem praktischen Vorschläge an Spanien und die Vereinigten Staate» herantraten. Nicht einmal, wenn so bedeutende gemeinsame Interessen auf dem Spiele stehen, hört die Eifersüchtelei ans im »europäische» Konzert". Dafür wird man dann wohl, nachdem der Krieg beendet ist, die Diplomatie in desto rührigerer Thätigkcit sehen; dann wird es an Vorschlägen und Ein mischungen nicht fehlen, ans daß der Friedensvcrtrag »gerecht" auS- fällt und Niemandes Kreise stört. Mit demselben Aufgebot von Emsigkeit und Scharfsinn, welche die Diplomatie nach einem Kriege entfaltet, könnte der Krieg verhütet worden sein. Ei» Lichtblick ist »och, daß die Vereinigten Staaten sich der Kaperei nicht bedienen wollen. Dieser Entschluß bedeutet für den internationalen Seeverkehr eine große Erleichterung. Die spanische Negierung wird, trotzdem sic gerade auf die Kaperschiffe viel Hoff nungen gesetzt hat, indem sie dadn ch dem amerikanischen Handel schwere Verluste beiznbringen gedachte, »nnmchr ebenfalls auf diese sanktivnirte Seeränbcrei verzichten müssen. die Frauen haben infolge dessen häufig einen Urlaub nöthig, der bei den männlichen Beamte» nicht vorkommt. Im Allgemeinen ist die Arbeitsfähigkeit der Frauen vor dem fünfzigsten Jahre (d. h. also, so lange sie mit den natürlichen Störungen des Organismus zu kämpfen haben) vollständig unzureichend. Aus diesen und anderen Gründen hat nach Ansicht der Postverwaltung in Schweden die Ver wendung der Frauen im Postdienst sich als nicht besonders empsehlens- werth erwiesen. — Die Hauptversammlung der Deutschen Kolonial gesellschaft soll am 28. Juni zu Danzig stattfinden. Sollte der Termin der Reichstagswahlen, dessen Anberaumung bevorsteht, diesen Festsetzungen hinderlich werden, so würde eine Aenderung derselben eintreten. Politische Nimdscha,». Chemnitz, den 22. April 1898. Deutsches Reich. — Der Termin für die Reichstagswahlen ist nunmehr festgestellt. Die Wahle» werden Milte Juni stattfinden. Die Ver öffentlichung des Termins dürfte in allernächster Zeit erfolgen. Es ist angenommen worden, daß für diese Veröffentlichung erst der Schluß der jetzigen Tagung des Reichstages abgewartct werde» müsse. Eine solche Nolhwendigkeit liegt nicht vor. Die Bekannt machung wird vielmehr, sofern es »othwendig erscheint, auch vorher erfolgen. — Ein dem Reichstage zugegangener Nachtragsetat beziffert sich ans insgesammt 7,787,885 Mk.; davon sind 5,000,000 Mk. zur Verwaltung des Gouvernements Kiaotschau und 1,000,000 Mk. zur Unterhaltung der Postdampferverbindnng mit ystasien und Australien bestimmt. — lieber den gegenwärtigen Stand der Militärstraf- prvzeßreform wird jetzt behauptet, daß die Verhandlungen zwischen dem Kaiser und deuvPrinzregentenLuitpoldvonVayern wegen des obersten Militärgerichts zu einem Ergebnisse nicht geführt haben, weil ver Prinzregent sich nicht habe entschließen können, über eine Frage zu entscheiden, die in die Prärogative der Krone eingreife. Mit Rücksicht aus die Verhältnisse in Bayern und i» fernerer Er Wägung, daß „ach menschlichem Ecniesscn in nicht allzu ferner Zeit die Regentschaft ei» Ende nehmen werde, sei mau übercingekomme», die Entscheidung hinansznschicbe». Die führenden Parteien des Reichs tages seien bereit, Bayern seinen besonderen obersten Landesgerichls- hof einstweilen zu belassen und dessen lliitervrdnuiig unter das Reichs- Militärgericht einer spätere» Zeit vorznbchalten. — Ueber die Verwendung von Frauen im Post dienst hatte das Reichspostamt in Berlin im vorigen Jahre eine Anfrage an die schwedische Postvcrwaltnng gerichtet. Darauf ist jetzt eine ausführliche Antwort ergangen. Ueber die Erfahrungen, welche die Postverwaltung in Bezug ans die Arbeit der Frauen gewonnen hat, berichtet die schwedische Verwaltung: Im Allgemeinen ist die Arbeit der weiblichen Beamten gualitativ mit der Arbeit der männ lichen von gleichem Werth. Die jüngeren Beamtinnen haben aber i»> Allgemeine» kein großes Interesse für ihre Beschäftigung, weil sie dieselbe nur als vorübergehend betrachten. Quantitativ läßt die Frauenarbeit viel zu wünsche» übrig. Ihre physische Kraft reicht i» de» meisten Fällen für die anstrengende Thätigkeit nicht aus und München, 20. April. Maximilian Harden erhielt in Folge des Artikels in der letzten Nummer der „Zukunft" über König Otto von Bayern vom hiesigen Amtsgericht ein Strafmandat wegen groben Unfugs zugestellt. Die Verfolgung wegen Beleidigung eines Bundes fürsten konnte nicht eingeleitet werden, da hierzu nach dem Straf gesetzbuch die Ermächtigung des Beleidigten erforderlich ist und diese i>» vorliegenden Falle nicht eingeholt weiden kann. Ausland. Oesterreich-Ungar». I», österreichischen Abgeordneten- Hause verlief die fortgesetzte Debatte über die Ministeranklagc unter großer Theilnahmlosigkeit. Die Rechte bleibt den Berathungen ostentativ fern. Es hat sich bis jetzt noch immer kein Abgeordneter als Redner gegen die Ministeranklagc eintragen lassen. Vielfach wird die Meldung besprochen, die Negierung plane die Auflösung des Abgeordnetenhauses und Neuwahlen unter einem vktroyirten Wahl- gesctze, wonach die Hälfte der Mandate durch die Landtage, die andere durch gleiches Wahlrecht zu besetzen wäre. Jedenfalls will die Negierung die Debatte über die Spcachenanträge abwarten. Kommt die Wahl eines Ausschusses zu Stande, so soll dieser als permanent erklärt werden und auch während der Delcgationsbcrathungen tagen. — Tie Vorlagen sür den österreichisch.ungarischen Aus gleich-wurden nunmehr in den Parlamenten zu Wien und Buda pest eingebracht. Sie beziehen sich aus das Zoll- und Handels, bündinß, die Verzehrungssteuer» auf Zucker, Bier und Branntwein, die Fortführung der Währuugssorm und die Abänderungen des Vankstatutes. Der Quotenvorschlag fehlt. Was den Inhalt der Vor lagen lntrifft, so wird er als für Oesterreich höchst ungünstig be zeichnet, die Situation wird also wiederum wesentlich verschlech'ect. Auch in Ungarn ist die Einbringung der Vorlage nicht von Glück begleitet gewesen. In Folge der Obstruktion der Kossnlhpartei konnte die Zuweisung der Vorlagen an die Ausschüsse — zum ersten Male seit 80 Jahren — nicht sofort erfolgen und mußte vertagt werden. — Ueber die Vorgänge im deutschen Parteilager wird geschrieben: Es ist in den letzten Tagen besonders lebhaft hcr- gegangc» innerhalb des deutschen Parteilagers, wo fortgesetzt das leidenschaftliche Schieben und Drängen Seitens der rcidikalnationcilen Schöuerergruppe und die Retardirungsbestrebungcn der übrigen oppositionelle» Fraktionen anhalten. E» kommt dabei manchmal sogar zu ernsten Zusammenstößen, wie z. B. zu Böhmisch-Kamnitz, wo der deutschfortschriltliche Abgeordnete Stefan Richter mit seinen bäucr- lichen Wählern durch die Schönererianischcn Stadtwähler von Boden bach und anderen benachbarten Städten von einem Versammlungs lokal zum andern gejagt wurde, bis sie endlich »ach mehrstündigem Marsche in die Lage kamt», ihrem Abgeordnete» ihr Vertrauen zu votire». In Neichenbcrg wurde dem Abgeordneten der Deutschen Bolksparlci, H. Prade, von den Wählern sehr kalegorisch die Obstruktion gegen jede Regierungsvorlage aufgetragcn, bis die Sprachen- verordnnng aufgehoben und ein Sprachgesetz mit der deutschen Staats, spräche von der Regierung eingebracht sein wird. Aehnliche Mel düngen kommen von allen Seiten. Sehr scharf gegen die Schönererianer sprach der Abgeordnete Or. Grabmayr vom Tiroler Großgrundbesitz, der ihr Vorgehen als eine Meuterei im eigenen Lager der Gesamnilpartei bezeichnete, das Oestcrreichcrthum betonte und vom Gesichtspunkte des »Patriotismus" aus der Schönererischen Agitation entgcgentrcteu will. Grabmayr ist eben ein Abgeordneter des Großgrundbesitzes und kann sich solche patriotische Phrase» leisten, während die Volksabgeordneten weit mehr mit der allgemeinen Stimmung in den deutschen Wählerkrcisen zu rechnen haben, welche gewiß nicht »»patriotisch denken, aber die in Schönerer und Wolf pcrsoilifizirle schärfste Tonart im nationalen Vcrtheidigungskampse schon ziemlich allgemein mehr begünstigen, als die Beobachtung von Rücksichten und der Erwägimge» einer parlamentarischen Diplomatie. Belgien« De», »Soir" zufolge verweigert der König die Sanktion des Gesetzentwurfs, welcher die vlämische Sprache als belgische Amtssprache der französischen gleichslellt. Der Entwurf war nach jahrelangen Kämpfen endlich zu Stande gekommen. In Folge diescr Nachricht herrscht in vlämischcn Kreisen große Auslegung. Die Entscheidung. Die Würfel sind gefallen, der Krieg ist »»vermeidlich. Nur noch Stunden trennen uns von dem Erscheine» des amtlichen Schrift stückes, das unter dem Namen einer Kriegserklärung den Beginn der Feindseligkeiten einleitct und den Truppe» und Schiffen gestattet, die Sprache der Kanonen und Flinten an die Stelle der sonst üblichen Verständigungsmittel zu setzen. Die Unterzeichnung der Beschlüsse, die vom Senat und vom Rcpräscnlantcnhause in Washington ange- genommen wurden, hat den erste», bedeutsamen Schritt in der weiteren Entwicklung gebildet, die Hoffnung der amerikanischen Friedensfreunde, daß der Präsident Mac Kinley »och im letzten Augenblick zurück- scheuen werde vor der Verantwortung, daß er die Besonnenheit des Staatsmannes entgegensetzen werde der Leidenschastlichkeit einer von starken Interessen beeinflußten Volksvertretung, ist vollständig ent täuscht worden; man darf annehmen, daß auch der höchste Repräsen tant der Union seit Anbeginn zur Kriegspartei gehörte und daß er eine dilatorische Politik nur getrieben hat, um hinreichende Zeit für die Rüstungen zum Kriege zu gewinne». Die Beschlüsse des Kon gresses bedeuten ein Ultimatum, dessen Beantwortung nur in der Kriegsecklärung seitens der Spanier bestehen kann. Wen» mau dennoch in Madrid nach den vorliegenden Meldungen nur beabsich tigt, dem Gesandten der Vereinigten Staaten seine Pässe zuzustelle», so drückt auch hierin sich keineswegs der Wunsch ans, den Krieg zu vermeiden, sondern lediglich die Absicht, dem Gegner den letzte», stet- fatalen Schritt der Kriegserklärung zu überlassen, um auch in dein naiven Urtheil der Masse den Eindruck zu bewahre», daß man den Kampf gegen einen feindlichen Angriff zu führen habe, daß man zu den Waffen greife, nur um das Vaterland gegen diesen Angriff zu schützen. Noch hat Mac Kinley bis Sonnabend Nacht eine Frist ge- - stellt, aber die Ehre Spcinicns wird cs kaum dulden, daß Über die gleichenlose Herausforderung noch von Ministern oder Deputaten verhandelt wird, die Ablehnung des Ultimatums wird kurzer Hand erfolgen, und so wird vielleicht schon in den nächsten Stunden der erste Kanonendonner über die Fluthe» rotten. Es ist selbstverständlich, daß die deutsche Diplomatie keine Ge- fühlspolitik zu treiben »nd nicht aus Sympathien für den Einen oder Anderen der Kriegführenden ihre Schritte zu bemessen hat. Deutsch land selbst hat nur ein pekuniäres Interesse an der Entwickelung der Dinge. Aber wen» auch das offizielle Deutschland sich Zurück haltung auferlegen muß, so wird inan doch andererseits e» nicht leugnen dürfen, daß in der Masse des Volkes in ganz entschiedener Weise die Sympathien für Spanien gewachsen sind. So lange der cubcinische Aufstand in dem Rahmen einer internen Angelegenheit des spanischen Reiches blieb, konnte man in Madrid sich wahrlich nicht über allzu warme Sympathien beklagen; man war sich bei un» und anderwärts vollständig darüber klar, daß' eine gewaltige Miß- wirthschaft, wie sie ja noch überall sich mit dem Pricslcrregiment vereint hat, die Schuld an der cubanischen Katastrophe trüge, und man bedauerte nur, daß gerade an der schuldlosen Regentin di« Sünden der Väter heimgesucht werden sollten. Als jedoch die ge waltige Arroganz, die nun einmal »n der Monrordoltrin sich ver körpert, immer wieder zum Angriff drängte, als ein HochmnthStaumel das ganze amerikanische Volk in Delirien stürzte, da begann man über der größere» Schuld die kleinere Schuld zu vergessen, und ein gerüttelt Maß ist den Dankes fast überall aiifgcschüttet.^ Denn Ivenu die Vereinigten Staaten ans dem ei»gebild:tei, Recht, das ihnen die Monroelehre gicbt, die Kvnsegucnzen ziehen, so sind auch die west indischen Besitzungen der Engländer, Franzose», Holländer, Däne» von ihnen unmittelbar bedroht. An den ersten Krieg also, den die Vereinigte» Staate» mit einer europäischen Fcstlandsmacht führe», chließt sich so die Perspektive einer währenden Reihe von Kämpfe^ mit denen die neue Welt den allen Erdtheil, bedroht. Die tollste Ironie aber und zugleich wohl die wunderlichste Illustration, mit der jemals die Weltgeschichte sich selbst bedachte, würde es sein, wenn etzt, wo das Sternenbanner entfaltet wird mit der bombastische» Versicherung, daß man den Bedrängten und Gequälten der Insel Cuba, daß man den armen Opfern spanischer Willkür und Nachgier Schutz und Hilfe bringen müsse — wenn jetzt die Aufständische», wie es zum guten Theil den Anschein hat, nicht etwa den Danke» mit offenen Armen entgegeneile», sondern die Streitaxt begraben und sich mit den Spaniern verbinden würden znm Kampf gegen ihre — Befreier! Die Entscheidungen sind nun erfolgt, auch wenn der formell« Schlußakt »och fehlen mag. In Amerika wie in Spanien ist die Erregung der Masse» auf den höchsten Gipfel gestiegen. Der Mi nisterpräsident Sagasta selbst, der bisher doch wahrlich sich nicht als ei» leichtsinniger Stürmer und Dränger erwiesen hat, führte in der Rede an seine Politischen Gesinnungsgenosse» eine Sprache, die es bekundet, wie die amerikanischen Heransforderuiigcn selbst den ruhigsten Sinn in Wallung bringen. Der Spanier hat eben durch alle Misere der Jahrhunderte doch jene» hochfliegenden Nationalstolz, jenes feine Ehrgefühl bewahrt, die wir in den Produkten seiner Poesie bewundern. Die Kämpfe gegen Napoleon haben cs bewiesen, Arriazas „Prophezeiung des PyrcnänS" ist eine der mächtigsten Schöpfungen einer von nationalem Stolze genährten Poesie: „Ber- zwciflnng macht de» Heldcnmuth unsterblich, zum Schwert die Ketten und die Schmach zum Sieg." Es wird kein Sicgesmarsch von Paris nach Berlin sein, wie ihn einst die Franzosen träumten, den jetzt die Amerikaner antretcn. So gewaltig auch die Macht de» Dollars ist, so findet er doch einen ebenbürtigen Gegner in dem Todesmulh eines m» seine höchsten Güter ringenden» vom Rechte beschirmte» Volkes. , Telcgrcpisch wird gemeldet: M adrid. In der Nacht zum Donnerslag ist das Ultimatum McKinlcy's hier cingetrosfcn. Es ist englisch geschrieben, kurz gefaßt und verlangt, daß bis Sonnabend früh Spanien sich entschließe, seine Landtruppen und Kriegsschiffe aus Cuba und den dortigen Ge wässern znrückzuziehe». Woodford wird beauftragt, d'e Madrider Negierung vv» diesem Verlangen in Keiintniß zu setze», er wird jedoch nicht in die Lage kommen, diesen Auftrag ausznführcn, da die spanische Regierung dieses Ultimatum als eine neue Beleidigung ihres Landes ansfaßt und deshalb überhaupt nicht entgegenuehmen wird. Der Minister des Aeußercn hat Vorkehrungen getroffen, nm da» Dokument nicht in Empfang zu nehmen. In Folge dessen sind die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Madrid. Spanien wird auf das bereits eingetrosfcne Ultimatum nicht antworten, sondern betrachtet die Beziehungen zu Amerika al» abgebrochen. Eine Frist bestehe nicht; von Amerika müsse der erste Angriff ausgehen. Woodfort ist heute abgereist. 25,000 Mann Reserven wurden einbernsc». England srug an, wie Spanien da» Recht aus Durchsuchung'der Schiffe mit neutraler Flagge ausüven