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pretirte den Art. 84 der Verfaffung und schloß mit einem Hoch aus Herrn v. Ammon, der die Redefreiheit der Abgeordneten so muthvoll vertheidigt habe. Buchhändler Maher la« ein Gedicht von Emil Ritter-Haus vor, woraus Herr Classen noch darauf hin deutete, daß in dem gesetzlichen Kampfe, der ohne gewaltsame Er. MUerungen zum AuStrLg gebracht werden soll, vielleicht in näch ster Frist „Opfer" erforderlich seien. Die Versammlung trennte sich unter Hochrufen auf Classen-Kappelmann, die Abgeordneten und die Verfaffung. Wie»;, 6. März. Ueber das kaiserliche Rescript, durch welches di- Adressen beider Häuser des ungarischen Landtages beantwortet werden, sagt die „Presse": „Der ungarische Landtag hat nunmehr die Losung erhalten; sie lautet: Feststellung der Behandlungsart . gemeinsamer Angelegenheiten und Revision der 1848er Gesetze vor weitern eventuellen Gewährungen. Jede Illusion Muß schwinden, und dtt AügenbUL ist gekdMmen, zu zeigen, ob es Phrase war, was au« ungarischen Organen bisher über die Bereitwilligkeit zum Ausgleich geäußert wurde. ES steht zu vermuthen, daß der erste Eindruck, welchen da« königl. Rescript ach den ungarischen Landtag und auf das Land überhaupt machen wird, kein enthusiaSmirender sein wird. Man wird jedoch hoffentlich bald erkennen, daß von einem Ausgleiche dort nicht die Rede sein kann, wo der eine Theil fordert, daß man ihm Alles gewähre, bevor er sich überhaupt in Verhandlungen einläßt. Es wird hoffentlich nicht verkannt werden, daß das königl. Rescript in keinem Theile entschieden Dem wider spricht, > war die maßgebenden ungarischen Politiker bisher über die Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten geäußert haben. Soll- stdn sie sich mit Hintergedanken getragen haben, dann desto schlim mer für uns und für sie. Daß der Kaiser den Ausgleich ernstlich will, lehrt abermals der warme Ton, in welchem das Rescript ge halten ist. Als Zuvorkommenheit kann es auch angesehen werden, daß in dem Nescripte die Möglichkeit der Einsetzung eines verant wortlichen ungarischen Ministeriums nach Revision der 1848er Ge- setze nirgends abgesprochen zu sein scheint. Bon dem Standpunkte aus, welchen wir in der Ausgleichsfrage einnehmen, können wir dem Rescript au den Landtag unsere Zustimmung um so weniger ver sagen, al« in demselben abermals der Hinweis auf konstitutionelle Institutionen sür die Länder diesseits der Leitha enthalten ist. Wir kämpfen für die Machtstellung de« Staates und sür die ausgedehn testen konstitutionellen Freiheiten in sämmtlichen Reichstheilen, und wenn die Ungarn wirklich von dem gleichen Geiste beseelt und dem ParticulariSmuS abhold sind, dann wird das königl. Rescript ent fernt nicht ein Hinderniß auf dem Wege bilden, welcher zum Aus gleich und zum Heile aller Theile Oesterreichs führen soll." — Die preußischen Mobilmachungsgerüchte, wie oft und ver- stärkt sie sich auch wiederholen, werden in Wien sehr leicht genom men. Man weiß hier sehr genau, daß eine Mobilmachung keinen Ginn bat, so lange nicht vor allen Dingen die Artillerie und der Train mobil gemacht werden, und daß jedes preußische Armeecorps, bev»r e« seine Geschütze und seine Colonnen bespannt hat, minde stens SOM Pferde ankaufen und einstellen muß. Bloß mit Infan terie und Cavallerie rückt man nicht in's Feld. Ptstb, 3. März. Zuerst im Abgeornetenhause, sodann in der Magnatentasel, wurde das königliche Rescript an den ungarischen Landtag verlesen. Es lautet im Wesentlichen, wie folgt: „Der Kaiser «klärt vor Allem, daß er die Versicherungen der Anhänglichkeit der hohen Stände und Abgeordneten huldvoll entgegen- genommen, und in Erwiderung dieser Gefühle wolle auch er im Ver- trauen zur Nation rückhaltlos seine Ansichten über die von der Adresse berührenden Gegenstände autsprechen. Der Kaiser habe mit Befriedigung ersehen, daß die pragmatische Sanktion allerseits als Basis für die AuSgleichungSbestrebungen angenommen wurde. Dieser feierliche Vertrag hat die Verbindung zwischen der ungarischen Krone und den Erbländern bekräftigt; die Verbindung selbst ist übrigens 200 Jahre vor dem Zu standekommen der pragmatischen Sanctivn erfolgt und wurde durch die Gemeinschaftlichkeit dek Interessen und der Vertheidigung herbeigeführt. Diese Verbindung chat den betreffenden Ländern zum wechselseitigen Vvrtheilr gereicht, und da man dies tingesehen, wurde die pragmatische Sanktion zur Befestigung dieser Vortheile geschaffen. Ungam ist ein bedeutender Theil der Monarchie, sein Wohl wird von dem Wohle der 'übrigen Länder bedingt, und ist seinerseits auch von großem Einfluß aus jene. Dieft Gemeinschaftlichkeit der Wohlfahrt wird durch tausend Bande befestigt, und hat sich in letzterer Zeit durch Aufhebung des ZwlschenzolleS, durch den Bau von Eisenbahnen und andere materielle Einrichtungen entwickelt. Um so wichtiger ist es, daß auch die Gesetze mit den Bedingungen dieser Wohlfahrt nicht im Widerspruche stehen und nöthigrnfall- »«geändert werden. .Der Kaiser wolle die Con stitution Ungarns Herstellen, doch dürft dabei nicht- in der Schwebe gehalten werden, wa« da- Wohl der Völker und die Macht der Monarchie bedingt. Au« diesem Grunde habe der Kaiser die Aufmerk- /imkett drr hohen Stände m»d Repräsentanten in erster Linie ans die gemeinschaftlichen Angelegenheiten gelenkt. Der Kaisk ist erfreut, daß der Landtag mit Bereitwilligkeit auf die Frage eingegangen ist. Bei der Regelung der gemeinschaftlichen Verhältnisse müsse berücksichtigt ' werden, daß nun auch die nicht H«r ungarischen Kron« gehSrigen Länder sich bereits konstitutioneller Institutionen erfreuen; nun fordere wohl der Kaiser nicht, daß dem zuliebe Ungarn seine Verfassung aufopftre, doch ist derselbe überzeugt, daß die eingehende Berathung über die ge meinschaftlichen Angelegenheiten die Nothwendigkett einer Revision der 1848er Gesetze werde zu Tage treten lassen. — Bezüglich der zu re- vidirenden Gefttzartikel hebt daS Rescript vor Allem die Gefttzartikel U, ltl und IV hervor, welche in mehrfacher Beziehung die Herrscher rechte des Kaisers verletzen. Namentlich könne der Kaiser nicht zugeben, daß der Palatin von Ungarn mit so großen Vollmachten anSgestatteter Stellvertreter des Königs sei, wie die« in den betreffenden 1848« Gesetzartikeln festgesetzt wurde; ebensowenig könne der Kaiser dem zu« stimmen, daß der Landtag vor der Feststellung und Bewilligung de- BudgetS nicht aufgelöst werden dürfe. Der Kaiser Hoffe, daß der Landtag diese Beeinträchtigung der Hcrrscherrechte zu beseitigen bereit sein werde. Das Rescript geht dann zu den Schwierigkeiten über, mit welchen die unverweilte Wiederherstellung der Municipien verbunden wäre. Die betreffenden 1848er Gesetze haben bloS ein Provisorium geschaffen und den principicllen Widerspruch zwischen der MinisterialregierungSform und dem MunicipalismuS nicht gelüst. Dieser Widerspruch müsse erst durch eingehende Berathungen und Beschlüsse gehoben werden, und dann werde es möglich sein, an die Wiederherstellung Ler Municipien zu gehen. Der auf die Nationalgarde bezügliche Gesetzartikel möge gestrichen werden, weil diese Institution nur das Volk belaste, ohne die Zwecke der öffentlichen Sicherheit zu fördern. Außerdem möge der Landtag die hier nicht erwähnten Artikel der 1848er Gesetzt einer genauen Revision nnterziehcn; denn unter dem Eindrücke der europäischen Ereignisse zu Staude gekommen, tragen die selben den Charakter der Improvisation an sich. Der Kaiser hält dem nach die Wiederherstellung derselben auf Grund der RechtScontinuität mit dem Berufe der fürstlichen Amtes nicht vereinbar; die StaatS- maschine würde dadurch in's Stocken gerathen und ein Provisorium durch das andere ersetzt werden. Die Repräsentanten fühlen auch die Schwierigkeiten des UebergangeS und seien daher bereit, die von der Opportunität gebotene Nachsicht zu üben. Der Kaiser sei nicht minder von der Größe der Hindernisse durchdrungen gewesen, die dem Aus gleiche entgegenstehen, und dennoch sei er vor das Land getreten, in der Hoffnung, der Unterstützung der Repräsentanten und Magnaten zu begegnen. Die praktische Ausführung der RechtScontinuität sei nur insofern möglich, als künftig die Schaffung von Gesetzen auf Grund landtäg licher Vereinbarungen geschieht. Die Geschichte liefere den Beweis, daß man unter ähnlichen Verhältnissen in ähnlicher Weise vorgegangen. Aus diese Weise könne der Ausgleich zu Stande kommen. Der Kaiser sei erfüllt von der Schwierigkeit des fürstlichen Berufes; er fühle die hohe Wichtigkeit des KröuungseideS, und deshalb weigere er sich, da- zu be stätigen, waS zu beschwören ihm Glaube und Gewissen verbieten. Nach der Krönung werde er sich freuen, das edelste der fürstlichen Rechte ohne Gefährdung der Sicherheit de« Staates auSüben zu können. WaS die auf Grund des fünften Gefttzartikels vom Jahre 1848 erbetene In« tegrirung des Landtages bekifft, hält es der Kaiser für wünschenSwerth, das Resultat der Berathungen der kroatischen und slavonischen Stände über daS königliche Rescript vom 27. Februar vorher abzuwarten. Der Kaiser habe mit Freuden jene Stelle der Adresse gelesen, wo die Stände erklären, daß Gerechtigkeit und Billigkeit gegenüber allen Classen der Staat-bürg«, ohne Unterschied der Religion und Sprache, immer die Richtschnur ihres Wirkens bleiben werden. Auch der Kaiser erkenne es als eine Sache der Gerechtigkeit, die berechtigten Ansprüche der Nationalitäten und Religionsgenoffenschasten zu beftiedigen, und werde alle Bemühungen, die zur Erreichung d-efts Ziele- bei Aufrecht haltung der Integrität de- Landes etwas beitragen können, stets auf- Bereitwilligste unterstützen. Der Kaiser wird «S als einen der schönsten Momente seiner RegierungSzeit bekachten, wenn er werde sagen können, daß er das Glück und Wohl Ungarns gesichert habe." DaS Rescript wurde in Druck gelegt, sodann vertheilt und wird auf die Tagesordnung einer nächsten Sitzung kommen. — 5. März. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Vor mittag von hier nach Wien abgereist. — Eine Extraausgabe de- „Sürgönh" veröffentlicht ein kaiserliche» Handschreiben an den Hvf- kanzler v. Majlath, welche- ausspricht, daß aufrichtige Anerkennung und freudige Rückerinnerung die Gefühle feien, welche der Kaiser und seine erlauchte Gemahlin sowohl im Momente de« Scheiden« hegen, als auch späterhin bewahden werden, und welche in deren Herzen jeder Zeit dem Wunsche begegnen werden, je eher wieder in der Landeshauptstadt weilen zu können. Der Kaiser wünscht, daß Tavernicus Sennhey die« der Bevölkerung der Schwestrrstädte