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Nr; «5. - ISS8. Diese verbreitetste unparteiische Leitung erscheint Wochentags Abends (initDalnm des nächsten TageS) und kostet mit den sechs Wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, 8. Kleine Botschaft, S. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, 5. Jllnstrlrtes Nnter- haltnngsblatt, 6. Lustiges Bilderbuch Monatlich bv Pfennige. l898. Postliste: Nr- 2803, Telegramm -Adresse: Generalanzeiger. Kernsprechstelke Sir. L36. General- Sonntag, den 2v. Mitrz. Anzeigenpreis: 6gelpalt«»e CorpnSzeile (ca.9 Silbenfassend) oder deren Nanin lbPfg. (Preis- Verzeichnisse!>. Zeile 30 Psg.) — Bevorzugte Stelle (4 gespalten« Petit-Zeile circa II Silbe» fassend) 80 Psg. — Anzeigen können nnrbis Vormittag lO Uhr angcnoniinon iva-Len, da Druck und Verbreitung der groben Auslage längere Zeit erfordern. Deutscher Reichstag. 64. Sitzung vom 18. März» 12 Uhr. Das Haus ist zu Beginn schwach besetzt. Am Bundesrathstisch: Kriegsminister General v. Gotzler« Ein schleuniger Antrag Werner auf Einstellung eines gegen den Abg. Hirsche» schwebenden Strafverfahrens wird ohne Debatte angenommen. Darauf wird die Berathung der Militärstpasprozesropduuug bei tz 172 fortgesetzt, dessen Inhalt (Festnahme von Personen und speziell von Offizieren) gestern ausführlich mitgetheilt wurde. Abg. BasserrWnu (nat.-lib.): Der Begriff des Verbrechens sei weit leichter festzustellcn als der des Vergehens, deshalb sei der freisinnige Antrag, wonach die Festnahme auch bei Antragsvergehen erfolgen könne, für seine Freunde unannehmbar. Er würde mir zu Konflikten und peinlichen Säbelaffaire» führe». Man dürfe den Zündstoff nicht vermehren. Auch der Ausführung des Kommissions- beschlnsscs (Festnahme bei Vergehen, die mit dem Verlust der bürger lichen Ehrenrechte bedroht sind) stellen sich in der Praxis große Schwierigkeiten entgegen. Der heutige Zustand habe sich im All gemeinen bewährt. Deshalb werden seine Freunde für die Wieder herstellung der Regierungsvorlage stimme». (Festnahme nur bei Verbrechen). Abg. Bebel (Soz.): Privilegien für Offiziere dürfte» hier nicht geschaffen werden, namentlich wo cs sich um ehrenrührige Vergehen haiidle. Eine besondere Offiziersehre lasse er nicht gelte». Wen» ein Offizier den sogenannten Königsrock, der eigentlich ein Volksrock sei, trage, so müsse er ihn: auch Ehre machen; wenn nicht, habe der Offizier keine Vorrechte wegen traditioneller Ehrbegriffe zu be anspruchen. Im Kriege 1870/71 haben nicht nur die Offiziere, sondern vor Allem die Mannschaften ihre Pflicht und Schuldigkeit gelhan. Der Redner schildert eine Anzahl von angeblichen Hebel griffen von Offizieren als Beispiel dafür, daß das Publikum des Schutzes bedürfe. Die angezogene Kabinetsordre sei nicht für die ganze deutsche Armee giltig. Heute sei der 50 jährige Gedenktag der Revolution, und eS sei zu bedauern, daß auch heute das Volk noch immer gegen solche Zustände und Vorurtheile. ankämpsen müsse. In 50 Jahre» sei cs hoffentlich anders. Kriegsminister b. Gotzler: Er habe nicht gezwcifelt, daß Abg. Bebel die Erinnerung an die Revolution wachrnfen würde, die ein trauriges Blatt in der deutschen Geschichte sei. — Der Offizier müsse seine persönliche Ehre haben, sonst könne er das nicht leisten, Was von ihm gefordert werde. Der Ausdruck „Königsrock" sei be rechtigt, denn der König trage denselben Rock wie jeder Soldat der Armee. Auf die einzelnen Fälle könne er nicht eingehni, zum Theil lägen sie ganz anders, als Abg. Bebel geschildert. Die Kriegsgerichte urtheilen heute über Offiziere weit strenger als je. Was den Z 172 anbelange, so treffe die Regierungsvorlage das Nichtige, indem sie sich ans dis bisherigen Erfahrungen »nd die bestehenden Kabinets- ordres stütze. Abg. Lettzmam« (sreis. Vg.) tritt für den Antrag Munkcl ein. Das Prinzip, daß der Offizier in des Königs Rock hochheilig sei, habe ja die Regierung schon selbst durchbrochen, indem sic die Fest nahme bei einem Verbrechen zulasse. Eine solche Beschränkung sei aber nur irreführend, indem das Publikum nicht immer gleich so genau werde unterscheiden können, ob ei» Verbrechen vorliege oder nur ein Vergehe». Am besten wäre es, de» Absatz 3 ganz zu streichen. Abg. v. Pttttkamer-Plattth (konf.): Es habe bisher nicht als wohlanständig gegolten, wegen einzelner Vorkommnisse über einen ganzen Stand zu istirtheilen und daraufhin Gesetze zu machen. Der Osfizicrsstand verdlM das höchste Lob.- "Nicht unwidersprochen dürfte er Bebel's Aeußcrunge» lassen, daß däs Preußische Jnnkcrthnm die Vorgänge des Jähres 1843 verschuldet habe, die Schuld hieran trcsse das ausländische Gesindel, das damals das gute preußische Volk verführt habe; nur das habe anch bewirkt, daß die längst vom König geplanten Reformen sich ve zögert hätten. Aba. Groeber (Zculr.): Wir zollen dem Osfizicrstand vollste Achtung, aber cS kommt allerdings vor, daß ein Einzelner sich ver geht und für solche Fälle müssen wir jene Fürsorge tressen. Darüber, daß die Festnahme bei einem Verbrechen sofort erfolgen dürfe, sind wir Alle einig; ob ein schwere» oder leichtes Vergehen, oder ob ein Vergehe» überhaupt oder ein Verbrechen vvrliegt, ist nicht immer leicht z» unterscheiden. Die beste Mille.linie ist doch wohl die von der Kommission vvrgeschlagene: die Festnahme bei allen Vergehen znznlasscn, welche aus ehrloser Gesinnung hervorgcgangeu sind. MiMlkei (sreis. Vg.): Es liege ihm fern, irgendwie uns er Offizierkorps angreifcn z» wollen. Je seltener Fälle von Ucbcr- grisfcn seien, desto schlimmer seien sie, ned cs müsse gesetzlich Abhilfe dagegen geschaffen werden. Die Aenßerungcn des Kriegsministers über den „Rock des Königs" und über die Revolution von 18 bedauere er. Viele gedenken des 18. Märzes zwar mit Trauer, aber auch mit Erhebung, den» er sei d r Ausgangspunkt unserer Konstitution. Es gebe keinen ungeeignetere» Ort, den 18. März zu schmähe», als den Reichstag, denn er sei erst ans ihm hcrans- gewachsen. Der Erhebung folgte allerdings die Reaktion, die heute »och nicht zu Ende sei. Der heutige Tag sei ein ernster Gedenktag der Erhebung. (Beifall links.) Präsident V. Bttol: Er habe die Redner nicht unterbrochen, er bitte aber, die Abschweifung henie nicht zur Han,tsache zu »rachen. Abg. Försler-Neustettin (Rcformp.) legt Verwahrung dagegen ei», daß man alle Nebel dem Jnnkcrthnm znschrcibe. Dieses sei eine ehrenwcrthe Gesellschaft. Man solle daher solches Schlagwort ebenso meiden, wie das von dem ausländischen Gesindel, welches cr tmr mit Unbehagen ans Puttkamer'S Munde gehört habe. Zur Sache sühn Redner sodann aus, daß bei aller Achtung vor dem Ofsizicrstand doch das Beste sei, de» Absatz 3 ganz zu streichen. für Ehemilitz »md Umgegend. (Sächsischer Lai>deS-N»,eig«»1. Gegründet 18VS al-„Anzeiger" re. Verlag und Notation-maschinen-Drn« von Alexander Wiede ln Chemnitz» Lheaterstraße Nr. 8. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigste» Preis zugleich Verbreitung durch dl« täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahtt-Zettttttg. Abg. v. Langen (kons.) rühmt die Verdienste des Offizier- standes. Bezüglich 1848 gebe er zu, daß es bei jener Revolution sich um ganz andere Leute handelte, als um die verschämten und unverschämten Revolutionäre von heute. Jene damals seien von nationalen Ideen getragen gewesen. Ganz falsch sei eS, daß jene unglücklichen Tage das deutsche Reich geschaffen hätte». Kaiser Wilhelm I., damals Prinz von Preußen, habe jedenfalls eine ganz andere Auffassung darüber gehabt. Abg. Spahn (Zentr.) tritt gleich Groeber für Absatz 3 in der Fassung der Kommission ein. Abg. Frhr. v. Stumm (Np.): Die historische Darstellung des Herrn Munckel sei uürichtig. Aus den Slraßenkämpfen sei keine Verfassung hervorgcgangeu, die Zusage der Verfassung sei vom König vor den: Ausstand gegeben worden. Die preußische Verfassung war ei» freies Geschenk des Königs, ebenso wie die deutsche Reichsvcrsassung ein freies Geschenk des Kaisers und der deutschen Fürsten war. Er empsinbe über die Revolutionskämpfe nur ein Gefühl der Scham. (Beifall rechts.) Abg. Berkh (sreis. Vp.) widerspricht mit wenigen Worten der Auffassung von dem „freien Geschenk der Fürsten", verwahrt die Linke dagegen, daß dieselbe den Osfizierstand als solchen herabsetze, und plai.irt sodann für den Antrag Munckel. Abg. Bebel (Soz.): Das, was heute hier gesagt sei, werde noch lange nachzittcrn, und das Volk werde es den Herren von der Rechten nicht vergesse». Das Wort „Gesindel" solle ihnen »och nachgetragen werden. Es sei eine Infamie, hier von den tapferen Barrikadenkämpfern als Gesindel zu spreche». (Ohv l Lärm rechls! Rufe: Jawohl, Gesindel!) Ohne das Jahr 1848 wäre das Jahr 1870/71 nicht möglich gewesen. (Lachen rechts.) Wer sei denn der große Kommunist und Organisator von 1848, Herr v. Miguel! (Lärm rechts! Pfuil) Redner sucht daun »achzuweifen, daß die Ver fassung kein freies Geschenk des König- war. Schon vorher habe es Verwundete gegeben. (Bei der außerordentlichen Unruhe im Saal gehe» die Worte des Redners verloren.) Weil der König von Preußen seinem Volk sein Wort gebrochen..... (Stürmische Unterbrechung.) Präsident v. Bttol: Ich rufe den Redner zur Sache. Alle diese Dinge gehören nicht zu Z 172Z (Heiserkeit.) Redner beschäftigt sich dann mit den zur Debatte stehenden Be stimmungen und hält alle hier verlangten Vorrechts der Offiziere für überflüssig. Er habe das Offizirkorps gestern niM herabgesetzt. Abg. v. Pttttkamer-Plattth (kons.): Der Ton des Vor redners beweist, wie die Sozialdemokratie keine Nesormpartci, sondern eine solche Partei ist, die jeden Augenblick zur Revolution bereit ist. Es ist eine Fälschung, daß ich Diejenige», welche die Revolution ge macht haben, Gesindel genannt habe. Ich nannte ausländisches Ge sindel nur Diejenige», welche unser braves Volk verführt haben. Der Redner bestreitet sodann, daß die 1848er Revolution Verdienste um die Schaffung der deutsch.-» Einheit gehabt habe. Abg. Kropaischek (kons.) führt aus, etwas Aehnliches, von haßerfüllter Wildheit Zeugendes, wie heule von Herrn Bebel, habe noch niemals in diesem Hause erlebt. Die große» Tage von nommen. — Die weiteren Paragraphen bis 8 231 werden sodann ebenfalls in der Kommissiousfnssung angenommen. Die nächste Sitzung findet Sonnabend 1 Uhr statt. Fortsetzung der heutige» Berathung und Entschädigung unschuldig Verurtheilter 3. Lesung der Dampfer-Subveutions-Vorlage. (Schluß 5 Uhr.) cr 1866 und 1870 verdankten wir unserer Armee und er wünsche, daß dieser ihre unerschütterliche Treue, die sie auch 1848 bewiesen habe, nie abhanden komme. Abg. Bebel (Soz): Er sei von der heutigen Debatte eben falls außerordentlich befriedigt. Was ein Schulmeister vo» militä rischen Dingen verstehe, wisse cr nicht. (Ruf des Abg. Kropatschek: Soviel wie ein Drechslermeistcr.) Es sei bezeichnend, daß die Männer vom Deutschen Naii'vnalverci'u heute vollständig schweige». (Abg. v. Bennigsen meldet sich zum Wort.) Inzwischen ist der Nci HSkanzler Fürst zn Hohenlohe im Saal erschienen. Abg. I>I'. v. Bennigsen (uatlib.): Man kenne ja Herr» Bebel und die Sozialdemokratie, die die ganze bürgerliche Gesellschaft in de» einen Topf der Reaktion werfe. Er wollte eigentlich nicht in die leidenschaftliche Debatte ciiigreifcn, Herr Bebel habe ihn aber provvzirt. Es liege nicht so, daß die nationale Bewegung und der Nntionalvereiu auf dem Jahre 1848 basire. Die Februarrevolution in Paris brach allerdings unerwartet aus »ud erzeugte anch in Deutschland und in Berlin revolutionäre Aufstände. Zweifellos haben sie dazu geführt, viele veraltete Dinge zu Grabe zu tragen. Die nationale Bewegung d.ttire vom Frankfurter Parlament, aber nicht von den Berliner Straßenkämpfen. Es sei traurig gewesen, daß da mals Prinz Wilhelm, der nachherige ehrwürdige Kaiser, fliehe» wußte. Der Junker Otto von Bismarck war nachher seine rechte Hand in der Gründung des Reiches. Ter 19. März war nur eine peinliche Episode. Die Bebcl'sche Geschichlsdarstclluug sei eine ganz parteiische und falsche, die Entwickelung der Völker vollziehe sich »ach anderen Grundsätzen. Abg. v. LiebcvttiNtttt (Antis.) weist auf die Bcthciligung des Jndeuthums a» der Revolution von 1848 hi» und in >cht dabei darauf ausmerksani, daß zur Feier des Tages auf dem Platze Lieb knechts ci» Kranz mit rvthen Blumen und großer rothcr Schleife »iedergelcgt worden sei. (Der Abgeordnete Liebknecht ist heule ans seiner Hast entlassen worden »nd im Reichstag erschienen.) Abg. Bebel (Soz.): Ein Aufruf, der zn bewaffnetem Wider stande anfgefordert habe, trage die Unterschriften Hammacher's, v. Miquel's und anderer Freunde Bcunigscii's. Wolle dieser jetzt seine beste» Freunde verleugnen? Die Diskussion wird hieraus geschlossen. Es folge» persönliche Bemerkungen der Abg. Munckel, Vo» Lungen» Or. Liebermann, Freiherr v. Stttinm» Becks) »nd Pnttkamer. Ans den Platz des Abg. Singer ist inzwischen ein Kranz aus Rosen mit rolhe» Schleife» gelegt worden. ' .. Nach einer Reihe weiterer persönlicher Bemerkungen wird Z 172 unter Ablehnung aller Anträge in der Kommissionsfassung angc- Sächsischer Landtag. Erste Kammer. In der Sitzung am 18. März kam außer anderen weniger , wichtigen Angelegenheiten eine Petition des Kaufmanns A. W. Schön herr in Dresden zur Berathung. Schönherr hatte auf seiner Ein« kommcnSdeklaration die Erträgnisse aus zwei Grundstücken in Loschwitz und Trachau nicht mit eingestellt und wurde deshalb von der Kom mission in eine höhere Steuerklasse versetzt. Er reklamirte unter dem Erbieten, feine Bücher vorznlege», und unter der Behauptung, daß nur der Grundbesitz aus dem vorhergehenden Jahre zur Steuer herau- zuziehen sei, wurde aber von der B-zirksstener-Einnahme und der Reklamations-Kommission abgewicsen. Eine Beschwerde an das Finanz ministerium wurde von der Bczirksstcuer-Jnspektion zurnckgcgebcii, weil gegen die fragliche Entscheidung ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig sei. Der vierten Deputation gegenüber hat das Finaiizministernm sich geneigt gezeigt, nachträglich eine materielle Prüfung der Reklamation aiizuordnen, und die Deputation empfahl daher die Ueberwcisung zur Kciiotnißiiahme. Rittergutsbesitzer b. Watzdorf bemerkte, er habe als Vorsitzender einer Einschätzungs-Kommission in solchen Fälle» mündlich mit den Deklaranten verhandelt. Der betreffende Vorsitzende hätte hier de» Z 6, 3 der Instruktion berücksichtigen sollen. Es entspann ich nun eine Aussprache, welche sich wesentlich mit der Geschäftsführung des betreffenden Vorsitzenden befaßte. Hierauf wurde der Deputation!)» antrag zum Beschluß erhoben. Zweite Kammer. Am 18. März verhandelte die Kammer über den Gesetzentwurf wegen Ausübung des Kirchenpatronats und der Kollatur über kirchliche Aemter, der von der lctzten Synode beschlossen, jedoch noch nicht publizirt worden ist. Die Erste Kammer hat das Gesetz«, g-gcn 7 Stimme» angenommen. Anch die Gesetzgebungs-Deputation der Zweiten Kammer empfahl den Entwurf anzunehmen und die Petition des NatheS der Stadt Leipzig nin Ablehnung des Gesetz entwurfs auf sich beruhen zu lassen. Abg. (Oontard-Leipzig (nl.) bedauerte, daß in dem Entwürfe die Nefvrinirten ans eine Linie mit den Katholiken als im Gegensatz zur Landeskirche befindlich behandelt wcrden. Die Ncfvrmirten betrachteten sich als ebenso gut evangelisch wie die Lutherischen. Herr Oberhospredigcr vr. Kohlschütter habe mehrere Jahre lang in der reformirten Gemeinde als Prediger ge wirkt und sei deshalb nicht als Konvertit bezeichnet worden. Vo» einer Konversion zwischen Lutheranern und Refvrmirlen könne eigent lich gar nicht die Rede sein. Abg. Or. Schill-Leipzig (nl) beklagt gleichfalls, daß Denjenigen, welche von der lutherischen zur refvr- mirte» Kirche übcrgetrctcn sind, die Ausübung des Patronats ent zogen werde» solle und besprach ausführlich den 8 15, ans welchen sich die Petition Leipzigs bezieht. Nach dem Worllant könne er die Auslegung des Herrn Kultusministers und des Laudeskonsistoriums nicht anerkenne», daß, bevor ein Mitglied des Siadlraths an den Beschlüssen über Ausübung des Patronats theilninimt, welches nach 8 1 durch sein Verhalten ein mit der Würde des Pcttrviicits nicht zu vereinbarendes öffentliches Acrgcrniß gegeben hat, durch einen Beschluß des Landcskviisistorinnis ihm die Ausübung seines Rechts entzogen werden müsse. Es sei sehr bedenklich, eine» Gesetzentwurf Gesetz werden zn lassen, bei dem schon erhebliche Meinungsver schiedenheiten hervvrgctrele» sind. Bei keinem Magistrate, der das Kirchcnpatrouat ansübe, seien Mißstände vorgckvmmeii, welche eine so ciiischncidende Bcslimmniig rechtfertigen kömile». Stantsininister V. Seydrwltz sprach seine Befriedigung aus, daß die beiden Vor redner sich wenigstens mit der Tendenz des Gesetzes einverstanden erklärt hätten, und ervrlccte die verschiedenen erhobenen Einwürsc. Dem Abg. Gontard versichere er, daß eine Feindseligkeit gcgen die Reformirten in der betreffenden Bestimmung nicht erblickt werden könne. Dem Abg. Oe. Schill gegeiinvcr müsse cr das Vorhandensein einer RcchtSiliisichcrheit beste.iten. Ebenso wenig liege cin tiefer Ein griff in die Stellung der Gc»iei»dcl>'chörde» vor. Das Gesetz be schäftige sich nur mit den einzelnen Mitglieder» der Gcmcindckollcgien und ihrer Stellungnahme zur evangelischen Kirche. Mit der Loslösnug der bürgerlichen und staatsbürgerliche» Rechte vo» der religiöse» Er kenntnis; sei keine hinreichende Garantie mchr dafür gcgeb.n, daß die politischen Vertreter auch immcr geneigt und geeignet seien, die In teressen der Kirche zu fördern. Das Ministerium glaubte mit dem Kirchenrcgimcnt, daß gerade dieses Gesetz den Gemeindebehörden ihre Aufgabe erleichtern werde, auch in Zukunft Träger der evangelisch- lnthnrischcn Gesinnung und kraftvolle Stützen imscrcr Landeskirche zu bleiben. Abg. Dr. Schill widersprach der Auffassung, als sei cr mit der Tendenz des Gesetzes einverstanden und als ob die Kirchen» Patrone nur noch Rechte hätten. Der Rath zu Leipzig habe durch kostenlose Uebcrlassiing von Bauplätzen und durch Gcldvpfcr viel für die Kirche gelha». Abg. Lettpold nahm dasselbe Verdienst für di« Stadt Dresden in Anspruch. Im Ucbrigc» handle es sich mehr um einen Wvctstreil, der durch eine andere Fassung dcS 8 5 sofort be seitigt werden könne. Die Annahme des Dcputationsvotnms erfolgte gegen 13 Stimmen. Politische N,mdscha„. Chemnitz, de» 19. März. Deutsches Reich. Berlin» 18. März. Der Senivrcnkonvciit des Ne ichstag- beschloß am 23. März, die zweite und daran anschlies.cnd die dritte Berathung der Marine Vorlage z» beginnen. Nach deren Er-