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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 03.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189903030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990303
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-03
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Monat
1899-03
-
Jahr
1899
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Freitag, den 3. März. Lager) u»d kostet mit den fünf ' Wöchentlichen Beiblättern: «leine Botschaft, Sächsischer Erzähle», Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, JllnstrirteS Nnter» haltungSvlatt, »ei den Postaiistaltcn n»d bei den Ausgabestellen monatlich 40 Pfennige. 1899. Posllist«: Nr. 2877. lelkgramm - Ad-effe: a>k„»Llau,Mger. ümilvreaniclie Rx, ISS. für Chemnitz nnd Umgegend. ( lTSchftfcher Lande».An,eiger). - Gegründet 1878 al» „Anzeiger" ,«. Berka« nnd Moeat1»n»n»afchtn«n-Drn« von «lexander Wied« in^hemnitz, Lheaterstrass« Nr, Anzeigenpreis: »gespalten, korpn-zeile (ca.S Silbenfasseud) oder deren Raum 1 SPfg. (Preis« Verzeichnisse ä Zeile SO Pfg.) — Bevorzugte Stelle (»gespalten, Petit-Zeile circa 11 Silben fassend) 30 Pfg. — Anzeige, könne» nur bis Vormittag 10 Uhr augcuoWnen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit «fordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat» finde» für billigsten PrrlS zuglcich Verbreitung durch di, täglich erscheinende Chemnitzer Eifettbahn-Zeitung. Amtliche Anzeigen. S. öffentliche Sitzung de» Stadtverordneten. Donnerstag, den 2. März 1899, Abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1- Geschäftliche Mitthcilungen. 2. Berichte de- «erfassungs - Ausschusses über: ». die Rathsvorlage, betressend die Ausdehnung des Schlachtzwanges -c. ans Alt-Chemnitz, d. die Rathsvorlage, betreffend che Erhöhung der RäumungsgebUhren bei der Chemnitzer Düngerabfuhrgesell« schast, o. die RathSvorlage, betreffend die miethweise, aber fünf Jahre freie Hergäbe von ca. 2350 lls Meter Areal in Abtheilung 9 des ZeisigwaldeS an die Schloßbrauelei zur Errichtung und zum Betriebe einer Schankwirthschaft, u. die Rathsvorlage, betreffend die Gewährung einer Beihilfe an die hiesige Korbmacherinnung, s. die Rathsvorlage, betreffend Neuorganisation der VollstreckungS-Äbtheilnng, 1. die RathSvorlage, betreffend das Unter- stütziingSgesnch der Wittwe des verstorbenen früheren HilssgeometerS Max Schönherr, 8- die RathSvorlage, betreffend die Errichtung einer neuen (18.) Klasse nnd die Begründung einer neuen (18.) ständigen Lehrerstelle an der Realschule. 3. Berichte des Prüfungsausschusses über: a. die Rechnung der Carl Christian Hübner-Stiftung ans das Jahr 1898, d. die Rechnung der JohanniS-Park-Stiftung ans das Jahr 1898, die Rechnung der Eduard Bruhm'sche» Fainilien-Stislw > auf das Jahr 1898, ä. die Rechnung der Kreisturiifest-Stlstung für die sre willige Feuerwehr hier ans das Jahr 1898, s. die Rechnung der Schiller-Stiftung zu Chemnitz aus das Jahr 1898. 4. Berichte des Finanzausschusses über-' a. die RathSvorlage, das Preisaus schreiben zur Erlangung von Plänen für das König Älbert-Museum betr-, o. die Rathsvorlage, de» Verkauf zweier Baustelle» an der Promenaden straße betreffend, c. die Rathsvorlage, den Ruhegehalt des Sparkaffen verwalters Reichel betreffend, a, die Rathsvorlage, Neubesetzung der Stelle des Sparkassenverwalters betreffend. Hierauf geheime Sitzung. Morgen Freitag von Vormittags v Uhr ab sollen lm Ber steigerungsraume des hiesigen Justizgebäudes folgende Pfandstücke, als: Möbel, Spiegel, Bilder, Nähmaschinen, Regulateure, Ladenregale und -Tische, Pulte, Waareuschräuke, Bierapparate, Geldschränle, Farbmaschineu, Asphalt, Fußbodenlack, 1 Pinniiso . 1 Polyphon, 1 ««lärmiger Gasleuchter^ 1 Teig- thcilmaschine, 2 Nasirstühle, 3 Pferde, 1 Schlitte», 1-Korb-, Kasten- nnd Handwagen, 1 Pferdegeschirr; 2 Pserdedeckeit. iBillard, 1 Welnschrank, Wettz- »nd Rothweine, 4 Granat- nnd 4 Corallenfchmucke, I Kopirpresse, 1 Brücken waage. 47,990 Stück Zigarren, 8 TdmieN Heringe, 6 Tonnen eingelegte >rk»N. ,9 Wirken, 2 Kübel Preißelbeeren, Seife, Seiseupulver, Kaffee. Kakao, Erbsen, SWee, 73 Packet» Licht«, Kartoffeln-, Weizen- und ungar- Mehl, 1 Pappen-, t Frauenrock, 10ÜO Stück Ansicht»« und 400 Stück NeujabrStarien, 70 kieferne Pfosten und verschieden« .Andere gegen sofortige Bezahlung der steigert werden. Dano-französische Umtriebe Aus Berlin schreibt man uns von unterrichteter Seite unterm L. März: Das Moltkesche Wort, daß Deutschland keine Freunde habe, ist zwar durch die seit zwei Jahrzehnten bestehende» Bündnisse modistzirt, aber a» Feinden fehlt es dem Reiche wahrlich nicht. Seit einiger Zeit sind die Elemente, die Deutschland „avil,ir xnis In ckt-wolir" möchten, besonders eifrig an der Wühlarbeit und es ist von be- sonderen, Interesse, daß diese „»terirdische Arbeit sich gleichzeitig gegen das russische Kaiserpaar richtet. In welchem Znsammcuhange diese Arbeit „nach zwei Fronten" steht, sei nachstehend erörtert. Vor einigen Tagen brachte die bedeudente dänische Zeitung „Politiken" die Nachricht, der russische Kaiser nehme seit Monaten an der Negierung nicht theil, einmal weil seine Gesundheit geschwächt sei, zweitens, weil, wie angedeutet wurde, seine Umgebung Schritte gethan habe, die eine wirkliche Herrscherthätigkeit ausschlössen. Zur Sache sei kurz bemerkt, daß-wie wir erfahren, die Nachricht vollständig erfunden ist. Der russische^ Kaiser hat seinen Herrscher- iflichten seit seinem Regierungsantritte ununterbrochen genügt und er widmet sich ihnen heute ebenso, wie er es im November 1894 ge- tha» hat. Die russische Kaiserin hat ebenfalls, soweit der Gattin eines Monarchen aus ihrer Stellung staatliche Pflichten erwachsen, diese Pflichten stets erfüllt. Es ist also eine Infamie, da- russische Kaiserpaar durch Ausstreuungen falscher Nachrichten bei Seite schiebe» zu wollen. Welchen Zwecken dient diese Infamie? Einmal einem, wenn man so sagen darf, internen skandinavischen, Deutschland nicht in- teressirenden Zwecke. Der Panskandinavismus hat dem russischen Kaiser die von ihm inaugurirte nationalrussische Politik in Finnland gewaltig verübelt. Die norwegische», schwedischen nnd dänischen Zeit ungen Hallen von Entrüstung über die „V rgewaltigung der Finn länder" wider. Die „Entmündigung" des Zaren, die „Politiken" aus eigener Machtvollkommenheit verfügt, ist die Quittung für die innländische Politik des russische» Kaisers. Zum Zweiten steht der Groll der Dänen gegen das russische Kaiserpaar in, engen Zusammenhänge mit den deutschfeindlichen Jn- triguen, die in Dänemark seit Jahrzehnten gesponnen werden. Man hat sich in Kopenhagen in den Hoffnungen, die mauaust den jungen kaiser gesetzt hatte, bitter getäuscht. Kaiser Alexander III. warein zärtlicher Gatte, aber auch ein gewissenhafter Mann, der, trotzdem er die Abneigung der Kaiserin gegen Deutschland vollauf theilte, sich doch nicht zu unbesonnenen Schritte» Hinreitzen ließ. Man hatte gehofft, in dem junge» Zaren ein Muttersöhnchen zu finden, dar weiches Wachs, in den Händen der deutschfeindliche» Politiker und politistrendnn Damen sein würde. Nun hat der Kaiser gezeigt, dah man ein treuer Sohn und doch ein selbstständiger Mann sein kann. Darüber ist man empört. Und ganz besonder» nimmt man es dem Kaiser übel, daß er die liebe dänische Eitelkeit verletzt. Hatte Kaiser Alexander ZII. auch nicht die dänische» Rachegelüste befriedigt, s, hatte er doch alljährlich monatelang in Kopenhagen bezw. Freden» borg residirt nnd die ganze Welt hatte »ach dem kleinen dänischen Staate hingeblickt. Kaiser Nikolaus aber liebt cs, russische Politik iy Rußland zu mache». Und da man »an sieht, daß die dänischen JntrlgNanten, de» es ja früher einmal (1887) beinahe geglückt wäre, einen Konflikt zwischen Nußl nd und Deutschland herveizuführe», „»ix mehr tö scggen" haben, so dreht man den Spieß um und be hauptet, Kaiser Nikolaus habe „nix mehr to seggen." Die Fäden dieser Jutrigue ziehe» sich aber, wie nicht anders zu erwarte», auch nach Frankreich hinüber. Ganz ähnlich wie jetzt der Politiken" den russischen Kaiser „entmündigt", hat vor wenigen Mn deutscher Landsmann in der Union. Zu Carl Schurz' 70. Geburtstag, 2. März. Von Frank Robinson. ^ (Nachdruck verboten.) Die Bonner Burschenschaft der Franke» hatte im Jahre 1846 eine ungewöhnliche Zahl hervorragend begabter junger Männer unter ihre» Mitgliedern. Da war unter Anderen Overbeck, dir ein gefeierter Alterthumsforscher werde» sollte; da war Friedrich Spielhagen, den, oie deutsche Muse einen Platz in ihrem Tempel vvrbehielt. Und da war »och Einer, der freilich keiucswegs ein !>«! Iiomms war, viel mehr auf den ersten Blick eher durch eine gewisse Nachlässigkeit in seiner Haltung auffiel. Doch betrachtete man ihn näher, so zog sein Betragen Lurch Selbstständigkeit und Freiheit a», nnd aus seinem von dichten Locke» umrahmte» Gesicht blitzten unter de» Brillen gläsern ein paar Helle Augen mit dem Ausdrucke der Energie hervor. Auf der Kneipe war er freilich e cn so selten zu finde», wie in den philologischen Kollegien, die er hätte besuchen solle». Er ging seine eigenen Wege, und wohnte er einmal einer litterarischen Diskussion der Kommikitonen bei, so sah man den Ausdruck einer gewissen ver wunderten Thcilnahmslosigkeit bei ihm erscheinen. Dafür traf ihn dann wohl der Kommilitone Spielhagen, wie er, auf offener Land straße spazierend, eifrig in Rviisseau's, eontrab social las, nnd Alle wußten, daß sein ganzes Sinnen und Trachten auf die politische» Dinge gerichtet war, wie er denn auch ei» eifriges Mitglied des demokraiische» Klubs war. Dieser wunderliche Sohn der älwa, Hinter war Carl Schurz ans Liblar bei Köln. Das Jahr 1648 hat — darüber sind ja jetzt alle Parteien einig — so manchen Phrasenhelden, so manchen politischen Streber, so manche katilinarischc Existenz auf dem Plane erscheinen lassen. Aber der junge Banner Franke gehörte z» keiner dieser Kategorie». Ihm war cs heiliger Ernst um seine Sache und er war durchaus bereit, mit seiner Person für sie einzntrcien. Er war seiner ganzen Natur »ach ein Mann der Thai; darum hatten die gelehrte» Herren einen so saumseligen und zerstreuten Hörer an ihm ; darum fand aber, nachdem die revolutionäre Bewegung auch in Bonn eingesetzt Halle, ihr Führer, der junge Professor Kinkel, keine» eifrigere», geschickteren und praktischeren Gehilfen, als den Studenten Schurz, der dem Professor besonders in der Nedaktur der „Bonner Zeitung" wacker znr Hand ging, ja zeitweilig — ei» nach nicht 20jähriger Mensch — diese Redaktion selbstständig mit großem Geschicke führte. Es war ihm so bitter ernst um seine Sache, daß er sich selbst au der Lächerlichkeit nicht stieß, sondern im Feuer seiner Begeisterung auch in den Komödien der Revolution als begeisterter Heldenspieler agirte. Und eine Komödie war jenes Bonner Lenzrevolntiöuchcn im Jahre 1849, da die „Rebellen" ihre Absicht, nach der Siegburg zu marschiren und dort sich Waffe» zu holen, so öffentlich prvklainirte» und in der Volksversammlung so ausgiebig diskntirten, daß das kleine Häuflein, das schließlich mit Kinkel und Schurz den Weg an Wochen das offiziöse französische Regierungsorgan, der „Temps", in zwei kurz aufeinanderfolgenden Artikeln der russischen Kaiserin zn verstehen gegeben, daß nicht sie, sondern nur die Kaiserin-Mutter etwas zu sagen habe, und den Kaiser geflissentlich gelobt, daß er ein „sehr gehorsainmer Sohn" sei, also mit anderen Worten ihm gesagt, daß er hübsch zu thun habe, was seine Mutter gebiete. Der Zweck dieser kecke» Jntriguen ist klar. Man stützt sich ans die Thatsache, daß das, was man ein Dutzend Mal immer mit der gleichen Unverfrorenheit sagt, dadurch gewissermaßen znr Wahrheit wird. Man möchte also den russischen Kaiser, der schon wegen seiner Friedensliebe Jntrigne» abhold ist, lahm legen und an seine Stelle Einflüsse setzen, die sich für die dano-fraiizösische Revanchepolitik aus nutzen lassen. Rußland ist aber glücklicherweise nicht China, und der russische Kaiser ist nicht wie der chinesische Monarch, der sich einfach fortschieben ließ. Man wird in Deutschland gut thun, den Fortgang des zwar nicht direkt, aber doch mittelbar gegen Deutschland gerichteten Jntriguenspi'els aufmerksam zu verfolge». Deutscher Reichstag. 44. Sitzung vom 28. Februar 1899. I Uhr. Am Tische des Bundesraths: Graf Pofadowsky, Freiherr v. Thiermann. Der Antrag der Abgg. Agster (Svz.) und Gen. wegen Ein stellung des gegen den Abg. Stadthagen beim Landgericht Berlin I weg«» Beleidigung sämmllicher preußischer Landräthr u. s. w. schwebenden Strafverfahr, ns süx die Dauer der gegenwärtigen Session wird von der Geschäftsordnungskommission zur Annahme empfohlen.; Berichterstatter Abg. Kirsch (Zrntr.) weist daraus hin, daß die Kommission einstimmig diesen Beschluß gefaßt habe. ^s, . Abg. Nperen (Zentr.) beantragt di« Znrückverweifüng; de». Antrages Agster an die. GeschäfisvrdnungSkommifilvn» da nicht ge- Das Hau» beschließt nach dem Anträge Narren. Daraus wird die Berathnng de» Etats Zölle, Verbrauchs steuer«» u. s. w. fortgesetzt. Abg. Paasche (natlib.) fragt, wie weit die Frage der Be schränkung der Zollkrediie gediehen sei. Schon vor zwei Jahren sei in Aussicht gestellt worden, daß die Verbündeten Regierungen de» Wünschen des Reichstages in dieser Beziehung Rechnung tragen würben. Es sei zu bebau er», daß die Erwägungen noch nicht zum Abschluß gekommen seien. Der Redner fordert sodann für die im Vercdelungsverkehr thätigen Fabriken dieselben BergünstiguNgen, wie sie für die Freihafengcbicte bestehen. Direktor Körne«.': Ein zvllsichcrer Verschluß der Art. daß die betreffende Fabrik als Ausland gilt, ist eine sehr schwierige Sache. Außerdem ist zu erwägen, daß die verarbeiteten Rohstoffe vielfach getreten hatte, von den Husaren gewissermaßen programmmäßig attrapirt wurde. Schurz entkam und so endete seine Bonner Zeit. Znm zweiten Male floh er vor den siegreichen Feinden, nachdem er de» badischen Feldzug mitgemacht »nd an der Vertheidigung von Rastatt theilgenoinmen hatte. War er inmitten der ungeheuren Konfusion, die sich Revolutionsarmee nannte, immer als ei» Mann von nüchternem Uctheile und scharsei» Blicke ausgetreten, so bewies die Ausführung dieser Flucht nach der Schweiz, die unter den chwierigsten Umständen durch die feindliche» Reihen bewerkstelligt werden mußte, daß in diesem junge» Menschen ein Slück Feldherr lecke; und es kam die Zeit, wo der Flüchtling Generalsunifvrm trug nnd seine Gaben bewähre» konnte. Für jetzt war es nicht mehr der Krieg, der ihm Aufgaben bot, und doch galt es zu Felde zu ziehe». Sein Freund, Duzbruder, Gesinnnngs- und Kampfgenosse Kinkel saß zu Spandau in schwerer Hast. Als seine Gattin Anstalten zu seiner Befreiung traf, wandte sie sich auch an den Flüchtling in der Schweiz, und Schurz war nicht der Mann, die Frenndcspslicht um der eigenen Lebeusgefihr willen zu vernachlässigen. Obgleich elbst steckbrieflich verfolg«, begab er sich nach Berlin und bereitete hier mit dem Mnthe des Verschwörers nnd der List eines Indianers Kinkels Rettung vor. Es gelang ihm, einen Gesüngnißwärter zu gewinnen, der in der Nacht vom 6. zum 7. November 1850 Kinkel Lurch das offene Dachfenster znr Flucht verhalf. Unten warteten die Pferde; im schnellsten Laufe ging es dem Mecklenburgischen zu, in Nvstcck hielt der Schiffseigner Bcockclmaiin die beiden Flüchtlinge eine Zeit lang in seinem Hanse verborgen und schiffte sie dann auf einer Bark nach England ei». Am 1. Dezember landete das Schiss bei der alten Königöstadt Edinburgh. Schurz war gerettet, — aber ein neues »»bekanntes Leben lag vor ihm. Zwei Jahre später betrat Schurz den Boden dcr Neuen Welt, die ihm fortab eine zweite Heimaih werden sollte. Es war jene Zeit, da wegen der 48er Ereignisse »nd ihrer Folgen eine „»gcheure Anzahl deutscher Landsleute — in vier Jahren mehr als 72,000 — in die Vereinigte» Staaten strömte. Dort fanden sie aber auf mehreren Seiten recht mürrische Aufnahme. Das altdcutsche Clement sah mit Mißtraue» und Abneigung aus diese „Grünen", die „Redoluzer"; die Stockamerikaner aber halte» für die Ocinnus überhaupt nicht zu viel Liebe übrig. Sic, die auch in der Politik nur Kanfleute waren, deren höchstes Ideal dcr Verdienst bildet, sie, deren Maßstab über das Partciinteresse und die Bcnte nicht hinans- ging, sie witterten i» diesen deutschen Idealisten einen grnndandcrcn Schlag. Und das waren sie freilich auch, und eine segensreiche Fügung wnrde eS für de» großen Freistaat dcr »c»cn Welt, daß diese „grünen" Dentscye», die vv» den Amerikaner» so viel zn lerne» halte» und lernten in Bezug auf de» nüchternen Sin» sür's R.ale nnd Erreichbare, in die amerikanische Politik eine» Tropfen hres idealen Sinnes u»o ihrer hohen Begeisterung ciiizilführcii be rufen waren. Einen großen Theil dieser Aufgabe hat nun aber unser Carl Schurz gelöst. Ter ruhige und hochbegabte Mann hatte sich in der neue» Heimalh schnell eingelebt. Freilich verstand er es auch, sich den be weglichen Verhältnisse» der Union geschickt anziipassen. Nach einander it er Redakteur, parlamentarischer Korrespondent, Advokat, General, Senator, Vertreter einer Schiffsgesellschast und zeitweilig sogar M nister und Gesandter gewesen, in jedcm Berufe die Vollkraft einer Persönlichkeit cinsetzend »nd jeden mit höchsten Ehren ansfüllend. Von Anfang an aber trieb ihn sein Naturell auch hier zum Ein greifen i» die öffentlichen Angelegenheiten. Schon im Wahlkampfe von 1856 trat er als deutscher Redner ans; seine Arena erweiterte ich aber außerordentlich, al- er der englischen Sprache so weit mächtig geworden war, daß er — es war im Jahre 1858 — seine erste englische Ncde Hallen konnte. Schon diese erregte allgemeines Aussehen. Und das kann um so weniger Wunder nehmen, als Schurz ein geborenes redncrisches Genie ist. Ohne daß er je auf eincn Effekt hinarbeitet, ohne daß er je posirt oder asfektirt, erreicht er durch das Feuer seiner Begeisterung nnd die unmittelbare Krast seines Ausdrucks die hinreißendste Wirkung. Wie groß musste diese Wirkung sei», wenn die Rede eines jener gering geachteten Deutschen i» ganz Amerika als ein Ercigniß betrachtet wurde! Doch die Zeit, wo der Deutsche in Amerika über die Achsel angesehen wurde, war ihrem Ende nahe Tenn in die große, die amerikanische Welt jener Tage so tief bewegende Frage der Sklaverei, mit dcr unzertrennlich das Problem des künftigen Verhältnisses zu den Südstaatc» verknüpft war, griffen die Deutsche» mächtig ei». Hier war eine Gelegenheit, ihren politischen Idealismus, die Reinheit ihrer Gesinnung schwer in die Wagschale zn werfe», nnd sic ließen sie ulchl „nbenntzt vurnber- gehcn. Schurz stand in dcr ersten Reihe. Wir finde» ihn 1659,60 auf cincr VvrtragStonr durch die Reu Eilgland-Siaate», auf der ihn überall das lebhafteste Interesse der Gegner wie dcr Freunde be- gleitete; wir finde» ihn mit einer groß n Anzahl anderer deutscher Landsleute 1860 ans der republikanischen National-Konventivn, die de» Zimmer,»annssvhn Lineoln ans den Schild erhob, »nd wenn dann Hunderliauscnde von Deutsche» für Abraham Lincoln an die Wahl urne träte», seinen Sieg und so auch das Ende der Sklaverei wesentlich milentschiede,>, so Halle der gewaltige Redner ans Wis consin a» diesem Ergebnisse einen großen A»theil. Präsident Lincoln erkannte dies auch „„»»,wunden an, indem er ihn als de» Vertreter dcr Union »ach Spanien sandte; aber als der Krieg gegen die Süd- staalen ausörach, da litt es diesen begeisterten Vorkämpfer der Sklaoenemanzipativn nicht im sichern, Diplo»,c>le»sessel: er gab seine Stellung auf, eilte übers Meer zurück und nahm als Brigadier» später als Generalmajor am Kriege theil. So war cs dem Ne» volntionskäinpfer noch einmal beschieden, die Waffen zu trage».
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