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Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand Pni« vierttljjhrl. L0 Ngr. Inserat« weide» die gespaltene Zeile oder deren I Raum mit S Pf. berechnet. Sonnabend, den 14. Juli ^-162 Erscheint jeden Wochentag sinh 9 ll. Inserate werden bi« Nachm. Z Nhr für die nächste Nr. angenommen. Tagesgeschichte. -j- Dresden, 12. Juli. Es liegt für die Residenz eine bittere Aehnlichkeit zwischen dem Juli 1865 und Juli 1866. Voriges Jahr rührten sich alle Hände und flochten Kränze zum Sängerfeste — dies Jahr rühren sich alle Hände und pflücken Charpie für die ver wundeten Krieger; voriges Jahr durcheilten viele Männer mit Bin den um den Arm die Straßen, um als Ausschußmitglieder die nö- thigen Arrangements zu. treffen — dies Jahr durcheilen Männer mit der Johanniter-Binde die Straßen, um in den Lazarethcn Trost und Hilfe zu spenden; voriges Jahr appellirten die Behörden an den Gastfreundschaftssinn hiesiger Bewohner — dies Jahr appel- liren sie an die Mildthätigkeit und Menschenliebe derselben; voriges Jahr strömten Tausende nach dem Waldschlößchen, um den Pracht bau der Sängerhalle "zu betrachten — dies Jahr strömen Tausende nach dem Waldschlößchen, um den Bau der Bastionen und Schan zen anzusehen; voriges Jahr richtete sich jede Hausfrau auf den Empfang lieber Gäste ein — dies Jahr — doch nein, wozu das Bild noch weiter ausführen. Eine Aehnlichkeit ist allerdings vor handen, aber es liegt in ihr der Gegensatz von Tag und Nacht; beides sind ja doch auch Tageszeiten, kommen und vergehen wieder, wie alles Andere unter der Sonne, und so wird hoffentlich auch der jetzige Anstand einst einem besseren Platz machen. Das wün schen wir vor Allem den Verwundeten, die in großer Zahl bei uns eingetroffen find und noch immer eintreffen. Sachsen, Preußen, Oesterreichör — die noch vor Kurzem als feindliche Brüder sich gegenüber standen, sie hat das gemeinschaftliche Schicksal als Lei densgefährten nebeneinander gebettet, und fast rührend ist es, mit welcher Achtung sie gegenseitig von ihren Heldenthaten sich erzählen. Ueberhaupt ist ein Gang durch das Lazareth für den beobachtenden Menschen lehrreicher, als das Studium ganzer Compendien Philoso phie und verwandter Wissenschaften. Die Einrichtung der hiesigen Lazarethe ist ganz vortrefflich, Wartung und Pflege der Verwun deten in jeder Beziehung ausgezeichnet. Freilich sind auch die Ko sten bedeutend, welche die Stadt zu bringen hat, und die städtischen Behörden werden sich vermulhlich schon in allernächster Zeit ge zwungen sehen, eine außerordentliche Steuer auszuschreiben. Unsere Elbe ist lange verwaiset an der Residenz vorübergeflossen; von heute an entwickelt sich wieder etwas Leben auf ihr, indem die Dampf schifffahrtsgesellschaft — freilich nur mit 2 oder 3 Schiffen — die Fahrten bis Heidenau wieder eröffnet hat. Bon Concerten und ähnlichen Zerstreuungen ist nichts zu merken, wiewohl demnächst das könial. Hoftheater die Vorstellungen wieder beginnt. Große Ge schäfte dürfte es kaum machen, zumal die hier wohnenden Fremden die Residenz längst verlassen haben. Dresden, 12. Juli. Der neue k. preußische Militärgouverneur für das Königreich Sachsen, Herr General v. Schack Excellenz, ist heute Mittag gegen 1 Uhr hier eingetroffen und hat sein Quartier im „Hotel Bellevue" genommen — Der Bestand der in den hiesigen Militärlazarethen befindlichen Kranken und Verwundeten war gestern folgender: im Garnisonhospital 278, in der „neuen Kammer" 162, in der Pionniercaserne 374, im Cadettenhause 359, im Opellhospital 344, in der Diakonissenanstalt 105, in der Garde- Pserne 19; Summa 1641. Chemnitz, 10. Juli. Das heutige „Amtsblatt" veröffentlicht folgenden Erlaß des k. preußischen Militärkommandanten: „Mit heute übernehme ich die Oberleitung des hiesigen Mili tärs und richte dabei folgende ernste Worte an alle hiesigen Ein wohner : Zum Schutze Deutschlands Aufklärung und seiner Industrie steht Preußens Heer siegreich im Felde. Alle Bewohner desselben haben bis jetzt mit Ruhe und Würde die Folgen der augenblicklich unvermeidlichen Störung des Handels und Verkehrs getragen. Lei der sind hier aus Unüberlegtheit Aufläuse vorgekommen, deren Wie derholung vaS größte Unglück für Chemnitz Hervorrufen müßte. Zur Vermeidung desselben befehle ich daher wie folgt: 1) Alle Zusammenrottungen auf Straßen und Plätzen sind auf das Ernsteste untersagt. Nach 8 Uhr Abends dürfen nicht mehr als drei Personen zusammenstehen. 2) Bon 9 Uhr Abends an sind sämmtliche HauSthüren und Hin fahrten verschlossen. 3) Von 10 Uhr Abends an ist aller Verkehr auf den Straßen untersagt. Aerzte, Chirurgen, Hebammen erhalten nach Legiti- mirung bei mir eine Nachtpaßkarte. Beamte im Dienste, die sich als solche legitimiren können, pasfiren frei. 4) Alle Schuß-, Hieb- und Stechwaffen ohne Ausnahme find im Laufe des heutigen Tages bis 7 Uhr Abend» entweder an das Militär am Bahnhofe oder der Kaserne, oder aber auch jn der städtischen Polizeiwachtstube abzuliefern. 5) Tanzmusiken aller Art, sowie öffentliche Bersamungen sind bi« auf Weiteres im ganzen Gerichtsamtsbezirke untersagt. Ich vertraue dem intelligenten Sinne aller Chemnitzer, eine Wiederholung der früher» Exceffe wird nicht nachfolgen, bemerke aber dabei, daß alle Unterbefehlshaber strengstens angewiesen find, ihren Aufforderungen bei Versagung des Gehorsams sofort die Waf fengewalt folgen zu lasten. Chemnitz, den 10. Juli 1866. Gyn» v. Rekowski, Oberstleutnant, Commandeur 13. Landwehrregiments." — Der „D. A. Z." wird bezüglich der in vorstehender Be kanntmachung erwähnten Excesse aus Chemnitz unterm 9. Juli be richtet: „Der gestrige Abend war ein sehr unruhvoller, bewegter. Auf allen Straßen wogten neugierige Schaaren auf und ab. Am stärksten dabei war die Jugend, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts und größteutheils den untersten Ständen angehörig, ver treten. „Die Bayern kommen!" hieß es allgemein. Dadurch, daß unsere Einquartierung die Hauptwache geräumt, mehrere größere Patrouillen die Stadt durchstreiften, daß ferner die Regimentsfahne vom Hotel „zum römischen Kaiser" wieder in die Kaserne gebracht worden war, daß die in Concerten und an öffentlichen Orten an wesenden Militärs sehr zeitig sich verabschiedet und die in Privat häusern logirenden Officiere die Kaserne de» Abends noch bezogen hatten, daß letztere endlich in allen Räumlichkeiten erhellt war, durch Alles dieses erhielt jenes grundlose Gerücht Nahrung und anschei nende Bestätigung. Hunderte von Neugierigen begleiteten die Pa- trouillen und zu Tausenden hatte sich da» Volk vor der Kaserne postirt, um das Ausrücken der Preußen „abzuwarten." Sicherlich hat jedoch der Gedanke einer beabsichtigten Demonstration fern ge- legen. Daß bei einer solchen Menge mit unterlaufender roher Ele mente und bei der herrschenden, durch die Arbeitslosigkeit erzeugten Bitterkeit manches Wort fällt, worüber der Besonnene erröthet und sich entsetzt, das darf unter Berücksichtigung aller hier einschlagen den Verhältnisse nicht Wunder nehmen. Wie sehr dies zu beklagen ist, empfindet jeder Einsichtsvolle, am meisten unsere Behörde. Die Hauptschreter wurden ohne Weitere» in Beschlag genommen. Der Belästigung vor der Kaserne machte man endlich durch Absper- rung der betreffenden Hauptstraßen ein Ende. Da» Verhalten de» Militärs war ein durchweg ruhige», gemessene» und Achtung for derndes." (Wie dem „Dr. I." aus sehr glaubwürdiger Quelle mitgetheilt wird, ist e» nur der Energie und großen Kaltblütigkeit des Commandirenden und der übrigen preußischen Officiere, sowie der Ruhe und Besonnenheit der preußischen Truppen überhaupt zu danken, daß nicht gefeuert und somit großes Elend von Chemnitz abgewandt worden ist.) »udisfin, 10. Juli. (B. N.) Nachdem bereit» seit längerer Zeit beträchtliche Mengen Gefangener und zum Theil Verwundete