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Freilager Inniger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 114. «erscheint jetm Wochentag stich!> N. Inserate werdtn bl» Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Freitag, den 18. Mai P>«i» olerteijährl. LU Ngr. Inserat« werden die gespaltene Zelle oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 186«. Frankreich und ein deutscher Krieg. „Was wird Frankreich thun, wenn der Krieg in Deutschland ausbricht?" fragt heute so Mancher im deutschen Vaterland, ohne sich eine recht klare Antwort geben zu können. Der französische Premierminister hat unlängst die Haltung der französischen Regie rung klar gezeichnet, und es ist wohl wichtig genug, dieselbe in'S Auge zu fassen. Im Wesentlichen will sich Frankreich freie Hand bewahren und sich nicht eher einmischen, als bis seine Inter essen berührt werden. Als eine solche Berührung seiner Interessen hat es den Fall hingesteüt, wenn Italien von Oesterreich angegriffen werden sollte, während es Italien seinem Schicksale überlassen will, wenn es selbst den Krieg beginnt. Auf diesen Un terschied bezüglich der Urheberschaft des Krieges ist aber nicht viel zü geben. Wer den ersten Kanonenschuß abfeuert, ist nicht immer der Anstifter des Krieges — das weiß der Kaiser Napoleon am besten. Er hat die Schuld des italienischen Krieges 1859 auf Oesterreich gewälzt, weil es die Kriegserklärung an Italien richtete; aber diese Kriegsgefahr von 1859 begann mit den Worten Louis Napoleons an den österreichischen Gesandten bei der NeujahrScour. Oesterreich mußte seitdem die Uebcrzeugnng haben, daß man es in Italien angreifen werde, und in dieser Uebsrzeugung begann es den Krieg. So kann es auch diesmal kommen, und Louis Napoleon wird wohl nur seine Interessen fragen, wen er als Urheber des Krieges hinstellen soll. Gewiß ist, daß er Oesterreich nicht wieder Herr von Italien werden lassen kann. Es entspricht vielleicht seinen Interessen, daß die Italiener von den Oestcrreichern geschlagen wer den und demülhig wieder Frankreichs Beistand erflehen; aber LouiS Napoleon kann Italien nicht Preis geben. Er muß es gegen et waige österreichische Siege schützen und, einmal so weit, die italie nische Frage auch durch die LoSreißung Venedigs von Oesterreich zur Lösung bringen. Unklarer ist die Stellung Frankreichs zu Preußen. Man kann nicht wissen, wie weit es bei einem Kriege in Deutschland Frank reichs Interessen entspricht, neutral zu bleiben; man kann nicht sa gen, daß es absolut, wenn es auch Oesterreich in Italien bekämpfe, Preußen unterstützen müsse. Da Herr v. Bismarck diesen Kriegö- ausruhr in Europa angestiftet hat, so ist wohl anzunehmen, daß er sich Allianzen gesucht. Offenkundig ist, daß Italien mit Preußen gewaltsam gegen Oesterreich vorgeht; aber Italien ist ein Verbün deter, der in der Noth sich nur auf Frankreich verlassen kann und der jedenfalls im entscheidenden Augenblick nur seinen eigenen und nicht Preußens Interessen dienen wird. Ein eigentlicher und sicherer Verbündeter für Bismarck ist es nicht. Ebensowenig Rußland. Wenn Bismarck denkt, daß er auf Rußlands Dank wegen der Con vention bezüglich Polens zu rechnen habe, so ist diese Rechnung sehr trügerisch. Rußland wird mit Recht sagen können, daß es die sen Dank durch seine bisherige Neutralität in der schleswig-holstei nischen Frage abgetragen habe. Es wird ihm nicht daran liegen, Preußen groß und zum Herrn der Ostsee zu machen. Und daß Frankreich solche Liebe zu Preußen hätte — woraus will man dies schließen? Die Erfahrungen lassen vielmehr befürchten, daß Frank reich e« seinen Interessen entsprechend erachten wird, im rechten Moment sich in die deutschen Kriegswirren, die es schadenfroh ge schürt hat und sich entwickeln sieht, einzumischen, um dem blutenden Deutschland die Rheinprovinz abzureißen. Das ist echt französisches Interesse, besonders Napoleonisches. Wie? der Napoleonide, der laut die Verträge von 1815 als nichtig erklärt, der sie an Ruß land wie an Oesterreich schon in blutigen Kriegen und Siegen ge rächt hat, der sollte Preußen nicht ebenfalls demüthigen wollen, welches 1814 wie 1815 zumeist auf den Sturz des Kaiserreichs hinarbeitete ? Wer könnte daran zweifeln, daß Frankreich nicht den Willen habe, Preußen Waterloo entgelten zu lassen! Stützt sich Bismarck aus diese Allianz, so kann man sagen: so eigenthümlich wie seine Politik ist, so eigenthümlich sind auch seine Allianzshsteme. Und selbst, wenn Frankreich in einem jetzt ausbrechenden Kriege Preußen unterstützt, geschähe es anders al« um den Preis des lin ken Rheinusers? Und dies würde doch nichts Anderes heißen, al» daß Preußen auf Kosten Deutschlands sich groß machen will, wie es Oesterreich in früheren Jahrhunderten gethan. Welch' eine ent setzliche Politik, einen deutschen Bürgerkrieg zu entzünden, um Deutsch land zu verstümmeln, einen blühenden Theil desselben an Frankreich zu verrathen — nur, damit Herr v. Bismarck Preußen in diesem verstümmelten, entehrten, auf lange Jahre hinaus wieder hinsiechen den Deutschland am mächtigsten weiß! ES empört sich jedes deutsche Gefühl gegen solchen Gedanken. Tagesoeschichte. Berlin. Der „Nat.-Ztg." gehen von amtlicher Seite folgende Mittheilungcn zu: „Durch mehrere Zeitungen gehen Gerüchte von Unterhandlungen zwischen dem Niinisterpräsidenten Grafen Bismarck einerseits und aMkaunten Führern der liberalen Partei andererseits, unter denen Grabow, Twesten, Gneist genannt werden. Es kann versichert werdens daß diese Nachrichten vollständig unbe gründet sind. Alle Angaben über eine Neubildung des CabinetS und über Transactionen mit den Leitern der Opposition bezüglich einer Verständigung mit der liberalen Partei in dem zusammen zuberufenden Abgeordnetenhause beruhen lediglich auf Erfindung. Daß die Staatsregierung, und speciell der Ministerpräsident, eine solche Verständigung wünschen, ist richtig, aber Verhandlungen mit den Gegnern werden nicht gepflogen. — Die in den Zeitungen schon enthaltenen Angaben über die Ernennung eines Oberbefehls habers der preußischen Armee sind verfrüht; es ist eine solche Bestimmung noch nicht getroffen worden. Ebenso wenig begründet sind die Nachrichten von der Bestimmung des Hauptquartiers. — Die Verhältnisse zwischen Preußen und Württemberg sind bekanntlich in der letzten Zeit immer gespannter geworden. Dieß hat den Prinzen August von Württemberg, der unser Gardecorps comman- dirt, bewogen, um seine Entlassung einzukommen. Dem Gesuche wird voraussichtlich auch Folge gegeben werden. — Die Nachrichten über eine an Hannover von hier aus gerichtete Sommätion sind falsch; in competenten Kreisen ist davon nichts bekannt. Ebenso unbegründet ist es, daß von hier am 8. eine Antwort auf die österreichische Depesche vom 4. Mai bezüglich der Abrüstungssrage nach Wien ergangen sei. Zu einer Beantwortung dieser Depesche liegt gar keine Veranlassung vor, da Oesterreich selbst die DiScussion über die Abrüstung mit jener Auslassung vom 4. für abge schlossen erklärt hat. — Die in einigen Zeitungen mit großem