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Mittwoch, de» 2S Januar. -- Nr. Sv. - 1»»S. Diese verbreitetste unparteiische cndS (mit Datum des nächsten Tage-) und lostet mit de» sltns wöchentlichen B eiblättern! Meine Botschaft, Sächsischer Erzähler, Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, Jllnstrirtes Unter- haltltngsvlatt, hei den Postaiistalteii und bei de» Ausgabestellen monatlich 40 Pfennige», 1689. Postliste: Nr- L8?7. lelegranim - Ad-rssc: Geunaliuizelger, M„cüe r>!r. IM. für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer LandeS-Anzeigerl. — Gegründet 1S7S alS „Anzeiger" ie. Berlaannd MotationSmaschinett-DrnA von Alexander Wied« in Chemnitz, Theaterstratz« Nr. 8. Anzeigenpreis: Sgespalten« Corpuszeile (ca.O Silbe» fassend) öder deren Raum l5Pfg. (Prei<- verzeichuisse t» Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (6gespalten« Petit-Zeile circa II Silbe» fassend) 30 Pfg. — Anzeige» können nur bis Vormittag l0 llhr angenounuen werden, da Druck und Verbreitung der große» Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finde» für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer Eiseilbaliil-Zeitittlg. Deutscher Reichstag. 16. Sitzung vom 23. Januar 1899, 1 Uhr. Am Tische des BundesrathS: Graf Posavowsky, Nieder- ding. Das Haus ist sehr schwach besetzt; bei Beginn der Sitzung sind noch nicht 20 Abgeordnete im Saale anwesend. Zunächst wird debattelos in dritter Lesung das internationale Znsatz-Uebereinkommen über den Eifenhahn-Frachtverkehr angenommen. Es folgt die erste Berathnng des vom Abg. Rintelen und Genossen beantragten Gesetzentwurfs, bet. Wiedereinführüg der Be rufung in Strafsachen. Abg. Rintelen empfiehlt den Entwurf mit wenigen Worte», dabei besonders betonend, daß die Regierüng selbst schon 1895 den jetzigen Zustand als »»haltbar bezeichnet habe. Abg. Bassermann (nat.-lib.) unterstützt den Antrag auf Ver weisung an eine Kommission von 21 Mitgliedern und spricht den Wunsch und die Hoffnung aus, die verbündeten Regierungen möchten sich an der Berathnng fördernd belheiligen. Abg. Beckh-Coburg (freis. Volksp.) tritt dem Anträge eben falls bei und hebt nur hervor, daß er allen etwaigen Bestrebungen, die Schwurgerichte zu untergraben, mit Entschiedenheit entgegen- treten werde. Präsident Graf Ballestrem bittet die Mitglieder des Hauses, doch entsprechend der Geschäftsordnung entweder von der Tribüne, oder vom Platze aus zu sprechen. Von der vom letzte» Herrn Redner eingenommenen Stelle ans (Redner hatte sich auf der untersten Stufe der zur BundesrathSestrade hinaufsührenden 7 stufigen linksseitigen Treppe ausgestellt) sei hier aus seinem Platze nur wenig zu verstehen. Abg. Frohme (Soz.) spricht sich für die dringende Noth- Wendigkeit der Berufung in Strafsachen aus im Hinblick auf die vielen Majestätsbeleiriguiigsprozesse und die Erfahrungen, wie sie z. B. in der lctzien Zeit in Magdeburg von Freunden seiner Partei gemacht worden feie». Die Abgg. Graf v. Berustoxsf-Lattenbttrg (Neichsp.) und Riss (freis. Ver.) haben gegen die kommissarische Vorberathung, wie auch im Allgemeinen gegen den Antrag nichts eiuzuweiiden. Der Entwurf wird einer Ko »Mission von 21 Mitgliedern über wiesen. Es folgt die Interpellation der Abgg. vr. Schmitt-Mainz. Banmatttt und P. Gra»d-Ny (sämmtlich vom Zentrum): „Wie weit sind die Erwägungen und Prüfungen der verbündeten Negier ungen über die Beschwerden- gegen das Wei'ngesetz vom 20. April 1892 gediehen?" Das Vermögen der Orleans. Der „Berl.Lvk.-Anz." läßt sich von feinem Pariser Korrespondenten folgende interessanten Thatsache» melden: Hat die Republik ein Glück! Just wie der Herzog von Orleans nach dem Kontinente segeln will, um ihr den Garaus zu machen, legt sich der Sturm in's Mittel und hält ihn in England zurück. Wenigstens giebt die „Gazette de France" diesen Grund an, um den Prätendenten z» entschuldigen, der das Stelldichein mit seinen Getreue» in Brüssel nicht cingehaltcn hat. Es sollte ein entscheidendes Stelldichein sein. „In dieser Stunde der Gefahr drängt sich", wie das rohalistische Blatt heute schreibt, „selbst den Befangensten die lteberzeugnug auf, daß das einzige Heil für Frankreich die Monarchie ist." Die „Gazette" muß es wissen. Ich für meinen Theil glaube, daß dem Herzog der Wind sehr erwünscht geblasen hat, denn es scheint, daß ihn die Thronanwärterei in' den höchste» Preislagen zu langweilen beginnt. Wenn man kundige Leute hört, ließe er sich aus seinem hypothetischen Hcrmeliumautel am liebsten einen Schlaf rock ziucchtschneidcrn, um behaglich an seinem oder — Anderer Kamine zu bleiben. Dieselben kundigen Leute raunen einander nämlich auch allerlei seltsame Geschichten in's Ohr, denen zufolge Wölkchen d.n Himmel des herzoglichen Eheglückes trüben würden. Es sind wohl Schäferwölkche», da gerade die Schäferstnuden des Prätendenten die Ursache dieser meteorologischen Erscheinung sei» sollen. Das ist Klatsch, wie ihn die Großen dieser Erde zu erdulden haben, zumal Jene, die ihr Berns zwingt, sich der Welt immer wieder selbst in Erinnerung zu bringen, damit sie ihrer nicht vergesse. Ich würde a»ch gar nicht davon sprechen, wenn Pariser Zeitungen seit einigen Monaten nicht beharrlich die bevorstehende Scheidung des jungen P> ares aukündigte». Selbstverständlich geizen sie — ländlich, unsittlich — auch nicht mit Einzelheiten, die uns den Herzog im Lichte seines angeblichen Ahnherrn Henry IV. zeigen, der im Volks munde unter der Bezeichnung Ie Vort-Orriant sortdauert. Du liebcr Hiiumel, ein Kostverächter ivar der Prinz nicht, und was Theodor Fontane in seiner Ballade von dem Stuart-Sprößling singt: „Das Leben geliebt, und die Krone geküßt Und den Frauen das Herz gegeben" mag auch von dem Bourbonensprößling der jüngeren Linie gelten; allein seine Abenteuer, welche die Welt kennt und nennt, sind inso fern harmlos, als sie vor seine Vcrheiralhung falle». Eines der selben, das ihn einer schöne» australischen Sängerin ans ihren Gast fahrten durch Europa folgen ließ, führte sogar den Bruch.seines ersten Verlöbnisses mit seiner Base, der Tochter des Herzogs von Chartres herbei, die später den Herzog von Magenta, eine» So!,» Mac MahonS, zum Gatten erkor. Ein zweites Abenteuer mit einer kleinen Pariser Schauspielerin, die seitdem das Zeitliche gesegnet lat, verdient nur wegen der wundersam ironischen Verknüpfung erwähnt zu werden, die es nach sich zog. Die Frucht dieses Verhältnisses, «in bildschöner Junge, wird von Henri Rvcheforl anfgczogc», den, die Mutter ihn anvertrante. Der Blondkopf krabbelt dem Lakeciien- mann auf den Knieen umher und ruft ihn Großpapa. Nochefort Abg. Schmitt (Zentr.) verbreitet sich über die Kunstwein fabrikation und über die Nothwendigkeit einer Zurückdrängung der selben, am besten durch ein völliges Verbot derselben. Staatssekretär Graf Posadowskh: Wir bringen dem Gegen stände das regste Interesse entgegen und find bereit, den mühevoll arbeitenden Winzer vor unsauberer unb unlauterer Konkurrenz zu schützen. Die allgemeinen Wünsche der Weininteressenten theilen die verbündeten Regierungen. Dagegen sind Wege, Mittel und Ziele ganz außerordentlich verschieden. Da giebt es zuerst die orthodoxe Sekte, welche sagt: „Wein ist nur das alkoholische Gährungsprodukt des Weinbeersaftes", sie schließt jeden Zusatz aus. Die zweite Sekte — ich möchte sie die Opportunisten nennen — will die Schönung unter gewissen Beschränkungen hinsichtlich der Zeit, wann diese Schön ungen vorgenommen werden dürfen, und unter Beobachtung gewisser Grenzzahlen gestatte». Beide Sekten wollen aber entweder ganz verbieten oder ihm (außer dem Deklarationszwang) einen chemischen Zusatz gegeben wissen, der ihn als Vinosine zu einem Schwester produkt der Margarine auf dem Gebiete der Butter machen müßte. Was ist denn nun aber Kunstwein? Die Schaumweine, Trester wein«, der Maltonwein u. s. w. sind unstreitig Kunstweine; die will mau doch aber nicht verbieten. Die Definition ist also unendlich schwer, wenn nicht unmöglich. Nun giebt es noch eine dritte Sekte, die ich die Optimisten nennen möchte; sie sind mit dem bestehenden Gesetze ganz zufrieden. Die Art der Fabrikation de» Kunstweines ist außerordentlich schwer festzustellen, sie latitirt sozusagen. Deshalb wäre auch eine Besteuerung überaus schwer durchführbar. Die ver bündeten Negierungen sind also jeder Maßregel geneigt, welche ge eignet ist, den Wünschen der Winzer entgegenzukommen; man wird wohl am Besten einen Mittelweg einzufchlagen haben. Entweder man muß sich zu einer wirksamen Kontrole entschließen, welche den Stoff vom Anfang bis zum Genuß verfolgt — oder es muß eine zweite Voraussetzung eintreten: )die Weinfälfcher fälschen auf Grund de- Umstandes, daß Ire Produkte analyfenfest sind, daß ihnen die Chemie noch nicht beikommen kann; «S müssen also neue chemische Prüfungsmiltel ausgefunden werden. Anfang nächsten Monat» wird ein kleines Wein-Parlament zur Berathnng aller dieser Fragen im Reichsgesundheitsamte zusammentreten. Soll ein praktisches Resultat heranskommen, so werden die Herren sich auf einer Mittellinie einigen müssen, den gröbsten Mißstäuden entgegenzutreten, jm Uebrigen aber abwarte», bis die Hilfsmittel der Chemie gegenüber der Prüfung der Kunstweinc wirksamer geworden sind. Seien Sie also versicher daß die verbündeten Negierungen der Angelegenheit die ernsteste Auf inerksamkeit schenken. (Beifall.) Auf Antrag des Abg. v. Grattd-Ry (Zentr.) tritt das Haus in eine Besprechung der Interpellation ein. reichende Kontrole, und zwar unter allen Verhältnissen, selbst wenn Kunstwein verboten werde. In Unterfranken sei man mit scharfer Kontrole einverstanden. Der Redner ist auch gegen das Zuckern der Weine bloS zur Vermehrung (durch große Mengen Zuckerwasserznsatz), auch müßten gezuckerte Weine deklarirt werden. Abg. Winteruleyer (freist Volksp.) bemerkt, das 92er Gesetz habe dem Weinbauer nicht genützt, sondern geschadet. In seine« Wahlkreise (Wiesbaden) gehörten alle Winzer zu der vom Staats sekretär erwähnten ersten Gruppe, den Orthodoxen. Es müsse Alle» geschehen, um die Kunstweinstätten zu vernichten. Da» Wein« -arlainent im Gesundheitsamt werde hoffentlich dazu kommen, die i kunstweinfabrikation ganz zu verbieten. Bon einer Steuer verspreche er sich nichts. Der Winzer könne eine Kellerkontrvle leicht ertragen, >er Weinhändler weniger, und es könne dadurch doch vielleicht der Weinhandel und mittelbar der Weinbau gefährdet werden. Er könne nur wünschen, daß die Konferenz im Gesundheitsamte einen richtigen Weg finde. Abg. W<1terl6 (b. k. Frakt.) schildert de» Umsang betrügerischer Fälschungen-, im elsässischen Weinhandel. Hauptsache bleibe eine ausreichende Kontrole- . ' Abg. Blattketthorn (nat.-lib.) stellt fest, daß das 92er Gesetz nichts genützt habe, die Kunstweinfabrikation nicht beeinträchtigt hat. Einen Deklarativnszwang für Zusätze halte er nicht für möglich, natürlich müsse es aber dabei bleiben, daß wenn Naturweine verlangt werden, auch Naturweine gegeben werden. Eine Keller- konlrole bestehe in Baden jetzt schon. Sie sei nicht angenehm, aber man müsse sich darein fügen, wenn man eine Zurückdrängung der Kunstweinfabrikation wünsche. Bei eigentlichen Kunstweinen gebt . Paragraph 4 des 92er Gesetzes schon einen Deklarationszwang. Es rage sich nur, wie es gehandhabt wird. Staatssekretär Graf PofadoWSky: Es ist ja möglich, daß man dazu kommt, gewisse Kunstwrine zu verbieten, aber auch dann wird man vorher festsetzen müssen, bis zu welchem Grade Natur weine verbessert und gestreckt werden dürfen, und um dann zu untersuchen, ob ein Wein noch als Naturwein gelten kann oder nicht» wird es immer der Chemie bedürfen, auch mit Rücksicht aus Weine aus dem Ausland. Abg. Fitz (nat.-lib.) bittet unter eingehender Schilderung der in der Kimsiweinfabrikation geübten Täuschungen um Schutz d«r Winzer. „Der Schutz ist nur möglich durch sichere und wohl überlegte Maßnahmen, die dann auch ernstlich dnrchgeführt werden. Man lasse sich die mit de», gutgemeinten Gesetz von 1692 gemachten üblen Erfahrungen zur Lehre dienen." (Beifall.) Abg. Hoffmatttt (siidd. Volksp.): Ich empfehle dringend, «'s Abg. Battmaii/»'(Zc,,t'Q) wünscht 'in erster Linie starke Steuer»! dieser Sache eine Autorität wie Professur Jäger zu hören, durch auf Kunstwein. Cs werde aber keinesfalls abgehen ohne aus-/dessen Neuralanalyse viel mehr geleistet werde» kann, als durch all- wachsende» Pflichten den Anspruch gehabt hätte», das Meiste zu be kommen. Sie bekamen nichts und darum haben die Stammhalter des Hauses bis auf den Heutigen Tag neben ihre» Onkeln und Sippen von Anmale, Montpcnsier, Chartres, Akeiixon »nd NeverS eine verhältnißmäßig sehr bescheidene Figur gemacht. Der Graf von Paris empfand dies sehr unangenehm. Beim Tode des Bürgerkönigs hatte er, trotzdem er „Kronprinz" war, nicht mehr, als zu einem halbwegs standesgemäßen Dasei» nölhig war: Jm Jahre 1872 bewilligte die Nationalversammlung den Orleau» allerdings 40 Millionen, um sie für die nach de», Staatsstreiche von Napoleon verfügte Beschlagnahme ihrer Gäter zu entschädigen; allein da diese Snnime zwischen den 8 Linien und an 27 Prinzen und Prinzessinnen des Hauses anfzntheile» war, bedeutete dies lediglich eine Aufbesserung für de» Prätendenten, ohne ihm zu gestatten, große Mittel in den Dienst der „guten Sache" zu stellen. Wenn diese dennoch nicht zu leiden hatte, so ist dies der Freigebigkeit der halbrerrückte» italienischen Herzogin von Galticrc, ziiziischreiben, die ihren herrlichen Palast in Paris dem Kaiser von Oesterreich, die immer noch stattliche» Neste ihres Baarvecniögens der deutschen Kaiscrin-Wittwe Friedrich und ihre Kniistschätze der Stadt Genua vermachte, vorher aber an die 30 Millionen für die rohalistische Agitation ansgcgebc» hatte. Jedoch dieser Quell versiegte in den achtziger Jahre», nach dem Bruche zwischen der Italienerin und der Familie Orleans, dessen Gründe sich »och i» Dunkel hüllen. Zwar .wang der Graf von Pa.is, dessen Vermögen sich „nterdcß durch eine Mvnlpeiisicr'schc Erbschaft ansehnlich vergrößert hatte, hierauf mit den eigene» Spargroschen ein; allein cS schein, daß dies nicht ohne Opfer geschehen konnte, den» nach dessen Tode ließ der Herzog von Orleans sofort alle königstrcucn Provinzblätter eingehcn und begnügte sich mit der Unterstützung jener Organe, die sich ihre Ge sinnungen von ihren Aboiin'nle» bezahlen lassen rönnen Diese Organe sind nicht zahlreich >i»d die Abonnenten nicht viel zahlreicher. Aber mit 350,010 Franken jährlich kann man leine» Staat machen, besonders wenn dieser Staat Frankreich heißt. So viel gelangte nämlich ans de» gegenwärtigen Chef de» Hauses, nachdem die Hinterlassenschaft des Grafen von Paris zwischen seiner Frau und seinen sechs Kindern anfgcthcilt war. Wohl besitzt der Herzog von Orleans noch feudale Domänen und große Hoff nungen. Allein die Dvinäiicn werfen kann, mehr ab, als sie kosten» „nd Hoffnungen sind „nr für Jenen tröstlich, der warten kan». Die Fra» Herzogin kann nicht mehr Watten. Sie verzehrt sich vor Un geduld und läßt dies vielleicht zuweilen den armen Herzog entgelten, der mit seiner Behutsamkeit gar nicht so Unrecht hat wie die Ding« einmal liege». Darin kan» man ihr freilich nicht widerspreche», daß Behutsamkeit die „»erwünschtcste Tugend eines Thrciianlvärters ist. Der Herzog von Orleans kennt seine Untcrthanen schlecht. Ec ver bringt seine Zeit damit, vom Sooneiikönig abzustaniinen. Dagegen läßt sich nichts einwcndcn; aber das genügt nicht. Ein Prätendent muß ,i»tcr allen Umständen ein bischen Kourage habe», selbst wenn es schief gehen sollte, sonst bringt er es auf keinen Fall zu etwa», hat in seinen, Leben viele gute Witze gemacht: Diese Großvatcrschaft ist unbedingt der beste. Das ist es auch nicht, sagen Andere, die sich noch viel einge- weihter benehme». Von einer Scheidung kann keine Rede sein; die würde nur einen ewigen Honigmond zerstören. Nichtsdestoweniger lagert ein Schatten über dem jungen Eheglück. In der Herzogin arbeitet das stolze Habsburger Blut, und ihre Wünsche und Hoff nungen eilen den Wirklichkeiten unbändig voraus. Sie findet ihren Gemahl zu bedachtsam, zu vorsichtig, zu abwartend. Ihr Ehrgeiz bäumt sich gegen die Zögerungen der Politiker, die sie nicht recht begreifen will. Bis zur Grenze geht es zwar immer sehr rasch, aber von da ans den Tuilericnplatz dehnt sich der Weg endlos, zumal wenn man keine Relais legen kann. Dazu langen die Mittel nicht, meint der Herzog. Das ist der ewige Jammer. Die orlcanistische Propaganda krankt a» Geldmangel, womit ich nicht behauptet haben möchte, daß sie nur daran kranke. Allein die Spärlichkeit des H6IVN8 i-sl-rim macht sich in der Küegskasse immerhin recht bemerkbar. Und währcnd die V erzog!» und mit ihr die Draufgänger der Partei klage», daß ihr „ko/' nicht will, wie er kann, klagt dieser »nd mit ihm der Chor der Leisetreter, daß er nicht so kann, wie er will. Und die Letzteren mögen nicht ganz Unrecht habe». Kein Geld, keine — Franzosen, lautet hier das Sprichwort. Ich möchte Ihnen keine Thränen des Mitleids entlocken. Zu essen hat der Chef des Hauses von Frankreich immer noch. Es ist nichtsdestoweniger wahr, daß er in seiner Familie, einer der reichsten der Welt, der Aermste ist. Dieses Schicksal dankt er seine», Urgroß vater Ludwig Philipp, der wohl der größte Erwerber aus dem Throne war, den die Geschichte kennt. Als er zur Negierung kam, war er i»> Besitze einer Jahrcsreiue von 8 Millionen Franken, wie die aintlicheu Aufzeichnungen über die Zivillistc bekunden. Geerbt hatte er dieses Vermögen nicht. Sein Vater Philipp Egalite, der in der Zerstreutheit seinen Ko;f ans der Guillotine vergaß, hintcrlicß den Pappenstiel von 74 Millionen — Schulden, und der Sohn mußte, wie bekannt, währenddes napoleviiijche» Zwischenspiels in der Schweiz eine Zeit lang Schnlineister werden, n», sei» Leben zu fristen. Aller er wußte die Reslanra ion so trefflich zu „»tzen und der Schwäche seiner „geliebten Vettern" Ludwig XVIII. und Karl X. so viele Donatione», Dotationen, Restitutionen und andere Zuwendungen, die seiner Zeit den Widerspruch selbst der loyalsten Minister heraus- fordcrte», abziischmcichel», daß er nach der Jnlirevoliilivn mit eine», Fundus von nahezu 200 Millionen das Negiernngsgeschäft beginnen konnte- Diese 100 Millionen nun schenkte er in der Nacht vom 6. ans den 7. August, also zwei Tage vor seiner Thronbesteigung, seinen jüngere» Kindern. Er wollte hierdurch de», Gesetze von 1814, das den Heiinfall des königliche» Vermögens a» den Nalionalschatz forderte, ei» Schnippchen schlage» und glaubte daher, auch seinen ältesten Sohn, der »ach ih», zur Regierung bcrnsen war, bei der Vcrtheilu g der Güter « ergehen zu solle», da dessen Authcil ja ebenfalls bestimmt erschien, vom Staate cingozogen zu werde». Das Manöver gelang; allein den Schaden mußten just jene Prinzen tragen, die vcnnöge ihres CrstgelnrtSrcchls und der daraus er-