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reilierger U^eiger H -Nlnää !)iib und' < Tageblatt ^87 Donnerstag, den 22. März Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. Z Uhr für die nächste Nr. angenommen. .s... 'i ^>6 nsu ,r.'t :,p 4n^ .1 l-v L, t'f, Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda «. Brandt P,ct« vierleijährl. 20 Ngr. Snierat« E OLEF» werden die gespaltene Zeile oder deren I MblhUy Raum ml, r Pf. berechnet. W» Der Protestautenverein*) ist ein rein religiöser Verein und will ganz das Nämliche, was der Protestantismus selbst sich gestellt hat. Er soll die Mahnstimme sein, welche den Protestantismus an seine ernste und vornehmste, aber nur zu oft vergessene Pflicht erinnert; daß er der „Sauerteig" sein soll, welcher den hier und da kraftlos und leider nicht selten bis zur Ungenießbarkeit geschmacklos gewordcncn Cultus in eine reinigende und kräftigende Gährung versetzt und mit dem Salz des Geistes und der Wahrheit durchdringt. Von der Hochwarte der geistigen Freiheit, die auf dem Felsen des Evangeliums errichtet ist, soll er fortan protestiren gegen alles unevangelische Wesen. Nur deshalb nennen wir uns ja nicht allein „protestantische", sondern auch „evangelische" Christen. Der Beruf de« Protestantenvereins ist sonach als ein protestirender und als ein evangelischer zu be zeichnen: als ein streitbarer mit den Waffen des Lichts für daS Reich evangelischer Freiheit durch das von der Vernunft sanctio- nirte, vom Evangelium nur verkündete Sittengesetz — das Grund gesetz der Menschenwürde, die Gottes Siegel auf ihrem Heimaths- brief trägt. Nicht gegen die katholische Kirche sind die Waffen des ProtestantenvereinS gerichtet. Sein Vereinsstatut sagt ausdrücklich: daß er „die Erhaltung und Förderung christlicher Duldung und Achtung zwischen den verschiedenen Confessionen und ihren Mitglie dern sich zum Zweck setzt." Aber Alles hat seine Grenzen, auch die Duldung. Es giebt einen Todfeind des in obigen Zügen cha- rakterisirten Protestantismus, zu dessen Bekämpfung auf Tod und Leben der Protestaxtenverein den Beruf hat und aus der rechten Jnnewerdung dieses Berufs auch die Macht dazu schöpfen wird. Dieser Todfeind ist der JesuitismuS — gleichviel, ob er im äußer lichen Jesuitengewand auftritt und in „katholischen" Ländern sich zur Schau trägt, oder ob er mitten in „protestantischen" Ländern umherschleicht, in der Form von Frömmelei (Pietismus) und Ver breitung des tobten Buchstabenglaubens und abgestorbener Lehrsätze (jener stagnirten und stagnirenden „Orthodoxie", deren Grabeshauch den Trieb zum Fortstreben im Keim abtödtet). Er ist es auch, der den Kirchenhaß schürt und verfolgungssüchtige Intoleranz, der GleiSnerei und Meinungsstolz aufwuchern läßt, die Segenskraft der Seelsorge lähmt und Zwist und Zerwürfniß in's Heiligthum der Familie bringt. Noch entsetzlicher, weil im Geheimen und unsicht bar fortfressend, ist aber der Schade, der von diesem Allen dadurch angerichtet wird, daß Viele, und tagtäglich deren mehr, unbefriedigt von der für sie kraftlos gewordenen Symbolik der „klerikalen" Kirche, der innerlich lebendigen Gemeinschaft mit dieser verlustig gehen und nun — weil sie für den so verloren gegangenen Halt keinen Ersatz fanden — in religiöse Gleichgiltigkeit, durch diese aber in die Gefahr gerathen, des Gefühls für's Heilige entkleidet und so von Frivolität sittlicher Entwerthung, wenn nicht sittlicher Ver wilderung zugeführt zu werden. Sehr angesprochen hat uns eine Idee, die au« Baiern, und zwar, wenn wir nicht irren, aus Nürnberg, hervorging: in Deutsch, land einen großen religiösen Verein zu gründen, zu welchem Leute *) Dem „Vlaucharr Tageblatt" entnommen. aus allen Eonfesstonen und Ständen treten können, die sich ^ur Pflege der Duldung und Humanität verpflichten, aber zugleich auch die Aufgabe stellen, dem geheimen Treiben der Jesuiten überall nachzuspüren und es zu bekämpfen. Der Verein soll seinen Mittel punkt in einer deutschen Centralstadt haben, Jahresversammlungen halten, deren Ort wechselt, und für Verbreitung aufklärender kleiner Broschüren, namentlich in Gegenden, wo es noch finster ist, au« den monatlichen Beiträgen der Mitglieder (ä 3 Kr.), Sorge tra gen. Nicht minder erfreulich wurde bei einer erst in voriger Woche zu Coburg stattgehabten, vom dortigen Generalsuperintenden vr« Meher veranstalteten Bürgcrversammlung von diesem, mit Bezug auf die Zwecke de« „Allgemeinen Deutschen Protestantenverein«", am Schluffe seines beredten Vortrags ausgesprochen: „Es gilt der Erneuerung der protestantischen Kirche im Geiste evangelischer Frei heit und im Einklang der ganzen Culturentwickelung, aus daß ein Geschlecht heranwachse, das Recht für Recht, Wahrheit für Wahr heit auegiebt." Noch in derselben Versammlung schlossen sich 60 und Einige als neue Mitglieder dem Verein an. — Dies Alles sind deutliche Zeichen, daß auf dem Gebiet des religiösen Leben« das Bedürfniß nach einer würdigen und versöhnenden Gestaltung desselben sich mächtig zu regen anfängt uud an berufenen und be gabten Führern und Leitern hierfür es schon jetzt nicht fehlt. Und sieh'! es naht des groll'nden Haders Stätten Des Friedens Strahl und des Vertrauens Heil; Der alte Gott will wieder herrlich retten Von falscher Satzung gierem Opferbeil, Will wieder rettend zu den Völkern sprechen Durch Geistberuf'ne, die er anSerseh'n, Des Wahnes frechen Götzenthurm zu brechen — Sein Teufels-Bollwerk soll zu Grunde geh'»; „Der Kirche Heil" soll wieder Wahrheit werden, Vernunft und Licht nicht mehr zum Frevelspott, Aus daß die Tempel wieder heilig werden Und ihres Altars Abgott wieder Gott! Und Friede wird dann durch'« Gefilde gehen, Wo Zwist und Zwietracht jetzt verschanzt fich hält; Die Wahrheit wird auf „Petrus Felsen"*) stehen, Dort, wo der Freiheit Hand die „Schlüssel" hält; Die Hand der Freiheit, deren Spruch die That entscheidet Im Wahlkampf mit des Guten und des Bösen Macht; Die, wahlstattmächtig, aus des Willens Wagen streitet Und seiner Feuerrosse sprüh'nden Laus bewacht — Die uns der GlaubenS-Thatkrast „Veste Burg" erstreikt Und muth'ger WahrheitSsorschung reiche Beutepracht; Die uns der heißen Lebenskämpfe Sieg bereitet: Die Auferstehung aus der Selbstsucht Grabesnacht. . : Tage8geschichte. Berlin, 19. März. Da Oesterreich rüste, schreibt heute die „Kreuzzcitung", so müsse auch Preußen rüsten, damit Oesterreich keinen Zeitvorsprung gewinne. Die Situation werde immer ver wickelter und bedenklicher. Die Schwere der Verantwortung treffe denjenigen, welcher mit militärischen Drohungen begonnen habe. — Gelegentlich der Unterstellung der Weltausstellung unter das Präsidium eines Kindes erinnert die „BreSl. Ztg." an eine ') Evangel. Matth. tS, 18 und 19. '